Samstag, 28. Oktober 2017

Mekanik Destrüktiw Komandöh

 Aktuelle Rezensionen zum neuen Werk


ramtatta.de


http://www.mdk-offiziell.de/Startseite/

Diese CD liegt schon seit einigen Tagen bei mir und hat sich schon diverse Male in meinem CD-Player gedreht. Dazu habe ich mir mehrmals die beiliegenden Informationen des Plattenlabels durchgelesen, die fast schon ein kleines Buch sind. 
Trotzdem weiß ich nicht so richtig wo ich anfangen soll. 
Und das sagt schon viel über MDK, Mekanik Destrüktiw Kommdanöh aus.
MDK ließen sich schon damals nicht in eine Schublade einsortieren.
Für die einen war es radikaler Punk, für die anderen waren es ein paar Leute die (nur) provozieren wollten und auch vor der linken Szene, die sie gerne vereinnahmte, nicht Halt machte. 
Musikalisch war MDK nie klassisch Punk. Es war Musik die früher zwischen der angesagten Punk-Avantgarde, (Cold-) Wave, NDW und irgendwie dann doch Rockmusik ihre Eckpfeiler hatte.
Somit durchbrach MDK nicht nur die Hörgewohnheiten sondern schaffte es auch, dass sich Menschen mit der Musik, ihren Auftritten und ihren Aussagen auseinandersetzten.
Ob “Die tödliche Doris“ oder “Jello Biafra“, alle hatten irgendwie mit MDK zu tun. 
Sie hatten die Band gesehen oder gehört was die Band gemacht hatte.
Nebenbei war Volker Hauptvogel (Gründer und Sänger der Band) auch als Darsteller tätig. In “Nekromantik“ von Jörg Buttgereit ist er derjenige der mit einem Luftgewehr den Nachbar erschießt, der dann als Leiche für die weitere Handlung des Films essentiell ist.
MDK nennen ihr neues Album “Manifestation“. Ein gesungenes Manifest?
Politisch?
Anarchistisch?
Provokant?
Und was ist mit der Musik?
Kalte Rockbeats, mit einem trockenen, ja fast mystischem Saxophon unterlegt, elektronische Effekte und einem Gesang, der die normalen Songstrukturen häufig aufbricht. Es sind Texte, gesungen oft als Fragmente. 
Die Texte sind feststellend wie z.B. “Man wohnt nicht mehr im Kiez“ (ein mit erschreckend einfachen Worten dargestellte Veränderung die in Berlin und in anderen Großstädten seit Jahren vor sich geht).
“Alles in den Arsch“, zeigt die menschliche Gier nach dem “Alles haben Wollen“ auf. In drastischen Worten, die einem an die Schultern packen und schütteln. Ist es das was wir wollen? Kredite, Treuepunkte, All Inclusive? Haben wollen, immer mehr? Und wenn es nicht mehr geht? Egal....
Mit “Nimm dir das Leben“ wird nicht über Selbstmord gesungen, sondern vielmehr über den Wert den das Leben hat und dass man damit was machen soll. Es ist das Leben, das man sich greifen, nutzen soll. Leben...Leben!
Diese einzigartige Musik mit den Texten die den Nerv der Zeit treffen, schafft etwas, was bei den meisten Menschen schon lange nur noch in hömopathischen Dosen existiert. Man hört konzentriert zu, man neigt sich der Musik, den Texten zu.
MDK ist etwas ganz anderes, als alles andere!
Es ist wirklich etwas “Neues“. Etwas Neues, etwas Altes. Etwas anderes. PUNK!
Produziert wurde das Album von Jon Caffery (u.a. Produzent von Alben der Toten Hosern)
Hochgradig finanziert wurde die Produktion von Dirk Felsenheimer (Drummer, Die Ärzte).


 https://soundcloud.com/user-44200059/mdk-manifestation-es-gehtweiter

  https://soundcloud.com/user-44200059/mdk-manifestation-man-wohnt-nicht-mehr-im-kiez-1


 https://soundcloud.com/user-44200059/mdk-manifestation-morderlied


„Wir leben JETZT und HIER. Wir leben ÜBERALL. Wir leben nur dieses eine kurze Mal, dieses eine schöne kurze Mal! Sich das Leben nehmen heisst nicht es wegzuschmeissen sondern zu begreifen: Leb die Jahre deines kurzen Lebens doch nicht so vergebens. NIMM DIR DAS LEBEN, DAS DIR ZUSTEHT! Nimm dir das Leben, das Dir zusteht, mit jedem Schritt, den du gehst.“
Nimm dir das Leben – MDK 2017
MDK / Mekanik Destrüktiw Komandöh (pic by Ar Gee Gleim / 1981 / Abbildung kostenfrei)
MDK / Mekanik Destrüktiw Komandöh (pic by Ar Gee Gleim / 1981 / Abbildung kostenfrei)
Was ist das, MDK?
Musik laut? Musik leise? Überhaupt Musik? Theater?
MDK, das MEKANIK DESTRÜKTIW KOMANDÖH, ist eine musikalische MANIFESTATION – anarchistisch – Sinne befreiend – Spass – Improvisation. Punk, der keiner ist, niemals war und auch nicht werden wird.
Sänger Volker Hauptvogel über die Anfänge der Band:
„Ich hab mich nie als Punker bezeichnet. War ja auch keine Punkmusik. Wir waren Teil der Punkbewegung. Das ja. …“
„MDK waren schon immer etwas besonderes. Die Auftritte waren immer machtvoll. Aber auch lustig. Irgendwas war immer los. Die Ansagen, die Präsentation der Songs. Die Texte erst recht. MDK war einerseits überhaupt kein PUNK. Andererseits haben die Kerle den PUNK erfunden.“

Victor / Rotten Totten Recs.
„Punk roots or not, they have always felt more like an unpredictable Pere Ubu-type band to me. But they don’t sound like Ubu either, do they?“
Jello Biafra
„Durch die rau-herzliche Stimme von Sänger Volker Hauptvogel gelangte 1978 erstmals deutschsprachiger Punk nach Westberlin. Dass Volkers Band MDK nun in einem Studio an der Nordsee mit altbewährten und neuen jungen Musikerfreunden wiederauferstanden ist, zählt weder zum Seemannsgarn des Käpt’n Blaubär, noch zu den alternativen Fakten – es ist die reine fröhliche Wahrheit!“
Wolfgang Müller / Die Tödliche Doris

manifestation

MDK (MEKANIK DESTRUEKTIW KOMANDOEH) pics by: Kai v. Kröcher und Gudrun Arndt
MDK (MEKANIK DESTRUEKTIW KOMANDOEH) pics by: Kai v. Kröcher und Gudrun Arndt
Mekanik Destrüktiw Komandöh, eine Punkband der ersten Stunde und vermutlich die ersten West-Berliner Protagonisten der neuen Musik, die mit konsequent eigenem Songmaterial und ausschliesslich deutschsprachigen Texten der Bewegung in ihren Anfängen während der späten 70er zu einer wichtigen Initialzündung verhalfen, veröffentlicht nun – nach knapp 35 Jahren – eine neue Platte: Agit-Punk/Wave/Avantgarde/Rock, sowohl wuchtig und brachial als auch flüsternd und zärtlich – Punk trifft Improvisation, Jazz und Theater, energetisch, „existenziell“ und die richtigen Fragen stellend.
„Surprise! A normal album from one of the most unique German bands of all time. ‚Normal‘ meaning that once again, MDK has made something different from all their other recordings.“
Jello Biafra
Die Grundidee des MDK lautet: „Nur als Kollektiv können wir zu einem neuem Klangergebnis aufsteigen“, ein Live-Konzert ist zunächst mal immer ein Ereignis. Es besteht aus purer und positiver Energie. Immer gut für eine Explosion. Und wenn es die der Stille ist. Das wird auf manifestation eingefangen und deutlich, auch und weil die Songs grösstenteils Live eingespielt wurden, in nur wenigen Tagen.
Ein wichtiges Stilmittel seit den Anfangstagen bleiben die sich immer wieder verändernden und neu kombinierten Texte, die Verbindung von Punk und Jazz mit den Methoden des Straßen- und Arbeiter-Theaters, ein ständig neues Aufgreifen und Abwandeln der Song-Verse in andere zeitgenössische Kontexte, in improvisatorischer Freiheit oder als Darbietung in der Form einer Performance – um der Dramatik der Wörter ein hörbares Gesicht geben.
MDK (MEKANIK DESTRÜKTIW KOMANDÖH) „MANIFESTATION“
MDK (MEKANIK DESTRÜKTIW KOMANDÖH) „MANIFESTATION“
„MDK-Texte erzählen Geschichte. Sind Bilder und Film. Auf manifestation gibt es Neues und Neu-Interpretationen. ‚Man wohnt nicht mehr im Kiez‘ entstand innerhalb einer Woche. In unmittelbarer Umgebung gab es Zwangsräumungen. Manchmal stand ich Nachts um vier auf, schrieb, entwarf. Schlief erneut. Um dann um halb sieben weiter zu schreiben… Menschen aus ihrer Wohnung zwangsräumen zu lassen oder den Strom abzuschalten. Das ist kriminell. Ich konnte ja nicht unsere Hymne von 78 wiederholen: ‚Diese geilen Außenklos, diese grauen Betonsilos.‘ Das ist ja vorbei. Heute glänzen die Glasfassaden. Ist nur die Frage, wie lange noch. Die billig ausgebauten Dachgeschosse, die bald alle zusammenbrechen werden, die waren das Thema: ‚Wir haben’s geschafft, sind oben, oben auf’m Dach.‘“
Volker über „Man wohnt nicht mehr im Kiez“
Alte Weggefährten wurden zur Umsetzung von manifestation ins Boot geholt, und alte Freundschaften bewährten sich. MDK entschied sich, nicht in Berlin aufzunehmen.
Kriete, Beck und Hauptvogel waren ursprünglich an der Nordsee groß geworden, und man wollte Abstand vom Gewohnten, frischen Wind. In Gerd Rudschucks Wohnort Hamburg verfügte Axel Dill (Ur-Member von „Abwärts“) nicht nur über das Building Site Studio, die Erfahrung und Technik, dort herrschte auch die gewisse, notwendige Atmosphäre. Jon Caffery (u.a. Engineer von „Trio“, „Die Toten Hosen“ und den „Sex Pistols“) transformierte MDKs manifestation in die Form eines Konzeptalbums.
Etwas besseres hätte MDK nicht passieren können.

Quotes

„Jetzt seid ihr wieder da, wo ihr hingehört, auf der Bühne.“
Peter Gruchot nach dem Konzert von MDK mit Jello Biafra & The Guantanamo School Of Medicin im SO36, Sommer 2016
„Ich war immer Fan von MDK. Alle waren Fans. Die waren so unglaublich deutsch. Also nicht wie Adolf …oder Rammstein. Mehr wie Can und Amon Düül. Und immer modern. Der Zeit voraus. Und sehr psychedelisch. Wirklich ein Super-Album!“
Marc Reeder

„Ich habe MDK das erste mal so um die 1980er Jahre gesehen, es war außergewöhnlich. Eigentlich jeder Gig von denen. MDK haben immer Emotionen / Explosionen ausgelöst. Warum, das weiß ich auch nicht mehr. Das war aber so. Mit manifestation, der ersten Veröffentlichung seit 1984 ist es genau so.
MDK klingt auch 2017 intensiv wie kaum eine andere Band. So etwas habe ich lange nicht mehr gehört. Es ist absolut zeitgenössisch. Die Kapelle spielt großartig und treibt voran, bleibt stehen, marschiert. Volker Hauptvogel ist der Ernst Busch dieses Jahrtausends. Genial.“

Thomas Voburka (P1/E , Weltklang…) 2017
„Two years ago, another surprise – back to the scene of the crime for a wonderful reunion with MDK supporting my GSM band at SO36 – (shit) 35 years later! No fog this time, their music was more quiet, and even somber this time. manifestation does not sound like that show either. Some parts rock, other songs are more atmospheric – almost like a movie soundtrack.“
Jello Biafra
„Das ist fast schon Punkjazz….“
Wolfgang Schneider über den Song „Berlin“ (FAZ 05/2016)
„Es ist der Partei Die PARTEI / LV Berlin eine besondere Ehre, der wichtigsten Band der 80er Jahre in jedweder Form Unterstützung zu Teil werden zu lassen, insbesondere der Vorsitzende Riza R. Cörtlen ist hocherfreut, dass endlich wieder ein hochwertiger Musikanbieter auf den Markt zurückkehrt. Orig. Zitat Cörtlen: ‚Und nun Berlin, freue dich und Sturm brich los!‘“
die Partei „Die PARTEI“ / LV Berlin
„M.D.K. hab ich das erste Mal als Vorband der Dead Kennedys 1980 gesehen. Ich meine, sie hatten so Marschelemente in ihrer Musik und haben auf der Bühne von der Spassguerilla und der Bewegung 2. Juni gesprochen, was ich ganz geil fand als politisch teilgebildeter Teenpunker. Die neue Platte klingt für mich wie eine logische Fortsetzung von damals, dabei aber kein bisschen altbacken oder wehmütig rückwärts gewandt.“
Bela B.

HISTORY

MDK (MEKANIK DESTRUEKTIW KOMANDOEH) pics by: Kai v. Kröcher und Gudrun Arndt
MDK (MEKANIK DESTRUEKTIW KOMANDOEH) pics by: Kai v. Kröcher und Gudrun Arndt
„Worte werden zu Musik – Wenn ich in Deinen Armen lieg, werden Worte zu Musik.“
MDK 2017
1976 Die Wurzeln der Band liegen in den verschiedenen linken Strömungen und anarchistischen Zusammenhängen, die Anfang/Mitte der 70er Jahre in Westdeutschland entstanden sind, die Gründungsmitglieder Volker Hauptvogel und Edgar Domin kommen 1976 in West Berlin an.
1977 Volker und Edgar werden Mitglieder in einem Kreuzberger Strassentheater, dem „Front-Theater“.
Volker: „Wir kamen ja aus dem ‚Front-Theater‘ in der Walde 33 und haben Polizisten und Geheimagenten so überzeugend gespielt, dass die Kids uns die Rolle geglaubt haben und uns andauernd gegen die Schienenbeine traten. Und dann kam Punk über uns und hat uns gerettet und vorangetrieben, zu dem gemacht, was wir heute sind. Wir waren vorher Motherfucking Hippies und dann die Koreapeitsche ab, der Punkhaarschnitt und die Attitüde, das war einfach sexy. Jeder, dem man begegnet ist, war ein Individuum. … Vorbehaltlos war jeder, der „dabei war“ etwas besonderes. In sich RADIKAL… Aber erstmal war PUNK wie ein großer Massenorgasmus.“
1978 Neben dem Strassentheater wird auch versucht ein Kommunikationszentrum in einem verlassenen Kreuzberger Gebäude aufzubauen, der Feuerwache Reichenberger Strasse, als politischer und sozialer Anlaufpunkt des Bezirks. Nachdem das Zentrum geräumt und zerstört wird, entwickelt sich aus dem Straßenheater eine der ersten deutschsprachigen Punkbands: Vollgas – die „erste Motorrad-Punk-Kommune“ Berlins (V.H.)
Volker: „Tatsächlich haben wir damals auch gar keinen Punk gemacht, sondern Theater gespielt mit Musikunterlegung. Wir waren schnell, laut und gut. Na ja, vielleicht gar nicht mal so gut, aber sehr überzeugend. … Nun, eigentlich bin ich heute mehr Punker als früher. Punk war für mich die letzte große, weltweite Jugendbewegung und wir haben viel geforscht, wo das seinen Anfang nahm. Und die ersten waren die Wandervögel, kurz vor Adolf. Dann kam die schwarze Musik, Rock and Roll und Punk. Wir waren auch keine Hausbesetzer. Wir hatten die Feuerwache besetzt und ein Jugend- und Kulturzentrum draus gemacht.“
…und über den Text zum gleichnamigen Song „Vollgas“:
„Natürlich mit Tritt in Arsch und freie Fahrt für die Bullen und den Staat – einer der ersten Songs. Beschreibt die Ermordung Bubacks.“
Zwei Jahre später werden Volker und Edgar zu dem Lied mit Motorrädern auf die Bühne des SO36 fahren, als Sozius halbnackte bewaffnete Mädchen, ganzkörpervergoldet.
Nach 3 Konzerten Split von VOLLGAS, Edgar und Volker blieben ein Team und nennen sich bald „MEKANIK DESTRÜKTIW KOMANDÖH“ nach einem Album der französischen Jazzrock Pioniere MAGMA… ausgerechnet Magma:
„Wenn man dann noch die Grundthese des englischen Musikjournalisten Simon Reynolds aus seinem Buch ‚Rip it Up And Start Again‘ ernst nimmt, nämlich dass sofort auf den Urknall von Punk und dessen Bilderstürmer-Primitivismus sich der Möglichkeitsraum Postpunk eröffnete und damit das erneute Erarbeiten musikalischer Komplexität, wirkt die Bezugnahme einer innovativen Band wie MDK auf Magma fast schon logisch. MDK waren anarchistisch, politisch, agitatorisch – eine der radikalsten Bands der frühen 80er.“ Andreas Hartmann / TAZ (8/2009)
1979 Epok-1 „Der Weg zum Frieden“
Während die Beiden weiter nach neuen Mitmusikern schauen, organisieren sie das mittlerweile legendäre erste Berliner Antifaschistische Festival mit. Am 2. Juni 1979 folgt die Live-Premiere von MDK mit einem ungewöhnlichen Line-Up: zwei Skinheads (Edgar und Volker) und zwei 13- bzw. 14-jährige Schüler. Zu den frühen Besetzungen von MDK gehört auch ein13-jähriger Gitarrist aus dem Märkischem Viertel: Alex Hacke aka Alexander von Borsig.
Dass ausgerechnet die Strassentheater-Jazz-Agit-Punks von MDK die erste Skinhead-Band Deutschlands werden, ist Edgar zu verdanken.
Volker: „Wir gehörten immer zu den Ersten – Vorurteile zu bedienen, dann die Erwartungen aber nur teilweise zu erfüllen, das war unsere Kunstform. Wir ließen den Menschen Platz für ihre eigene Interpretation. Das wollten die aber gar nicht. Echt erstaunlich. Edgar kam aus London zurück und war völlig Skin-Infiziert, wir hatten ein Crass-Konzert organisiert. Skinhead war eine konsequente Schlussfolgerung! Auf unserer Glatze spiegelte sich die Dummheit der Leute wieder. Es war die einfachste Form der Provokation! Mit einem Haarschnitt politische Diskussionen hervorzurufen! Absolut geil. Alle waren natürlich völlig verwirrt. Skin war bei denen gleich Nazi. Zudem waren wir halt stark. Traten immer als Komandöh auf. Skinhead verzehnfachte das.
Skinhead zu sein war die Offenbarung! Ich war nicht ich. Wir waren Adolf Hitler, in der U-Bahn verstummten alle, wenn wir den Zug betraten, es war völlig entsetzlich! Auf den Konzerten wurde um uns herum gepogot, keiner berührte uns! Dann war es wie PIL, die öffentliche Wahrnehmung! Schätze keinen Menschen ein nach seiner Kleidung, seinem Aussehen. Achte auf die Handlungen. Viele dachten ja auch, Edgar und ich wären ein schwules Paar. Zu den Konzerten kamen immer mehr Skins, die beim Friedenslied dann Feuerzeuge hochhielten. In der TAZ wurde in einem sehr fairen Artikel darüber geschrieben. Und wir kamen auf die Seite 1, als wir auf LKWs vor den beiden Knästen spielten. Und wir veranstalteten das erste ‚Black & White Unite-Festival‘.“
Ganz im Zeichen der Zeit verstehen sich MDK als „proletarische Band“ – ganz gegen die Zeichen der Zeit verweigern sich MDK den populären „No Future“-Haltungen und singen stattdessen über Optimismus und sozialistische Ideen. Der später oft und von den meisten West-Berliner Bands aufgegriffene Slogan „Spass muss sein!“ ist ebenso ihre Erfindung wie der Einbau ihrer Strassentheater-Erfahrungen in die Konzerte, etwa ihre Darstellungen von wüsten Spitzel-, und Polizisten-Rambos. Und das schon oben erwähnte „Friedenslied“, dazu Volker : „Wie gesagt, nicht nur die Hymne der Skinheads. Sondern die Berliner Hymne an sich. Oft kopiert und nie erreicht. Zum Bleistift von MALARIA!. Die haben sich vor eine Fernsehkamera gesetzt und in die Hände geklatscht und ‚Kämpfen und Lieben und Kämpfen und Siegen‘ gesungen.“
1980 Diverse Auftritte auf Berliner Bühnen, in autonomen Spelunken, auf Straßen und Plätzen. Liedtext auf Seite 1 der TAZ. Wie auch „TON STEINE SCHERBEN“ wird die Band von der Berliner, insbesondere der Kreuzberger linken Szene vereinnahmt. Diskussionen über Liedtexte und Auftrittsart werden heftig diskutiert. Manchmal wird die Bühne gestürmt und Statements über die Allgemeine Lage der Nation verlesen.
MDK gewöhnt sich niemals an Trends oder Moden und liebt es, das Publikum zu verwirren und zu provozieren, jede vorgeformte Vorstellung über die Band gleich wieder zu zerstören, in teuren Anzügen auf Hardcore-Shows zu erscheinen, Elemente des Arbeitertheaters von Bert Brecht in ihren musikalischen Shows einzubauen. Ihre Musik ist immer „Musik zur Zeit“, spontan und Ausdruck des gegenwärtig Erlebten.
Volker „Wir haben viel mit Worten und Sätzen gemacht. Ein Konzert wurde als ‚Politische Großveranstaltung‘ angekündigt. In den bürgerlichen Tageszeitungen! Wir haben mit den Adjektiven ja nur so um uns geschmissen. In dem Moment, in dem Edgar und ich die Bühne betraten, waren wir nicht mehr Individuen, sondern die Band MDK. Das hatten wir beim Theater verinnerlicht. Und nach zwei Jahren konnten wir dann ja auch wirklich spielen, die Musik wurde permanent größer, wichtiger, wurde eine eigene Macht.“
„For them Punk in 1980 meant flooding SO36 with so much fog and gas that no one in Dead Kennedys could see who was making the aggro-Flipper noise onstage. My memory itself is foggy, they flooded the backstage too. Soon after came their heavy/outsider post-punk LP on ZickZack, the most rockin‘ release in ZZ’s history. It did not sound like the SO36 show.“ Jello Biafra
1981 Epok-2 „Kriegserklärung an die Dummheit“
Die erste Single „Rhythmus der Musik“, „Rohe Gewalt“ sowie die LP „Kriegserklärung an die Dummheit“ erscheinen beim Hamburger „Zick-Zack-Label“. Platz 1, 2 und 3 in den Berliner Indie-Charts. MDK spielt sich die Finger wund und wird zusammen mit den „Einstürzenden Neubauten“ auf der legendären „Berliner Krankheit-Tour“ 1981 bundesweit bekannt. Anschließend diverse Konzerte in ganz Europa. Das französische Fernsehen produziert mit MDK den Film „Rock a Berlin“.
MDK (MEKANIK DESTRUEKTIW KOMANDOEH) pics by: Kai v. Kröcher und Gudrun Arndt
MDK (MEKANIK DESTRUEKTIW KOMANDOEH) pics by: Kai v. Kröcher und Gudrun Arndt
„MDK sah ich erstmals live 1981, im SO36. Für mich war das so etwas wie die zeitgenössische Antwort auf die Politrockband Ton Steine Scherben, die damals noch existierten, sich aber schon lange von Westberlin in die nordfriesische Provinz zurückgezogen hatten.
Für mich war das Musikkollektiv MDK die erste Westberliner Punkband. Einerseits bezogen sie in der damaligen politisch aufgeladenen Atmosphäre klar Position für Hausbesetzer und Anarchisten, andererseits misstrauten sie manchen linken Parolen als hohlen Phrasen, die sie dann kunstvoll in ihrer Show verarbeiteten.“ Wolfgang Müller / Die Tödliche Doris (Junge Welt, 3/2016)
1982 Es folgen diverse Tonträger, Filme, europaweite Auftritte u.a. mit Birthday Party, Einstürzende Neubauten, Dead Kennedys, Slime, Malaria!, Glenn Branca… Yello’s Dieter Meier wird MDKs Fanclubpräsident in der Schweiz, und dann – als erste Berliner Band seit langem – eine ausgedehnte USA Tour, gefördert vom Berliner „Rockbeauftragten“ des Kultursenators als „primary example of modern German music“ (US-Tourinfo).
„A few years after that, MDK showed up in San Francisco, playing a much more complex, almost majestic rock sound, that won over even DKs‘ hardcore audience. Volker and Stefan stayed afterwards at my house. Herr V. went back to Chinatown day after day, and brought home lots of firecrackers.“ Jello Biafra
Außer auf die Dead Kennedys treffen MDK in San Francisco noch auf Flipper, Toxic Reasons, Code of Honor, ein paar Tage später Meat Puppets im legendären Filmore. Im Danceteria New York spielen sie mit Glen Branca und in Austin/Texas mit den Skatepunk Pionieren Big Boys … und ein Clubkonzert in In Los Angeles mit Nina Hagen, Christiane F und Nena (!).
1983 Das Buch „Verweigerer – die Geschichte einer Band im politischen Taumel Berlins“ erscheint im Karin-Kramer-Verlag. US-Release „Berlin“ Maxi-12“ auf Sixth International / Rough Trade
1984 „Ich habe MDK 1984 einmal im Kreuzberger Blockschock gehört. Hauptvogel sang vom „Tier in ihm, das erwacht“. Ich war sofort Fan.“ Frank Willmann / Intro (6/2016)
Die letzte Single „Das weisse Biest“ erscheint und Volker und Edgar haben Streit – über Politik –, die Auflösung der Band folgt im gleichen Jahr. Volker gründet den Schöneberger Nachtclub „PINGUIN-CLUB“. Im Stil der Amerikanischen 50er Jahre eingerichtet, mit Autoscooter, allem drum und dran. Treffpunkt nicht nur der Berliner Künstler. Auch DEPECHE MODE haben ihren Stammtisch dort. DIE ÄRZTE feiern ihre erste Goldene Schallplatte. Nina Hagen und Marianne Rosenberg kommen sich nicht all zu nahe. Stefan Remmler lacht dazu.
Volker in einem Interview 2012: „1984 haben wir ja aufgehört. Edgar und ich haben uns aus politischen Gründen verkracht, dann 20 Jahre nicht gesehen. Als wir uns Sylvester 2009 trafen, haben wir ordentlich einen verhaftet und unseren Disput mit einem Lachen kommentiert, nicht mit einer Diskussion. Dann haben wir die Notwendigkeit gesehen, uns noch einmal als MDK zu äußern. Die Titel haben wir schon. ‚Steck Dir alles in den Arsch‘ und ‚Nimm Dir das Leben‘ …“
2015 Epok-3 manifestation
Nachdem bis auf den Ursaxophonisten alle Bandmitglieder verstorben sind, auch Edgar, sieht Volker die Wiederbelebung von MDK als seine dringliche Aufgabe an. Von Anfang an mit dabei: Gerard Rudschuck, der schon in früheren Tagen Impulse gesetzt hatte. Die Resonanz ist gewaltig.
Nach einer Umbesetzung ist 2016 die Besetzung mit den u.g. Bandmitgliedern perfekt.
Ob MDK dieses Mal zur Massenbewegung wird?
Sei dabei!
Musst Du kennenlernen.
Auf jeden Fall.
Ob dabei noch einmal etwas Ähnliches wie damals 1978-84 passieren wird?
Volker: „…Ist zu bezweifeln. Jeder zieht sich an, wie er will. Belästigt einen mit der Darstellung seiner sexuellen Vorlieben. Der Computer ist da. Die Kommunikation ist völlig verändert. Handys. Alle können am PC schlechte Musik machen. Es gibt überhaupt kein Klassenbewusstsein mehr. In Deutschland war das ja nach Adolf noch da. Wir hatten schliesslich Feindbilder, konnten Opposition machen. Heute sagt einem der Politiker frech ins Gesicht, dass DU DER ARSCH bist und keinen regt das auf. Es wird nicht reflektiert über Ursache, Wirkung und Absicht. Dass Bildung mit Geld zu tun hat, hat noch nie einer so klar gesagt, wie unsere Regierung. Bildungsgutscheine. Jetzt redet man über die Form. Ob als elektronischer Chip oder nicht. Zum Kotzen. Das Gesundheitssystem wird abgebaut. Renten verweigert, unser Anteil an der Gesellschaft wird gestohlen! Und die Absicht unserer Regierung ist so klar. Man soll entmündigt und versklavt werden, darf aber konsumieren. Uns werden Gigabytes ins Hirn geschoben, und in den Arsch.“
„Steck dir alles in den Arsch
Die Musik und den Marsch
Den Rhythmus und den Beat
Einfach alles was es gibt
Das Pre-Paid – was nicht geht
Die Flatrate – die nicht steht
Treuepunkte , Bonusmeilen …
… Das Geld das Du nicht hast
Steck dir alles in den Arsch
Alles in den Arsch“

MDK 2017
MUSIKER:
Gerard Rudschuck: Gitarre
Rumme Beck: Bassgitarre
Friedel Kriete: Schlagzeug
Bertram Krumm: Saxophon
Volker Hauptvogel: Vocals
Gast: Kurt Rudschuck, Tasteninstrumente
Anspieltipps / DJs Choice:
1. Es geht weiter (3:46)
5. Man wohnt nicht mehr im Kiez (4:48)
10. Worte werden zu Musik (4:54)
manifestation wurde aufgenommen im Tonstudio Building-Site / Axel Dill, November 2016
Master & Mix von Jon Caffery @The old Winery 2017
Hochgradig finanziert von Dirk Felsenheimer
MDK (MEKANIK DESTRÜKTIW KOMANDÖH)
„manifestation“
Destiny-169
Broken Silence / Finetunes
CD / LP / digital DL EAN 4250137208893
File under: Agit-Punk / Avantgarde / Berlin
VÖ: 21.07.2017
TRACKLIST:
1. Es geht weiter (3:46)
2. Alles in den Arsch (3:04)
3. Nimm dir das Leben (2:25)
4. Blitze über Kreuzberg (4:33)
5. Man wohnt nicht mehr im Kiez (4:48)
6. Mörderlied (5:43)
7. Heinrichplatz (3:02)
8. Rhythmus des Lebens (3:26)
9. Berlin (4:14)
10. Worte werden zu Musik (4:54)
Diskografie / wichtigste Releases:
1980 „Der Weg Zum Frieden“ – Kassette / Stechapfel Produktion
1981 „Rohe Gewalt“ – 7“ / Zickzack
1981 „Die Kriegserklärung“ (Live) – LP / Zickzack
1982 „Der Tag Schlägt Zu“ – 12“ / Zensor
1983 „Berlin“ – 12“ / Sixth International
1983 „Politik wird Musik. Das Mekanik Destrüktiv Komandöh. Die Verweigerer im politischen Taumel Berlins. Die Geschichte einer Band mit 27 Songs und 100 Fotos.“ – Buch / Karin Kramer Verlag
1984 „Der Liebe Auf Der Spur“ – 7“
2016 „fleischers blues“ – Roman, Martin Schmitz Verlag, Berlin. (als Hörbuch bei „Deutsche Grammophon“, gelesen von Guntbert Warns, Gastleser Stefan Remmler, incl. Song „Berlin“ von 1982.)
Live-Termine:
25.08.2016 Berlin – SO36 / Wahlkampf-Gala der Partei DIE PARTEI
09.09.2016 DK Copenhagen – Punk-Festival

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