Freitag, 31. Mai 2019

Industriepark Oberelbe: Brauchen wir einen Industriepark am Feistenberg?

Die Städte Pirna, Heidenau und Dohna gedenken, am Feistenberg entlang des Autobahnzubringers B172a auf einer Fläche von 150 Hektar den "Industriepark Oberelbe" zu errichten.
Was spricht für den Industriepark Oberelbe?
  1. Ohne neue Jobs überaltert die Region
  2. Die Wirtschaftsstruktur ist nicht ausgewogen 
  3. Das Lohnniveau muss angehoben werden 
  4. Die Kommunen brauchen mehr Steuereinnahmen 
  5. Handel ist auf Kaufkraft angewiesen 
Im verlinkten Artikel der Sächsischen Zeitung wird ausführlich zu den oben genannten Punkten beschrieben, welche Gründe für den Bau des Industrieparks Oberelbe sprechen.
Was spricht gegen den Industriepark Oberelbe?
  1. Das Landschaftsgebiet ist schon durch den Bau der A17 und der B172a stark betroffen und würde mit dem Bau des Industrieparks nachhaltig vollkommen verändert und somit versiegelt werden.
  2. Mensch und Tier sollen einen riesigen Industriepark billigen und versuchen sich damit zu arrangieren. Schon jetzt gibt es durch den abgeschlossenen Bau der A17 und der B172a keine ausreichenden Rückzugsmöglichkeiten für Tiere vieler Arten. Die Trassen bilden Barrieren und zerschneiden die Landschaft. An den Rändern der Autobahn wurden bescheidene Buschreihen an Hängen gepflanzt. Leider sind diese auch umzäunt. Tiere durchbrechen die Barrieren. Dies zeigt, wie sehr die Tiere unter dem Mangel eines Rückzugsgebietes leiden. Das betreffende Gebiet wird bis zum Bau des IPO von konventioneller Landwirtschaft genutzt. Eine weitere Zersiedlung der Landschaft wird keine Verbesserung des Lebens der Menschen und erst recht kein Überleben der Artenvielfalt von Tieren und Pflanzen darstellen.
  3. Zudem ist ein Lärmschutz an der A17 im Bereich Großsedlitz quasi nicht vorhanden. Seit Jahren sind die Anwohner, besonders in der Nacht, vom Lärm der Autobahn beeinträchtigt. Die Lebensqualität ist gesunken. Mit dem Bau des IPO wird der Lärm zunehmen und Luftqualität weiter verschlechtert.
  4. Ein erhöhtes Verkehrsaufkommen und der damit verbundene Lärm und die Luftverschmutzung wird steigen.
  5. Das Gebiet, das für den Bau des Industrieparks vorgesehen ist, liegt in einer Frischluftschneise, die weite Teile Pirnas mit Kalt- bzw. Frischluft versorgt. Mit dem Bau des IPO würde dies nachhaltig gestört werden.
  6. Versiegelung von 150 Hektar Fläche.
  7. Es besteht weder bezahlbarer Wohnraum, noch die verfügbare Fläche um bezahlbaren Wohnraum für die zusätzlichen Einwohner zu schaffen.
  8. Der öffentliche Nahverkehr bietet zum jetzigen Zeitpunkt keine Pendelmöglichkeit für Beschäftigte des IPO.
  9. Ein Industriepark neben dem Barockgarten Großsedlitz?
Meiner Meinung nach ist das Projekt IPO keine Chance für die Region, es bedeutet nur den weiteren Werteverlust für die hier lebende Bevölkerung.  Niemand kann sich sicher sein, dass die risikoreiche Verwendung von mehr als 100(!) Millionen Euro Steuergelder zum Erfolg führen wird. Zudem treffen einige wenige Politiker und deren Stadträte riskante, irreversible Entscheidungen ohne die Meinung und Zustimmung der Bevölkerung einzuholen. Diese wird erst informiert, wenn „Tatsachen“  geschaffen wurden. Als bestes Beispiel ist der Vorentwurf des FNP der Stadt Heidenau zu nennen.
Was können wir tun?
Der beste Weg ist ein Dialog zwischen den Verantwortlichen des Projektes und den Bürgern der Region. Im Rahmen dieses Dialoges sollen die Vorteile und Nachteile erörtert und gemeinsam diskutiert werden. Wir, die Bürger der Region, sollten dann gemeinsam mit den Verantwortlichen Entscheidungen über das Schicksal des Projektes treffen und dies noch bevor größere Summen an Steuergeldern für das Projekt gebunden werden.
Welche Alternativen wären denkbar?
  1. Teile des Gebietes sollten renaturiert werden , d.h. einen Teil aufforsten und Gewässer anlegen, also eine Basis für die hier lebenden Tiere schaffen.
  2. Umbau der vorhandenen konventionellen Landwirtschaft in eine ökologische Landwirtschaft. Den Landwirten, die den Schritt in die richtige Richtung sollte eine anfängliche Unterstützung in Form Finanzierungsmöglichkeiten angeboten werden. Landwirtschaft ohne Gift funktioniert gibt es bereits und sie funktioniert. Wir können der Natur ein Stück zurückgeben. Wir sollten es sogar.
  3. Einige Streuobstwiesen anlegen, die ebenfalls zur Erhaltung der Artenvielfalt beitragen und den Menschen in der Region mit frischem Obst versorgt.
  4. "Kleinere" Gebiete zur Erschließung von Gewerbe und Industrie ausweisen, mit der Vorgabe ein "Ausgleich" für ihre umweltbelastenden Verfahren zu schaffen. Stets umschlossen von großzügig angelegten Mischwald.
  5. Bereits bestehende Straßen ausbauen, d.h. umweltbewusste Gestaltung von Fahrtwegen und Schaffung von (Unter-)Querungsmöglichkeiten für die in der Region lebenden Tiere.
Wird es nicht Zeit, dass Sie wir und vor allem Sie, liebe Verantwortlichen des Projektes, aus Fehlern lernen und die Zukunft gemeinsam gestalten? Viele Bürger und Bürgerinnen dieser Region haben Ideen und möchten sich mit diesen einbringen. Wir, die Bürger, wollen respektiert werden. Wenn niemand mit uns kommuniziert, wie sollen wir eventuelle Vorteile des Projektes verstehen?
Gern stehe ich für Rückfragen zur Verfügung und stelle Kartenmaterial bereit. Wenn jemand Ideen, Anregungen oder Kritik mitteilen möchte, so bitte ich darum einen Kommentar zur Petition zu verfassen.
Informationsquellen:
Ein satirischer Kommentar zum Industriepark Oberelbe.
Im geplanten IPO der Kommunen Pirna, Dohna und Heidenau dürfen Industrieanla-gen gemäß der 4.Bundesimmissionschutzverordnung (4.BIDSchV, Anlage 1) gemäß der § 19 (mit Öffentlichkeitsbeteiligung) und § 10 (ohne Öffentlichkeitsbeteiligung) angesiedelt werden. Ein Ausschluss spezieller Industrieanlagen erfolgte durch die IPO-Planer bisher nicht. Unter die genehmigungsfähigen Anlagen fallen neben Müll-verbrennung, Tierkörperverwertung, Kraftwerke und Chemieanlagen jeder Art, La-gerung gefährlicher Stoffe auch industrielle Tiermastanlagen, so z.B. für mehr als 40.000 Stück Mastgeflügel oder auch mehr als 2000 Mastschweine. Es ist bekannt, dass der IPO zum großen Teil in einem für Pirna wichtigen Kaltluftentstehungsgebiet errichtet werden soll, dessen Luft sich selbst bei Windstille in die Talregion von Pir-nas Stadtzentrum bewegt. Nun könnte man meinen, es sei Geschmacksache, ob den Pirnaern die zu erwartende „würzige Landluft“ industrieller Tiermastanlagen zusagt oder nicht. (Die Einwohner von Krebs wissen schon lange, wovon hier die Rede ist.) Nein, hier handelt es sich um handfeste gesundheitsgefährdende Szenarien: Das aus Mastställen entweichende gasförmige Ammoniak (NH3) ist insgesamt für 45% an der Feinstaubbildung beteiligt, so dass in Gebieten solcher ländlicher Emissionen die Feinstaubbelastung ähnlich hoch ist wie im Zentrum von Großstädten (s. z.B. ARD, Monitor vom 17.1.19) Hinzu kommt die Feinstaubbelastung durch den Autobahnzu-bringer und der Südumfahrung. Dieser Schadstoffmix würde also ständig aus westli-cher Richtung über die Wohngebiete am Feistenberg und am Postweg in die Pirnaer Tallage hinab wabern. Bundesweit verursacht dies statistisch 50.000 vorzeitige To-desfälle pro Jahr, besonders bei ohnehin Lungen- und Herzkreislauf belasteten Ein-wohnern, die Erkrankungen als solche nicht mit gerechnet. Und in Pirna?

Bündnis 90/Die Grünen Pirna

Kindertag - Den Kindern die Welt


sieben tage, sieben nächte
Von Wolfgang Hübner
Im Internet gibt es Seiten, auf denen eigenwillige, skurrile Feier-, Aktions- und Gedenktage gesammelt werden. Eine dieser Webseiten heißt www.kuriose-feiertage.de; sie zählt für den 1. Juni den Tag des Nagellacks, den Tag der Olive, den Sag-etwas-Nettes-Tag und den Weltmilchtag auf. Am 31. Mai waren unter anderem der Tag des Fahrradflickzeugs und der Artikuliere-vollständige-Sätze-Tag erwähnt, für den 2. Juni sind beispielsweise der Mach-früher-Feierabend-Tag und der Weltnaturistentag angekündigt.
Zwischen all diesen und vielen weiteren Absonderlichkeiten steht am 1. Juni der Internationale Tag des Kindes. Dieser Tag ist nun alles andere als eine Schnapsidee oder ein Werbegag. Es ist sicherlich kein Zufall, dass der Internationale Kindertag relativ kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs proklamiert wurde. Schließlich war das Leiden unermesslich, dem Kinder und Jugendliche im Krieg ausgesetzt waren. 1948 auf einem Kongress der Internationalen Demokratischen Frauenföderation vorgeschlagen, wurde der Kindertag - inzwischen unterstützt vom Weltjugendbund - 1950 erstmals begangen. Der Wunsch nach Frieden war immer Teil des Kindertags. Dieser wurde, staatlich gefördert, zu einem wichtigen Ereignis im politischen Kalender der sozialistischen Länder vor allem Osteuropas. Ganz im Gegensatz zum Weltkindertag am 20. September, den die UNO 1954 ausrief, auch als Reaktion des Westens auf den Internationalen Kindertag und als Gegenstück zu ihm. Der Weltkindertag fristete jahrzehntelang ein Schattendasein; die Öffentlichkeit nahm ihn sehr lange kaum zur Kenntnis.
Es ist nur auf den ersten Blick erstaunlich, dass der Internationale Kindertag den Niedergang des Staatssozialismus, die Verwerfungen der Wende- und vor allem Nachwendezeit überlebt hat. Denn das Anliegen des Kindertags hat einen system- und zeitenübergreifenden Kern: die Notwendigkeit, die Rechte der Kinder immer wieder neu zu erkämpfen. Und die um sich greifende Erkenntnis, dass nur eine Gesellschaft, die den Ansprüchen, den Bedürfnissen und Perspektiven der Kinder gerecht wird, ernsthaft für die Zukunft vorsorgen kann.
1986, als Herbert Grönemeyers Song »Kinder an die Macht« herauskam, in Zeiten atomarer Hochrüstung, war das Wort Nachhaltigkeit noch kaum bekannt. Heute, da Kinder und Jugendliche massenweise für eine Klimawende, für ihre Zukunft demonstrieren und damit die Politik unmittelbar beeindrucken und beeinflussen können, ist Nachhaltigkeit in jeglicher Hinsicht - ernst gemeint und nicht als Floskel benutzt - ein Schlüsselbegriff.
Wir widmen Teile dieser Ausgabe von nd.DieWoche dem Internationalen Kindertag. Eine unterhaltsame und aufschlussreiche Lektüre wünscht Wolfgang Hübner.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1119914.kindertag-den-kindern-die-welt.html 

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Digitale Revolution und Gesellschaft. Dreseden, 14.-15.6.

14. - 15. Juni 2019

Digitale Revolution und Gesellschaft

Was bringen die Roboter?

Veranstaltungsorte
Freitag:
projekttheater dresden
Louisenstraße 47
01099 Dresden

Sonnabend:
TU Dresden, Willersbau
Zellescher Weg 12-14
01069 Dresden

Die heutige Produktivkraftrevolution ist mit einem tiefgreifenden Wandel in allen Sphären der Produktion und Reproduktion und unserer Lebensweise verbunden: Roboter anstelle lebendiger und Algorithmen anstelle geistiger Arbeit, globale Wertschöpfungsketten und digitale Plattformen anstelle lokaler Produktion, Kommunikation mittels sozialer Medien, Konsument*innen als Datenlieferant*innen, gläserne Kund*innen statt Tante-Emma-Laden, Google, Facebook und Co. als Herrscher über Big Data. Was bedeutet das für unsere Leben und die Existenzweisen des Kapitalismus? Welche Anforderungen entstehen für Denken und Handeln über den Kapitalismus hinaus? Aus diesem Themenkomplex, mit dem inzwischen Denkfabriken in aller Welt beschäftigt sind, werden in diesem Kolloquium zentrale Fragestellungen herausgegriffen und diskutiert. 
Mit:
MdB Dr. Petra Sitte (Mitautorin), Dr. Tino Heim (Soziologe), Vera Linß (Journalistin, Deutschlandfunk Kultur), Rainer Fischbach (Softwareexperte, Autor), Christopher Wimmer (Sozialwissenschaftler und Journalist), Dr. Peggy Breitenstein (Institut für Philosophie der Uni Jena), Julia Schramm (Referentin Bundestagsfraktion Die LINKE), Erec Lützkendorf (Referat politische Bildung des Stura TU Dresden), Dr. Jürgen Leibiger (Wirtschaftswissenschaftler, RLS Sachsen)
Ein ausführliches Programm findet sich auf der Website der Rosa-Luxemburg-Stiftung.
Aus organisatorischen Gründen bitten wir um Anmeldung unter dresden@rosalux-sachsen.de
Eine gemeinsame Veranstaltung des Referates für Politische Bildung des Studentenrats der TU Dresden und der Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen

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Was der Blick auf die finanzielle Bilanz über die Arbeit der Fußballvereine und Berater verrät

Missmanagement und Wildwuchs

 

Schatzsucher könnten demnächst auf die Idee kommen, am Mittellandkanal in Sichtweite der werkseigenen Arena nach einem versunkenen Tresor zu fahnden. Irgendwo müsste sich doch ein Geldspeicher finden lassen, in dem die VfL Wolfsburg Fußball GmbH die vielen Millionen Euro vermutlich leichter hätte versenken können, statt sie an seine Bundesliga-Fußballer auszuschütten. Das absurde Missverhältnis zwischen Aufwand und Ertrag, immer mal wieder vermutet, ist nun innerhalb des deutschen Profifußballs schwarz auf weiß belegt. Am Mittwoch veröffentlichte die Deutsche Fußball Liga die Finanzkennzahlen ihrer 36 Klubs.
In der Saison 2017/2018 stemmte der Werksverein unter dem VW-Dach einen Personalaufwand von sage und schreibe 127,8 Millionen Euro, von denen rund 100 Millionen an den Profikader flossen. Damit hätten die Niedersachsen eigentlich Dritter werden müssen, denn auf diesem Sektor gaben nur Borussia Dortmund (186,7) und natürlich Bayern München (315) mehr aus, dessen Dauerabonnement auf die Deutsche Meisterschaft aufgrund des gewaltigen finanziellen Vorsprung leicht erklärbar ist. Heraus kam in besagter Spielzeit aber nur der drittletzte Rang - und die zweite Rettung in der Relegation. »Uns ist bewusst, dass diese Zahl nicht gering ist und nicht einhergegangen ist mit dem sportlichen Erfolg. Wir hatten einen Kader, der für einen Relegationsplatz zu teuer war«, teilte der für Finanzen zuständige Geschäftsführer Tim Schumacher mit. Unter dem Strich stand auch noch ein negatives Jahresergebnis von 19,7 Millionen Euro, für das der VW-Konzern einstehen musste. Inzwischen redet Schumacher von einer »wirtschaftlichen Konsolidierung«, die eingesetzt habe.
 
Das Eingeständnis ist Folge einer »zusätzlichen Transparenz«, die sich der deutsche Profifußball selbst verordnet hat. Auf der Mitgliederversammlung Ende vergangenen Jahres sprachen sich die Vereine mit einer Zweidrittelmehrheit dafür aus, die relevanten Zahlen (Bilanzsumme, Eigenkapital, Verbindlichkeiten, Jahresergebnis) preiszugeben, die sich auf die Spielzeit 2017/2018 oder das Kalenderjahr 2018 beziehen. Klubs wie RasenBallsport Leipzig hätten am liebsten weiterhin ein Geheimnis daraus gemacht. Leipzigs Vorstandschef Oliver Mintzlaff bekräftigte erst kürzlich, dass er keinen Sinn darin erkenne, »jeden einzelnen Posten zu kommunizieren.«
Nun kann jeder erkennen, dass die diesjährige Qualifikation für die Champions League in Leverkusen und Leipzig eben auch mit ordentlichen Gehältern erkauft sind. Der Personalaufwand von 110 Millionen Euro unter dem Bayer-Kreuz (2018) beziehungsweise 105 Millionen in der Red-Bull-Welt (2017/2018) dürften sich in der abgelaufenen Saison weiter erhöht haben. Die wird aber erst zum 30. Juni bilanziert. Nichtsdestotrotz haben die beiden fremd finanzierten Klubs viel besser gewirtschaftet als beispielsweise Schalke 04, das mit seinen 124,8 Millionen Euro Personalkosten eigentlich zu den besten Vier gehören müsste. Ein weiteres Beispiel für Missmanagement gibt der Absteiger VfB Stuttgart ab, der sich mit seinen 83,7 Millionen für Gehälter wirtschaftlich in der oberen Tabellenhälfte bewegt hat.

Erstaunlich ist, was die Klubs an Beraterprovisionen ausgeben. Auch das wird zum ersten Mal im Detail aufgeschlüsselt. Hier führt Borussia Dortmund mit 40,9 Millionen deutlich. Bei der umfangreichen Shoppingtour im Sommer 2017 mit den Verpflichtungen von Ömer Toprak, Jeremy Toljan, Maximilian Philipp, Jadon Sancho, Andrej Jarmolenko oder Manuel Akanji zahlte der BVB allein an Agentenhonorar mehr als der SC Freiburg für all seine Angestellten. Auch von Bayer Leverkusen (22,6), Bayern München (22,3) und VfL Wolfsburg (21,6) konnten die Berater prima leben, die von den 18 Erstligisten insgesamt annähernd 200 Millionen Euro abgezweigt haben. Und niemand scheint gewillt, dem Wildwuchs dieser Branche einen Riegel vorzuschieben.
Die Pflicht zur Offenlegung betraf nach dem UEFA-Reglement im Kontext des Financial Fairplay eigentlich nur die Teilnehmer an europäischen Klubwettbewerben. Nun sorgen alle Vereine für eine gewisse Vergleichbarkeit, wobei beim Personalaufwand zu berücksichtigen ist, dass der Posten Personalaufwand auch Mitarbeiter fürs Merchandising, Ticketing oder in den Tochterfirmen umfasst. Doch das Gros geht immer noch an die Spieler. Und so bildet das Gehaltsvolumen auch die Kenngröße für sportliche Schlagkraft, so dass alle Debatten künftig eine fundierte Grundlage erhalten. Und letztlich kann auch das Management beurteilt werden. In Wolfsburg sind die Verantwortlichen für ein überbezahltes Ensemble - Klaus Allofs und Olaf Rebbe - übrigens längst entlassen.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1119857.fussballvereine-missmanagement-und-wildwuchs.html


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Funklöcher werden bleiben

Derzeit werden die neuen 5G-Mobilfunkfrequenzen versteigert. Was heißt eigentlich 5G?
Fünfte Generation. Sie soll mehr Daten in kürzerer Zeit übertragen.

Dr. Schmidt erklärt die Welt

Dr. Steffen Schmidt, Jahrgang 1952, ist Wissenschaftsredakteur des »nd« und der Universalgelehrte der Redaktion. Auf fast jede Frage weiß er eine Antwort - und wenn doch nicht, beantwortet er eine andere.
Wofür wird das gebraucht? Man kann dadurch sicherlich Kabelverbindungen sparen, weil der drahtlose Datenverkehr immer besser wird. Und dann hat es mit dem total veränderten Medienkonsum zu tun. Immer mehr Leute gucken ja Filme, Fußball oder Nachrichten auf dem Smartphone oder Tablet. Oder sie machen Onlinespiele.
Inzwischen geht es bei der Versteigerung um Milliardenbeträge. Ein gutes Geschäft.
Der Markt ist offenkundig da. Viele Leute sind mit dem jetzigen Standard LTE nicht mehr zufrieden. Und es gibt ja genug Gegenden, in denen entweder die Möglichkeit zum Kabelanschluss schlecht ist oder die drahtlose Verbindung nicht funktioniert. Das kann einem schon im Berliner Umland passieren, dazu muss man nicht erst in die Uckermark fahren. Für Firmen ein absolutes Ärgernis.
Und 5G wird das beheben?
Das Dumme ist, dass es dem Staat genügt, wenn die Versteigerungsgewinner 98 Prozent der Haushalte in Deutschland mit 5G abdecken. Das heißt: nicht alle. In dünn besiedelten Regionen werden da wohl Funklöcher bleiben.
Ist nicht die Industrie der größte Interessent?
Potenziell ja. Das Internet der Dinge wird perspektivisch zum Hauptschauplatz. Das geht von der Heizungssteuerung im Wohnhaus bis zu großen Produktionsabläufen, für die in den Betrieben eigene 5G-Netze aufgebaut werden.
Wie ist es mit autonomem Fahren?
Wenn das sicher funktionieren soll, müssen sehr große Datenmengen hin und her geschoben werden. Insgesamt braucht man für 5G aber viel mehr Antennen, und da stellt sich die altbekannte Frage: Schadet das der Gesundheit?
Und - schadet es?
Kaum noch zu ermitteln. Für den Vergleich fehlt in den hochentwickelten Ländern die Kontrollgruppe. Man findet keine hinreichend große Zahl von Menschen, die unter gleichen Bedingungen leben, aber nicht von irgendwelchen Funknetzen bestrahlt werden. Wo es echten Schaden anrichten könnte - bei der Wettervorhersage.
Warum das denn?
Die Meteorologen machen Messungen mit Satelliten auch im Bereich der Radiowellen, beispielsweise die Wasserdampfverteilung in der Luft. Das betrifft aber etliche Frequenzen, die in den USA gerade versteigert werden. Das kann die Vorhersagen von Unwettern erschweren und am Ende ist die Frage, ob diese Schäden teurer werden als das Geld, das der Staat bei der Versteigerung der Frequenzen einnimmt.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1119888.g-funkloecher-werden-bleiben.html

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Sony, Universal, Gzuz und andere: Menschenfeindlichkeit im deutschen Rap und der Musikbranche

Der Wert eines Wegwerfhandtuchs

 

Vor gut drei Wochen vernahm man ein Raunen aus der deutschsprachigen Rap-Szene: Gzuz, der Anführer der Hamburger HipHop-Gruppe 187 Strassenbande, wurde auf Instagram öffentlich von seiner Ex-Freundin Lisa beschuldigt. Diese postete in ihren Instastories eindeutige Vorwürfe - Vorwürfe, die wir nicht benennen dürfen, ohne hinterher Post von Gzuz’ Anwälten erwarten zu müssen. Daher sagen wir nicht, was vorgefallen sein könnte. Uns fiel aber gerade unabhängig von dieser Story ein, dass wir die Filme »Der Feind in meinem Bett« (1991) oder »Genug« (2002) schon lange nicht mehr gesehen haben.
Um es in aller Eindeutigkeit zu sagen: Wir wissen nicht, was bei Kristoffer Jonas Klauß, so der Rapper mit bürgerlichem Namen, und der Mutter seiner zwei Kinder geschehen ist. Es gibt zumindest bisher keine Anzeige von ihr und von ihm kein Statement. Der ganzen Geschichte wurde seitens des Rappers und seines Managements mit Schweigen begegnet. Wer über den Fall Gzuz berichtete, wurde mit Drohungen vom Anwalt ruhiggestellt: Über Rap berichtende Medien wie rap.de, 16bars.de oder hiphop.de, aber auch Bild.de und noizz.de nahmen ihre Artikel offline. Doch auf Twitter, aber auch unter Instagram-Posts wurde munter weiter diskutiert. Es taten sich mehrere Lager auf: Schuld an allem waren wahlweise Gzuz (so etwas hätte man von einem Ehrenmann nicht geglaubt), Lisa selbst (sie wollte es nämlich offensichtlich nicht anders) und die Medien (denn diese geben sofort klein bei, wenn Gegenwind kommt und/oder haben Angst vor den Rappern).

Dann wurde Gzuz’ Bandkollege Bonez MC kurze Zeit später von dessen Freundin wegen häuslicher Gewalt angezeigt, während das Magazin »Vice« Recherchen dazu veröffentlichte, dass Gzuz bereits 2018 einen Strafbefehl wegen sexueller Belästigung bekommen habe. Nun konnten die Medien zumindest diese Schlagzeilen in die Welt posaunen. Als könne man nun endlich sagen: »Gangsta-Rapper sind frauenfeindlich und gewaltverherrlichend.«
Bei einem Musiker, der davon rappt, dass er Frauen im Backstage »zerfetzt« (»Was hast du gedacht?«, 2018), keinen Hehl daraus macht, dass Frauen für ihn wertlos sind (»Die Fotze hat Bock und ich lad’ sie ein (ja)/ Sagt, dass ich sympathisch sei, Komm’ auf ihrem Arschgeweih/ Für mich ist die Hure nichts wert« (»Halftime«, 2018)), und der sich ganz offen zu seiner Homophobie bekennt (»Auf der Straße gelernt, die Schule geschmissen/ Um Schwule zu dissen und Groupies zu ficken« (»Stolz Deutsch«, 2009)), war das auch nicht verwunderlich.

Die Journalistin Salwa Benz, eine der bekanntesten Frauen, die in Deutschland über HipHop berichten, postete unter ihrem Instagram-Bild zum Thema die Frage: »Was soll man als Frau auch dazu sagen? ›Seht her, so sieht unsere Realität aus‹?« - Ja, was soll man als Frau dazu tatsächlich sagen? Dass es einen verwundert, dass das ganze Problem erst jetzt angesprochen wird? Dass es erst jetzt interessiert? Jetzt, wo es öffentlichkeitswirksame Anschuldigungen gibt?
Der Fall erinnert leider verdächtig an die Momente, in denen die Rapper Kollegah und Farid Bang den Musikpreis Echo demontierten: Die Branche überhäufte ihre Lieblingskünstler so lange mit Preisen, bis auffiel, dass die antisemitischen Zeilen auf dem Album »Jung, brutal, gutaussehend 3« (2017) doch nicht ganz so harmlos sind. Dann war der Schreck plötzlich groß: So offen propagierter Antisemitismus, das kann man natürlich nicht tolerieren. Zumindest dann nicht mehr, wenn es alle gemerkt haben und eine riesige Diskussion losgeht, die am Ende schlecht für den Ruf der Leute sein könnte, die hinter Kollegah und Farid Bang agieren und mit ihnen Geld verdienen. Ähnlich ist es hier: Es geht ja nicht nur um Gzuz, der in seinen Texten damit prahlt, dass er jede Frau als billigen Fick haben kann, Schwule doof findet, er sich ohne Ende Drogen in die Birne ballert und ein ganzes Arsenal an Waffen zu Hause herumliegen hat. Popkultur ist immer auch ein Spiegel dessen, was in unserer Gegenwart passiert. Was erfolgreich ist, wird entweder tatsächlich gefeiert und gekauft oder von Labels und Distributoren so stark beworben, dass kaum ein Weg daran vorbeiführt. Was also sagt es aus, wenn Künstler wie Gzuz oder Kollegah an der Spitze der Popkultur stehen und überaus erfolgreich sind? Sie entsprechen dem Zeitgeist und werden unterstützt, finanziert, gefördert. Und wenn dann etwas danebengeht, einem der Künstler mal öffentlichkeitswirksam die Hand ausrutscht, dann werden die Medien an den Pranger gestellt: Warum wird zurückhaltend über Gzuz berichtet? Weil es sich oft um kleine Internet-Redaktionen handelt, die sich keinen Rechtsstreit leisten können, und weil die Lesenden nicht für redaktionelle Inhalte bezahlen möchten. Warum aber stellt keiner diejenigen zur Rede, die in der Musikbranche die Strippen ziehen? Oder glaubt irgendwer ernsthaft, die Verantwortlichen bei den großen Musiklabels wissen nichts von den Textzeilen, in denen Frauen denunziert werden? Die Leute bei Universal und Sony, die Booker, die Festivalveranstalter, aber auch die Fans, sie alle wissen es. Es scheint ihnen nur egal zu sein. Hier geht es nicht mehr nur um ein paar Beats und Textzeilen. Hier geht es um Aussagen, in denen eine Grundhaltung erkennbar wird. Das Argument, Kunst genieße eine gewisse Freiheit, ist kein Argument mehr: Kunst darf nicht alles, und wenn es »nun mal zum Hip Hop dazugehört« (wie gerne argumentiert wird), dass Frauen maximal die Rolle und der Wert eines Wegwerfhandtuchs zukommt, hat der HipHop ein großes Problem und sollte sich einem Reality Check unterziehen. Selbst wenn Kunst alles dürfte, könnte immer noch jeder und jede einzelne sagen: »Das ist unmenschlich, deshalb unterstütze ich das nicht.« Es gibt Grenzen, die man ziehen kann. Jede Person hat für das, was sie tut, Verantwortung, auch als Rezipient. Selbiges gilt übrigens nicht nur für die HipHop-Szene, sondern für die gesamte Gesellschaft.
Leute wie Gzuz oder seine Kollegen sprechen die Dinge vielleicht am menschenfeindlichsten aus - das bedeutet aber nicht, dass es in besser betuchten Milieus anders wäre. Wie war das mit Harvey Weinstein oder Donald Trump, der gewählt wurde, obwohl er laut krakeelend verlauten ließ, Frauen zwischen die Beine zu packen, wann immer es ihn danach gelüstete? Was ist mit der aktuellen Diskussion um Abtreibung in den USA und hierzulande? Hier, wo ein Gesundheitsminister damit durchkommt, vier Millionen für eine Studie auszugeben, die dazu beitragen soll, die Entscheidungsfreiheit von Frauen beim Thema Abtreibung zu beschneiden. Es gibt immer noch den Gender-Paygap. Und in den Vorständen deutscher Unternehmen sitzen immer noch lächerlich wenig Frauen.
Am Ende kommt man immer auf denselben Nenner: männliche Machtausübung. Und das steile Gefälle, dass aufgrund toxischer Männlichkeitsbilder, überkommener Traditionen und konsequenten Wegschauens weiterhin bestehen bleibt. Der Fall Gzuz und die Diskussion darum demonstriert dies nur einmal mehr.
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Judenhass, Staat und Zivilgesellschaft

Ja, Felix Klein ist ein besorgter und umtriebiger Mann, gleichwohl - oder deshalb? - sorgt er für Verwirrung. Als »Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus« hat er in der letzten Woche widersprüchliche Botschaften verbreitet: Während er zunächst Juden in Deutschland davor warnte, in der Öffentlichkeit eine Kippah zu tragen, meldete er sich wenige Tage später mit dem Vorschlag zu Wort, dass am Samstag alle Bürger des Landes eine Kippah tragen sollten - nicht zuletzt aus Solidarität mit jenen Juden, die gegen den israelfeindlichen »Al Quds«-Marsch islamistischer Verbände protestieren.
Treten wir einen Schritt zurück: In den Sozialwissenschaften ist es üblich, zwischen Beobachter- und Teilnehmerperspektive zu trennen - umgangssprachlich könnte man auch den Blick Außenstehender vom Blick unmittelbar Betroffener unterscheiden. Aus der Perspektive von Beobachtern waren und sind Kleins Einlassungen ein aufschlussreicher Hinweis auf die aktuelle politische (Un)Kultur in Deutschland, während die Reaktionen von Teilnehmern von der Zustimmung des Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland Josef Schuster bis zu der geharnischten Kritik des jüdischen Publizisten Michel Friedman reichten.
Micha Brumlik ist Senior Advisor am Zentrum Jüdische Studien in Berlin
Micha Brumlik ist Senior Advisor am Zentrum Jüdische Studien in Berlin
Was freilich bisher nicht auffiel, war, dass Klein so gut wie nichts bezüglich der Institutionen äußerte, die er tatsächlich vertritt: nämlich die Regierung der Bundesrepublik sowie - vermittelt - die Regierungen der Bundesländer. Indem sich Felix Klein hier an die jüdische Gemeinschaft und dort an eine aufgeschlossene Zivilgesellschaft wandte, vernachlässigte er den Bereich jenes politisch-staatlichen Betriebs, für den er im engeren Sinne zuständig ist. Schließlich sind der Politik die Hände in zwei entscheidenden Bereichen keineswegs gebunden: hinsichtlich der Belehrung und Bildung der künftigen StaatsbürgerInnen, was »gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit« (Wilhelm Heitmeyer) betrifft sowie der deutlichen Verbesserung staatlicher Wachsamkeit und Repression.
Obwohl der Bundestag gerade mit Mehrheit eine nicht unumstrittene Entschließung zu BDS und sogenanntem »linkem« »israelbezogenem Antisemitismus« verabschiedet hat, gehen in überwiegender Mehrheit von Rechtsextremisten begangene Hassverbrechen gegen Juden in Wort und Tat immer weiter. Tatsächlich konnten »nach Chemnitz« Gruppen von Neonazis ungestört durch Dortmunds Straßen paradieren und dabei ungestört schreien: »Wer Deutschland liebt, ist Antisemit.« Die Polizei ließ sie gewähren.
Daher: Die Ideologien Rassismus, Sexismus, Antisemitismus und Islamophobie - die als Ideologien zwar gemeinsame Züge tragen, aber keineswegs unterschiedliche Ausformungen desselben darstellen - müssen allen künftigen BürgerInnen dieser Gesellschaft kritisch erklärt werden. Gewiss: Bildung ist nicht alles, aber alles ist nichts ohne Bildung. Daher sollten in Zukunft alle künftigen Lehrerinnen und Lehrer - egal, ob sie Biologie, Musik, Sport oder Geschichte vertreten - obligatorisch in ihrem Lehramtsstudium Kurse über deutsche Geschichte zumal des NS und des Holocaust belegen, damit sie später in Klassen und auf dem Schulhof bei hasserfülltem, menschenfeindlichem Mobben eingreifen können.
Darüber hinaus ist auch - horribile dictu - die Praxis der Repression entscheidend zu verbessern. Zu fordern ist deshalb die Einrichtung einer speziellen Abteilung für »Hassdelinquenz« beim Bundeskriminalamt sowie sämtlicher Landeskriminalämter. Diese Abteilungen hätten sich nicht nur judenfeindlichen, sondern auch sexistischen, rassistischen und islamophoben Delikten, ihrer Verfolgung, Vorbeugung und Aufklärung zu widmen. Das sind Projekte und Fragen, die ich, bei allem Respekt, von einem Beauftragten der Bundesregierung erwartet hätte. Die Zivilgesellschaft wird schon für sich selber sorgen.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1119909.antisemitismus-judenhass-staat-und-zivilgesellschaft.html

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Über Rechtsruck, Grünruck und mögliche Lehren aus den EU-Wahlergebnissen.

Wenn vorher von einer »Schicksalswahl« die Rede war, klingt das Echo entsprechend. Aber sind das auch passende Töne? War das eine »Klimawahl«, erlebte Europa tatsächlich einen Rechtsruck, ist der Osten wirklich so blau? Und was gilt nun eigentlich bei der Linken: Ist die wegen zu viel oder zu wenig EU so schwach?
Auf der öffentlichen Bühne wird mit Antworten als Ware gehandelt, Fragen gelten meist als Ausdruck von Ratlosigkeit. Das ist weder Kritik am Journalismus, der die Zuspitzung braucht, noch Kritik an jenen Debatten, die in Parteien nun einmal so ablaufen wie sie immer ablaufen.
Dem Publikum aber, das sich seine Ratlosigkeit noch einzugestehen erlaubt, kann Komplexität einen Kater machen. Manchmal sieht man erst einmal keine Antworten, weil einem immer neue Fragen aus dem riesigen, bunten Bild vor die Füße fallen.

»Europa erlebt einen Rechtsruck«

Vor ein paar Tagen der sorgenvolle Anruf aus dem Elternhaus, in dem Erinnerung an deutsche Geschichte noch lebendig ist. Wer will da schon abwiegeln, womit die Befürchtungen dämpfen? Der Verweis auf die drei Länder, in denen die Sozialdemokratie stärkste Kraft wurden (Portugal, Spanien, Niederlande), klingt ein bisschen hohl, wenn zugleich in vier Ländern rechte und nationalistische Parteien vorn liegen (Frankreich, Italien, Polen, Belgien).
Jedoch, sagt der Politikwissenschaftler Philipp Manow: »Das Gerede von dem großen Rechtsruck war vor allem Propaganda der rechten Kräfte selbst.« Die dem weit rechts stehenden Spektrum Zugeordneten haben Mandate hinzugewonnen, aber doch in einem nach den bisherigen Zahlen eher überschaubaren Ausmaß von 30 bis 40 Sitzen. Dass ihr Anteil unter dem Strich bei einem Viertel der derzeit noch insgesamt veranschlagten 751 Mandate des Europaparlaments liegen dürfte, ist schlimm. Aber was da meist als »Rechtspopulisten, EU-Skeptiker und Rechtsextreme« subsumiert wird, hatte auch schon seit 2014 deutlich über 20 Prozent der Sitze.


Dass es, bei aller notwendigen Kritik daran, bei diesem Niveau geblieben ist, dürfte auch etwas mit der »Europäisierung der Europawahlen« zu tun haben, die in der Vergangenheit weit stärker nationale Abstimmung gewesen sind, mit einer Gegenmobilisierung, die vielleicht nicht immer den Linken zugute kam, die aber Wirkung zeigte. Wie passt das ins Bild des »Rechtsrucks«? Und wäre es nicht besser, auch mehr über die Vielen zu sprechen, die die rechte Regression ablehnen?
Man wird diese Mehrheit übrigens nicht als grüne bezeichnen können, so grün diese Europawahl nun mitunter gemalt wird. Die Ökofraktion im Europaparlament wächst bescheiden um nicht einmal 20 Sitze, und die gehen hauptsächlich auf die Gewinne in der Bundesrepublik zurück. Die Fraktion im Europaparlament umfasst etwa neun Prozent aller Abgeordneten. Ist das das Ergebnis der großen »Klimawahl«?
»Europa zu denken«, müsste offenbar viel eher heißen, den Unterschieden zwischen nordwesteuropäischen, südeuropäischen und osteuropäischen Gesellschaften Raum zu geben, die Besonderheiten und historischen Voraussetzungen einzubeziehen - statt dazu zu neigen, die eigenen, also nationalen Maßstäbe beim Blick darauf anzulegen.

»Der Osten ist blau«

Bleiben wir beim »Rechtsruck«. Es wird niemand von Verstand die Gefährlichkeit der Erfolge einer Partei wie der AfD unterschätzen, deren Funktionäre offen rechtsradikal reden. Aber es wird den Gegenkräften nicht helfen, wenn nun vor allem über das Viertel der Rechtswähler gesprochen wird. Horst Kahrs von der Rosa-Luxemburg-Stiftung hat in seiner Analyse darauf hingewiesen, dass die AfD gegenüber der vorherigen Bundestagswahl »in keinem Bundesland ihr Mobilisierungskraft ausbauen« konnte, »ihr Stimmenanteil gemessen an allen Wahlberechtigten sank« bundesweit sogar »um 2,9 Prozent«. Auch da, wo die Rechten stärkste Partei wurden, in Brandenburg und in Sachsen, ging der Stimmenanteil gegenüber der Bundestagswahl zurück.
Wie ließe sich dieser Trend verstärken? Hier könnten spannendere Antworten liegen. Spannender übrigens auch als die Wiederaufführung des Spektakels »Die Ostdeutschen«, diese merkwürdige Nachwende-Saga aus Westproduktion, in der jene »Ostdeutschen« wie eine einheitliche Gruppe schwer Erziehbarer betrachtet werden.
Nicht zuletzt wäre es hilfreich, sich auf Komplexität auch da einzulassen, wo diese den Erkenntniswunsch unter zerreißende Widerspruchsspannung setzt. In welche Schublade passen jene, über die nun etwa bei Elsa Koester im »Freitag« nachzulesen ist: Menschen, die bei den Kommunalwahlen im Osten eine Grüne zur Bürgermeisterin wählten und bei der Europawahl am gleichen Tag die AfD? Hier versagen die populären Raster. Das kann ein Glücksfall sein, wenn man besser verstehen will.

»Junge machen grüne Welle«

Es sind schöne Bilder, die jeden Freitag von für Klimaschutz auf die Straße gehenden Jugendlichen künden. Und Wahlgrafiken, die von enormen Grünen-Erfolgen bei den Jungwählern berichten, passen auch ganz wunderbar dazu. Wenn nun, dem heillosen Scheitern der CDU an diesem Thema sei Dank, auch noch alle Welt über den »Generationenkonflikt« durch das »Rezo-Video« schreibt, muss doch was dran sein an der Bedeutung des Ergebnisses unter Jüngeren.
Oder doch nicht? Bei der Europawahl waren hierzulande rund 65 Millionen Menschen wahlberechtigt, der Anteil der unter 30-Jährigen ist in einem Land mit ziemlich gealterter Bevölkerung aber eher klein. Zur Orientierung: Bei der Bundestagswahl 2017 war nicht einmal jede*r siebte Wahlberechtigte unter 30 Jahre. Das lässt die Bedeutung grüner Wahlerfolge unter Jungwähler*innen auf Normalmaß schrumpfen. Viel entscheidender war: Die Grünen haben auch in allen weiteren Altersgruppen unter 60 die Union überholt oder zu ihr aufgeschlossen.
Dafür gibt es Gründe. Das zweifellos beachtenswerte Phänomen jugendlichen Aufbegehrens erscheint womöglich auch nur deshalb so groß, weil man die Jüngeren zuvor fälschlich in die unpolitische Ecke gestellt hatte.

»Die Linken haben zu wenig …«

So beginnen viele Sätze in den Tagen nach Wahlen. Und das schon lange. Die Linken haben zu wenig die soziale Frage betont, zu wenig Kümmererpartei gespielt, zu wenig in Sachen Digitalisierung zu bieten. Jede dieser Einschätzungen mag auf konkrete Teilmengen bezogen richtig sein, aber keine davon kann etwas in Gänze erklären. So ist es auch mit den beiden Sätzen, die nun in Umlauf sind: »Die Linken waren zu EU-freundlich.« Und: »Die Linken waren zu wenig pro-europäisch.«
Dass an dieser Stelle ein paar harte linke Nüsse liegen, ist schon länger bekannt. Wer den Status quo der EU scharf und zu Recht kritisiert, gilt schnell als Europagegner. Und wer sich für mehr Europa ausspricht, hat oft Probleme, auch zu sagen, wie das konkret laufen soll. Es liegt in doppelter Hinsicht eine Unterforderung der Wähler*innen vor, wenn viel auf Parolen wie »Neustart« oder »Vereinigte Staaten« zusammenschrumpft, aber die schwierigen Fragen über Wege, Widersprüche und mögliche Partner nicht ehrlich diskutiert werden.
Aber darum soll es hier nicht gehen, sondern um eine andere Frage: Ist die Schwäche der Linkspartei mit der EU- oder der Klimaproblematik zu erklären? Oder könnte etwas zutreffen, was niemand gern hört: dass das Problem nämlich viel tiefer reicht?
Wenn der Erfolg der Grünen am besten damit erklärt werden kann, dass sich da etwas parteipolitischen Ausdruck schafft, was in der Gesellschaft gärt und treibt und sich bewegt, muss man nicht so viel über die Frisur von Robert Habeck oder die Kanzlerinnenqualitäten von Annalena Baerbock sprechen. Beides hat nur sehr begrenzt zu den guten Ergebnissen beigetragen. Die eigentlichen Erfolgsbedingungen der Grünen liegen sogar außerhalb ihrer Gestaltungsmacht, mehr noch: sie widersprechen dem, was die Grünen wollen - denn stark sind sie, weil es zu wenig Klimaschutz gibt und die ökologische Katastrophe sich zuspitzt. Das treibt die Leute an und führt sie zu den Grünen.
Einmal so gedacht: Was waren und sind die Erfolgsbedingungen der Linkspartei? Auch sie hat, so könnte eine Vorschlag lauten, bisher auch von Voraussetzungen gelebt, die sie selbst gar nicht hergestellt oder angestrebt hat. Erfolgsbedingung der PDS war das Ergebnis der Wende: die Wiedervereinigung und der Kollaps der DDR-Ökonomie. Sie wurde stark als die Partei, die für die Integration eines großen Teils der Ostdeutschen in die BRD sorgte. Dass sie Ungerechtigkeiten der Transformation ab 1990 anprangerte und Biografien verteidigte, spielte dabei ein weit größere Rolle als ihr programmatischer Kern als sozialistische Reformpartei.
Eine zweite, spätere Erfolgsbedingung war schon Kompensation der langsam, nicht zuletzt aus demografischen Gründen abflauenden ersten: die Krise der SPD, die zur Bildung von Parteien führte, die später mit der Linkspartei fusionierten. Ging es hier vorrangig um den programmatisch-reformsozialistischen Kern? Oder war eher ein identitätspolitisches Angebot ausschlaggebend: »Wir hüten die von ungerechten Zuständen geschundene Seele der wahren Sozialdemokratie«? Jedenfalls hat auch die Wirkung dieser Erfolgsbedingung, die nicht von Linkspartei selbst hergestellt wurde, inzwischen stark abgenommen.
Wenn diese These richtig ist, müsste eine Frage lauten, was eine neue Erfolgsbedingung wäre. Hier müssen wir noch einmal auf die Grünen zurückkommen.

»Grüne biegen doch schwarz ab«

Ein Sport unter Linken auch nach dieser Wahl ist es, schlecht über die Grünen zu reden. Das hat vielleicht mit Neid zu tun, oder mit einem Phänomen, das man »Komparativismus« nennen könnte - die eigene Position wird vor allem aus dem Vergleich mit anderen definiert. Man will dann sozialer sein als die SPD, grüner als die Grünen, lustiger als »Die Partei« und so weiter.
Nun wird niemand abstreiten, dass es eine politische Ökonomie der Klimafrage gibt. Aus ihr folgt die skeptische Einsicht, dass ökologische Reformbemühungen stets mit dem stummen Zwang der wirtschaftlichen Verhältnisse konfrontiert sind, mit den Interessen privater Aneignungslogik, dem Wachstumszwang der Akkumulation.
Immer mehr Menschen wird bewusst, das zeigen zumindest die bundesdeutschen Wahlergebnisse, dass die »Ökologie der Existenz« heute die Schlüsselfrage ist: Wird keine Antwort auf Klimawandel und seine globalen Folgen gefunden, auf die Krise der Reproduktionsverhältnisse und die Unmöglichkeit, soziale Integration mit immer neuem Wachstum global nachhaltig zu organisieren, erledigt sich bald auch jeder utopische Blick über den kapitalistischen Tellerrand hinaus.
Hier bekommt die Parole »Sozialismus oder Barbarei« eine neue, grüne Bedeutung. Wer letzteres nicht will, wird nicht mit Grünen-Bashing weiterkommen. Vielleicht hilft es, sich einen Satz von Uli Schulte als Hausaufgabe aufschreiben: »Die Grünen bewegen sich inhaltlich nicht auf die Mitte zu«, schreibt er in der »taz«. »Die Mitte bewegt sich auf die Grünen zu.«
Zumindest in Berlin ist es - in Sachen Enteignung großer Wohnungskonzerne - auch der Linkspartei gelungen, sich dort zu platzieren, wohin sich Teile der »Mitte« bewegen. Wie und wo, muss man jetzt fragen, könnte man so weitermachen?
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1119893.nach-der-eu-wahl-das-gute-im-komplexen.html

Industriepark Oberelbe: Brauchen wir einen Industriepark am Feistenberg?

Die Städte Pirna, Heidenau und Dohna gedenken, am Feistenberg entlang des Autobahnzubringers B172a auf einer Fläche von 150 Hektar den "Industriepark Oberelbe" zu errichten.
Was spricht für den Industriepark Oberelbe?
  1. Ohne neue Jobs überaltert die Region
  2. Die Wirtschaftsstruktur ist nicht ausgewogen 
  3. Das Lohnniveau muss angehoben werden 
  4. Die Kommunen brauchen mehr Steuereinnahmen 
  5. Handel ist auf Kaufkraft angewiesen 
Im verlinkten Artikel der Sächsischen Zeitung wird ausführlich zu den oben genannten Punkten beschrieben, welche Gründe für den Bau des Industrieparks Oberelbe sprechen.
Was spricht gegen den Industriepark Oberelbe?
  1. Das Landschaftsgebiet ist schon durch den Bau der A17 und der B172a stark betroffen und würde mit dem Bau des Industrieparks nachhaltig vollkommen verändert und somit versiegelt werden.
  2. Mensch und Tier sollen einen riesigen Industriepark billigen und versuchen sich damit zu arrangieren. Schon jetzt gibt es durch den abgeschlossenen Bau der A17 und der B172a keine ausreichenden Rückzugsmöglichkeiten für Tiere vieler Arten. Die Trassen bilden Barrieren und zerschneiden die Landschaft. An den Rändern der Autobahn wurden bescheidene Buschreihen an Hängen gepflanzt. Leider sind diese auch umzäunt. Tiere durchbrechen die Barrieren. Dies zeigt, wie sehr die Tiere unter dem Mangel eines Rückzugsgebietes leiden. Das betreffende Gebiet wird bis zum Bau des IPO von konventioneller Landwirtschaft genutzt. Eine weitere Zersiedlung der Landschaft wird keine Verbesserung des Lebens der Menschen und erst recht kein Überleben der Artenvielfalt von Tieren und Pflanzen darstellen.
  3. Zudem ist ein Lärmschutz an der A17 im Bereich Großsedlitz quasi nicht vorhanden. Seit Jahren sind die Anwohner, besonders in der Nacht, vom Lärm der Autobahn beeinträchtigt. Die Lebensqualität ist gesunken. Mit dem Bau des IPO wird der Lärm zunehmen und Luftqualität weiter verschlechtert.
  4. Ein erhöhtes Verkehrsaufkommen und der damit verbundene Lärm und die Luftverschmutzung wird steigen.
  5. Das Gebiet, das für den Bau des Industrieparks vorgesehen ist, liegt in einer Frischluftschneise, die weite Teile Pirnas mit Kalt- bzw. Frischluft versorgt. Mit dem Bau des IPO würde dies nachhaltig gestört werden.
  6. Versiegelung von 150 Hektar Fläche.
  7. Es besteht weder bezahlbarer Wohnraum, noch die verfügbare Fläche um bezahlbaren Wohnraum für die zusätzlichen Einwohner zu schaffen.
  8. Der öffentliche Nahverkehr bietet zum jetzigen Zeitpunkt keine Pendelmöglichkeit für Beschäftigte des IPO.
  9. Ein Industriepark neben dem Barockgarten Großsedlitz?
Meiner Meinung nach ist das Projekt IPO keine Chance für die Region, es bedeutet nur den weiteren Werteverlust für die hier lebende Bevölkerung.  Niemand kann sich sicher sein, dass die risikoreiche Verwendung von mehr als 100(!) Millionen Euro Steuergelder zum Erfolg führen wird. Zudem treffen einige wenige Politiker und deren Stadträte riskante, irreversible Entscheidungen ohne die Meinung und Zustimmung der Bevölkerung einzuholen. Diese wird erst informiert, wenn „Tatsachen“  geschaffen wurden. Als bestes Beispiel ist der Vorentwurf des FNP der Stadt Heidenau zu nennen.
Was können wir tun?
Der beste Weg ist ein Dialog zwischen den Verantwortlichen des Projektes und den Bürgern der Region. Im Rahmen dieses Dialoges sollen die Vorteile und Nachteile erörtert und gemeinsam diskutiert werden. Wir, die Bürger der Region, sollten dann gemeinsam mit den Verantwortlichen Entscheidungen über das Schicksal des Projektes treffen und dies noch bevor größere Summen an Steuergeldern für das Projekt gebunden werden.
Welche Alternativen wären denkbar?
  1. Teile des Gebietes sollten renaturiert werden , d.h. einen Teil aufforsten und Gewässer anlegen, also eine Basis für die hier lebenden Tiere schaffen.
  2. Umbau der vorhandenen konventionellen Landwirtschaft in eine ökologische Landwirtschaft. Den Landwirten, die den Schritt in die richtige Richtung sollte eine anfängliche Unterstützung in Form Finanzierungsmöglichkeiten angeboten werden. Landwirtschaft ohne Gift funktioniert gibt es bereits und sie funktioniert. Wir können der Natur ein Stück zurückgeben. Wir sollten es sogar.
  3. Einige Streuobstwiesen anlegen, die ebenfalls zur Erhaltung der Artenvielfalt beitragen und den Menschen in der Region mit frischem Obst versorgt.
  4. "Kleinere" Gebiete zur Erschließung von Gewerbe und Industrie ausweisen, mit der Vorgabe ein "Ausgleich" für ihre umweltbelastenden Verfahren zu schaffen. Stets umschlossen von großzügig angelegten Mischwald.
  5. Bereits bestehende Straßen ausbauen, d.h. umweltbewusste Gestaltung von Fahrtwegen und Schaffung von (Unter-)Querungsmöglichkeiten für die in der Region lebenden Tiere.
Wird es nicht Zeit, dass Sie wir und vor allem Sie, liebe Verantwortlichen des Projektes, aus Fehlern lernen und die Zukunft gemeinsam gestalten? Viele Bürger und Bürgerinnen dieser Region haben Ideen und möchten sich mit diesen einbringen. Wir, die Bürger, wollen respektiert werden. Wenn niemand mit uns kommuniziert, wie sollen wir eventuelle Vorteile des Projektes verstehen?
Gern stehe ich für Rückfragen zur Verfügung und stelle Kartenmaterial bereit. Wenn jemand Ideen, Anregungen oder Kritik mitteilen möchte, so bitte ich darum einen Kommentar zur Petition zu verfassen.
Informationsquellen:
Ein satirischer Kommentar zum Industriepark Oberelbe.
Im geplanten IPO der Kommunen Pirna, Dohna und Heidenau dürfen Industrieanla-gen gemäß der 4.Bundesimmissionschutzverordnung (4.BIDSchV, Anlage 1) gemäß der § 19 (mit Öffentlichkeitsbeteiligung) und § 10 (ohne Öffentlichkeitsbeteiligung) angesiedelt werden. Ein Ausschluss spezieller Industrieanlagen erfolgte durch die IPO-Planer bisher nicht. Unter die genehmigungsfähigen Anlagen fallen neben Müll-verbrennung, Tierkörperverwertung, Kraftwerke und Chemieanlagen jeder Art, La-gerung gefährlicher Stoffe auch industrielle Tiermastanlagen, so z.B. für mehr als 40.000 Stück Mastgeflügel oder auch mehr als 2000 Mastschweine. Es ist bekannt, dass der IPO zum großen Teil in einem für Pirna wichtigen Kaltluftentstehungsgebiet errichtet werden soll, dessen Luft sich selbst bei Windstille in die Talregion von Pir-nas Stadtzentrum bewegt. Nun könnte man meinen, es sei Geschmacksache, ob den Pirnaern die zu erwartende „würzige Landluft“ industrieller Tiermastanlagen zusagt oder nicht. (Die Einwohner von Krebs wissen schon lange, wovon hier die Rede ist.) Nein, hier handelt es sich um handfeste gesundheitsgefährdende Szenarien: Das aus Mastställen entweichende gasförmige Ammoniak (NH3) ist insgesamt für 45% an der Feinstaubbildung beteiligt, so dass in Gebieten solcher ländlicher Emissionen die Feinstaubbelastung ähnlich hoch ist wie im Zentrum von Großstädten (s. z.B. ARD, Monitor vom 17.1.19) Hinzu kommt die Feinstaubbelastung durch den Autobahnzu-bringer und der Südumfahrung. Dieser Schadstoffmix würde also ständig aus westli-cher Richtung über die Wohngebiete am Feistenberg und am Postweg in die Pirnaer Tallage hinab wabern. Bundesweit verursacht dies statistisch 50.000 vorzeitige To-desfälle pro Jahr, besonders bei ohnehin Lungen- und Herzkreislauf belasteten Ein-wohnern, die Erkrankungen als solche nicht mit gerechnet. Und in Pirna?

Bündnis 90/Die Grünen Pirna

Überraschung! Rechte sind gegen kommunalen Wohnungsbau – und fest auf der Seite der Mietpreistreiber


mietendemo_frankfurt_20.10.208Schaut man genauer hin, dann fällt auf, dass die AfD gerade im sächsischen Kommunalwahlkampf sehr darum bemüht ist, sich mit – allerdings maximal unverbindlichen – Aussagen zu sozialpolitischen Themen als »Partei der kleinen Leute« darzustellen. In Dresden etwa plakatierte die Partei den Slogan »Wohnen bleibt bezahlbar«. Dass bereits jetzt laut einer Studie des Verbandes der sächsischen Wohnungsgenossenschaften vom März dieses Jahres 20 Prozent der sächsischen Haushalte Schwierigkeiten haben, eine bezahlbare Wohnung zu finden, thematisiert die AfD natürlich nicht. Dass die AfD ein ausschließlich taktisches Verhältnis zur sozialen Frage hat, verrät auch ein Blick in ihr Kommunalwahlporgramm für Dresden. Mit martialischen Worten wird dort angekündigt, die nach der 2006 erfolgten vollständigen Privatisierung des kommunalen Wohnungsbestandes 2018 neugegründete städtische Wohnungsbaugesellschaft »Wohnen in Dresden« zu »liquidieren«. Angeblich ergibt das Sinn, da die sächsische Landeshauptstadt in den Plattenbaugebieten »über ausreichend preisgünstigen Wohnraum« verfüge. Die AfD schlägt vor, durch eine Lockerung einschlägiger Vorschriften den Bauunternehmern und Vermietern entgegenzukommen, also eben denen, die an steigenden Mieten und Wohnungsmangel verdienen…“ – aus dem Beitrag „Alternative für Vermieter“ von Steve Hollasky am 25. Mai 2019 in der jungen welt externer Link über Sozialpolitik im eindeutig rechten Stil…

Nach 8 Monaten zum Auszug gezwungen: Die Gegenoffensive der Wohnungsunternehmen und ihrer Verbündeter geht ungebrochen weiter


Keine Profite mit der Miete: Bundesweite Aktionswoche gegen steigende Mieten und Verdrängung„… Nach acht Monaten Besetzung ist am Mittwochabend in der Kreuzberger Großbeerenstraße 17a der Streit um eine Wohnung eskaliert. Vier Stunden lang verhandelten Aktivisten, die Aachener Siedlungsgesellschaft (ASW) als Eigentümerin und die Polizei über eine Räumung. Dazu kam es letztendlich jedoch nicht. Nach Verständigung zwischen den Parteien verließen alle Besetzer um 22.45 Uhr das Haus – unter der Bedingung, dass kein Strafantrag gestellt würde. Seit September 2018 hatten sie eine Wohnung in dem Gebäude in Beschlag genommen. Die Besetzung ist nur das jüngste Beispiel für die harten Kämpfe, die derzeit um den Wohnungsmarkt in der Hauptstadt ausgetragen werden. Der Zuzug nach Berlin ist hoch, Neubau erfolgt nicht in dem erforderlichen Ausmaß, die Mieten steigen seit Jahren, vielerorts kommt es zur Verdrängung alteingesessener Mieter aus ihren Kiezen, Wohnungen sind nur schwer zu finden. Ein Volksbegehren zur Enteignung großer Wohnungskonzerne stößt deshalb gerade auf große Resonanz…“ – aus dem Bericht „Streit um besetzte Wohnung nach acht Monaten eskaliert“ von Corinna von Bodisco am 30. Mai 2019 im Tagesspiegel online externer Link über einen Aspekt der aktuellen Gegenoffensive von Wohnungsunternehmen, die schlagkräftige Verbündete aufweisen…

„Job Fort?“ Bundeswehr sorgt mit Werbeaktion vor Ford in Köln für Kritik – gibt es aber auch für VW!


„Job Fort?“ Bundeswehr-Werbeaktion vor Ford in Köln (und auf deren Homepage)“… Am Donnerstagvormittag war ein Truck der Bundeswehr vor dem Gelände der Ford-Werke von Tor zu Tor gefahren. Die Aufschrift auf dem Werbebanner auf der Rückfläche in der Typografie des Autobauers: „Job fort – Mach was wirklich zählt“. Der Hintergrund: Ford hat jüngst angekündigt, 5400 Stellen in Deutschland zu streichen, davon 3800 am Standort Köln. Der Abbau soll  über Abfindungen und Frühverrentung erfolgen. Hinter den Kulissen laufen zudem Gespräche zwischen Ford und anderen Arbeitgebern wie der Stadt Köln, der Deutschen Bahn und eben auch der Bundeswehr, die Interesse daran haben, Mitarbeiter zu übernehmen. Auch der NRW-Ministerpräsident hat zwar nichts gegen Nachwuchswerbung der Truppe. „Grundsätzlich ist es zwar zu begrüßen, wenn große Arbeitgeber wie die Bundeswehr Perspektiven für die Ford-Mitarbeiter aufzeigen“, teilte er dieser Zeitung mit. „Die Verwendung solcher billigen Werbesprüche ist aber völlig ohne Instinkt in diesen schwierigen Tagen. (…) „Das ist respektlos und beleidigend gegenüber den Mitarbeitern, die sich Sorgen um ihre Zukunft machen“, sagt Betriebsratschef Martin Hennig. Er könne keinem raten, zu einem solchen Arbeitgeber zu wechseln, so Hennig. (…) Vor Kurzen hatte das Verteidigungsministerium bereits vor den Werkstoren von Volkswagen mit einer ähnlichen Aktion geworben. Denn auch der Wolfsburger Autobauer entlässt einige tausend Mitarbeiter. Hier lautetet der Slogan ähnlich bizarr: „Jetzt Job fürs Volk wagen“…” Artikel von Corinna Schulz vom 5. April 2019 beim Kölner Stadt-Anzeiger online externer Link, siehe dazu die IG Metall Köln-Leverkusen und nun die Bundesregierung:
  • “Jetzt Job fürs Volk wagen! Mach, was wirklich zählt” – Die Bundeswehr warb mit Wortspielereien nach Entlassungsankündigungen bei Ford und Volkswagen, die Bundesregierung findet die umstrittene Kampagne “effizient” New 
    “… Vor der Werbeaktion habe zwischen der Leitung von Ford und der Leitungsebene des Bundesverteidigungsministeriums Kontakt gegeben: “Dringende Bitten, die Kampagne zu unterlassen, um die Beschäftigten nicht zusätzlich zu verunsichern, wurden seitens des Ministeriums ignoriert.” Tobias Pflüger und andere Abgeordnete der Linksfraktion sahen sich veranlasst, deswegen eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung zu stellen (BT-Drucksache 19/9694). Die werden gerne als lästige Interventionen mit vorgefertigten Hülsen pariert. Das offenbart aber, wie in der Antwort der Bundesregierung vom 28. Mai dieses Mal, doch auch einen gewissen Einblick in die Denke. Nachdem die Wehrpflicht, so heißt es in der Vorbemerkung, seit sieben Jahren beendet sei, müsse die Bundeswehr wie jeder Arbeitgeber “Maßnahmen der Personalwerbung” ergreifen. Dabei werde ein “Bild von der Vielfalt der attraktiven beruflichen Möglichkeiten und Perspektiven” aufgezeigt. Und es gebe da die “Arbeitgebermarke”, also “Mach, was wirklich zählt”, womit junge Interessenten “unter den Aspekten Sinnstiftung und Qualifizierung” angesprochen werden sollen. Und schließlich würde die Bundeswehr auch ausgebildetem, also älterem Personal der Autohersteller “krisenfeste Jobs und sichere Perspektiven”, das die Bundeswehr bislang nicht als Arbeitgeber wahrgenommen hätte. (…) Gekostet habe die Kampagne ca. 18.000 Euro. Zum Thema Geschmacklosigkeit will sich die Bundesregierung nicht äußern. Man werte “keine derartigen Meinungsäußerungen”, die Bundeswehr wollte niemanden beleidigen, sondern Betroffenen eben eine “attraktive und krisensichere Perspektive” bieten. Dass eine Tätigkeit bei der Bundeswehr, die zunehmend auf Auslandseinsätze ausgerichtet ist, für den Einzelnen keineswegs nur attraktiv und krisensicher ist, wird natürlich ebenso wenig erwähnt wie irgendein Hinweis darauf, was denn eigentlich wirklich zählt. Man will auf der einen Seite ein ganz normaler Arbeitgeber sein, aber dann doch auch wieder ein ganz besonderer. Die Bundesregierung, hier Peter Tauber bzw. dessen Büro, war jedenfalls sehr zufrieden mit der crossmedialen Kampagne: “Angesichts eines durch Fachkräftemangel gekennzeichneten Arbeitsmarktes” müsse Werbung “auffallen”. Und das sei – man muss sagen mit Geschmacklosigkeit – gelungen, schließlich habe eine “erhebliche Resonanz auf die Werbeaktion erzeugt” werden können…” Beitrag von Florian Rötzer vom 31. Mai 2019 bei telepolis externer Link
  • IG Metall Köln-Leverkusen: Zynische und verhöhnende Kampagne der Bundeswehr
    Die Bundeswehr hat heute unter dem Titel „JOB Fort?“ eine Anzeige auf der ersten Seite des Kölner Express und auf der Bundeswehr Homepage „Bundeswehrkarriere.de“ geschaltet, die hohe Empörungswellen nicht nur unter den Ford Arbeitnehmern in Köln ausgelöst hat. Dieter Kolsch, I. Bevollmächtigter der IG Metall Köln-Leverkusen: „Stelle gestrichen? Wir stellen ein: in den Bereichen Tech, Office, Logistik und IT. Mach was wirklich zählt. Bundeswehr“- so formuliert es die Bundeswehr auf ihrer Homepage „Bundeswehrkarriere.de“. Eine Verhöhnung der Arbeit und Leistung von vielen tausend Beschäftigten und ihrer Arbeit.“ Die IG Metall Köln-Leverkusen und der DGB fordern von der Bundeswehr eine Entschuldigung bei den Arbeitnehmern der Ford Werke für diesen Zynismus und eine Rücknahme der Anzeige. „Wir fordern eine faire Berichterstattung von den verantwortlichen Medien“, so Dieter Kolsch.  (Fort im Logo des Ford-Konzerns) eine unerträgliche Provokation für die um ihre Arbeitsplätze besorgten Ford ArbeitnehmerInnen. Zynisch wird der Arbeitsplatzabbau von Ford missbraucht, um Werbung für Arbeitsplätze bei der Bundeswehr zu machen…“ Pressemitteilung vom 4.4.2019 von und bei IG Metall Köln-Leverkusen externer Link