Sonntag, 29. Juli 2018

Noch ein Bericht zum ersten Prozesstag von UPIII


29.07.18
ham.forstFolgender Text erreichte uns:
#FreeUPIII
UPIII macht im Prozess keine Aussage. Bewundernswert, dass sie* sich in sehr gutem Zustand präsentierte, fast ständig lächelte und allen Unterstützer*innen so Mut macht.
Der Haftbefehl wird nach längerer Beratung mit Staatsanwalt und Verteidiger aufrecht erhalten. Richter mit mehr als 25 Jahren Erfahrung (auch am Jugendgericht in Kerpen) bezeichnet Angeklagte am Ende des Prozesstages als stur.

Eine Bewährungsstrafe käme wegen fehlender Kontrollmöglichkeiten von Auflagen nicht infrage. Eingangs des Prozesses stellte der Richter positiv heraus, dass UPIII sich für den Umweltschutz einsetzt, aber seiner Meinung nach auf die falsche Art und Weise.
Richter versucht auch am Ende nochmal, an UPIII zu appellieren und ist sich sicher, dass sich Menschen darauf freuen würden, sie* in den Arm nehmen zu können.
Übereinstimmende Zeugenaussagen gab es dahingehend, dass die mutmaßliche Täterin aus einer Entfernung von ca. 20-25 Metern mehrfach Böller in die Richtung eines Zuges einer Polizeihundertschaft geworfen haben soll, dessen Aufgabe es war, ein Erdloch zu sichern.
Alle Polizeikräfte hatten ihre Helme aufgesetzt, nachdem sie den ersten Böllerwurf bemerkt hatten, der definitiv nicht von UPIII gekommen war. Dabei soll die vermeintliche Täterin eine klassische Wurftechnik mit Ausholbewegung über die Schulter angewendet haben.
Nach Aussage der ersten Zeugin soll die Flugbahn mangels Wurfkraft stets zu kurz geraten sein, als dass es zu einer Bedrohung hätte kommen können (Zeugin: Ich kann selbst auch nicht werfen).
Nach Ansicht eines weiteren Zeugens, der an der Wurftechnik der Täterin nichts bemängelte, verfehlte die Täterin bei einem ihrer Versuche den nächsten Polizisten nur mit einem Abstand von ca. drei Metern (Zeuge: Da ich selbst Handball spiele, weiß ich, wie man effektiv wirft).
Alle Zeug*innen haben die mutmaßliche Täterin zudem nach ihrer Festnahme und nach Abnahme ihrer Vermummung gesehen und sind sich sicher, dass die Festgenommene identisch mit der Angeklagten im Gerichtssaal ist.
Eine Polizistin ist überzeugt, dass sie die beschriebene Böllerwerferein von einem ihrer Böllerwürfe bis hin zu ihrer Festnahme nicht aus den Augen gelassen hat.
Wieso die anderen Polizist*innen annehmen können, dass die Festgenommene sicher auch die Werferin gewesen sein muss, wird leider nicht konkret hinterfragt.
(Eigene Anmerkung: Es ist überhaupt nicht auszuschließen, dass sich zwei ähnlich gekleidete Personen von ähnlicher Statur im Unterholz befunden haben könnten oder untereinander Jacken und Schals getauscht worden sind. Zudem war es noch nicht richtig hell, der Einsatz begann in der Dunkelheit.)
Die Böllerwerfer*in wird jedenfalls nur als eine Person von kräftigerer Statur beschrieben mit oliv-grüner Hose, schwarzer Jacke und hellem Schal zur Vermummung, was von der ersten Zeugin ohne Rückfrage als auffällige Kleidung bezeichnet wird.
Allerdings hält es ein anderer Zeuge auch für möglich, dass es eine dunkelblaue Jacke gewesen sein könnte. Auch die Farbe des Schals kann nicht eindeutig als weiß oder hellgrau angegeben werden.
Uferlos wird über Dinge von nicht erkennbarer Relevanz diskutiert.
Dies wäre nicht tragisch, wenn andererseits nach insgesamt effektiv über vierstündigen Zeugenvernehmungen von ausnahmslos Polizeikräften nicht elementare Dinge vollkommen außer Acht gelassen worden wären:
– Nahm die Täterin Anlauf bei ihren Würfen?
– Wie groß war ihr Aktionsradius?
– Bewegte sie sich fließend mit einer Gruppe, gab sie bisweilen selbst die Richtung vor?
– Wurden evtl. Böller von Bäumen abgefälscht?
– Wie waren die Sichtverhältnisse aus der Perspektive der Werferin?
– Wie hat sich die Täterin nach einem ihrer Würfe verhalten? (z. B. Zurückweichen, Näherkommen, Jubel, sichtbare Enttäuschung, gezieltes Suchen nach einer besseren Wurfposition, erhöhte oder geringere Aggressivität usw.)
– Wie hell war es am frühen Morgen überhaupt?
All das wurde nicht erörtert.
Und nicht einmal konnte ermittelt werden, ob UPIII zusätzlich noch z. B. mittels Topfdeckeln Protest-/Trommelgeräusche gemacht hat, wie mehrere Aktivistis auch an diesem Morgen.
Zu Zeitangaben und Zeitspannen hinsichtlich der Böllerwürfe geben Zeugen im Wesentlichen zu, keine näheren Angaben machen zu können.
Während ein Beamter der Auffassung war, dass die Festnahme von UPIII dadurch möglich war, dass in seinem Zug eine Einsatzeinheit gebildet wurde, die bei sich bietender Gelegenheit Festnahmen durchführen sollte, war später ein anderer Beamte der Meinung, dass es entscheidend war, dass sich sein zur Unterstützung hinzugeeilter Zug der Täterin von seitlich hinten unbemerkt hat annähern können.
Einen besonderen Abschnitt verdient die Vernehmung des Zeugens des Beweissicherungstrupps (der Videoaufnahmen an diesem Tag angefertigt hat).
Bestandteile seiner Aussage waren, dass nur phasenweise Aufnahmen angefertigt wurden (Zeuge: Sie müssen sich das so vorstellen: Ich kann bei der Kamera auf Play und auf Pause drücken) und dass die Einsatzsituation für ihn mit Schwierigkeiten verbunden war (Zeuge: In einem Wald können Sie keine überblicksartige Darstellung beim Filmen erzielen wie z.B. auf einer Lichtung oder im freien Gelände).
Deshalb könnte er auch keine Aussagen zur Anzahl der Personen machen, die sich in dem Waldstück befanden.
Bevor er die Situation im Wald bzgl. der Böllerwürfe filmen sollte, war er nach Anweisung der Einsatzleitung damit beschäftigt, die Grubenkamera abzufilmen, die von der Grubenwehr am Erdloch eingesetzt war, um dieses vor der Verfüllung noch einmal zu inspizieren.
Hier hakte der Verteidiger nach, ob es nicht wichtiger gewesen wäre, dieses Abfilmen im Sinne der bedrohten Kolleg*innen zurückzustellen. Der Zeuge verwies auf die Anweisungen der Einsatzleitung, der Verteidiger erkundigte sich nach den persönlichen Erfahrungen des Zeugen.
Hier kam es zu einem Disput, da der Zeuge hier nach Ansicht der Verteidigung wenig aufschlussreich antwortete. Der Richter versuchte zu vermitteln, indem er den Zeugen fragte, ob er eher fünfmal oder eher fünfzigmal mit der Aufgabe betraut wurde. Dann eher 50-mal war die Antwort.
Wann es denn das vorletzte Mal gewesen wäre, dass er zur Beweissicherung die Kamera bedient hätte, wollte der Richter wissen. Antwort des Zeugen: Das kann ich Ihnen so genau gar nicht sagen. Die Einsatzlage ist momentan „mau“.
Der Verteidiger wollte erfahren, ob es Echtzeitangaben in den Aufnahmen gibt. Der Zeuge antwortete, dass in der üblicherweise genutzten VLC-Abspielsoftware Zeitangaben eingeblendet würden, die seiner Meinung nach auf den Zeitstempeln beruhen, die auch in den Dateiordnern einsehbar sind.
(Eigene Anmerkung: Diese Zeitstempel sind so einfach zu manipulieren, dass sie im Zweifelsfall nicht als beweiskräftig gelten könnten.)
Der Zeuge schaute sich auch den Dateiordner auf dem Notebook auf dem Pult des Richters an. Zeuge nach wenigen Sekunden: Das sehe ich auf den ersten Blick, dass der Dateiordner nicht vollständig ist. Der erste Dateiname hat üblicherweise eine „1“ am Ende.
Besonders zu erwähnen ist auch, dass der Zeuge im Vorfeld des Prozesses von einem Richer telefonisch kontaktiert worden ist. So verwies der Zeuge in seiner Vernehmung bei einigen Fragen unzulässigerweise auf die Aussagen, die er zu diesem Anlass gegeben hätte.
Hier gab es keine Nachfragen zum Namen des Richters und ob und wo es ein Protokoll dazu gibt. Auch wieso der Zeuge sich unmittelbar danach dazu veranlasst sah, seine Kollegin (erste Zeugin) anzurufen, um mit ihr die Geschehnisse am 19.03. durchzusprechen, wurde nicht hinterfragt.
(Eigene Anmerkung: Sowohl Gründe für die Motivation als auch, ob der anrufende Richter dieses Vorgehen dem Zeugen etwa empfohlen hätte, bleiben der Öffentlichkeit so wohl für immer verborgen.)
Weiter gab der Zeuge an, dass er sich, nachdem er die Ladung zum Prozess bekommen hatte, in einem Dienstraum mit Kolleg*innen des Einsatzes unterhalten hat, um abzuklären, um welche Person es sich bei UPIII handeln könnte.
Zeuge: „Wir hatten uns darauf geeinigt“, dass es sich um die hier anwesende Dame handeln muss.
Diese Ausssage wiederholte der Verteidiger nochmal mit erhobenem Zeigefinger und fügte hinzu, dass es sich um das Musterbeispiel einer Aussage im Strafprozess handelt, die jede Glaubwürdigkeit eines Zeugen komplett erschüttert.
Der Verteidiger wies den Zeugen darauf hin, dass er kein Hilfsschüler wäre, sondern Polizeibeamter. Diese Äußerung des Verteidigers veranlassten weder Richter noch Staatsanwalt zu einem Einspruch.
Einen Polizeibeamten mit einem Hilfsschüler zu vergleichen scheint demnach für Richter und Staatsanwalt opportun zu sein.
Nachdem auf weitere Fragen des Verteidigers der Zeuge keine weiteren Angaben zur Zufriedenheit des Verteidigers hervorbringen konnte, sah sich der Richter zu einer Äußerung veranlasst und meinte, dass der Zeuge eben keine besseren Aussagen macht oder machen kann.
Der Zeuge wurde entlassen, obwohl seine Aufnahmen noch angeschaut werden sollten (und somit für evtl. Nachfragen dann nicht mehr zur Verfügung gestanden hätte.)
Bei der späteren Betrachtung der Videos auf dem Notebook auf dem Richterpult (für die Zuschauer*innen sehr schlecht einsehbar, da die Sicht verdeckt war) hielt der Richter mehrfach ausgewählte Aufnahmen an, um die Anzahl von Personen zu zählen.
(Richter: Ich bin gestern auf bis zu 14 Personen bei dieser Aufnahme gekommen. Aber die sind nicht alle auf einmal zu sehen.) Trommelgeräusche unter Verwendung von z. B. Kochtöpfen waren zu vernehmen.
Fazit: Am besten ist es immer, sich selbst eine Meinung zu bilden.
Nächste Gelegenheit: Di., 31.07., 8.30 Uhr Amtsgericht Kerpen
#FreeUPIII“

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