Donnerstag, den 12. November 2015 |
von Gerold Schmidt
(Berlin, 10. November 2015, ceccam/poonal).-
Der Oberste Mexikanische Gerichtshof, der einem
Verfassungsgericht gleich kommt, hat die kommerzielle
Aussaat von Gensoja auf der Halbinsel Yucatán untersagt.
Er kam in einer am 4. November einstimmig gefassten
Entscheidung zu dem Schluss, dass die im Mai 2012 von
einer Fachabteilung des mexikanischen
Landwirtschaftsministeriums dem Monsanto-Konzern erteilte
Genehmigung keine Gültigkeit besitzt, da Verfassungsrechte
der indigenen Völker verletzt wurden. Nach internationalem
und nationalem Recht hätten die Behörden eine „vorherige,
freie und informierte Konsultation“ unter den betroffenen
Maya-Gemeinden durchführen müssen. Solange dies nicht
geschehe, könne es keine Genehmigung geben, bestimmte das
Gericht.
In der mexikanischen Verfassung ist im Artikel 2 das
Recht der indigenen Völker auf eine Konsultation in sie
betreffenden Angelegenheiten niedergeschrieben. Auf diesen
Artikel sowie internationale Konventionen und
Rechtsprechung hatte sich eine Gruppe von Maya-Imker*innen
aus mehreren Gemeinden der Halbinsel und sie
unterstützender Organisationen berufen. Sie hatten zuvor
mit Einsprüchen gegen das Ausbringen der Gensoja auf
unteren Justizebenen Erfolg. Regierungsbehörden und
Monsanto fochten die vorherigen Entscheidungen an, so dass
das Verfahren bis vor das Oberste Gericht kam.
Wichtiger Sieg für Maya-Gemeinden
Den Maya-Imker*innen ging es konkret auch um die
Verunreinigung ihres Honigs durch gentechnisch veränderten
Pollen. Damit wären große Mengen ihres hauptsächlich nach
Europa exportierten Biohonigs nicht mehr absetzbar. Zudem
wiesen sie auf die Schäden für Menschen und Bienen hin, da
die Felder mit Gensaaten mit enormen Mengen von Pestiziden
besprüht werden. Auf diese nachteiligen Wirkungen ging der
Oberste Gerichtshof in seinem Urteil allerdings nicht ein.
Er hob ganz auf die fehlende Konsultation ab. Die
Maya-Gemeinden aus den Bundesstaaten Campeche und Yucatán
haben vor Gericht erst einmal einen wichtigen Sieg
erstritten. Das Mexikanische Zentrum für Umweltrecht
sprach sogar von einem „historischen Erfolg für die
Maya-Bevölkerung und den Aufbau eines plurikulturellen
Staates“.
Das Thema Gensoja in Mexiko ist damit aber nicht vom
Tisch. Monsanto und andere Gentech-Konzerne können den
kommerziellen Anbau in Regionen ohne Präsenz indigener
Völker beantragen. Was die Mayas und andere indigene
Bevölkerung betrifft, so ist das Recht auf Konsultation
nicht mit obligatorischer Zustimmung gleichzusetzen. Somit
hat auch ein klares Nein konsultierter Gemeinden zu
Gensoja nach einer formal korrekten Befragung keine
zwingend bindende Wirkung. Die Konsultation könnte am Ende
sogar die Legitimation für Anbaugenehmigungen durch die
Behörden sein. Zudem berichten indigene Gemeinden in
Mexiko davon, dass die Konsultation in der praktischen
Durchführung durch Regierungsbehörden schnell eine Farce
werden kann. Magdalena Gómez, mexikanische Juristin und
Expertin in Fragen der Rechte indigener Völker, schilderte
noch vor kurzem auf einer Veranstaltung die geänderte
Strategie der Regierung. Angesichts der neuen rechtlichen
Situation gelte nun: Ich lehne Befragungen nicht mehr ab,
ich simuliere.
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