EU beim »Härtetest« durchgerasselt
Von Uli Brockmeyer
Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek vom 27. Oktober 2015
Die Kommunalwahlen in der Ukraine waren in den bürgerlichen Medien großspurig als »Härtetest« angekündigt worden. Die EU, etliche ihrer Mitgliedstaaten, die USA und die NATO – und die ihnen aufs Wort folgenden westlichen Medienleute – hatten eine Menge Geld und Personal investiert, um dem Staatsgebilde, das nach dem Maidan-Putsch in Kiew entstanden war, den Mantel der »Demokratie« umzuhängen. Die »Parteien des Euro-Maidan« wurden allesamt als wunderbar demokratisch präsentiert, die zunehmenden nationalistischen, fremdenfeindlichen, russophoben und auch faschistischen Tendenzen in der Ukraine wurden sorgsam weggeschwiegen oder geleugnet. Auch die grassierende Korruption, die selbst den aus Georgien importierten Gouverneur von Odessa, den USA-Bürger Michael Saakaschwili am Wochenende zu aufmüpfigen Kommentaren veranlaßte, kommt in hiesigen Medien nicht vor. Die Herrscher von Kiew wurden allesamt zu den »Guten« erklärt, denn immerhin haben sie mit der EU einen Assoziierungsvertrag abgeschlossen, und sie helfen der EU und der NATO, deren Territorium immer weiter in Richtung Moskau zu erweitern. Nun sollten die Kommunalwahlen zeigen, wie prächtig der EU-NATO-Zögling inzwischen gediehen ist.
Um es kurz zu sagen. Bei diesem »Härtetest« sind die EU, die NATO und die Kiewer Führung mit Bravour durchgerasselt. Lediglich ein Ergebnis ist den westlichen Vorstellungen über demokratische Wahlen würdig: die Wahlverweigerung. Nach bisher vorliegenden Meldungen lag sie deutlich über 50 Prozent. Nachdem aller Welt das Märchen aufgetischt wurde, der Maidan-Putsch von Kiew sei Ausdruck des Willens des Volkes, weigern sich mehr als die Hälfte der Wahlberechtigten, ihre Bürgermeister und kommunalen Abgeordneten zu wählen…Zunächst ist es Kiew nicht gelungen, das System des Euro-Maidan auf die ganze Ukraine auszudehnen, so daß in den Gebieten der Ostukraine, in denen Regimegegner das Sagen haben, gar nicht erst gewählt wurde. Dazu kommt, daß die Behörden dieses Regimes nicht in der Lage waren, dem Urnengang den Anschein eines einigermaßen ordnungsgemäßen Verlaufs zu verleihen. In der Stadt Mariupol lagen falsche Stimmzettel herum, so daß die Wahl abgesagt werden mußte. Auch in mindestens 120 weiteren Gemeinden mußte der Urnengang wegen organisatorischer Probleme ausfallen. In Kiew mußte ausgerechnet in dem Lokal, in dem Präsident Poroschenko mit großem Pressepulk zur Abstimmung erschien, erst der Tresor mit den Stimmzetteln mit Hilfe eines Schneidbrenners geöffnet werden, weil der Schlüssel verschwunden war. Meldungen von falsch bedruckten Stimmzetteln und fehlenden Wahlkabinen häuften sich im Laufe des Sonntags.
Es ist kein Wunder, daß bisher kaum Ergebnisse vorliegen, die waren ohnehin erst für Mitte der Woche angekündigt worden. Schließlich braucht man schon etwas Zeit, um sich die Resultate auszudenken, die man gern vor der Öffentlichkeit präsentieren möchte.
Allerdings war dieses Debakel nicht das einzige für die EU an diesem Wochenende. Der groß angekündigte »Sondergipfel« zur Flüchtlingsfrage, zu dem Kommissionschef Juncker nach Brüssel geladen hatte, endete fast ebenso desaströs. Aus Junckers 16-Punkte-Plan wurde eine Erklärung mit 17 Punkten, wobei allerdings kein einziger dieser Punkte auch nur annähernd geeignet ist, die immer unhaltbar werdenden Zustände in den Lagern und an den Grenzen auch nur ein wenig zu entschärfen.
Es reicht eben nicht, nur den »politischen Willen« zu deklarieren, wenn die gesellschaftlichen Verhältnisse so bleiben, wie sie sind.
Uli Brockmeyer
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