Samstag, 28. Mai 2016

Kipping: »Brauchen eine europaweite linke Allianz«


Delegiertentreffen in Magdeburg: Parteivertreter ackern sich durch Antragswust / Riexinger fordert »Obergrenzen bei den Reichen« / Torten-Attacke auf Wagenknecht / Der Newsblog

Linke
Update 17.20 Uhr: Kipping: Wir brauchen eine europaweite linke Allianz
Der Zeitplan des Parteitags ist schon etwas durcheinander, deshalb hat man die Rede von Katja Kipping etwas vorgezogen. Die Linkenchefin beginnt ihre Rede getragener als Bernd Riexinger - aber das ändert sich im Verlauf der Ansprache. Sie spricht zuerst über die Sozialdemokratie, die mit einem Gerechtigkeitsversprechen verknüpft wird, dass die Partei zwar vielleicht erfüllen möchte, aber, so Kipping: »Sie kann nicht.« Der Grund dafür sei auch die tief greifende Veränderung der Gesellschaft in vielen Bereichen - Kipping spricht technischen Fortschritt, Wandel der Arbeitswelt, schwindende Macht nationaler Parlamente, Migration und Fluchtbewegungen sowie den Umbruch in der internationalen Politik an. »Der alte Klassenkompromiss funktioniert nicht mehr«, so Kipping, es würden heute nur noch die Superreichen gewinnen. »Wer soziale Gerechtigkeit will, muss bereit sein, sich mit Superreichen und Finanzkapital anzulegen.« Die SPD verwalte ihren »Fleisch gewordenen Opportunismus«, aber die Linkenchefin unterscheidet zwischen Sozialdemokraten und SPD - und sie betont, mit Kritik an der SPD nicht einer stärkeren Union das Wort reden zu wollen. Kanzlerin Angela »Merkel hat an ihrer Seite den Grenzfetischisten Horst Seehofer. Die eine lächelt, der andere schlägt zu«, sagt sie mit Blick auf die Asylpolitik der Union.
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In dieser Lage des Umbruchs komme der Linken die Aufgabe zu, das Versprechen sozialer Gerechtigkeit in internationaler Perspektive zu erneuern, sagt Kipping. Das sei nur noch als internationaler demokratischer Sozialismus denkbar - und dazu brauche es eine starke, länderübergreifende Bewegung. »Wir brauchen eine europaweite Allianz - von den Platzbesetzungen in Frankreich bis zur Demokratieinitiative DiEM25 von Yanis Varoufakis.« Kipping spricht sich für ein neues, solidarisches Europa aus und dafür, Reichtumsmehrung im Sinne von mehr Gerechtigkeit zu begrenzen. Dazu gehöre auch, soziale Garantien für alle durchzusetzen, konkret nennt sie eine europäisch koordinierte Arbeitslosen- und Sozialversicherung. Dieses müsse durch Frieden und Flüchtlingsschutz statt Stacheldraht und Flüchtlingsabwehr gekennzeichnet sein. Die Linkspartei habe dabei in Europa »eine besondere Verantwortung. Wir sind die Linke im Herz des Krisenregimes«.
»Soziale Gerechtigkeit lässt sich heute nur noch im Vorwärtsgang verteidigen«, so die Linkenpolitikerin. Die Linkspartei spreche sich »für bedingungslose Obergrenzen bei den Einkommen der Reichen« aus - für ein »Maximaleinkommen«. Beim 20fachen des niedrigsten Einkommens in einem Unternehmen »sollte einfach Schluss sein«, so Kipping.
Update 16.55 Uhr: Erster Leitantrag angenommen
Der erste Leitantrag ist nach »disziplinierter« Beratung, wie das Präsidium vorn auf der Bühne anmerkt, nun mit großer Mehrheit beschlossen worden: »Für Demokratie und Solidarität! Gegen den Rechtsruck«. Der ursprüngliche Entwurf findet sich hier.
Linke Magdeburg
Update 16.50 Uhr: Vorstandswahlen beginnen deutlich später
Senden wir normalerweise nicht, in diesem Fall aber schon - einen redaktionellen Hinweis der Kollegen von dpa: »Auf dem Parteitag der Linken in Magdeburg dauern die Antragsberatungen länger als geplant. Die Vorstandswahlen werden nun voraussichtlich erst gegen 18.00 Uhr beginnen. Das Ergebnis der Wahl der beiden Parteivorsitzenden wird dann bis etwa 20.00 Uhr erwartet.« Im ursprünglichen Zeitplan war der Start der Wahlen noch für 16.45 Uhr geplant.
Update 16 Uhr: Revisionistische Auslasserei, sektiererische Überbetonung
Nein, wir sind nicht in der Magdeburger Einkaufszone. Aber eine angemessene Darstellung des Antragsberatungsmarathons hier bei der Linken ist schon eine Aufgabe, für die man jedenfalls nicht saft- und kraftlos sein sollte. Revolutionäre Vollständigkeit ist schlicht undenkbar, jede Auswahl wird dem Vorwurf anheimfallen, es handele sich um entweder revisionistische Auslasserei oder sektiererische Überbetonung von irgendwas. Also in Schlaglichtern: Es geht unter anderem um Europa, ob man in einer Passage zum Rechtsruck auch die Frage eines EU-Austritts aufwerfen solle. Es geht unter anderem darum, ob Kritik an der Bundesregierung nicht so eine Art »Fürbitte« sei, mit der sich die Linkspartei kleiner mache (als sie ja in Wahrheit tatsächlich ist). Oder darum: Soll die Linkspartei irgendwas von Kanzlerin Merkel fordern - oder doch lieber »alle Menschen« ermuntern soll, »die Geschichte bewusst zu gestalten«. Die Sozialistische Linke findet die Formulierung »nationale Interessen« falsch - immerhin gebe es sowas gar nicht für sich genommen, sondern nur konkurrierende kapitalistische Interessen, etwa diverser Kapitalfraktionen. Eine sehr häufig geäußerte Formulierung lautet übrigens: »Du musst jetzt zum Schluss kommen.« Dann wissen wir: Es geht um die Redezeit. Wenn ein Zwischenfazit erlaubt ist: Es gibt einen ziemlich breiten Konsens, die Antragskommission hat viele Änderungswünsche ganz oder teilweise übernommen. Was zur Abstimmung noch steht, kommt in vielen Fällen von den Strömungen AKL, EMa.Li und KPF.
Update 15.20 Uhr: Riexinger: Wir brauchen revolutionäre Ungeduld
Inzwischen ist die Rede von Bernd Riexinger auch nachzulesen. Sie endet mit den Worten: »Der italienische Kommunist Antonio Gramsci hat davon gesprochen, dass wir geduldige, nüchterne Menschen brauchen, die nicht verzweifeln angesichts der schlimmsten Schrecken und sich nicht an jeder Dummheit begeistern. Lasst uns also die Verhältnisse nüchtern analysieren, aber mit Optimismus und Entschlossenheit an ihre Veränderung gehen. Deshalb: Pessimismus des Verstandes – Optimismus des Willens. Ich danke für Eure Aufmerksamkeit! Wir brauchen revolutionäre Geduld – aber wir brauchen auch revolutionäre Ungeduld im Kampf für soziale Gerechtigkeit!«
Update 15.05 Uhr: Jetzt wird über die Leitanträge abgestimmt
Nun also die Antragsberatung - und das gleich mit einem Änderungsbegehr, das den kompletten Leitantrag I zur Überarbeitung zurückverweisen will. Kurzum: Der Geraer Sozialistische Dialog findet das ganze Papier nicht so überzeugend, wörtlich: »zu merkelfixiert«. Oder, so steht es im Antragsheft: »Der vorliegende Leitantrag zum Kampf gegen Rechts bleibt hinter dem erarbeiteten politisch-programmatischen Positionen der LINKEN sowie den aktuellen Erfordernissen zurück und bedarf daher der Neufassung.« Reden für und wider. Interessante Argumentation: Die Kritiker des Leitantrags sehen sich dadurch bestätigt, dass es sehr viele andere Änderungsanträge gibt. Das Begehr des Geraer Sozialistischen Dialogs findet aber keine Mehrheit. Also: zum nächsten Antrag.
Update 14.55 Uhr: Wagenknecht zurück – viel Beifall
Linksfraktionschefin Sahra Wagenknecht ist wieder auf den Parteitag zurückgekehrt – und es gibt stehende Ovationen und viel Beifall. Dennoch: Die Abstimmung muss weitergehen. Es ist die erste dieses Parteitags mit dem elektronischen System. Das gibt ein bisschen Wirbel.
Update 14.50 Uhr: Hennig-Wellsow: »Dem ist nichts hinzuzufügen«
Eigentlich hatte ja zu diesem Zeitpunkt Bodo Ramelow sprechen sollen - doch der Thüringer Ministerpräsident darf nicht: Der Arzt hat es ihm verboten. (Hier gibt es seine nicht gehaltene Rede.) An seiner Stelle spricht die Thüringer Landesvorsitzende Susanne Hennig-Wellsow - und natürlich geht es auch um die umstrittenen Abschiebungen, die es auch aus dem rot-rot-grün regierten Freistaat gibt. »Ja, Thüringen muss abschieben«, sagt Hennig-Wellsow und erntet dafür Buhrufe. Die Thüringerin antwortet: Die Linke agiere hier nicht aus freien Stücken, man setze hier Bundesgesetz um - und versuche »alles auszureizen, um Abschiebungen zu verhindern«. Wer die Thüringer Linke kritisiere, der solle sich einmal fragen, wann er oder sie zuletzt selbst eine Abschiebung durch Proteste verhindert habe. Es sei jedenfalls viel zu kurz gesprungen, so Hennig-Wellsow, aus der Frage der Abschiebungen in Thüringen ein generelles Argument gegen Rot-Rot-Grün zu machen. Die Linke sei im Bund zu schwach, um die Gesetze zu ändern, die auch in Thüringen gelten. Dies sei der Hebel, und deshalb, so die Forderung, solle die Partei sich darauf konzentrieren, wie man bei den Bundestagswahlen 2017 erfolgreicher sein könne. Während der Rede skandieren Delegiert »Refugees welcome« - Hennig-Wellsow darauf: »Genau, dem ist nichts hinzuzufügen«.

Update 14.20 Uhr: Debatte um den Kurs geht weiter
Beim Parteitag in Magdeburg geht die Debatte über die Leitanträge weiter - wie immer ist das die Bühne für gewissermaßen alles, was die Partei bewegt. Aufrufe zu Demonstrationen, Hinweise auf fehlende Themen, Appelle zum Mutmachen, Wahlkampf-Beiträge und so fort. Nun kann man natürlich sagen: Alles hat mit allem zu tun. Ein paar Schlaglichter: »Wir müssen das Grundrecht auf Asyl wiederherstellen«, fordert die Berliner Linkenpolitikerin Katina Schubert. Ihr Genosse Hakan Tas aus dem hauptstädtischen Landesverband sagt, die Linke sei eine starke Partei, die für eine offene Willkommenskultur stehe. Christiane Reymann beklagt das Fehlen einer Verbindung von sozialer Frage und der Frage nach Krieg und Frieden. Frank Puskarev fragt kritisch in den Saal, ob zwischen Reden und Handeln in der Linken wirklich immer die nötige Verbindung bestehe - und erinnert daran, dass sich die politische Großwetterlage nicht immer an Beschlüsse und Kampagnenzeitpläne der Linken hält. Die sächsische Linkenpolitikerin Kerstin Köditz warnt vor rechten Bewegungen wie Pegida. Dominic Heilig verweist auf die europäische Dimension des aktuellen Rechtstrends: Rechtspopulisten wollen die Gesellschaft spalten.
Update 13.45 Uhr: Schneider vom Paritätischen in die Linkspartei eingetreten
Kurz nach der Mittagspause gibt es ein kurzes Grußwort von Ulrich Schneider, dem Hauptgeschäftsführer des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. Der kritisiert die Armut in Deutschland als »politisch gemacht« und als »Ergebnis einer gut 25-jährigen Herrschaft des Neoliberalismus«. Wenn man »wirklich etwas tun wollen gegen Armut, kommt man nicht umhin, auch die Verteilungsfrage zu stellen«, so Schneider. Mit Blick auf die SPD sagt er, nur wer dies tue, sei glaubhaft, wenn er sage, er wolle sich für »die kleinen Leute« einsetzen. Die Linkspartei habe in dieser Frage »noch nie gewackelt«. Sie stehe für eine Politik, »die alle mitnimmt - auch Flüchtlinge«. Und, diese Nachricht macht auf dem Parteitag die Runde: Schneider ist unlängst in die Linkspartei eingetreten.
Update 12.50 Uhr: Mittagspause
Zumindest die Delegierten haben jetzt Pause. Zwischen den Hallen qualmen die Grills. Drinnen laufen jetzt Videos. Wir haben einiges nachzutragen: Das Frauenplenum hat über seine Arbeit berichtet und eine Resolution »Für die konsequente Verurteilung von Vergewaltigung, gegen den antifeministischen Rollback von AfD & Co« vorgestellt - die dann mit großer Mehrheit auch beschlossen wurde. Danach ist der Parteitag in die »Debatte und Beschlussfassung zu den Leitanträgen« eingestiegen - gleich zu Beginn haben zwei Linkenpolitiker das Wort ergriffen, die im Herbst noch Wahlkämpfe bestreiten. »Zehn Jahre Große Koalition sind genug - auch in Mecklenburg-Vorpommern«, hat der dortige Spitzenkandidat Helmut Holter das Ziel seiner Partei umrissen, andere Mehrheiten im Nordosten möglich zu machen. »Die soziale Frage ist die entscheidende Frage - lösen wir die SPD-CDU-Regierung in Berlin endlich ab«, lautet die Devise beim Spitzenkandidaten in der Hauptstadt, Klaus Lederer.

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Update 12.20 Uhr: Mazyek fordert Kampf gegen Rassismus
Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman A. Mazyek, hat die Linkspartei in einem Grußwort aufgefordert, den Kampf gegen Intoleranz und Rassismus fortzusetzen. Die Einschränkung von Religionsfreiheit löse »kein einziges Problem im Bereich der sozialen Ungerechtigkeit«, sagt Mazyek mit Blick auf die Forderungen der Rechtsaußen-Partei AfD.
Update 12.10 Uhr: Riexinger fordert »Obergrenzen bei den Reichen«
Nach der Unterbrechung wegen des Tortenwurfs auf Sahra Wagenknecht hat Bernd Riexinger wieder in seine Rede zurückgefunden - man könnte sagen, er durchschreitet das komplette Panorama der linken Forderungen. Seine Partei stehe »gegen die Festung Europa und gegen jede Form von Rassismus«, sagt Riexinger. Die AfD hetze gegen Muslime und führe einen rechten Kulturkampf. »Daher müssen wir sie politisch angreifen und bekämpfen«. Es sei zudem »ein großer Irrtum, dass die AfD irgendwas mit sozialer Politik zu tun hat«. Riexinger forderte zudem einen »grundlegenden Bruch. Wir brauchen eine Revolution der Gerechtigkeit von Unten«, so der Politiker - er nimmt damit das Thema eines Papiers wieder auf, dass er vor dem Parteitag mit Ko-Chefin Katja Kipping in die Debatte geworfen hatte. Riexinger forderte »Schluss mit Tarif-Flucht und Lohn-Dumping durch Werkverträge«, man müsse »gemeinsam in Europa den Kampf gegen sozialen Kahlschlag und Rassismus führen«. Und: »Gerechtigkeit lässt sich nur gegen den Willen der Superreichen durchsetzen«, sagt der Linkenchef: »Wir brauchen Obergrenzen bei den Reichen und nicht bei der Finanzierung von Kitas und Krankenhäusern«. Auch die Friedensfrage taucht in Riexingers Rede auf: »Wir stimmen gegen Auslandseinsätze der Bundeswehr.« Zudem pocht er auf eine sofortige Anhebung des Mindestlohns von 10 Euro, der dann »schnell auf 12 Euro« erhöht werden sollte.
Update 11.30 Uhr: Torten-Attacke auf Wagenknecht
Plötzlich schallen Rufe durch die Messehalle, es werden Flugblätter geworfen. Vor der Bühne gibt es einen Riesenauflauf: Sahra Wagenknecht wurde mit einer Torte beworfen. In dem Flugblatt heißt es: »Torten für Menschenfeinde«, eine »antifaschistische Initiative« will damit offenbar Kritik an Äußerungen der Fraktionsvorsitzenden zum Gastrecht für Geflüchtete und zu den Obergrenzen äußern. Linkenchef Riexinger kritisiert die »wahnsinnige Aktion« und empört sich. Auch Wagenknecht habe niemals einer Asylrechtsverschärfung zugestimmt. »Wir akzeptieren keine Gewalt! Damit tun die Leute unserem Gegner einen Gefallen. Wir konzentrieren uns auf Inhalt«, so der Linkenchef. In dem Flugblatt heißt es, Wagenknecht habe sich wie AfD-Politiker geäußert, die Linke stehe damit in einem »nationalen Konsens«mit der AfD, auch wird ihr vorgeworfen, »die ideologische Munition« für rassistische Äußerungen zu liefern. Mehr dazu hier
Update 11.20 Uhr: Riexinger erwartet »kraftvolles Signal des Aufbruchs«
Linkenchef Bernd Riexinger fängt seine Rede gleich einmal mit einem Weckruf statt, in dem ein kleiner Seitenhieb auf Gregor Gysi steckt: Er gehe sicher davon aus, dass »ein kraftvolles Signal des Aufbruchs« von diesem Parteitag ausgehen werde. Der Linkenchef spricht die sozialen Kämpfe in Frankreich an, und verspricht »die volle Solidarität« seiner Partei. Hier in Deutschland wisse man genau, wie lange es braucht, »diesen Murks« wieder wegzubekommen - die Arbeitsmarktreformen des Sozialdemokraten Francois Hollande werden bisweilen mit den Agenda-Reformen von Gerhard Schröder verglichen. Riexinger verweist auch auf Bernie Sanders. Dann geht es schnurstracks in die Innenpolitik: »Was tut die Bundesregierung denn gegen Altersarmut?«, fragt Riexinger rhetorisch: »Einen Dreck tut sie!« Immer wieder taucht das Wort »Hoffnung« in seiner Rede auf: »Wir stehen für die Hoffnung auf ein besseres Leben«, die Linke solle eine »Politik der Hoffnung« vorantreiben.
Update 11.06 Uhr: Zeitplan beschlossen – und schon hinfällig
Nun ist also der Zeitplan beschlossen worden. Das Problem: Er ist bereits hinfällig. Seit 10.45 Uhr sollte eigentlich bereits Parteichef Bernd Riexinger sprechen. Doch noch sind wir hier bei den Formalien. Das muss das sein, was Linkenpolitiker gern »Sitzungssozialismus« nennen.
Update 10.40 Uhr: Debatte über elektronische Abstimmungen
Jetzt wird über die Möglichkeit diskutiert, elektronisch abzustimmen. Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn hat ein Modell präsentiert und sich für den Einsatz ausgesprochen - dies war offenbar im Parteivorstand nicht unumstritten. Und es gibt auch hier keine einhellige Meinung. Es geht um Technikfragen, Bundesverfassungsgerichtsurteile, um Vertrauen. Aber dann wird mit klarer Mehrheit entschieden: Es kann elektronisch abgestimmt werden.
Update 10.30 Uhr: Gysi ist nicht da - aber präsent
Zumindest das scheint sicher: Gregor Gysi wird in Magdeburg nicht noch einmal die Linkspartei als »saft- und kraftlos« bezeichnen: Der Ex-Fraktionschef sei in Niedersachsen unterwegs, hieß es. Seine Kritik hatte im Vorfeld zu einem kleinen Medienecho geführt, führende Linkenpolitiker wiesen die Äußerungen zurück. Sahra Wagenknecht hatte von »Querschüssen« gesprochen, Parteichef Bernd Riexinger erklärt, mit seinem Vorwurf könne er die Linke nicht meinen. In der Diskussion über Gysis Worte, die Wähler sprächen der Partei »die Gestaltungskraft ab, weil wir auf Bundesebene den Eindruck vermitteln, nicht in die Regierung zu wollen«, war auch darauf hingewiesen worden, dass der Ex-Fraktionschef womöglich wieder eine wichtigere Rolle spielen wolle. Auch an einen Brief Gysis an die neue Fraktionsspitze aus dem Frühjahr, in dem dieser auf Klärung seiner Aufgaben im Bundestag drängte, war erinnert worden. Wagenknecht sagte nun der Deutschen Presse-Agentur, ein Gespräch mit Gysi nach dem Brief habe in netter Atmosphäre stattgefunden. »Und natürlich hat er, wie jeder Abgeordnete unsrer Fraktion, das Recht, im Bundestag zu reden«, sagte Wagenknecht. »Allerdings ist spürbar, dass es ihm schwerfällt, mit seiner aktuellen Stellung zurechtzukommen.«
Update 10.20 Uhr: Der Parteitag kommt langsam in Gang
Die sachsen-anhaltische Linkenvorsitzende Birke Bull hat den Parteitag für den gastgebenden Landesverband begrüßt. Mit Blick auf die Debatten in der Partei nach den Wahlniederlagen sagte sie: »Ja, das alles klingt noch nicht nach Aufbruch, nach neuer Energie. Aber das ist nachvollziehbar.« Es sei eine Stärke, auch einmal innezuhalten und sich über schwierige Fragen zu verständigen. Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn begrüßt zahlreiche Gäste, der Botschafter Kubas erhält den stärksten Beifall. Und dann natürlich das Graubrot aller Delegiertentreffen: Formalien, Formalien, Formalien. Gremien müssen gewählt werden. Um 9.55 Uhr waren 423 der 579 Delegierten angemeldet - der Parteitag ist also beschlussfähig, der Rest wird aber auch noch eintreffen. Die Straßenbahnen Richtung Messe Magdeburg sind jedenfalls voll mit Linken.
Update 10.15 Uhr: Wagenknecht glaubt nicht an Linkswende der SPD
Linksfraktionschefin Sahra Wagenknecht hat sich skeptisch über eine Neuorientierung der Sozialdemokraten geäußert. »Natürlich wünschen wir uns eine Linkswende der SPD«, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. »Dann hätten wir endlich einen Partner und es gäbe die Chance einer alternativen Politik zum Merkel-Kurs.« Sie sehe aktuell aber keine Anzeichen, »dass die SPD in den sozialen Fragen etwas ändern will«. Zuletzt hatte Wagenknecht-Vorgänger Gregor Gysi kritisiert, die Linke erwecke den Anschein, nicht regieren zu wollen. Zudem hatte er einen rot-rot-grünen Kanzlerkandidaten vorgeschlagen. Wagenknecht sagte: »Sigmar Gabriel hält zuweilen linke Reden, aber in der Praxis verteidigt er TTIP und CETA, genehmigt Waffenexporte oder erklärt Vermögenssteuern für nicht mehr zeitgemäß.« Auch das Rententhema habe die SPD schnell wieder zu den Akten gelegt. Mit Ausnahme der Einführung des Mindestlohns habe die SPD kein einziges Gesetz zur Verkleinerung der gesellschaftlichen Ungleichheit auf den Weg gebracht. In der Politik gegen die Mittelschicht und der Vergrößerung der Armut lägen die Hauptursachen dafür, »dass sich die Menschen von der etablierten Politik abwenden«. Die Linke dürfe nicht in einem imaginären rot-rot-grünen Lager aufgehen, das aktuell gar nicht existiere. »Die Menschen haben doch erlebt, dass auch SPD und Grüne dazu beigetragen haben, ihre soziale Situation zu verschlechtern.« Die Linke müsse ihre Eigenständigkeit als soziale Opposition nach vorne stellen und stärker werden. Nur so gebe es Druck in Richtung einer sozialeren Politik. Unglaubwürdig sei es, zu sagen, die Linke wolle die soziale Lage gemeinsam mit Parteien verbessern, »die aktuell für Rentenkürzungen und die Förderung prekärer Jobs stehen«.
Update 10 Uhr: Auch Gallert weist Gysis Kritik zurück
Der Vizepräsident des Landtages von Sachsen-Anhalt, Wulf Gallert, hat die Kritik des ehemaligen Fraktionsvorsitzenden Gregor Gysi am Zustand der Linkspartei zurückgewiesen. »Ich finde sie schwierig, weil er als Ursache den angeblich fehlenden Regierungswillen nennt«, sagte er der »Mitteldeutschen Zeitung«. So etwas könne man der Linken »nicht vorwerfen«. Die Kritik sei daher ziemlich widersprüchlich. Und das AfD-Problem sei objektiv schwer zu lösen, weil überall in Europa rechte Parteien Erfolge feierten. Gallert hatte bei der Wahl am 13. März alles daran gesetzt, Ministerpräsident einer rot-rot-grünen Koalition zu werden. Gysi hingegen hatte am Donnerstag erklärt, die Linke zeige nicht genug Machtwillen. Die Partei trifft sich am Wochenende zum Parteitag in Magdeburg
9.45 Uhr: Guten Morgen aus Magdeburg
In wenigen Minuten beginnt der Parteitag der Linken - gesungen wurde schon: »Die Gedanken sind frei«. Im Mittelpunkt des Delegiertentreffens steht die Neuwahl des Parteivorstands mit den Vorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger. Ihre Wiederwahl gilt als sicher. Debatten werden in Magdeburg vor allem zum Umgang mit der Rechtsaußen-Partei AfD erwartet. In einem der drei Leitanträge des Parteivorstandes wird eine »gesellschaftliche Gegenbewegung gegen Rassismus und den Rechtsruck« gefordert, die politisch flankiert werden müsse. Nach Wahlniederlagen im Frühjahr soll in Magdeburg zudem die Suche nach einer Strategie für eine Linkswende und für die Bundestagswahlen eine Rolle spielen. Vor Ort berichten Aert van Riel und Tom Strohschneider. mit Agenturen

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