Donnerstag, 28. Juni 2018

Brüsseler Symbolpolitik


Das Rechtsstaatsverfahren nach Artikel 7 hat begonnen: EU-Minister hören Polen wegen »Justizreform« an

Von Reinhard Lauterbach, Poznan
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Protest gegen die »Justizreform« vor dem Büro der Europäischen Union in Warschau am Dienstag
Der EU-Rat hat am Dienstag abend Vertreter der polnischen Regierung über die polnische »Justizreform« angehört. Das Treffen der für EU-Fragen zuständigen Minister in Luxemburg war Teil des beginnenden Rechtsstaatsverfahrens nach Artikel 7 des EU-Vertrags. Unmittelbare Beschlüsse gab es nicht. Das polnische Außenministerium bezeichnete die Diskussion als »sehr sachlich« und »erstmals an Inhalten und nicht an allgemeinen politischen Fragen orientiert«. Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans hielt allerdings an seinem Standpunkt fest, dass es »ernsthafte Probleme« mit der Rechtsstaatlichkeit in Polen gebe.
Das dringlichste Thema ist im Moment die geplante »Säuberung« des Obersten Gerichtshofs (OGH) durch eine neue Ruhestandsregelung. Die rechtskonservative Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) hat mit ihrer absoluten Mehrheit beschlossen, dass alle Richter des OGH automatisch mit Vollendung des 65. Lebensjahrs in den Ruhestand versetzt werden. Dadurch würde sich die PiS mit einem Schlag rund 40 Prozent der dort amtierenden Kollegen entledigen und könnte sie durch eigene Kandidaten ersetzen.
Das Problem: Die sechsjährige Amtszeit der Richter am OGH ist in der Verfassung verankert, während die Ruhestandsregelung der PiS nur ein einfaches Gesetz ist. Die Verfassungswidrigkeit des letzteren nachzuweisen, dürfte dementsprechend nicht allzu schwerfallen. Ob er denn erbracht wird, ist aber fraglich, weil das polnische Verfassungsgericht schon von der Regierung kontrolliert wird. Bei der Anhörung in Luxemburg argumentierte Warschau trotzdem so ausweichend wie in der Sache bodenlos: Erstens gelte das Rentenalter von 65 Jahren für alle Berufe, also auch für Richter und auch solche am OGH. Zweitens stimme es zwar, dass deren Amtszeit in der Verfassung garantiert sei, aber es seien doch Umstände denkbar, unter denen sie vorzeitig endeten. So habe die jetzige Präsidentin des OGH, Malgorzata Gersdorf, ihr Amt selbst angetreten, nachdem ihr Vorgänger während seiner Amtszeit verstorben sei.
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Am Dienstag dieser Woche demonstrierten in ganz Polen erneut einige tausend Menschen, um die »unabhängigen Gerichte« zu unterstützen. Aus den Parolen wurde jedoch deutlich, dass die Liberalen die Hoffnung aufgegeben haben, die PiS werde noch einlenken. Sie setzt nun alles auf »Europa«, das »nicht nachgeben« solle.
Ob Brüssel mit der Anhörung in Luxemburg mehr als Symbolpolitik betrieben hat, ist fraglich. Denn für alle weiteren Schritte sind Mehrheiten erforderlich. Selbst wenn sich diese fänden: Ob sich die Verschärfung des Konflikts für die EU-Kommission politisch lohnen würde, ist nicht sicher. Nach jüngsten Umfragen ist in Polen die Unterstützung für die EU erstmals auf 46 Prozent gefallen – der Durchschnitt lag in den letzten Jahren zwischen 70 und 80 Prozent.

Legalize it!


Experten stellten am Mittwoch in Berlin den »Alternativen Drogen- und Suchtbericht« vor. Harsche Kritik an der bisherigen Repressionspolitik

Von Markus Bernhardt
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Vincent Kühne darf seit März 2017 Cannabis legal rauchen (Görlitzer Park in Berlin)
Das Kernproblem der aktuellen Drogenpolitik bestehe darin, dass »nicht Forschungsergebnisse und systematisierte Erfahrungen« die »Grundlage für drogenpolitische Entscheidungen« böten, sondern »parteipolitische Überlegungen und ideologische Glaubenssätze«. Dies erklärte Heino Stöver in seinem Eingangsstatement bei der Vorstellung des »5. Alternativen Drogen- und Suchtberichtes 2018« am Mittwoch in Berlin. Er ist Vorstandsvorsitzender des Vereins Akzept und geschäftsführender Direktor des Instituts für Suchtforschung an der Frankfurt University of Applied Sciences. Der Verein gibt in Zusammenarbeit mit der Deutschen AIDS-Hilfe (DAH) und dem JES-Bundesverband (Junkies, Ehemalige und Substituierte) alljährlich den Report heraus. Dieser versteht sich als Gegenstück zum von der Bundesregierung veröffentlichten »Drogen- und Suchtbericht«, denn dieser lasse »viele Fragen offen«. Das etablierte Vorgehen bleibe »weit hinter Erkenntnissen der Wissenschaft« zurück. Drogenpolitik müsse »rational und wissenschaftsbasiert sein«, konstatierte Stöver und machte keinen Hehl daraus, dass er die bisherige Strategie für fahrlässig hält. Ebenso die Besetzung des Amtes der Drogenbeauftragten der Bundesregierung. Die Experten und Wissenschaftler sehen sich genötigt, mittels des alternativen Berichtes »konkrete, evidenzbasierte Anregungen zur Behebung des Reformstaus in vielen Bereichen von Drogenhilfe, Prävention und Recht, sowohl im Hinblick auf legale als auch illegale Drogen« zu geben.
Ein thematischer Schwerpunkt des neu erschienenen Berichts liegt bei der mit Abstand am häufigsten konsumierten illegalisierten Droge Cannabis. Auf eben dieses Thema hatten sich auch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), vor wenigen Tagen öffentlich eingelassen. Anlässlich des Weltdrogentages, der am letzten Dienstag begangen wurde, verteufelten sowohl die Behörde als auch Mortler selbst den Konsum von Cannabis und ignorierten wiederholt die wissenschaftlichen Erkenntnisse in diesem Bereich. »Die ständige Debatte um die Legalisierung führt in die falsche Richtung. Sie suggeriert gerade den Jüngeren, Cannabis sei eine ungefährliche Substanz – das ist schlicht und einfach falsch«, behauptete Mortler in einer Pressemitteilung. Neueste Studienerkenntnisse der BZgA, welche die Behörde in der letzten Woche veröffentlicht hatte, zeigten, dass der Konsum von Cannabis bei 12- bis 25jährigen in Deutschland in den vergangenen Jahren angestiegen sei. So hätten 16,8 Prozent der 18- bis 25jährigen angegeben, in den vergangenen zwölf Monaten mindestens einmal Cannabis konsumiert zu haben. Im Jahr 2008 seien es hingegen noch 11,6 Prozent gewesen. Anstatt sich dieser Realität zu stellen und einzugestehen, dass die bisherige Verbots- und Repressionspolitik – nicht nur in Sachen Cannabis, sondern auch bezüglich anderer Drogen – als gescheitert angesehen werden kann, sieht die Bundesregierung keinen Änderungsbedarf in ihrem Handeln.
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Dies wiederum stieß am Mittwoch vor allem beim ehemaligen Polizeipräsidenten von Münster, Hubert Wimber, auf Kritik. Er verwies bei der Vorstellung des Alternativen Drogenberichtes auf das im Mai dieses Jahres veröffentlichte »Bundeslagebild Rauschgift« des Bundeskriminalamtes. Demzufolge wurden im vergangenen Jahr 330.580 polizeiliche Ermittlungsverfahren auf Grundlage des Betäubungsmittelstrafrechts angestoßen. Während die Kriminalität insgesamt im Vergleich zum Vorjahr um zehn Prozent zurückgegangen sei, seien die Drogendelikte im siebten Jahr in Folge angestiegen und hätten den höchsten Stand an Fallzahlen seit der Erfassung in einer gesamtdeutschen polizeilichen Kriminalstatistik. »Mit 166.236 konsumnahen Delikten waren in mehr als jedem zweiten Ermittlungsverfahren Cannabiskonsumenten als Tatverdächtige betroffen«, berichtete Wimber, der mittlerweile Vorsitzender von »Law Enforcement Against Prohibition« (LEAP) ist und sich für die Legalisierung von Cannabis stark macht. Auch insgesamt zeigte Wimber sich unzufrieden mit der etablierten Drogenpolitik, die weiterhin maßgeblich auf Repression der Konsumenten setzt. Es sei nunmehr an der Zeit, »die Kriminalisierung von Drogenkonsumierenden durch eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes zu beenden und die Strafverfolgungsbehörden von einer Vielzahl sinnloser Ermittlungsverfahren zu entlasten«, forderte der ehemalige Polizeipräsident am Mittwoch.

 Scharf ins Gericht gingen die Anwesenden mit den Politikern, die in Sachen Alkohol und Tabak der »legalen Drogenindustrie, ihren Lobbyisten und Werbeagenturen das Feld überlasse, anstatt »gesundheitspolitisch nach neusten wissenschaftlichen Erkenntnissen und Erfahrungen anderer Länder steuernd einzugreifen«. Zur Erinnerung: Jedes Jahr kommt es laut Statistik durchschnittlich zu 74.000 alkohol- und 110.000 tabakbedingten vorzeitigen Sterbefällen. Diese seien jedoch »offenbar der Rede nicht wert«.

Nippon first


Der ostasiatische Industriestaat kommt seit Jahren nicht aus der Krise heraus. Für das ehrgeizige Ziel, unabhängige imperialistische Macht zu werden, soll die gesamte Bevölkerung mobilisiert werden. Japan unter Shinzo Abe (Teil I)

Von Theo Wentzke
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Das Kampfprogramm gegen die Krise heißt moralische Erneuerung. Nach dem Willen des Ministerpräsidenten sollen sich »neue Japaner« selbstlos zum Wohle der Nation aufopfern
Theo Wentzke ist Redakteur der Zeitschrift Gegenstandpunkt. Zuletzt erschien von ihm auf diesen Seiten am 18. Mai dieses Jahres der Beitrag »Unordnung im Hinterhof« über die EU-Politik auf dem westlichen Balkan.
Japans Ministerpräsident Shinzo Abe regiert seit 2012 einen der weltweit größten und modernsten kapitalistischen Staaten: Riesige Kapitale sind dort beheimatet, die in Fabriken auf technologisch höchstem Niveau rund um die Uhr produzieren und das Land mit ihrer fortwährend betriebenen Forschung und Entwicklung zu einer der führenden Nationen im Bereich von Erfindungen und Patenten machen. Japan ist komplett erschlossen mit modernster Infrastruktur von Glasfaserkabeln über Hochgeschwindigkeitszüge bis hin zu einem auch atomar betriebenen Energienetzwerk. Über den eigentlichen Schmierstoff einer kapitalistisch produzierenden Nation verfügt das Land selbstredend auch: einen entwickelten Finanzmarkt mit gewaltigen institutionellen Akteuren im Banken- und Versicherungswesen. Dabei stehen ihm Massen lohnabhängiger Arbeitskräfte für alle Dienste zur Verfügung, nach denen die Wirtschaft verlangt. In deutlichem Kontrast dazu steht, woran laut Abe das Schicksal der Nation hängt: der moralische Zustand des Volkes – seine Arbeitsamkeit, seine Opferbereitschaft, sein kollektives Selbstvertrauen. Um den ist es aber seiner festen Überzeugung nach überhaupt nicht gut bestellt, womit er die nun schon seit Jahrzehnten nicht überwundene wirtschaftliche Krise des Landes erklärt: »Die größte Krise, der sich unser Land derzeit gegenübersieht, besteht darin, dass die Menschen in Japan das Vertrauen in sich selbst verloren haben (…). Wenn man das Vertrauen verloren hat, ›durch eigene Anstrengungen wachsen zu wollen‹, dann können sowohl der einzelne als auch das Land als Ganzes für sich keine leuchtende Zukunft erschließen.«¹
Sein Kampfprogramm gegen die Krise stellt er folgerichtig als eines der moralischen Erneuerung vor, das die der japanischen Volksseele seit jeher innewohnenden Tugenden reaktivieren und so die japanische Nation zu dem Glück und der Größe führen soll, die sie verdiene. Es geht Abe um »nicht weniger als das Vorhaben, ›neue Japaner‹ hervorzubringen, die die Verantwortung für die kommenden Jahre schultern werden. Wer sind nun diese ›neuen Japaner‹? Es sind Japaner, die keine der guten Qualitäten der Japaner vergangener Tage abgelegt haben; Japaner, die Armut verabscheuen und fest daran glauben, dass in der Freude an harter Arbeit universelle Werte gefunden werden können; Japaner, die sich seit den Tagen, als Asien noch ein Synonym für ›arm‹ war, unermüdlich für den Aufbau der asiatischen Volkswirtschaften eingesetzt haben, in der Überzeugung, dass es keinen Grund gibt, warum nicht auch die anderen asiatischen Länder in der Lage sein sollten, das zu erreichen, was den Japanern selbst gelungen ist. Wie ihre Väter und Großväter erfreuen sich die ›neuen Japaner‹ an jedem einzelnen ihrer selbstlosen Beiträge. Wenn sich etwas verändert hat, dann, dass nun zunehmend auch Frauen sowohl Empfänger als auch Verantwortliche für Japans Hilfe und Zusammenarbeit sind (…).«²

Aufgeschobene Krise

Woran sich die politischen Standorthüter Japans tatsächlich abarbeiten, ist eine Krise der nationalen Akkumulation, die offenlegt, dass die bis zu ihrem Ausbruch in wachsenden spekulativen Geldziffern vorweggenommene Akkumulation von Kapital die Potenz der nationalen Ökonomie, die Ansprüche auf geldwertes Wachstum zu bedienen, überstrapaziert hat. Das hat auch in Japan die typischen Konsequenzen: Geschäfte platzen, Kredite auf diese Geschäfte werden »notleidend«, und ab einer gewissen kritischen Masse solcher prekären Kredite »leiden« dann auch die Banken. Sie entziehen ihren spekulativen Anlagen – von den vorher so astronomisch teuren Immobilien bis hin zu den an der Börse gehandelten Wertpapieren und am Ende sich wechselseitig – das Vertrauen. Waren finden zu den kalkulierten Preisen nicht die nötigen Abnehmer; infolge der flächendeckend ausbleibenden Investitionstätigkeit sinken die Preise – es herrscht Deflation.
Dem begegnet der japanische Staat mit den Mitteln seiner politischen Kredit- und Geldmacht und wird zum Vorreiter der spätestens seit der Finanzkrise von 2007 auch in den beiden anderen traditionellen Zentren des Weltkapitalismus, EU und USA, ausgiebig praktizierten Krisenpolitik. Die japanischen Wirtschaftslenker befinden, dass die Deflation der Grund schlechthin für die andauernde wirtschaftliche Misere sei, und ordnen deren Bekämpfung alles andere unter – gemäß der von allen Nationalbanken geteilten Theorie, dass eine Inflation um etwa zwei Prozent genau der richtige Stimulus für Investition und Konsum sei. Der Staat reizt seine Macht zur Verschuldung in bis dato nicht bekanntem Maße aus, bläht seinen Haushalt auf und versorgt das Land mit einem Konjunkturprogramm nach dem anderen, damit Zahlungsfähigkeit in die Gesellschaft kommt, die Preise steigen und so die gewünschte Inflation in Gang kommt. Mit seiner Gesamtverschuldung von mehr als 230 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ist Japan unter den großen kapitalistischen Industrienationen absoluter Spitzenreiter bei der Ersetzung der lohnenden, die Akkumulation befördernden Kreditzirkulation zwischen Finanzsektor und »Realwirtschaft« durch die Kreditmacht des Staates. Dass die in so gigantischem Ausmaß eingesetzt werden kann, ohne dass wirksame Zweifel an der Güte der staatlichen Schuldpapiere aufkommen, liegt nicht zuletzt daran, dass der japanische Staat in Gestalt seiner Zentralbank seine Geldhoheit dafür einsetzt, auch auf der anderen Seite des Marktes für seine Schuldpapiere tätig zu werden. Mit immer neuen, immer größer dimensionierten Programmen schaltet sich die Bank of Japan (BoJ) in den Markt für japanische Staatsschuldpapiere (Japanese Government Bonds, JGB) ein und ist dort inzwischen der quasi monopolistische Akteur auf Käuferseite: Den privaten Geschäftsbanken kauft die BoJ ihre neu erworbenen JGB ab, von denen sie inzwischen einen Anteil von 80 Prozent hält. Insgesamt hält sie 45 Prozent aller JGB (was mehr als 100 Prozent des BIP entspricht), deren Gegenwert sich auf den Zentralbankkonten der Geschäftsbanken monetarisiert wiederfindet.
Den Zins für JGB mit einer Laufzeit von zehn Jahren hat die BoJ so schon auf Null gedrückt. Inzwischen tritt sie als Großinvestor auch auf dem Markt für andere Wertpapiere auf, kauft Anteile von Immobilien- und Aktienindexfonds, von denen sie inzwischen 75 Prozent aller auf dem Markt befindlichen Anteile bei sich hortet, was zu einer Stabilisierung und sogar einem zwischenzeitlichen Anstieg der einschlägigen Kurse führt.
Mit dieser Ankaufpolitik, mittels derer sie die Finanzmärkte mit Zentralbankgeld überschwemmt, raubt die BoJ zunächst den Staatsschuldpapieren und in der Folge allen Papieren, auf die sie ihr Programm ausdehnt, die Eigenschaft von Kapitalanlagen mit Vermehrungsaussicht. Sie ersetzt in gigantischem Umfang Kreditpapiere, die keine Vermehrung verbürgen, also wertlos sind, durch Geld, das definitiv Wert repräsentiert, der sich allerdings nicht vermehrt, also kapitalistisch unbrauchbar ist. Hinter dieser Sorte Krisenbekämpfung steckt ein allgemeiner Widerspruch: Weil die politischen Verwalter des japanischen Standorts nicht zulassen, dass ihr nationaler Kapitalismus von der in einer Krise allfälligen Entwertung heimgesucht wird, verhindern sie seit zweieinhalb Jahrzehnten, dass das Finanzkapital sein negatives Urteil über den Standort und sein kapitalistisches Inventar mit allen ruinösen Konsequenzen fällt. »Notleidende Kredite«, zweifelhafte Wertpapiere, fallierende Schuldner, Schuldtitel usw. werden ganz einfach immer wieder aufgekauft – mit der einen Konsequenz, dass sich das überakkumulierte, darum zu neuer erfolgreicher Verwertung unbrauchbare Kapital jedweder Form nicht entwerten kann. Und darum eben auch mit der anderen Konsequenz, dass der Staat so selbst verhindert, dass reale Akkumulation und finanzkapitalistische Kreditschöpfung auf geschrumpftem Niveau wieder füreinander produktiv werden. Statt dessen schleppt er das tote Gewicht von kapitalistisch ihrer Haltlosigkeit überführten spekulativen Gewinnansprüchen immer weiter mit, vergrößert es sogar mit jedem neuen Ankaufprogramm und sorgt so dafür, dass das überhaupt noch oder wieder stattfindende kapitalistische Geschäft, aufs nationale Ganze gesehen, immer weniger als Basis und Beglaubigung für die immer weiter aufgeblähten Kredit- und Geldmassen taugt.
WM-Fußballpaket
Die Grundlage dafür, dass ihr im Wortsinn maßloses Gebaren als Herren des nationalen Kredit- und Geldkreislaufs die japanische Kredit- und Wertmaterie international nicht in Verruf bringt, besteht darin, dass japanische Kapitale bei aller nationalen, in Yen bilanzierten Wachstumsschwäche seit jeher und weiterhin auswärtige Geschäfte machen, die sich in Dollar-Gewinnen niederschlagen. Die Entwertung der national überakkumulierten Kapitalmassen lässt der japanische Staat partout nicht zu, kauft die kapitalistisch wertlosen Schulden mit mehr und mehr seiner Schulden auf – und hält damit eine Ökonomie in Gang, die ihre wesentlichen Gewinne vor allem im Exportgeschäft mit den USA macht. Die seit Jahrzehnten manifeste Überakkumulation haben die japanischen Wirtschaftspolitiker mit ihrer Antikrisenpolitik damit quasi zweigeteilt: in eine nationale Stagnation, die sie mit staatlichem Geld prolongieren, und ein dollarwertes Auslandsgeschäft, das die nationale Überakkumulation zwar nicht als solche kompensiert, aber dem nationalen Geld eine Grundlage sichert. Womit in dieser Hinsicht die paradoxe Bilanz von fünfundzwanzig Jahren japanischer Wirtschaftspolitik gegen die Krise komplett ist: Japan hat offensichtlich die Freiheit ungehemmter staatlicher Kredit- und Geldschöpfung, mit der jedes finanzkapitalistische Krisenszenario schlicht aufgekauft wird – was ebendieses Szenario immerzu verlängert. Und es kann sich dabei auf einen internationalen Wert seiner Währung stützen, der nicht von den Erfolgen der nationalen Krisenbekämpfungspolitik, sondern vom bleibenden Dollar-Überschuss des Außenhandels lebt.

Unrentables Volk

Bei der Geldpolitik und der Kenntnisnahme ihrer wenig erfreulichen Resultate belässt es Abe nicht. Dem Wahn folgend, dass Krise sei, weil zuwenig Geld im Lande zirkuliere, fordert er Unternehmen und Gewerkschaften auf, sich auf höhere Lohnzahlungen zu einigen, um die nationale Kaufkraft und damit die Preise zu steigern. Außerdem appelliert der Ministerpräsident an die Wirtschaft, die Überstunden abzubauen, damit die fleißigen Japaner auch Gelegenheit finden, sich dem erhofften Konsum hinzugeben, zu dem sie bisher offenbar nicht kommen. Was Abe damit zur Sprache bringt, ist der Umstand, dass zur kapitalistischen Konkurrenz unter Krisenbedingungen auch in Japan gehört, das Verhältnis von bezahlter Arbeit und ihrem geldwerten Resultat dadurch zu optimieren, dass die Lohnzahlungen massenweise absolut reduziert werden – durch Lohnsenkungen und die Inanspruchnahme von Überarbeit. Darum werden die früher üblichen regelmäßigen Lohnerhöhungen und Boni fürs qualifizierte Personal auf ein Minimum reduziert, die Einstiegslöhne werden drastisch gesenkt, Stammbelegschaften werden ausgedünnt und in großem Umfang durch billige, leicht wieder auszustellende Zeitarbeiter ersetzt. Die wachsende Not, überhaupt ein Einkommen zu erzielen, wird durch die Schaffung von Billig- und Billigstjobs in einem entsprechend aufblühenden »Dienstleistungssektor« ausgenutzt – das ganze Programm der Verelendung der arbeitenden Massen im Rahmen der Krisenkonkurrenz wird von den japanischen Kapitalen jedweder Größe betrieben. Deren Not erkennt Abe an, auch wenn ihm die nationalen Resultate nicht passen. Also hält sich seine Regierung mit Diktaten in Sachen Mindestlohn zurück, folgt da, wo der Staat selbst als »Arbeitgeber« agiert, der gleichen Logik der Sanierung der wirklich entscheidenden Haushaltszahlen mittels Ruinierung der privaten Haushalte seiner Angestellten und fährt auch soziale Unterstützungsprogramme zurück.
Mit seiner Aufforderung an die Unternehmerschaft, in einer »Produktivitätsrevolution« statt immer nur in Lohnsenkungen das passende Mittel für ihre Konkurrenz um Gewinne zu suchen, bezieht sich Abe auf den inzwischen sehr selektiven Gebrauch, den das japanische Kapital von seiner angestammten Heimat macht. Als Basis für Entwicklung und Forschung ist der Hochtechnologiestandort Japan gerade recht. Die großen Investitionen in Fertigungsstätten und die Benutzung der dazugehörenden Massen von Arbeitskräften finden aber vorwiegend im Ausland statt, von dem aus japanische Kapitale den Weltmarkt mit ihren Produkten bestücken. Die so erzielten Gewinne legen sie in großem Umfang wieder im Ausland an, kaufen sich in andere Firmen ein bzw. übernehmen diese usw. Mit dieser Strategie zur Sicherung ihres jeweiligen Wachstums erzeugen sie die Trennung zwischen dem stagnierenden Kapitalismus am Yen-Standort und den dollarwerten Auslandsgeschäften.
Die eigenartige Mischung aus Nutzung und Nichtnutzung des japanischen Standorts durch japanisches Kapital macht sich quasi naturwüchsig an den üblichen Randgruppen einer traditionellen kapitalistischen Arbeiter- und Reservearmee bemerkbar. Noch immer fällt den Frauen weitgehend die Rolle der familiären Reproduktion zu, so dass sie als Bestandteil einer ungenutzten Überbevölkerung bisher eher nicht so auffällig geworden sind. Aber weil diese Form familiärer Arbeitsteilung wegen der flächendeckenden Lohnsenkungen immer weniger aufrechtzuerhalten ist, werden sie damit zum Problem, das Abe getreu seinem Ethos, dass die Kraft der Nation in den Tugenden seines Volkes liegt, anpacken will: Er erklärt die Hausfrau zum Auslaufmodell, dreht die massenweise eingerissene Not, dass nun auch Frauen Geld verdienen müssen, zur Chance um, auf ganz neue Weise für sich und die Nation nützlich werden zu können.
Die Alten fallen zunehmend durch den bloßen Umstand negativ auf, dass es sie gibt – mit zuwenig Rente nach einem Arbeitsleben für nicht sehr üppigen Lohn, also mit der Notwendigkeit, auch im Alter zu verdienen, ohne dass sie damit auf einen Bedarf potentieller »Arbeitgeber« stießen, der ihrer Not irgendwie gerecht würde. Das erklärt Abe – in konsequenter Fortführung seiner verdrehten Logik des weitblickenden und engagierten Standortpolitikers – zum Problem der »Überalterung«, der er mit einer Sanierung der nationalen Geburtenrate beikommen will, wofür ihm schon wieder die Zuversicht seiner Landeskinder als wichtigster Hebel einfällt. Und wenn er denen dann den größeren Zusammenhang erläutert, in dem ihr fataler Hang zur Überalterung zu betrachten ist, macht er deutlich, was der letzte Grund für seine eindringlichen Appelle an die Tugenden ist, auf die sich alle Japaner endlich wieder besinnen müssen – der Bestand und die »Unabhängigkeit« der großen japanischen Nation: »Vor hundertfünfzig Jahren brach eine Welle der Kolonialherrschaft über Asien herein, und die Schaffung einer neuen Nation durch das Japan der Meiji-Ära begann unter besonderem Handlungsdruck. Um diese bedrohliche Lage zu überwinden, die wirklich eine nationale Krise genannt werden muss, forcierte Japan die Modernisierung auf einen Streich. Die treibende Kraft dafür war jeder einzelne Japaner. Die bisherige Klassenordnung wurde aufgegeben, und alle Japaner wurden von den bisherigen Konventionen und Ordnungen befreit. Nur indem die Fähigkeiten des japanischen Volkes in ihrem gesamten Spektrum zusammengefasst wurden, konnte Japan seine Unabhängigkeit aufrechterhalten. Auch heute wieder steht Japan vor einer kritischen Lage, die wirklich eine nationale Krise genannt werden muss: unserer schrumpfenden Geburtenrate und unserer alternden Gesellschaft.« (Neujahrsansprache von Abe, 1.1.2018)

Emanzipation vom Dollar

Abes nationalistische Emphase ist ein deutlicher Hinweis darauf, was der Ministerpräsident für die wirklichen Herausforderungen Japans hält: Das Land ist heute nach sieben Jahrzehnten seines Wiederaufstiegs vom Weltkriegsverlierer zu einem der größten Player der globalen Ökonomie und zum prominenten Bündnispartner der Weltmacht USA in der Region akut in seinem ökonomischen und politischen Status gefährdet. Er diagnostiziert einen unerträglichen Statusverlust seiner Nation, die ihm als »Macht im Niedergang« gilt, deren Interessen selbst vom großen Verbündeten USA, erst recht von den regionalen Konkurrenten übergangen werden. Und mit China muss Abe in der unmittelbaren Nachbarschaft eine Nation aufwachsen sehen, die Japan nicht nur in allen ökonomischen und strategischen Hinsichten zu überholen droht oder bereits überholt hat, sondern bei der er zutiefst unfreundliche und unfriedliche Ambitionen entdeckt: den Willen eines Rivalen, der sich Japan unterordnen und in ein chinesisch dominiertes Asien einordnen will.
In der Sache steht die Nation vor der Notwendigkeit, die seit Jahrzehnten aufgeschobene Überakkumulation von Finanzkapital – inklusive des staatlichen Schuldenexzesses, der daraus gesetzliches Geld gemacht hat – dadurch in Ordnung zu bringen, dass autonom geschöpfter, auf Yen lautender und in dieser Gestalt sich verwertender Kredit überall dort entsprechend produktiv wird, wo japanisches Kapital seit Jahrzehnten sein eigenes und das nationale Dollar-Vermögen vermehrt. Den japanischen Wirtschaftspolitikern stellt sich diese Notwendigkeit vorrangig als die Aufgabe dar, die fortdauernde Abhängigkeit ihrer Außenwirtschaft von dem Dollar-Kredit, mit dem die USA ihre Importe bezahlen, zu überwinden. Das mag für Experten wie Abe hauptsächlich eine Frage der nationalen Ehre oder der großen vaterländischen Tradition sein. Politökonomisch geht es darum, den in Yen bilanzierten japanischen Kredit in erfolgreich akkumulierendes Kapital und den Yen in ein Zeichen unwiderstehlich wachsenden Reichtums zu verwandeln – und das in einem Umfang, der hinreicht, um ganz grundsätzlich die ungeheure tote Masse auf Yen lautender wertloser Schuldpapiere in den Status echten, vermehrungsträchtigen Finanzkapitals zu versetzen. Emanzipation vom US-Dollar und Internationalisierung des Yen, so lautet das Ziel, das Abe und Co. verfolgen.
Eröffnet ist damit die Konkurrenz mit den USA um die Frage, welches, d. h. wessen Kreditgeld in Zukunft den kapitalistisch wachsenden Reichtum realisiert und repräsentiert, den Japans Produzenten und Finanzkapitalisten weltweit, vor allem in ihrer benachbarten Staatenwelt, investieren und verdienen, vermehren und »arbeiten lassen«. Dort muss und soll Yen-Kredit statt Dollar-Kredit die Wirtschaft wachsen lassen und dadurch die Rechtfertigung der Unmasse von Kreditgeld bewirken, das die Bank of Japan per Aufkauf entwerteter privater und ersatzweise produzierter staatlicher Schuldpapiere geschaffen hat und aus dem keine hinreichend »inflationäre« Kapitalvermehrung erwachsen will. Das ist der ökonomische Angriff auf die USA, der dem japanischen Bemühen um Wachstum und Emanzipation vom US-Dollar immanent ist.
Anmerkungen
1 Regierungserklärung Abes im japanischen Parlament, 28.1.2013, www.de.emb-japan.go.jp
2 Grundsatzrede von Premierminister Shinzo Abe beim 13. Asien-­Sicherheitsgipfel des International Institute for Strategic Studies – »Shangri-La Dialogue« in Singapur, 30.5.2014, www.de.emb-japan.go.jp

Augsburg im Belagerungszustand


Polizei will AfD-Parteitag vor Protesten schützen. Kundgebungen angekündigt

Von André Scheer
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2.000 Polizisten sind für die Absicherung des AfD-Parteitags zusätzlich nach Augsburg beordert worden
www.afd-stoppen-augsburg.de
Vor dem am Wochenende in Augsburg stattfindenden AfD-Bundesparteitag hat die Polizei eine »niedrige Einschreitschwelle« gegen die angemeldeten Proteste angekündigt. Polizeivizepräsident Norbert Zink sagte am Mittwoch bei einer Pressekonferenz, man wolle zwar »alle friedlichen Versammlungen« schützen, aber auch Störungen des Kongresses der Rechtspartei verhindern. Dazu werde die Polizei in Uniform und zivil in der Stadt unterwegs sein, um »Kontrolldruck« zu entwickeln. Man sei auf eine »größere Anzahl« von Festnahmen und Ingewahrsamnahmen vorbereitet. »Das Auftreten der alten und neuen Rechten macht Angst. Wir erleben einen zunehmend reaktionären Staat. Darauf gibt es nur eine Antwort: Wir müssen uns gemeinsam Mut machen und entschlossen Gesicht zeigen für Freiheit, Solidarität und Demokratie«, sagte Judith Amler, Vertreterin des globalisierungskritischen Netzwerks ATTAC im Bündnis »Aufstehen gegen Rassismus«. »Wenn Holocaust und Zweiter Weltkrieg als ›Vogelschiss‹ verharmlost und die Sprache von Goebbels normalisiert werden, ist es für alle emanzipatorischen Kräfte und Demokraten höchste Zeit, dagegen auf die Straße zu gehen.«
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Gegen die Versammlung der AfD in Augsburg sind am Wochenende zahlreiche Aktionen geplant. Auftakt ist am Freitag abend mit einer Kundgebung auf dem Rathausplatz. Für Samstag ruft ein Bündnis aus VVN-BdA, Jusos, SDAJ, DGB-Jugend und Augsburger Friedensinitiative zu einer Kundgebung an der Messe auf, wo der Parteitag stattfinden soll. Anschließend ist ab elf Uhr ein Demonstrationszug zum Rathausplatz geplant. Parallel dazu ruft der DGB zu einer Kundgebung und Demonstration um zehn Uhr vom Gewerkschaftshaus auf. Beide Züge wollen sich auf dem Königsplatz vereinigen. Dort darf sich nach Auskunft der Polizei aber auch das rassistische »Pegida«-Bündnis versammeln. Man habe den Anmeldern eine Kundgebung auf der »Kurzen Bahnhofstraße« am Rande des Königsplatzes genehmigt, erklärte Zink.

Charlottesville: US-Neonazi angeklagt


Washington. Fast ein Jahr nach den gewalttätigen Demonstrationen neofaschistischer Gruppen in der US-Stadt Charlottesville ist ein Neonazi auf Bundesebene wegen Hassverbrechen angeklagt worden. Der 21jährige hatte im August 2017 sein Auto in eine Gruppe von Gegendemonstranten gelenkt, eine Frau war dabei gestorben. Die Demonstration hatte international für Schlagzeilen gesorgt, unter anderem weil US-Präsident Donald Trump Neonazis und Gegendemonstranten auf eine Stufe gestellt hatte. (AFP/jW)

WIEN: GELUNGENE VERANSTALTUNG MIT DEM EHEMALIGEN BLACK PANTHER DHORUBA BIN WAHAD


27.06.18
dhourbaAm Freitag den 22.6 fand in Wien eine vom Verein „Dar Al Janub“ in Kooperation mit der „Antifaschistischen Aktion – Infoblatt“ organisierten Veranstaltung statt, die mit rund 50 Leuten, darunter auch Organisationen, sehr gut besucht war. Nicht ohne Grund: ein Mitgründer und ehemaliges Mitglied der Black Panther Party, Dhoruba bin Wahad, hielt einen Vortrag über die Geschichte der Black Panthers, der Bewegung der Schwarzen in den USA und gab Einblicke in seine aktuelle politische Arbeit und Theorie.
Schon im Vorfeld wurde durch sogenannte „antideutsche“, also rassistische und chauvinistische, Vertreter der ÖH (Österreichische Hochschülerschaft) der Uni Wien versucht, den Vortrag zu verhindern. Darauf solidarisierten sich hunderte Universitätsprofessoren aus der ganzen Welt und stellten sich hinter die Veranstaltung. Daraufhin wurden den Veranstaltern heuchlerische Bedingungen für das Abhalten des Vortrags am Donnerstag an der Uni Wien gestellt und somit fand auch der am Donnerstag geplante Vortrag im „Afripoint“ und nicht an der Uni Wien statt. Dass das Ziel der Einschüchterung nicht funktionierte, zeigte das überfüllte Lokal am Donnerstag und die, trotz Störversuchen, erfolgreich abgehaltene Veranstaltung.
Der sehr lebendige Vortrag sprach direkt die BesucherInnen aus Österreich an: der österreichische Staat unterstütz mit seinem Militär imperialistische Einsätze in Afrika und reduziert die Rolle der Schwarzen und des afrikanischen Kontinents auf eine „Fußnote“ in seinen Geschichtsbüchern. Mit seiner These des „New Age Imperialism“ kritisiert er die im Imperialismus immer weitere „Globalisierung“ am Beispiel des Kongo, wo die Bevölkerung für billige Rohstoffgewinnung v.a. für Handys massiv unterdrückt, ausgebeutet und ermordet wird. Er verurteilte auch den Verkauf von Waffen in afrikanische Länder durch die USA und Israel, die Profite aus der Unterdrückung und Ermordung der kongolesischen Bevölkerung machen.
Die Black Panthers, wie er beschrieb, entstanden vor allem aus jungen Schwarzen Afroamerikanern, die sich gegen die massive Polizeigewalt und Morde durch die Polizei wehren wollten. Er hob hervor, dass die Rolle der Polizei der Schutz des Privateigentums ist und zeigte damit auf, dass die Frage der Gewalt nicht nur moralisch gestellt werden kann. Dhoruba hat eine unbestreitbare große Rolle in der schwarzen Bewegung der USA gespielt und setzt weiterhin all seine Kraft dafür ein. Seine führende Rolle in der Black Panther Party, seine Standhaftigkeit und Beharren durch 19 Jahre Haft und sein aktives Leben nach seiner Freilassung sind vorbildhafte Beispiele für alle kämpferischen AntifaschistInnen, DemokratInnen und AntiimperialistInnen.
Es war eine gelungene Veranstaltung, die zu fruchtbaren Diskussionen anregte und eine gute Einsicht in die Bewegung der Schwarzen von der Vergangenheit und der Gegenwart gab. Die Unterdrückung der Schwarzen ist keine Sache der Vergangenheit, sondern Teil des imperialistischen Ausbeutersystems, dass diese Unterdrückung immer weiter verschärft. Die AntifaschistInnen und AntiimperialistInnen müssen sich gegen den Eurozentrismus und Chauvinismus stellen und sich mit den kämpferischen Bewegungen solidarisieren.
Obwohl wir nicht alle Standpunkte teilen, die auf der Veranstaltung vertreten wurden, war der Austausch und die Diskussionen ein wichtiger Erfolg. Es passiert nicht jeden Tag, dass ein Mitgründer der Black Panther Party, die großen Einfluss auf verschiedenste Bewegungen auf der ganzen Welt hatte, und vom US-Imperialismus selbst als größte Bedrohung der inneren Sicherheit nach 1945 eingeschätzt wurde, in Österreich einen Vortrag hält.
Heute so wie früher findet diese barbarische Unterdrückung statt und bringt Profite in den Händen der imperialistischen Ausbeuter und heute so wie früher wird Widerstand dagegen geleistet werden, denn eines ist klar: Rebellion ist gerechtfertigt!
Wir veröffentlichen auch noch ein paar Fotos von Mobilisierungsaktionen aus verschiedenen Teilen Österreichs, wo AktivistInnen mit voller Hingabe zur Teilnahme an der Veranstaltung aufgerufen haben.
https://afainfoblatt.com/2018/06/26/wien-gelungene-veranstaltung-mit-dem-ehemaligen-black-panther-dhoruba-bin-wahad/

[England] Update zu Sam – Schreibt ihr!

27.06.18
Sam2-300x300-150x150Sam ist eine Langzeitgefangene, die im britischen Gefängnissystem intensiv medizinisch vernachlässigt wurde. Ihre Krebsgeschichte von 2015 bis November 2017 ist hier nachzulesen (in englisch).
November 2017
Mitte November wurde Sam für eine Blutuntersuchung in ein öffentliches Krankenhaus gebracht. Laut dem Gefängnisarzt sei das Blut zu alt, als dass es von einer Blutung im After stammen könnte und daher von weiter oben aus dem Darm kommen müsste.
Am 24. November wird Sam schließlich zur Darmspiegelung ins Krankenhaus gebracht. Der behandelnde Arzt sedierte sie allerdings nicht richtig und ignorierte ihre Proteste, so dass sie sie die ganze schmerzhafte Prozedur ohne Schmerzlinderung über sich ergehen lassen musste.

Dezember 2017
Für den 4. Dezember war ein Termin zur Darmspiegelung im Krankenhaus vorgesehen, jedoch bekam Sam am Vortag der Untersuchung von der Gefängnis-Krankenschwester weder die erforderlichen Medikamente noch die Info, vor dem Eingriff nichts zu essen, so dass der Termin abgesagt werden musste. Die Weiterbehandlung Sams ist allerdings vom Ergebnis dieser Untersuchung abhängig.
Sam wird schließlich am 20. Dezember zur zweiten Darmspiegelung gebracht. Der Arzt kann jedoch noch immer nicht den kompletten Darm sehen und sagt, diese Untersuchung hätte bereits letztes Jahr durchgeführt werden sollen, als sie noch im Peterborough Gefängnis war.
Januar 2018
Sam wird schließlich am 9. Januar im Homerton Hospital operiert. Sie war 2 ½ Tage dort.
Die Operation dauerte 9 Stunden und es wurde so viel Krebsgewebe entfernt und gelasert wie möglich. Leider zeigte sich, dass der Krebs bereits gestreut hatte. Es wurden Biopsien entnommen und Sam wartet auf die Ergebnisse.
Die Ärzte im Krankenhaus sagten ihr, dass in der Vergangenheit neun Termine mit dem Peterborough Gefängnis ausgemacht waren, zu denen Sam nicht gebracht wurde. Ob das Gefängnis all diese neun Termine abgesagte hatte, wurde nicht geklärt aber anscheinend wartete teilweise ein komplettes Operationsteam auf Sam, die dann nicht gebracht wurde. Sam betonte, dass sie auf all dies keinerlei Einfluss nehmen konnte.
Während der über vierstündigen Rückreise zum Gefängnis bat Sam darum, zur Toilette gehen zu dürfen. Die Antwort war, sie dürfe nur in einem Gefängnis oder einer Polizeistation zur Toilette gehen, so dass sie über zwei Stunden warten musste, bevor sie in einem Gefängnis ankam und endlich zur Toilette gehen durfte – und dies nach einer schweren Operation.
Sam wurde mitgeteilt, im April einen MRT-Termin zu haben.
Februar 2018
Am 3. Februar wurde Sam zu einem CT-Scan sowie einer weiteren Darmspiegelung gebracht, um die Ursache der Blutungen festzustellen. Die Ärzte glauben immer noch, dass der Krebs in ihrem Darm lokalisiert ist, aber die Abführmittel funktionieren wieder nicht.
Am 27. Februar bekommt Sam die Ergebnisse der Biopsien, die während der Operation entnommen wurden: es ist eine Analkrebs-Vorstufe (AIN3 = Anale Interepithale Neoplasien des dritten Grads) und noch kein Analkrebs.
April 2018
Sam wurde noch immer nicht zum MRT gebracht.
Sams Blutungen, ihre Krankheit und Erschöpfung verschlimmern sich. Schließlich wird bei ihr eine MRSA Infektion diagnostiziert und sie bekommt endlich eine Behandlung und Medikamente. Sie wissen nicht, woher diese Infektion kommt. Sam glaubt, sie hat sich im Krankenhaus infiziert, als ein Bulle ihr nicht erlaubte zu duschen und sie für über zwei Stunden in ihren eigenen Exkrementen saß.
Mai 2018
Am 08. Mai hätte Sam einen MRT- Termin im Krankenhaus gehabt, jedoch wurde sie nicht dorthin gebracht (später zeigte sich, dass das Gefängnis es versäumt hat, sie zu transportieren)
Am 17. Mai kehrte Sam letztendlich aus dem Homerton Krankenhaus zurück. Sie hatte eine zweite Operation, in der mehr ihres unteren Darms/Rektum entfernt wurde. Unglücklicherweise ist der Tumor der im Januar entfernt wurde an gleicher Stelle erneut gewachsen.
Sie teilten Sam mit, dass keine weiteren Operationen mehr durchgeführt werden können, da bereits zu viel ihres Darms entfernt wurde. Es wurden mehrere Biopsien entnommen und Sam wartet noch immer auf den MRT Scan.
Sam wurde mitgeteilt, sie benötigt Chemotherapie für die nächsten 62 Tage. Dies wird im Derby Krankenhaus stattfinden, so dass die Fahrt nicht mehr über vier Stunden für einen Weg beträgt.
Sam erholt sich momentan von der Operation und kämpft mit der emotionalen Herausforderung, noch immer eine lebensbedrohliche Krankheit zu haben und der Angst und Beklemmung vor den kommenden Monaten.
Sam liebt Postkarten mit Naturbildern, dem Meer, Füchsen und ästhetischem Punk-Kram! Schreibt ihr!
Samantha Faulder A1209CF
HMP Foston Hall
Foston
Derby
Derbyshire
DE65 5DN
Quelle: freedom for sam, übersetzt von ABC Wien
https://www.abc-wien.net/?p=4846#more-4846

Repression gegen G-20-Gegner: »Soko Schwarzer Block« verhaftet sechs Personen; Vorwurf: Bildung einer kriminellen Vereinigung


27.06.18
g20 festnahmenDie so berühmt-berüchtigte wie bislang chronisch erfolglose »Soko Schwarzer Block« schlug am Mittwoch erneut in mehreren Bundesländern zu. Wie einer Pressemitteilung der eigens zur Verfolgung von G-20-Gegnern gebildeten Sonderkommission der Hamburger Polizei zu entnehmen war, habe man in Hessen, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Hamburg »insgesamt 13 Objekte durchsucht und sechs Haftbefehle vollstreckt«.
Im Fokus der Ermittlungen stehen vier Jugendliche und junge Männer aus Frankfurt und Offenbach, die während der Gegenveranstaltungen zum G-20-Gipfel Anfang Juli 2017 in Hamburg schwere Straftaten begangen haben sollen. Am frühen Morgen drangen Beamte in die Wohnung der Beschuldigten ein, berichtet ein Angehöriger eines Festgenommen gegenüber junge Welt. »Sie haben Kleidung mitgenommen. Und alle elektronischen Geräte: USB-Sticks, Festplatten, Laptops«, so Hüseyin D. Die Familie seines Cousins habe sich gerade auf dem Weg in die Türkei befunden, musste den Urlaub abbrechen. »Natürlich sind sie sehr besorgt. Ich habe auch mit Angehörigen der anderen Beschuldigten geredet. Sie sind eingeschüchtert, auch schockiert, mit welchem Aufwand der Staat gegen diese Kids vorgeht. Ich meine, die sind alle zwischen 18 und Anfang 20«, berichtet D.
Die »Soko Schwarzer Block« dagegen jubelt. Die Verhaftung der vier jungen Männer sei »herausragend«, heißt es in der Pressemitteilung. Tatsächlich hängt die Hamburger Polizei den Fall hoch. In einem der Haftbefehle, der dieser Zeitung vorliegt, ist nicht nur – wie bislang in Verfahren zu den G-20-Protesten – die Rede von »Landfriedensbruch«, sondern auch von der »Bildung einer kriminellen Vereinigung«. Das Dokument weist zudem eine lange Reihe militanter Aktionen aus, die während einer unangemeldeten Demonstration am frühen Morgen des 7. Juli 2017 in der Hamburger Elbchaussee stattgefunden haben sollen. Allerdings: Bislang basiert der Vorwurf allein auf der angeblichen Teilnahme an dieser Demo, konkrete Straftaten werden zumindest im Haftbefehl den Beschuldigten nicht zugeordnet.
Dennoch könnte damit die öffentlich betriebene Hetze gegen Anti-G-20-Aktivisten in die nächste Runde gehen. Die Aktionen an der Elbchaussee seien »in der Hamburger Debatte das Böseste, was es gegeben hat«, kommentierte der mit den G-20-Fällen vertraute Anwalt Matthias Wisbar am Mittwoch gegenüber junge Welt. Weder der Rondenbarg, noch die Randale an der Schanze seien so gut geeignet, Erfolge zu inszenieren, wie die Elbchaussee. »Bei der Schanze ist es ja so: Alles, was sie bisher gesagt haben, warum die Polizei nicht eingegriffen hat, hat sich als unrichtig herausgestellt«, so der Hamburger Strafverteidiger. Und am Rondenbarg verletzten Beamte Dutzende Demonstranten zum Teil schwer. »Der Schwarze Mob, der die Elbchaussee verwüstet hat, das ist das für die Polizei am leichtesten Skandalisierbare.« Auch dass nun mit dem Vorwurf der »Bildung einer kriminellen Vereinigung« operiert werde, sei eine »ganz neue Qualität«, meint Matthias Wisbar.
Die Ermittlungsarbeit der Hamburger Sonderkommission war in der Vergangenheit häufig Gegenstand öffentlicher Kritik. Die Beamten operierten mit fragwürdigen Methoden. Die umfangreiche Veröffentlichung von Fahndungsbildern angeblicher Straftäter wurde zur Basis einer von rechten Medien betriebenen regelrechten Hetzjagd auf die polizeilich zum Abschuss freigegebenen »Chaoten«. Gleichwohl blieben Erfolge aus. Verfahren platzten, die Beweisgrundlage für Anklagen blieb meist dürftig. Zahlreiche gut dokumentierte Straftaten von Polizisten gegen Demonstranten während des G-20-Gipfels verfolgten die Behörden nicht.
Als Ablenkungsmanöver bewertet die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, am Freitag gegenüber junge Welt die aktuellen Verhaftungen: »Immer mehr Rechtsbrüche durch die Polizei kommen ans Tageslicht: Einsatz vermummter Agents Provocateurs, abgesprochene Falschaussagen vor Gericht und rechtswidrige Ingewahrsamnahmen. Aber anstatt endlich einmal gegen die eigenen Kollegen vorzugehen, tritt die Polizei mit dem völlig maßlosen Vorwurf der Bildung einer kriminellen Vereinigung die Flucht nach vorne an.«

Von Peter Schaber junge Welt 27.6.18

3 Podcasts von "Wie viele sind hinter Gittern, die wir draußen brauchen".- Ausgabe Juni 2018


26.06.18
 radio flora13 Podcasts von "Wie viele sind hinter Gittern, die wir draußen brauchen".- Ausgabe Juni 2018
Zu folgenden Themen:
- Hitzacker: Besorgniserregende Reaktionen auf musikalische Kundgebung
- Die sogenannte BAMF-Affäre
-Telefonat mit der ehemaligen Gefangenen Gülaferit
Besorgniserregende Reaktionen auf musikalische Kundgebung
Nach einer musikalischen Kundgebung am 18. Mai 2018 in Hitzacker vor dem Haus des Staatsschutzbeamten Olaf Hupp kam es zur Eskalation. Die Kundgebung richtete sich gegen Spionage und Repression.
Ca. 60 Teilnehmer*innen wurden auf dem Rückweg von der Aktion ohne Vorwarnung durch behelmte, vermummte Polizeieinheiten (BFE) überfallen, zu Boden geschlagen und über fünf Stunden in einem Kessel festgehalten. In der Folge nutzt die Polizei ihre scheinbare Deutungshoheit und verdreht eine musikalische Kundgebung in einen angeblichen Angriff teils vermummter Personen auf ein Familienhaus und phantasiert eine „neue Qualität der Gewalt“ herbei (Polizeipressestelle Lüneburg).
Inverview mit einem Vertreter*innen der „Die Rotzfreche Asphaltkultur“
http://rak-treffen.de/2018/05/20/unfassbar/
https://www.freie-radios.net/89653
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - die sogenannte BAMF-Affäre
Im Zweifel für Menschen in Not; Die ehemalige Leiterin des Bremer Bundesamt für Migration und Flüchtlinge verdiene eine Auszeichnung wegen Zivilcourage.
Ein Gespräch dazu mit dem Journalisten Peter Nowak
https://www.freie-radios.net/89654
Telefonat mit  der ehemaligen Gefangenen Gülaferit
Gülaferit wurde nach StGB § 129b (Unterstützung terroristischer Vereinigungen im Ausland) von Griechenland an Deutschland ausgeliefert. Im Januar 2018 wurde sie nach über sechs Jahren aus der Haft in die BRD entlassen.
Seitdem wurden drakonische Bewährungsauflagen gegen sie verhängt und sie musste einen Asylantrag stellen, um nicht abgeschoben zu werden.
Das „geschlossene“ Gefängnis wurde durch ein offenes Gefängnis ausgetauscht: Gülaferit erhält keinerlei Leistungen, ist nicht krankenversichert und bekommt auch sonst keinerlei materielle Zuwendungen, wie z.B. Gutscheine.
soligruppeguelaferituensal.blogsport.de
https://www.freie-radios.net/89652

[B] Provokationen bei der Gülaferit-Kundgebung am BAMF


26.06.18
gl.bamfAm 25. Juni 2018 versammelten sich zwischen 13 und 14 Uhr mehrere Menschen um für die Forderungen auf Bearbeitung Gülaferit‘s Asylantrages Nachdruck zu verleihen.
Es gab Leute die sich für unser Anliegen interessierten und mit uns diskutierten oder ein Flugblatt haben wollten.

Es gab aber auch mehrere faschistische Passantinnen und Passanten die nazistische Sprüche rissen, wie „In 2 Jahren seit Ihr nicht mehr da“, was eine Anspielung drauf sein soll, dass wenn Sie die Macht ergreifen wir alle liquidiert werden oder in Lager landen. Eine andere fing schon damit an dass Sie „Deutsche sei und in Ihrem Land sowas nicht...“ usw. Auf Ihre Argumente wurde gar nicht eingegangen, sondern gerufen: „Schulter an Schulter gegen Faschismus“
Wiederum andere hupten freundlich, oder signalisierten dass Sie unsere Aktion gut finden.
Einer der Wachmänner kam heraus und fing an einzelne Kundgebungsteilnehmer zu belästigen und irgendwelche Anweisungen zu erteilen. U.a. forderte, dass die Taschen von der Wand genommen werden sollen. In den Taschen könnten sich Bomben befinden und deshalb sollen Sie dort weg.
Er drohte weiterhin damit, dass wenn wir seiner Forderung nicht sofort nachkommen er ein „Bombenräumkommando“ rufen würde. Und das „würde dann sehr teuer werden“. Wir ließen uns nicht dazu zwingen etwas gegen unseren Willen zu tun und so musste er unverrichteter Dinge wieder abziehen, weil eine „Gewaltanwendung“ seinerseits im Alleingang gegen eine angemeldete Versammlung unter Freiem Himmel wahrscheinlich in diesem Fall von der Bewachungsverordnung nicht gedeckt sind.
Bilder:
webadresse:
http://soligruppeguelafer...

Nächste Kundgebungen
Von: Soligruppe Guelaferit am: 26.06. - 16:40
27.06.2018 BAMF, Bundesallee 44 (nähe U7/9 Berliner Straße) zwischen 13 und 14 Uhr
02.07. und 04.07.2018 vor dem Haupteingang des Roten Rathauses (Rathausstraße 15) zwischen 13 und 14 Uhr
07.07.2018 um 15 Uhr Rathaus Neukölln (Vorplatz)

DEN ANGRIFFEN DER KLASSENJUSTIZ ENTGEGENTRETEN – KEINE DNA-ENTNAHME IN STUTTGART


26.06.18
dna.umhaaresbreitVor zwei Wochen kam es in Stuttgart zu einer richterlichen Vorladung zur DNA-Entnahme. Die Entnahme von DNA stellt einen massiven Eingriff in die persönlichen Daten dar. Durch ihre Speicherung kann es einerseits rückwirkend zu Repression kommen, andererseits ist man für die weitere politische Arbeit extrem eingeschränkt. Die Entnahme von DNA war in der Vergangenheit aufgrund entschlossenen Widerstands selten.
Im konkreten Fall wurde die Entnahme ohne Bezug zur vorgeworfenen Straftat präventiv angeordnet. Berufen wird sich hier auf den Paragraphen §81g der Strafprozessordnung (StPO). Dieser schafft die Möglichkeit, bei „Straftaten von erheblicher Bedeutung“ und der Vermutung zukünftiger Straftaten die DNA zu entnehmen, um eine Identifizierung zu ermöglichen. Hierfür ist keinerlei Verurteilung notwendig. Auch ist der Begriff „Straftaten von erheblicher Bedeutung“ nicht genau definiert und liegt im Ermessensspielraum der Repressionsbehörden. Zuletzt liegt es in ihrer Macht zu behaupten, dass eine Person in der Zukunft wieder Straftaten begehen wird.
So reicht schon eine Anklage (keine Verurteilung!) und die oben beschriebene Einschätzung aus, um nach Paragraph §81g StPO eine DNA-Entnahme anzuordnen.
Die Ungenauigkeit des Begriffs „Straftat von erheblicher Bedeutung“, sowie die Möglichkeiten, zukünftige Straftaten zu prognostizieren, gibt den Repressionsbehörden so die Möglichkeit, DNA-Entnahmen gezielt bei uns Linken anzuordnen.
Genau dies ist im aktuellen Fall geschehen. Der betroffene Genosse erhielt eine Anklage, sowie die richterliche Vorladung zur DNA-Entnahme. Für diese war aber weder die Anklage, noch sonstige Straftaten von Bedeutung; vielmehr wird die DNA-Entnahme unmissverständlich und einzig mit den politischen Aktivitäten des Betroffenen begründet.
Sollte sich diese Anwendung des Paragraphen §81g StPO durchsetzen, wird die Möglichkeit geschaffen, DNA-Proben flächendeckend und sehr einfach zu sammeln.
Das ist in dieser Form erstmalig in Stuttgart und stellt eine extreme Verschärfung der Repression dar. Bereits durch die Vorladungen zur freiwilligen DNA-Entnahme im Kontext des G20-Gipfels hat sich angedeutet, was jetzt versucht wird: die komplette Überwachung der linken Bewegung in Stuttgart und ganz Deutschland. Gleichzeitig offenbart sich nur wieder, dass es sich nicht um die Bestrafung Einzelner, sondern um gezielte Angriffe auf die gesamte fortschrittliche Linke handelt.
Dieser Vorfall ist ein weiterer Angriff auf die fortschrittliche Linke in Stuttgart und zeigt die allgemeine Verschärfung der Repression.
Diese Repression ist Ausdruck eines Systems und einer Gesetzgebung, die darauf abzielen, den Besitz und die Macht der Herrschenden im Kapitalismus zu sichern und gegen die Perspektiven der fortschrittlichen Linken zu verteidigen. Das zeigt sich auch in einer fortschreitenden Militarisierung im Inneren. Diese liefert die Möglichkeiten, Protest immer weiter einzuschränken und mögliche Aufstände zu unterdrücken.
Neben dem „Bullenschubsparagraphen“ §114 StGB gibt es in Baden-Württemberg, Bayern und anderen Bundesländern neue Polizeigesetze, die die Befugnisse der Polizei soweit erweitern, dass sie Geheimdiensten ähnelt. Seit Anfang Mai setzt die Polizei Stuttgart bei jeder Gelegenheit ihre neuen Drohnen ein und benutzen diese, um Protest aus der Luft zu überwachen und eine Drohkulisse aufzubauen, die abschreckend wirken soll.
Hiergegen müssen wir aus der Deckung gehen und diesen Angriffen gemeinsam und offensiv entgegentreten. Strafen und Repression dürfen nicht als individuell, sondern müssen als politische Angriffe auf uns alle verstanden werden. Diese gilt es ins Leere laufen zu lassen, in dem wir uns vor Repression schützen, sowie Strukturen stärken und weiter aufbauen.
Es ist wichtig, als Bewegung solidarisch zusammenzustehen – sei es auf der Straße oder vor Gericht.
Getroffen sind einige, aber gemeint sind wir alle!
Unsere Solidarität gegen ihre Repression!
http://rotehilfestuttgart.blogsport.eu/2018/06/25/den-angriffen-der-klassenjustiz-entgegentreten-keine-dna-entnahme-in-stuttgart/

Freiheit für Georges Ibrahim Abdallah

Wir teilen hier Fotos des Blocks der französischen Genossen auf der Demonstration für Georges Ibrahim Abdallah in Paris, an der sich am 23. Juni mehrere internationale Organisationen beteiligte und auch Genossen aus der BRD und Österreich in der ersten Reihe, Schulter an Schulter mit den Genossen standen.

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Legal, illegal, scheißegal! - Die Mentalität der Bullen zu G20

Während den G20-Fahndungen und -prozesse zeigt der deutsche Imperialismus immer wieder, dass er seine eigenen Gesetzte gern missachtet, wenn er dies für notwendig hält oder es vorteilhaft für ihn ist. Während unser Zweck selbstverständlich nicht ist die Gesetzte des deutschen Imperialismus durch zu setzten, sondern ihn zu zerschlagen, zeigt diese Haltung gegenüber den eigenen Gesetzten erneut, dass die Diktatur der Bourgeoisie sich an keine Gesetze hält, auch nicht in der BRD. Lenin lehrt uns schon:
„Diktatur bedeutet […] eine uneingeschränkte, sich auf Gewalt und nicht auf das Gesetz stützende Macht.“
Lenin „Geschichtliches zur Frage der Diktatur“, 1920
„Der wissenschaftliche Begriff Diktatur bedeutet nichts anderes als eine durch nichts beschränkte, durch keine Gesetze und absolut keine Regeln eingeengte, sich unmittelbar auf Gewalt stützende Macht. Nichts anderes als das bedeutet der Begriff ‚Diktatur‘“
Lenin „Geschichtliches zur Frage der Diktatur“, 1920
Dass sich der deutsche Imperialismus auf Gewalt statt Gesetze stützt zeigt sich zuletzt gleich an mehreren Punkten der G20- Prozesse und -Fahndung:
Erstens wurde Nico B., nach einem Prozess und Untersuchung die vor Rechtsbrüchen und lügenden Bullen strotzt, zu einer Bewährungsstrafe von einem halben Jahr verurteilt. Ihm wurde zunächst versuchter Mord unterstellt, da er während den Protesten zu G20 mit einem Laserpointer versucht habe die Piloten eines Polizeihubschraubers zu blenden. Verurteilt wurde er schließlich wegen Versuch der Körperverletzung und der Gefährdung des Luftverkehrs, obwohl selbst die Strafkammer zugeben musste, dass weder ein Vorsatz dies zu tun nachweisbar ist, noch es überhaupt möglich ist so etwas mit dem angeblich genutzten Laser anzustellen. Auch die Täterschaft des Angeklagten ist nicht bewiesen, sondern nur „durch Indizien“, wie einem nicht autorisierten Zeitungsinterview mit seiner Lebensgefährtin, belegt. Der Angeklagte saß vor diesem Urteil bereits ein halbes Jahr in Untersuchungshaft. Auch seine Verhaftung war eine reine Machtdemonstration des deutschen Imperialismus. Die nächtliche Hausdurchsuchung bei der Verlobten von Nico B. fand mit eintägiger Verspätung statt, obwohl während der Tat „20 Polizeifahrzeuge“ fast vor der Haustür standen, und angeblich „Gefahr in Verzug“ gewesen sei. Die Durchsuchung fand dann mit vorgehaltenen Waffen, eingetretener Haustür, aber ohne richterlichen Beschluss statt, weil der diensthabende Richter sein Handy bewusst abgeschaltet hatte. Die Aussagen der beiden Piloten während dem Verfahren und Prozess sind offensichtliche abgesprochene Lügen, trotzdem spricht die Richterin über einen Irrtum, statt über absichtliche Falschaussagen. Die Bullen behaupten unter anderem der Hubschrauber sei abgesackt, was durch den Höhenmesser widerlegt wurde, dass sie während des „Angriffs“ schon über die „Gefahr“ sprachen, was durch Tonaufnahmen widerlegt wurde, und dass beide Piloten gleichzeitig auf dem rechten Auge geblendet wurden (was ein schöner Beleg eines altbekannten Sprichworts ist), was durch Experten widerlegt wurde. Außerdem hatte der Pilot in der ersten Vernehmung zu Protokoll gegeben, es habe „keine konkrete Gefahr“ für den Hubschrauber bestanden und damit auch keine Notwendigkeit für ihn, das Steuer zu übergeben. Später sprach er davon 10 Sekunden geblendet gewesen zu sein und wiederholte bis ins Detail der Wortwahl die Aussage, wie sie auch sein Copilot gemacht hatte. Dennoch wurden die Bullen nicht für diese gezielten Falschaussagen verurteilt, sondern der Angeklagte für den Versuch der Körperverletzung und der Gefährdung des Luftverkehrs, da er laut Gericht eine Blendung der Piloten und eine zeitweise Einschränkung ihrer Flugfähigkeit zumindest „billigend in Kauf“ genommenhabe
Zweitens offenbarte eine Aussage eines Bullen, Rechtsbrüche durch vermummte Bullen auf der „Welcome to Hell“-Demonstration. Er sagte im Prozess gegen einen Demonstranten aus auf der Demonstration mit mehreren weiteren Bullen vermummt gewesen zu sein und dies auch nach polizeilicher Aufforderung nicht geändert zu haben. Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages hielten fest, dass dieses Agieren als Agents Provocateurs ein Verstoß gegen die Versammlungsfreiheit ist und dass die „Tatbeobachter“ sich per Dienstausweis beim Veranstalter der Demonstration als Polizisten ausweisen und Sinn und Zweck ihres Einsatz erläutern müssen, was sie nicht taten. Sogar bürgerliche Medien wie die taz sind gezwungen in Anbetracht dieser geplanten Rechtsbrüche durch Bullen zu dem Schluss zu kommen: „Die Lektion ist also: Misstraue dem Staat. Dass er sich an Recht und Gesetz hält, ist leider nur ein frommer Wunsch.“
Drittens wurden bereits 52 der 124 Verfahren wegen Körperverletzung im Amt eingestellt und noch kein Bulle verurteilt, geschweige denn gegen sie ermittelt, während sogar absurde Anklagen wie die der „Beleidigung“ „Sie sind das Allerletzte!“, durch eine Mutter die auf einem Polizeirevier nach ihrem Sohn suchte zu Verurteilung führen. Ihr Sohn war Ordner einer Demonstration gegen Hausdurchsuchungen zu G20. Dort wurde er von Bullen bewusstlos geprügelt und anschließend in Gewahrsam genommen, statt ärztlich versorgt zu werden. Auch Ingewahrsamnahmen die sogar vom Verwaltungsgericht für rechtswidrig befunden wurden bleiben konsequenzlos
Die Konsequenz die der Hamburger Innensenator Andy Grote zieht ist zu versuchen das Vertrauen der Massen in den deutschen Imperialismus und seine Repressionsorgane, das sie gerechtfertigterweise nicht hatten oder verloren haben zurückzugewinnen. Dies versucht er durch das Einführen einer Kennzeichnungspflicht für Polizisten in Hamburg anhand eines Zahlencodes zu erreichen. Dabei ist unklar ob diese Forderung überhaupt durchgeführt wird, doch auch wenn sie dies wird ist klar, dass dies keine Lösung ist, sondern der klare Versuch die Massen zu belügen und zu besänftigen um gegen ihre gerechtfertigte Rebellion anzukämpfen. Die Konsequenzen die wir Kommunisten daraus ziehen müssen ist dieses verrottende Ausbeutersystem als die Diktatur die es ist zu denunzieren, den „Vertrauensverlust“ der fortgeschrittensten Teilen der Massen unter Anwendung der Massenlinie zu systematisieren und zu den Massen zurückzutragen und die Rebellion der Massen zu führen. Dafür braucht die Rekonstitution der Kommunistischen Partei Deutschlands.

Ukraine: Faschisten ermorden Roma

Am vergangenen Samstagabend griffen Faschisten der Organisation "Lemberg Jugend", die Teil der Maidan-Bewegung waren und im offen faschistischen Asow-Bataillon gegen die ukrainische Bevölkerung kämpfen, ein Roma-Lager in einem Vorort von Lwiw an.
Ausgerüstet mit Messern und Schlagstöcken, ermordeten sie einen 24-Jährigen Roma und verletzten weitere vier Personen, darunter eine Frau und ein zehnjähriger Junge. Es ist bereits der dritte offiziell bekannt gewordene Fall in den letzten Monaten wo Faschisten gezielt Roma angegriffen haben.
Die bewaffneten faschistischen Einheiten, sowie die Regierung der Ukraine, die Krieg und Terror gegen die Bevölkerung ausübt, werden unterstützt und finanziert durch die Imperialisten der EU und USA. Auf dem Rücken der Bevölkerung wird versucht, die Ukraine als Einflussgebiet für diese Imperialisten zu stabilisieren und noch mehr Profit aus der Bevölkerung herauszupressen. Angriffe gegen Roma, die immer Teil der faschistischen imperialistischen Politik waren, werden somit von den Imperialisten befördert und gestützt. Jeder "Aufschrei" ist reine Heuchelei, besonders in Anbetracht der Politik gegenüber Roma in den Ländern der EU, wie Österreich, wo Roma-Lager von der Polizei geräumt werden.



Noch mehr Eindrücke der Mobilisierung zur Feier 200 Jahre Karl Marx in Bremen

Wir dokumentieren mehrere Bilder von Wandzeitungen, die zur großen internationalen Feier in Bremen anlässlich des 200. Jubiläum der Geburt von Karl Marx mobilisieren. Sie wurden in verschiedenen zahlreichen Bremer Stadtteilen verklebt und tragen die Parole "Proletarier aller Länder, vereinigt euch!" in unterschiedlichen Sprachen. Auch an der Uni wurde ist schöne Propaganda aufgetaucht. Auch wenn die Wandzeitungen noch zum Sielwallhaus mobilisieren, denkt an den Infostand auf dem Hillmannplatz.
 Gröpelingen:200 jahre karl marx wandzeitung türkisch
200 jahre karl marx wandzeitung türkisch 2
200 jahre karl marx wandzeitung französisch
200 jahre karl marx wandzeitung französisch 2

Neue Vahr:
200 jahre karl marx wandzeitung russisch
200 jahre karl marx wandzeitung russisch 2

Walle:
200 jahre karl marx wandzeitung hindi
200 jahre karl marx wandzeitung hindi 2

Innenstadt:
200 jahre karl marx wandzeitung englisch

Uni:
200 jahre Karl Marx Uni
200 jahre Karl Marx Uni 2

[25. Juni 2018] Der dritte Generalstreik gegen die argentinische Macri-Regierung: Die Kraft, diese Politik zu beenden, wäre vorhanden…



„Ein Generalstreik hat Argentinien weitgehend lahmgelegt. Öffentliche 
Transportmittel standen am Montagmorgen still, Fluggesellschaften 
hatten ihre Flüge gestrichen, Industrie und Handel ruhten 
größtenteils, öffentliche Schulen blieben geschlossen. Zu dem 
24-stündigen Ausstand, der sich gegen die Wirtschaftspolitik des 
konservativen Präsidenten Mauricio Macri richtet, hatte der 
Gewerkschaftsdachverband CGT aufgerufen. Die Gewerkschaften fordern 
unter Hinweis auf die hohe Inflation Tarifverhandlungen ohne die 
Vorgabe einer Obergrenze. Die Regierung will Gehaltserhöhungen von 
maximal 15 Prozent zugestehen, obwohl die jährliche Teuerungsrate 
Anfang Juni bei 26 Prozent lag. Der Protest richtet sich auch gegen 
Sparmaßnahmen, die die Regierung mit dem Internationalen Währungsfonds 
(IWF) vereinbart hat. Argentinien wurde nach einer starken Abwertung 
der Landeswährung eine Finanzhilfe von bis zu 50 Milliarden Dollar (44 
Mrd. Euro) gewährt. (…) Im Gegenzug verpflichtete sich die Regierung, 
das Haushaltsdefizit schneller abzubauen und die Inflation in einer 
Bandbreite von 27 bis 32 Prozent zu begrenzen“ – aus „Generalstreik 
lähmt Argentinien“ hier bei Spiegel Online am 25. Juni 2018 – also am 
Abend des Streiktages, eine Agenturmeldung, die zwar die 
Fehlinformation enthält, es habe nur der Gewerkschaftsbund CGT zum 
Streik aufgerufen – aber doch immerhin deutlich macht, dass der Streik 
massiv befolgt wurde. Dass „nur die CGT“ zum Streik aufgerufen habe, 
war im Übrigen (vor Streikbeginn) eines der Standard-Argumente der 
Macri-Regierung: Damit sollte die Argumentation untermauert werden, es 
sei ein peronistischer Streik zugunsten der früheren Präsidentin 
Kirchner (was für breitere Teile der CGT durchaus zutrifft) – nach der 
erfolgreichen Mobilisierung ist dieses „Argument“, mit dem die 
Streikaufrufe der beiden CTA-Verbände ebenso ignoriert wurden, wie die 
der linken Basis-Gewerkschaftsnetzwerke eher „in den Hintergrund“ 
getreten…
Zum Generalstreik und seinen politischen wie gewerkschaftlichen 
Auswirkungen und Bedingungen vier weitere aktuelle Beiträge
http://www.labournet.de/?p=133918

Netzwerk-Info Gewerkschaftslinke Nummer 68 vom Juni 2018



Aus dem Inhalt: "Französische Bahnbeschäftigte kämpfen an vorderster 
Front. Die Agenda der Herrschenden in Frankreich ist klar umrissen: 
Die Anlagemöglichkeiten für das Kapital sollen auf zwei Ebenen 
dramatisch verbessert werden: Die Privatisierungen sollen drastisch 
vorangetrieben und die Arbeitsbedingungen (Löhne und soziale 
Sicherungssysteme) gravierend eingeschränkt werden. Aber dies stößt 
auf Widerstand. (...) Im Gegensatz zu Deutschland gibt es in 
Frankreich unter den
Kolleg*innen eine ganz beachtliche Bereitschaft zur Selbstorganisation 
und zu eigenständiger Kampfführung. So haben in diversen Bereichen die 
Streikenden seit einigen Wochen begonnen, entgegen den Vorgaben der 
Gewerkschaftsführung ihren Streik nicht immer wieder auszusetzen,
sondern ihn nach eigener Planung zu gestalten, was es vor allem der 
Gegenseite erschwert, die Auswirkungen mit Streikbrecheraktionen oder 
Versetzungen zu unterlaufen..."
und: "Politik versagt – Protest gefragt. Derzeit verhandeln die 
Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und der Spitzenverband der 
Krankenkassen (GKV-SV) über die Ausgestaltung einer
Gesetzesvorlage, in der es um die personelle Ausstattung von 
Krankenhäusern gehen soll. Im Saarland hat am 30.5. die Regierung den 
neuen Krankenhausplan vorgestellt. Gesundheitsminister Jens Spahn hat 
ein Eckpunktepapier für ein "Sofortprogramm" veröffentlicht. Dass sich 
die Verantwortlichen in Bund und Ländern jetzt gezwungen sehen, 
Vorschläge zu machen, ist ein Erfolg der bisherigen Bewegung. Generell 
zeichnet sich ab, dass die bisherigen Pläne keine spürbaren
Verbesserungen schaffen..."
Weitere Themen: 21. Ordentlicher Bundeskongress des DGB: Statt 
Offensive nur Appelle; Hartz IV wird kleingerechnet; 2. Mai 1933: 
Niemals wieder…;
Siehe das NWI Nr 68 vom Juni 2018 (pdf)
http://www.labournet.de/wp-content/uploads/2018/06/info68.pdf

Blockade bei Halberg Guss in Leipzig unter Polizeidrohung aufgehoben – ein Lehrstück darüber, was in der BRD „erlaubt“ ist: Kampfmaßnahmen nein, Trillerpfeifen ja


  „Die Streikenden beim Automobilzulieferer Neue Halberg-Guss lassen 
wieder Lkw durchs Werktor fahren. Wie die Polizei mitteilte, haben die 
Mitarbeiter die Blockade freiwillig aufgelöst und vereinbarten, dass 
sie die Ein- und Ausfahrt zum Werksgelände für Lkw gewähren. Sie kamen 
damit einer möglichen Räumung durch die Polizei zuvor. Die 
Beschäftigten von Neue Halberg-Guss hatten seit dem Wochenende die 
Zufahrt blockiert und damit verhindert, dass Lkw bereits fertige Teile 
für die Autoindustrie abholen. (…)Seit Tagen sind die Mitarbeiter am 
Standort in Leipzig im Ausstand, blockierten die Einfahrt von 
Lastwagen und bildeten Menschenketten. Am Dienstagmorgen waren Angaben 
der IG Metall zufolge etwa 250 bis 300 Beschäftigte erneut im 
Ausstand. Beamte und das Kommunikationsteam der Polizei haben das 
Gespräch mit den Streikenden gesucht. Auch Polizeipräsident Bernd 
Merbitz war vor Ort. Bei dem Konflikt geht es um die geplante 
Schließung des Leipziger Standortes mit rund 700 Beschäftigten Ende 
2019 sowie um einen erwogenen Abbau von etwa 300 der 1500 
Arbeitsplätze in Saarbrücken. Das Unternehmen stellt vor allem 
Motorblöcke und Antriebswellen für Autos und Nutzfahrzeuge her. Durch 
den Streik gibt es mittlerweile auch Produktionsausfälle in anderen 
Werken, etwa bei Opel in Eisenach und bei VW“ – aus der Meldung 
„Mitarbeiter lösen Blockade bei Halberg-Guss auf“ am 26. Juni 2018 
beim MDR, dessen Berichterstattung zufällig genauso freudig ist, wie 
eine darin zitierte Bekundung der Polizei, die sich auch gefreut hat, 
dass die Drohung ausreichte…
Siehe zum Streik bei Halberg Guss drei weitere aktuelle Beiträge
http://www.labournet.de/?p=133953

Zwischen „Roma-Stern“ in Italien, Lagern in Afrika und Truppenaufmarsch in Österreich: Schiffe, die nicht landen sollen und Menschen, die nicht leben sollen




Das aktuell führende Dreigestirn mörderischer europäischer 
Festungspolitik lässt sich benennen: Salvini, Orban und Seehofer 
diktieren den Kurs, die anderen bemühen sich, zu folgen. Der 
rassistische italienische Oberhetzer hat gerade seine Bande zum 
Wahlsieg in der Toskana geführt, Orban seinen 
donaumonarchisch-christlichen Pakt mit der Wiener Rechten weiter 
entwickelt und Seehofer treibt die Bundesregierung noch weiter nach 
Rechts. Von Ankara bis Algier werden Pakte mit jedem Regime 
geschlossen, das zur Migrantenjagd bereit ist, und der 30-jährige 
Hasschoral gegen Wirtschaftsflüchtlinge schwillt zum Kriegsgeschrei, 
keineswegs nur in den antisozialen Medien der Rechtsradikalen. Nach 
denen auf der Aquarius sollten auch die Menschen auf der Lifeline 
lieber ersaufen – und der EU-Parlamentschef möchte endlich Milliarden 
sehen, die zur „Schließung des Mittelmeers“ führen sollen.
Unsere kommentierte Materialsammlung „Festung EU: Eskalation gegen 
Migration“ vom 27. Juni 2018 soll ein Beitrag dazu sein, aktuelle 
Entwicklungen deutlich zu machen und Gegenstrategien zu stärken
http://www.labournet.de/?p=133958

[Chiapas98] Welttag gegen Folter: Mexikos dunkles Tabu (Deutschlandfunk v. 26.6.2018)

Die UNO hat den 26. Juni zum "Tag zur Unterstützung der Folteropfer" erklärt. Eines der Länder, in denen gefoltert wird, ist Mexiko. Den mexikanischen Regierungen ist es bisher schwer gefallen, die Existenz des Problems in ihrem Lande einzuräumen. Doch die Opfer wollen nicht länger schweigen.
Von Victoria Eglau
Deutschlandfunk v. 26.6.2018
Hören Sie unsere Beiträge in der Dlf Audiothek

Wer mit Wilbert Terán Valenzuela sprechen will, muss mehrere Sicherheitskontrollen passieren, über Treppen und durch einen Hof laufen und in einem Besuchsraum warten. Dort erscheint der 29-Jährige in grauer Häftlingskleidung. Terán Valenzuela, ein schlanker, wortkarger Mann, sitzt seit sieben Jahren im städtischen Gefängnis von Ciudad Juárez, der berühmt-berüchtigten mexikanischen Stadt an der Grenze zu den USA.
"Ich habe zwei Mal lebenslänglich bekommen. Verurteilt wurde ich, weil ich an Entführungen beteiligt gewesen sein soll. Aber ich werde zu Unrecht beschuldigt."
Ciudad Juárez, eine Hochburg der Drogenkriminalität, ist nicht nur eine der gewalttätigsten Städte Mexikos, sondern galt vor einigen Jahren sogar als gefährlichster Ort der Welt. Vor allem wegen der extrem hohen Mordrate, aber auch wegen der häufigen Entführungen und Lösegeld-Erpressungen. Die Antwort der Justiz und Sicherheitskräfte? In vielen Fällen Willkür, sagt Carlavom Menschenrechts-Zentrum Paso del Norte in Ciudad Juárez:
"In dem Bestreben, Ermittlungserfolge vorzuzeigen, fing die Generalstaatsanwaltschaft an, Menschen festnehmen zu lassen, die angeblich für Entführungen verantwortlich waren. Meist waren das mittellose Personen ohne Geld für einen Anwalt. Die Festgenommen wurden den Medien und der Gesellschaft dann als Entführer-Banden präsentiert."

Zum Geständnis gezwungen und ohne weitere Beweise lebenslänglich verurteilt

Teil dieses Vorgehens: Die Folter als Methode, Geständnisse zu erzwingen. Wilbert Terán Valenzuela erlebte sie, wie er sagt, am eigenen Leib:
"Nach der Festnahme haben mich Polizisten und Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft gefoltert, damit ich mich selbst beschuldigte. Zu den Misshandlungen gehörten Ersticken, Stromschläge und Prügel."
Der junge Mexikaner erzählt das mit leiser Stimme und ausdruckslosem Gesicht. Im Gefängnis, wo er sich eine Zelle mit fünf anderen Männern teilt, hat er angefangen, zu malen und zu zeichnen - seine Art, das Erlebte zu verarbeiten und mit der Perspektivlosigkeit klarzukommen. Menschen wie Wilbert Terán Valenzuela unterstützt Paso del Norte, eine Menschenrechts-NGO katholischen Ursprungs, juristisch und psychologisch. Carla Palacios, seine Anwältin:
"Es sitzen eine Menge Leute im Gefängnis, die so wie Wilbert zu einem Geständnis gezwungen und dann ohne weitere Beweise zu lebenslänglich verurteilt wurden. Ehrlich gesagt wissen wir nicht, was wir mit all diesen Fällen machen sollen: So viele zu Unrecht verurteilte Menschen, die unter den Folgen der Folter leiden. Folgen, die nicht behandelt werden können."
Experten zufolge hat die Mehrheit der Insassen mexikanischer Gefängnisse bei ihrer Festnahme Willkür und Misshandlungen erlitten. Genaue Zahlen sind nur schwer zu ermitteln. Die Anwendung von Folter, um Geständnisse zu erzwingen, offenbare die mangelnde Fähigkeit vieler Polizei- und Justizbehörden, Verbrechen aufzuklären, sagt Carla Palacios von Paso del Norte. Der Priester Oscar Enríquez ist der Leiter und Gründer dieses Menschenrechts-Zentrums, das vom deutschen katholischen Hilfswerk Misereor unterstützt wird.
"Laut Berichten der Vereinten Nationen und der Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte wird in ganz Mexiko systematisch gefoltert", so Oscar Enríquez, ein bärtiger 76-Jähriger, der meist ohne Soutane unterwegs ist. Immerhin: In Ciudad Juárez hat seine Organisation einigen Opfern helfen können. Etwa ist Cristel Piña, eine junge Mutter, die bei einem Folterverhör gestand, an einer Erpressung teilgenommen zu haben, vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen worden. Am Küchentisch im Haus ihrer Eltern schildert Piña die traumatische Erfahrung mit abwesendem Blick. Auf ihrem Schoß nuckelt ihr jüngster Sohn an einer Milchflasche.
"Im August 2013 wurden mein Partner und ich zu Hause verhaftet. Die Polizei hat uns geschlagen und mich sexuell gefoltert. Dank Paso del Norte sind wir heute in Freiheit. Es konnte bewiesen werden, dass wir mit der Erpressung nichts zu tun hatten."
Ganze zwei Jahre und vier Monate lang saß das Paar zu Unrecht hinter Gittern - getrennt von seinen Kindern. Cristel Piña und ihre couragierte Anwältin von Paso del Norte haben die Anwendung von Folter angeprangert - allerdings hat die Justiz diese nicht zugegeben. Das Gericht habe einfach das Geständnis für ungültig erklärt, erzählt Carla Palacios.
Doch Cristel Piña wehrt sich gegen das Schweigen: Sie hat an einer Mexiko weiten Kampagne gegen Sexualfolter an Frauen teilgenommen. Weil sie und ihre Familie die Misshandlungen durch Sicherheitskräfte öffentlich gemacht haben, fürchten sie immer noch Repressalien. Der Vater der jungen Frau:
"Für die Regierung unseres Bundesstaats ist es natürlich schlecht, wenn über die Folter geredet wird. Deshalb haben wir nach wie vor Angst. Unser Leben hat sich komplett verändert - wir sind heute fast nur noch zuhause und gehen möglichst wenig auf die Straße."
Für erlittene Folter ein offenes Ohr zu finden, ist nicht leicht in Mexiko. Viele Bürger akzeptierten diese Praxis als Mittel zur Verbrechensbekämpfung, bedauert Juristin Palacios.
"Aufgrund des internationalen Drucks hat Mexiko immerhin Protokolle und Verträge gegen die Folter ratifiziert, und das Problem ist sichtbarer geworden. Allerdings haben unsere Regierungen nicht den Willen, das Problem der Folter zu benennen und entschlossen anzugehen. Und nicht alle der ratifizierten Abkommen werden umgesetzt."
https://www.deutschlandfunk.de/welttag-gegen-folter-mexikos-dunkles-tabu.1773.de.html?dram:article_id=421274

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[Chiapas98] Drogengangs ermorden Kandidaten (taz v. 24.6.2018)


Seit Beginn der Wahlperiode 2017 starben in Mexiko 47 Kandidaten gewaltsam. Kriminelle wollen zukünftige Bürgermeister kontrollieren.
von W.-D. Vogel
taz v. 24.6.2018
OAXACA taz | Zuletzt traf es Fernando Ángeles Juárez. Der 64-jährige Bürgermeisterkandidat wollte sich gerade auf den Weg zu einer Wahlveranstaltung machen, als mehrere bewaffnete Männer am Donnerstag in sein Haus eindrangen und ihn erschossen. Zwölf Stunden zuvor tötete ein Killerkommando Omar Gomez Lucatero. Auch er wollte Stadtvorsteher werden, und auch er war wie Ángeles offensichtlich den Kriminellen im mexikanischen Bundesstaat Michoacán ein Dorn im Auge.
Es ist Wahlkampf in Mexiko. Kein Tag vergeht, an dem nicht Amtsanwärter und deren Unterstützer bedroht, angegriffen oder ermordet werden. Mit Juárez und Lucatero steigt die Liste der Menschen, die seit der Eröffnung der Wahlperiode im September 2017 gewaltsam gestorben sind, auf 121 Opfer an. 47 waren für ein Amt angetreten.
Eine Woche, bevor am 1. Juli in Mexiko ein neuer Präsident, acht Gouverneure sowie zahlreiche Abgeordnete und Bürgermeister gewählt werden, hat die Eskalation damit einen historischen Rekord erreicht. Die Zahl der Toten hat sich vervierfacht, seit die Mexikaner 2015 das letzte Mal zu den Urnen gegangen sind.
„Der aktuelle Wahlprozess ist in erster Linie von Gewalt geprägt“, kritisierte die Vorsitzende des mexikanischen Wahlgerichts, Janine Madeline Otálora. In Teilen des Landes würden die Kriminellen entscheiden, wer auf dem Wahlzettel stehe und wer nicht. Die Angriffe finden vor allem in kleineren Städten armer Bundesstaaten statt, in denen Banden des organisierten Verbrechens das Sagen haben: Oaxaca, Guerrero, Michoacán. Betroffen sind meist Bürgermeister und andere örtliche Amtsträger.
Die Kriminellen müssen diese Behörden und damit die Polizei kontrollieren, um ungestört Drogen zu transportieren, Schutzgeld zu kassieren oder illegal Edelmetall abzubauen. Wer ihnen in die Quere kommen könnte, wird kaltgestellt. So wohl auch Ángeles Juárez, der in seinem Wahlkampf Michoacán angekündigt hatte, mit den „korrupten Behörden“ Schluss zu machen. Ebenso kann es Politiker treffen, die für konkurrierende Banden arbeiten.
Eher sterben als die Wahl gewinnen
80 Prozent der Opfer gehören Parteien an, die in den jeweiligen Regionen zur Opposition zählten. Parteipolitisch lassen sich die Angriffe jedoch nicht zuordnen. Während Ángeles Juárez für eine bürgerlich-konservative Allianz kandidierte, starben in Guerrero Aktivisten der ehemaligen Staatspartei PRI. In Oaxaca stürmten vor wenigen Tagen bewaffnete Männer mit Macheten und Pistolen das Haus der Abgeordneten Nancy Benítez, die für das linke Bündnis Morena ins Rennen geht. Sie hätten ihr gedroht, sie werde eher sterben als die Wahl gewinnen, berichtet Benítez.
Auch Mitarbeiter der Nationalen Wahlbehörde (INE) stehen unter dem Druck krimineller Organisationen. „Sie haben uns klargemacht, dass sie nicht wollen, dass wir in bestimmten Orten Schulungen durchführen“, sagt Dagoberto Santos, der für die INE in Guerrero arbeitet. Zudem hätten die Banden vorgeschrieben, zu welchen Zeiten sie in ihren Büros arbeiten dürfen.
Nach INE-Angaben haben bereits 1.029 Amtsanwärter wegen der gewalttätigen Verhältnisse ihre Kandidatur zurückgezogen. Eine indigene Gemeinde, die den Bürgermeisterkandidaten Ángeles Juárez unterstützte, zieht andere Konsequenzen: Sie forderte die Behörden auf, die Täter zur Verantwortung zu ziehen. Sollte das nicht geschehen, werde man die Mörder selbst aufgreifen und töten.
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[Chiapas98] Mexiko: Wahlen bieten Chance auf Ende der Straflosigkeit (Presseerklärung Brot für die Welt)

Mexiko braucht Rechtsstaatlichkeit

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Brot für die Welt: Wahlen bieten Chance auf Ende der Straflosigkeit


Mexiko * Wahlen * Straflosigkeit * Menschenrechte

Berlin, 26. Juni 2018. Am 1. Juli wählt Mexiko einen neuen Präsidenten. Parallel dazu finden Wahlen zum Bundesparlament sowie Bürgermeister- und Gouverneurswahlen statt. Überschattet wird das Superwahljahr von ausufernder Gewalt gegen die Zivilbevölkerung und gegen Wahlkandidaten – 116 Bewerber um öffentliche Ämter sind seit Beginn des Wahlkampfes getötet worden. Über 90 Prozent aller Straftaten bleiben ungesühnt. Konkurrierende Kartelle des organisierten Verbrechens sind tief verquickt mit amtierenden Politikern und Funktionären auf allen Ebenen und haben die staatlichen Institutionen unterwandert. Gewalt, Straflosigkeit und Korruption haben darum das Land fest im Griff. Die Präsidentin von Brot für die Welt hofft, dass die neue Regierung die Strukturen der Unterwanderung zerschlägt und sieht eine Chance, dass sie entschlossen gegen die Straflosigkeit vorgeht. Cornelia Füllkrug-Weitzel hat sich vor kurzem in Mexiko mit Vertreterinnen und Vertretern von Anwalts- und Menschenrechtsorganisationen getroffen und sagt: „Mexiko hat auf dem Papier eine vorbildliche Gesetzgebung, auch beim Schutz von Menschenrechten. Doch leider wird bestehendes Recht nicht angewandt. Die internationale Gemeinschaft fordert seit langem die Einsetzung eines internationalen Begleitmechanismus zur Aufklärung der Straflosigkeit. Wir appellieren an die deutsche Bundesregierung, diese Forderung mit Nachdruck zu unterstützen.“ Mexiko brauche jetzt Reformen hin zu einer unabhängigen Generalsstaatsanwaltschaft.

37.000 Menschen sind in Mexiko als verschwunden registriert, die Dunkelziffer könnte zehnmal so hoch liegen. Die Familien erhalten nicht nur keine Hilfe bei der Suche nach ihren Angehörigen, oft werden sie sogar gewaltsam daran gehindert. International bekannt wurde der Fall der 43 Studenten aus Ayotzinapa im Bundesstaat Guerrero. Ein nationales Gericht hat sich vor kurzem den Vereinten Nationen und dem Interamerikanischen Menschenrechtssystem angeschlossen und die Arbeit der Generalstaatsanwaltschaft zur Aufklärung dieses Falls als ineffektiv und befangen bewertet. In den Ermittlungen wurden Geständnisse unter Folter erzwungen. Füllkrug-Weitzel: „Wir appellieren an die Bundesregierung, ihren Einfluss auch bei den Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Mexiko geltend zu machen und auf tiefgreifende rechtsstaatliche Reformen hinzuwirken. Bundesregierung und EU sollten sich mit der Simulation von Rechtsstaatlichkeit nicht zufrieden geben, sondern durch substantielle menschenrechtliche Prüfauflagen ihre Wirtschaftsmacht nutzen, um den Opfern willkürlicher Gewalt in Mexiko beizustehen oder solche Gewalt zu verhindern helfen.“

Allein im Jahr 2017 kamen in Mexiko offiziell knapp 27.000 Menschen durch Gewalt ums Leben, mehr als 200.000 waren es offiziell in den vergangenen 12 Jahren. Die meisten waren Zivilpersonen. Damit weist das nordamerikanische Land eine der höchsten Mordraten der Welt auf. Hinter den Morden stehen organisierte Kartelle, mit ihnen aber auch staatliche Sicherheitskräfte als Komplizen der Gewalt. Nur in seltenen Fällen wird gegen sie ermittelt.

Brot für die Welt fördert in Mexiko mehr als 30 Projektpartner, darunter viele Menschenrechtsorganisationen.

Hinweis für Redaktionen:
Cornelia Füllkrug-Weitzel, Silke Pfeiffer, Leiterin des Referats Mexiko, Zentralamerika und Karibik und Dr. Julia Duchrow, Leiterin des Referats Menschenrechte und Frieden, waren im Mai in Mexiko und stehen für Interviews zur Verfügung.

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