Dienstag, 24. November 2015

Klartext im Wasgau (Klaus Nilius)


Burg Berwartstein ist heute eine teilrestaurierte mittelalterliche Festung im Wasgau nahe der Grenze zu Frankreich, bundesweit wegen seiner bizarren Sandsteinformationen auch als Dahner Felsenland bekannt. Hier lebte bis zu seinem Tode im Jahre 1503 Hans von Trotha, Sohn eines erzbischöflichen Marschalls aus diesem Adelsgeschlecht mit Sitz in Magdeburg, Bruder des damaligen Bischofs von Merseburg an der Saale.

Nachdem Hans von T. wegen großer Verdienste von seinem Kurfürsten mit der Burg beschenkt worden war, die er fürderhin zu einer für die damalige Zeit fast uneinnehmbaren Festung ausbaute, geriet er in Streit mit dem Benediktiner-Abt im benachbarten Weißenburg (heute Wissembourg im französischen Elsass). Auf dem Höhepunkt des Gebietsstreites grub unser Hans dem Städtchen das Wasser ab, ließ allerdings nach geharnischten Protesten den Staudamm wieder einreißen. Prompt flutete das Wasser das Städtchen.

Hier soll jetzt nur noch interessieren, dass von Trotha wegen solcher Schandtaten mit Acht und Bann belegt wurde, was ihn aber nicht kümmerte. Teils gefürchtet, teils bewundert fand er Eingang in regionale Sagen als keine Ruhe findender Schwarzer Ritter, später als Raubritter, dann als Kinderschreck »Hans Trapp« und schließlich bis heute als eine Art Knecht Ruprecht.

Als ich dieser Tage die Burg besichtigte, malte der Führer die historische Geschichte genüsslich aus. Der Blick in die allerdings spärlich ausgestattete Folterkammer der Burg war obligatorisch.

Zurück in meinem kleinen Hotel im Pfälzer Wald griff ich zwischen Flammkuchen und frischem Wein zur Rheinpfalz, dem regionalen Monopolblatt aus Ludwigshafen. Herausgeber ist die Medien Union GmbH, verbandelt mit der Süddeutschen Zeitung, der Stuttgarter Zeitung und zum Beispiel auch der Freien Presse in Chemnitz sowie mit diversen privaten Rundfunkanstalten.

Mein Blick fiel auf die Karikatur: In einer Folterkammer, die jene zuvor in natura besichtigte in ihren Schrecknissen übertraf, lag angekettet ein aufschreiender, lädierter, weitgehend nackter Mann als Sinnbild der geschundenen syrischen Opposition. Blattsäge und Hammer, Strick und ein Joch, wie es Ochsen umgelegt wird, lagen herum oder hingen an der Wand.

Vor der Tür stand Präsident Assad in weißer Schlachter- oder OP-Schürze, auf der, in Farbe, das Blut des Gefolterten nicht zu übersehen war. Er streckte seine Hände, in ebenfalls blutverschmierten weißen Handschuhen steckend, dem Gabenbringer entgegen, einem Anzugträger mit blondem Haupthaar. Aus dem Geschenkkarton ragte neben Sägen, Zangen und Fußfesseln weiteres Foltergerät hervor. Kommentar des Paketboten: »Zur Bekämpfung der blutrünstigen IS-Terroristen ...!!« Die Zeichnung stammte aus der Feder des Karikaturisten Gerhard Mester (59), 2012 mit dem Karikaturenpreis des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger ausgezeichnet.

Ach ja, was noch fehlt, ist der Hinweis auf den zeitgenössischen Hans Trapp, auf unseren aktuellen Kinder- und Bürgerschreck, auf den Absender all dieser Folterwerkzeuge. Damit keiner Zeitungsleserin, keinem Zeitungsleser auch nur die Spur eines Gedankens an das Guantanamo-Gefangenenlager kommt oder an den Folterskandal von Abu Ghraib oder an die CIA-Gefängnisse in mehreren osteuropäischen Staaten (Der Spiegel im September 2010 aus Polen: »Folter mit der Bohrmaschine«), steht in der Bildunterzeile Klartext:
»Präsente von Putin«.

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