Samstag, 28. Mai 2016

Indem wir an die Arbeit gehen, sind wir uns bewußt, daß unser Weg voller Dornen ist.


prawda2J.W. Stalin:

UNSERE ZIELE.

Quelle: Große Sowjetenzyklopädie, Verlag Kultur und Fortschritt Berlin, 1952, S.636f

Vor über 100 Jahren, im April 1912, erschien die erste Ausgabe der „Prawda“. Darin äußert sich Stalin über die Ziele der kommunistischen Bewegung. Oft wird von der herrschenden Klasse in herablassendem Ton von den kommunistischen „Idealen“ gesprochen, womit eigentlich gesagt werden soll, dies seien doch alles nur Luftschlösser, die Wirklichkeit sei anders. Die Mehrheit der Menschen wolle gar keine Veränderungen. Und überhaupt: Man könne sich der Entwicklung (des Kapitalismus) doch nicht verschließen. Immerhin seien doch im letzten Jahrhundert gewaltige Fortschritte erzielt worden. Ja, richtig. Doch zugleich wurden in den letzten hundert Jahren die grausamsten Kriege der Weltgeschichte angezettelt. Die Umwelt wurde in einem bisher ungekanntem Ausmaß verseucht. Und ein Ende der Verbrechen ist nicht abzusehen. Das Ergebis: die Reichen, die Besitzer der Produktionsmittel, konnten unermeßliche Reichtümer anhäufen, während Milliarden Menschen auf der Welt in unsägliche Armut gestürzt wurden. Möglicherweise wird das Erwachen und der Aufstand der Entrechteten kein friedlicher, sondern ein sehr blutiger Neuanfang sein. Doch der Sozialismus, eine von Ausbeutung freie Gesellschaft, ist der einzige Weg, der die Menschheit aus diesem kapitalistischen Desaster herausführt. Bereits im Jahre 1912 wies Stalin den Weg.
prawdaWer die „Swesda“ liest und ihre Mitarbeiter kennt, die auch die Mitarbeiter der „Prawda“ [1] sind, der begreift unschwer, in welcher Richtung die „Prawda“ arbeiten wird. Den Weg der russischen Arbeiterbewegung mit dem Lichte der internationalen Sozialdemokratie erleuchten, unter den Arbeitern die Wahrheit über Freunde und Feinde der Arbeiterklasse verbreiten und die Interessen der Arbeitersache treu hüten diese Ziele wird die „Prawda“ verfolgen.
Unversöhnlich gegen die Feinde, nachsichtig untereinander!
Indem wir uns solche Ziele setzen, beabsichtigen wir durchaus nicht, die Meinungsverschiedenheiten zu vertuschen, die es unter den sozialdemokratischen Arbeitern gibt. Noch mehr: Wir glauben, daß eine mächtige und lebensvolle Bewegung ohne Meinungsverschiedenheiten undenkbar ist, – nur auf dem Friedhof ist die „völlige Identität der Ansichten“ zu verwirklichen! Aber dies bedeutet noch nicht, daß es mehr Differenzpunkte als Punkte der Übereinstimmung gibt. Bei weitem nicht! Wie sehr die fortgeschrittenen Arbeiter auch auseinandergehen mögen, sie können nicht vergessen, daß sie alle, ohne Unterschied der Fraktionen, in gleicher Weise ausgebeutet werden, daß sie alle, ohne Unterschied der Fraktionen, in gleicher Weise rechtlos sind. Deshalb wird die „Prawda“ vor allem und hauptsächlich zur Einheit des Klassenkampfs des Proletariats, zur Einheit unter allen Umständen, aufrufen. In dem Maße, wie wir gegen die Feinde unversöhnlich sein müssen, müssen wir untereinander nachgiebig sein. Krieg gegen die Feinde der Arbeiterbewegung, Frieden und einmütige Arbeit innerhalb der Bewegung – davon wird sich die „Prawda“ in ihrer tagtäglichen Arbeit leiten lassen.
stalin4Warum ist die Einigkeit so wichtig?
Das zu betonen ist jetzt besonders notwendig, wo die Lena-Ereignisse [2] und die bevorstehenden Wahlen zur IV. Duma vor den Arbeitern mit außerordentlicher Nachdrücklichkeit die Frage der Notwendigkeit aufwerfen, sich zu einer einheitlichen Klassenorganisation zusammenzuschließen. Indem wir an die Arbeit gehen, sind wir uns bewußt, daß unser Weg voller Dornen ist. Es genügt, sich an die „Swesda“ zu erinnern, die unzählige Male konfisziert und „belangt“ worden ist. Doch vor Dornen haben wir keine Angst, wenn die Sympathie der Arbeiter, die jetzt die „Prawda“ umgibt, auch künftig anhält. Aus dieser Sympathie wird sie die Energie für den Kampf schöpfen! Wir möchten, daß diese Sympathie wächst.
Ein Aufruf zur Mitarbeit!
Wir möchten außerdem, daß sich die Arbeiter nicht auf die Sympathie beschränken, sondern an der Leitung unserer Zeitung aktiv mitarbeiten. Mögen die Arbeiter nicht sagen, Schriftstellerei sei für sie eine „ungewohnte“ Arbeit: Die Arbeiterjournalisten fallen nicht fertig vom Himmel, sie werden nur nach und nach, im Laufe der literarischen Arbeit herangebildet. Man muß nur mutig ans Werk gehen: ein paarmal wird man stolpern, und dann lernt man schreiben …
Also einmütig ans Werk!
„Prawda“ Nr.1, 22. April 1912. 
Artikel ohne Unterschrift.
Nach dem russischen Zeitungstext.
Quelle: J.Stalin, Unsere Ziele. In.: Werke, Dietz Verlag Berlin, 1950, Bd.2, S.226f.
(Zwischenüberschriften eingefügt, N.G.)
Anmerkungen:
[1] „Prawda“ (Die Wahrheit) – bolschewistische Arbeitertageszeitung, die vom 22. April 1912 bis zum 8. Juli 1914 in Petersburg erschien. Die „Prawda“ wurde auf Weisung W.I. Lenins und auf Initiative J.W. Stalins gegründet. Als Mitglied des Zentralkomitees der Partei leitete J.W. Stalin die Ausarbeitung der Plattform der „Prawda“ und arbeitete an der Zusammenstellung der ersten Nummer der Zeitung mit. Am 22. April, am Tage des Erscheinens der ersten Nummer der „Prawda“, wurde J.W. Stalin verhaftet. Erst im Herbst 1912 konnte er seine Arbeit in der „Prawda“ wieder aufnehmen, nachdem er aus der Narymer Verbannung geflohen war. Von Oktober 1912 bis Februar 1913 erschienen in der „Prawda“ eine Anzahl richtungweisender Artikel J.W. Stalins, die im vorliegenden Band Aufnahme gefunden haben. Redaktionsmitglieder und engste Mitarbeiter der „Prawda“ waren W.M. Molotow, M.S. Olminski, N.N. Baturin, J.M. Swerdlow, A.M. Gorki, K.N. Samoilowa u.a. Im Laufe von zweieinhalb Jahren verbot die Zarenregierung die „Prawda“ achtmal, aber dank der Unterstützung der Arbeiter begann sie unter neuen Namen wieder zu erscheinen („Rabotschaja Prawda“ [Arbeiter-Prawda], „Sewernaja Prawda“ [Nord-Prawda], „Prawda Truda“ [Prawda der Arbeit], „Sa Prawdu“ [Für die Prawda] u. a.) (Über die Bedeutung und die Rolle der „Prawda“ siehe die „Geschichte der KPdSU(B), Kurzer Lehrgang“, Moskau 1945, S. 143 bis 148, russ. [deutsche Ausgabe, Berlin 1950, S. 187-194].)
(Quelle: Stalin, Werke, Bd.2, S.359f.)
[2] Lena-Ereignisse: Der Fluß Lena (Länge. 4264 km) war die wichtigste Verkehrsader der Jakutischen Autonomen Sowjetreublik. Das Gemetzel an der Lena und der Beginn des erneuten Anwachsens der revolutionären Bewegung. Ein Gemetzel, das unter den Arbeitern auf den Goldfeldern an der Lena angerichtet wurde, war das Signal für das Wiederaufleben der revolutionären Bewegung, deren Vorbereitung die Bolschewiki propagierten. Die Goldfelder an der Lena gehörten cler englisch-russischen Aktiengesellschaft „Lena-Goldfields“ und wurden von englischen Banken kontrolliert. Die Verwaltung der Gesellschaft hatte ihren Sitz ebenfalls in London.
Die zaristische Regierung, an der Arbeit auf den Lena-Goldfeldern interessiert, ließ der Verwaltung und dem Direktor der Goldfelder jede nur mögliche Unterstützung zuteil werden. Mit Hilfe von Polizei und Militär war im Bezirk der Goldfelder, der weit draußen in der sibirischen Taiga lag, ein Regime grausamer und erbarmungsloser Ausbeutung der Arbeiter und ihrer Familien eingeführt worden, die sich völlig in Abhängigkeit von den Direktoren befanden. Im März 1912 begann auf dem Andreas-Goldfeld ein Proteststreik gegen die Versorgung der Arbeiter mit minderwertigen Lebensmitteln; der Streik fand eine solche Resonanz, daß sich ihm fast sämtliche anderen Goldfelder anschlossen. Seine lange Dauer wirkte sich auch auf den Kurs der Aktien der „Lena Goldfields“ aus. Auf Verlangen der Verwaltung der Gesellschaft erteilte das Polizeidepartement den Befehl zur Verhaftung des Streikkomitees. Der nach den Gruben entsandte Gendarmerie-Rittmeister Trestschenko nahm die Verhaftungen vor. Am 4. April begaben sich dreitausend streikende Arbeiter zum Staatsanwalt und forderten die Freilassung ihrer Kameraden; auf Befehl von Trestschenko wurden sie mit Schüssen empfangen. 270 Arbeiter wurden getötet, 250 verwundet. Auf die Interpellation der sozialdemokratischen Fraktion der Reichsduma aus Anlaß des Gemetzels an der Lena erklärte der Innenminister Makarow: „So war es, und dabei bleibt es!“
Als Antwort auf dieses Gemetzel traten über dreihunderttausend Personen in den Streik. Die Regierung sah sich gezwungen, eine Senatskommission, an deren Spitze der Senator Manuchin stand, nach den Lena-Goldfeldem zu entsenden, um die näheren Umstände zu untersuchen, unter denen das Gemetzel unter den Arbeitern erfolgt war. Aber auch die Reise dieser Kommission nach der Lena vermochte kein Nachlassen der Demonstrationen, Versammlungen und Streiks zu bewirken. „Die Schüsse an der Lena haben das Eis des Schweigens gebrochen, und der Strom der Volksbewegung ist in Gang gekommen!“ schrieb Genosse Stalin über die politische Bedeutung der Ereignisse an der Lena (Werke, Bd.2, S.238; deutsch: ebenda, Berlin 1950, S.217).
An den Streiks am 1. Mai nahmen bereits über vierhunderttausend Arbeiter teil. In ihrem Ausmaß und Charakter unterschied sich diese Streikbewegung sehr von derjenigen des Jahres 1905. Schon die Streiks im April und Mai 1912 hatten bedeutend größere Massen erlaßt als die zu Beginn des Jahres 1905 durchgeführten Streiks. Die  Arbeiterklasse kämpfte jetzt nicht um die Durchsetzung von Teilfordemngen, nicht um die Durchführung von Reformen, sondern um den Sturz des Zarismus. In den revolutionären Kampf wurden jetzt die Volksmassen von der Arbeiterklasse hineingezogen. Infolge der Massenstreiks und ihres Anwachsens erhob sich erneut die Frage des Generalstreiks und des bewaffneten Aufstandes. Geführt von den Bolschewiki, wurde die Arbeiterklasse Rußlands zum wahren Führer im revolutionären Kampf gegen die Zarenregierung und scharte alle demokratischen Elemente des Landes um sich.
(Quelle: Große Sowjetenzyklopädie, Verlag Kultur und Fortschritt Berlin, 1952, S.636f.)

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