Dienstag, 10. November 2015

Zum Tod von Helmut Schmidt

96 Jahre wurde er alt – welch biblisches Alter. Ich muss sagen, irgendwie mochte ich ihn – jedenfalls nach hinein. Im Gegensatz zu seinen Nachfolgern bis hin zum Bundesengelchen, war er kein Dummschwätzer.
Aber widmen wir ihm einen Nachruf. Heute in den Nachrichten sagten einige, er sei der größte Politiker gewesen. Naja, ich weiß nicht.
Einem Größten Feldherrn aller Zeiten, also Gröfaz, zuletzt als Oberleutnant bei der Flak, diente Helmut Schmidt bis 1945. Ich gehe mal davon aus, das tat er mit vollem Einsatz, denn er wurde mit dem Eisernen Kreuz 2. Klasse ausgezeichnet.
Nach dem Krieg schloss er sich Schuhmachers SPD an. Er sagte später, er sei zwar kein Widerständler gewesen, aber irgendwie gegen die Nazis. Kann ja sein. Jedenfalls berichtet man von ihm, sein Großvater sei die Frucht einer Beziehung eines jüdischen Bankiers mit einer Kellnerin. Dass er „Vierteljude“ ist, konnte man erfolgreich verschweigen und Schmidt durfte an einem „Adolf-Hitler-Marsch“ von Hamburg nach Nürnberg zum Reichsparteitag der NSDAP teilnehmen. Dann wurde er Offizier der Flak.
Allerdings sollen seine Eltern Juden versteckt haben – wie so viele damals – glaubt man ihren Berichten.
Nach dem Krieg war sein erster Karrierehöhepunkt das Amt des Innensenators von Hamburg. Hier beginnt die Legende vom großen Macher Helmut Schmidt bei der Flutkatastrophe 1962.
Besondern betroffen war damals Hamburg-Wilhelmsburg. Als Innensenator unterstand ihm das Rettungswesen. Schmidt mobilisierte die Bundeswehr – was er nicht durfte. Damit die Sache militärisch vertretbar wurde, wurde der Auftrag an die Bundeswehr „militärisch verfremdet“ und zur Übung im Atomkrieg umgemodelt. Die trickreiche Änderung hatte aber einen Haken. Das Vorgehen bei einer Flutkatastrophe und bei einer Atomexplosion ist grundlegend anders: Währen bei einer Nuklearkatastrophe das Zentrum total vernichtet und tot ist, ist es bei einer Sturmflut der Teil, der zuerst gerettet werden muss. Bei Atomexplosionen rettet man zuerst die Randzonen – bei Sturmflut aber das Zentrum.
Die retteten aber damals nach dem Plan einer Nuklearexplosion, also die Bewohner der Randgebiete und nicht die besondern gefährdeten Bewohner des Zentrums der Flut in Wilhelmsburg. Ob und wie viele dabei um Leben kamen, weiß ich nicht.
Am 17. Februar 1962: Durch die Sturmflut starben über 300 Menschen, die Mehrzahl davon in Wilhelmsburg.
Schmidt verdiente sich aber den Ruf des großen Machers und wechselte nach Bonn in den Bundestag. Dort war er zuerst ein paar Jahre Fraktionschef der SPD, wurde dann Kriegsminister unter dem Kanzler Brandt. Wurde dann Wirtschafts- und Finanzminister, als Nachfolger von Karl Schiller. Dann nur Finanzminister und als Brandt das Handtuch warf, wurde er Bundeskanzler.
1978 klaute die Rote Armee-Fraktion den ehemaligen SS-Offizier im Rang eines Untersturmführers (Leutnant) und Mitarbeiter von Reinhard Heydrich, der dann Direktor von Daimler-Benz und schließlich knallharter Superfunktionär des Großkapitals, Hans Martin Schleyer.
Schmidt bildete eine Art Braintrust und gab die Parole aus, alles könne und müsse angedacht werden – Verfassung hin und her. Also auch eigentlich verbotene Sachen wurden angedacht und einiges wohl auch realisiert. So vertrete ich die Meinung, dass die Stammheimer Gefangenen keineswegs Selbstmord begangen haben. Vieles spricht dafür, dass man sie liquidiert hat.
Jedenfalls entwickelte sich im sog. Deutschen Herbst eine Stimmung der Einschüchterung gegen alle. Die anders dachten und Schleyer für einen Nazi hielten. Auch das war Helmut Schmidt.
Der sog. Nato-Doppelbeschluss – auch beschönigend „Nachrüstung“ genannt, geht auf den Macher Helmut Schmidt zurück. Es sollten damals USA-Atomwaffen der neuesten Generation in Westdeutschland stationiert werden. Angeblich hatte die Sowjetunion ihrerseits Raketen in der DDR stationiert. Damit wäre die BRD im Kriegsfalle zum Atomkriegsschauplatz geworden und es wäre kaum etwas übrig geblieben.
1982 kam Schmidt und seiner SPD aber der Koalitionspartner FDP abhanden und Kohl wurde Kanzler. Schmidts Altenteil war die Mitherausgeberschaft der Zeitung „Die Zeit“ – bis zu seinem Tod.
Schmidt starb heute, am 10. November 2015 gegen 14.30 Uhr in seinem Haus in Hamburg im Alter von 96 Jahren.
G.H.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen