Samstag, 28. Oktober 2017
Migration: Vermeintlich freiwillig - Überredung und Gehirnwäsche – der malische medico-Partner Ousmane Diarra über EU-Rückkehrprogramme
"... Bislang hat sich die malische Regierung nicht auf ein
Rückübernahmeabkommen mit der EU eingelassen. Warum? Ousmane Diarra:
Einerseits gibt es eine enorme Konkurrenz sowohl zwischen den
afrikanischen Staaten als auch zwischen afrikanischen Organisationen
und der Internationalen Organisation für Migration (IOM) um die Mittel
aus der Europäischen Union. Alle versuchen, es Europa recht zu machen,
um an die Gelder zu kommen. Auch zivilgesellschaftliche Organisationen
werben darum und spielen das Spiel mit. Andererseits sind die
afrikanischen Regierungen mit dieser Politik nicht einverstanden. Sie
machen sich Sorgen um ihre eigene Bevölkerung, die stark auf die
Migration angewiesen ist. Menschen, die zurückgeschoben werden, sind
in der Regel vollkommen mittellos. Daran hat niemand Interesse.
Insofern wächst der Druck aus der eigenen Bevölkerung, den Forderungen
der EU nach Abschiebeerleichterungen nicht nachzugeben. Zumindest bis
zu den anstehenden Präsidentschaftswahlen hat der Druck aus der
Bevölkerung in Mali durchaus Gewicht. (...) Es gibt eine kleine Gruppe
von Migranten, die wirklich zurückkehren möchten. Ich nenne das
„gewünschte freiwillige Rückkehr“. Für diese Menschen, die vielleicht
in schwierigen Situationen sind, können diese Mittel ein Segen sein.
Aber wir beobachten, dass bei einem Großteil der vermeintlich
freiwilligen Rückführungen nicht von Freiwilligkeit gesprochen werden
kann. Die Menschen werden teilweise sogar belogen und erpresst, damit
sie zurückgehen. Darin liegt eine große Gefahr. Man kann von
„freiwilliger Rückkehr“ nur dann sprechen, wenn keine
„Sensibilisierung“ und keine „Aufklärungskampagne“ gemacht wird, was
manchmal einer Gehirnwäsche gleichkommt. Wenn also die Leute eine
echte freie Entscheidung treffen – und zwar von sich aus. Tatsächlich
wird den Leuten aber erzählt, es gebe Reintegrationsmaßnahmen nach
ihrer Rückkehr, und es wird ihnen vorgegaukelt, dass sie über längere
Zeit Unterstützung bekommen. Das ist aber nicht der Fall..." Ousmane
Diarra im Gespräch mit Ramona Lenz bei medico international vom 27.
September 2017
https://www.medico.de/vermeintlich-freiwillig-16858/
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