Samstag, 21. Juli 2018

Die Umsetzung: Polizeiangriff auf MLPD und Rebellisches Musikfestival


Die Umsetzung: Polizeiangriff auf MLPD und Rebellisches Musikfestival
Wunderbare fortschrittliche Musik: Grup Yorum auf dem Rebellischen Musikfestival (rf-foto)
Freitagfrüh, 18. Mai, Truckenthal (Thüringen): Die Landespolizei marschiert mit zwei Hundertschaften auf. Ihr Ziel: die MLPD attackieren und das zum dritten Mal an Pfingsten dort stattfindende Rebellische Musikfestival gewaltsam beenden. Als Vorwand dient der Auftritt der türkischen Band Grup Yorum.

So soll vor allem die MLPD kriminalisiert werden. Als „Gefährder“ wurden – nicht zufällig – fünf Mitglieder der MLPD eingestuft, darunter der frühere Parteivorsitzende Stefan Engel, einer der Schirmherren des Festivals.
Auf Drängen des Thüringer Verfassungsschutzes und des Bundesinnenministeriums war ein Ultimatum gestellt worden: Entweder wird der Auftritt von Grup Yorum abgesagt oder das Festival wird verboten und gewaltsam aufgelöst. Die Festival-Organisatoren weigerten sich, Zensur im Auftrag der Geheimdienste und des Bundesinnenministeriums gegenüber fortschrittlichen Bands auszuüben. Womöglich noch, um der faschistischen türkischen Erdoğan-Regierung einen Gefallen zu tun.
Der örtlichen Polizei wurde die Führung aus der Hand genommen und eine Bürgerkriegsübung unter Führung der Landespolizeiinspektion Saalfeld unter umittelbarer Leitung von Dirk Löther eingeleitet. Sie wies das Rote Kreuz an, eine Sammelstelle für Verletzte einzurichten. In Briefen an die „Gefährder“ drohte sie mit „freiheitsentziehenden Maßnahmen“, „Verwaltungskostenforderungen“ und „Anfangsverdacht der Terrorismusfinanzierung“. Zwei Polizeihundertschaften bauten am Freitag vor Pfingsten Absperrgitter auf, begannen mit Personenkontrollen, durchsuchten Autos und sperrten alle Zufahrten zum Festivalgelände. Damit kriminalisierten sie auch 203 Künstler und alle Teilnehmer des Festivals.
MLPD und REBELL gingen mit dem Festival in die Gegenoffensive. Sie organisierten Solidarität, legten vor Gericht Widerspruch ein und informierten die Bevölkerung: Protestkundgebungen, Flugblätter und Presse. Eine Welle der Solidarität entstand. Ralf Adam, Betriebsratsvorsitzender bei Globalfoundries in Dresden, schrieb: „Unglaublich, dass man gerade auch in Thüringen nach den Verquickungen von Verfassungsschutz und NSU nun solche Drohungen gegen dieses Festival von einer staatlichen Behörde ausspricht und versucht, dieses Festival und Grup Yorum zu kriminalisieren. Wehret den Anfängen!“
Gleichzeitig wurde das Festival mit Sorgfalt und Liebe zum Detail weiter vorbereitet. 1500 Teilnehmer und 50 Bands (keine sagte ab!) reisten an. Es gab positive Medienberichte, unter anderem im Freien Wort, der Ostthüringer-Zeitung, im Mitteldeutschen Rundfunk, im Neuen Deutschland, der Jungen Welt; ein dpa-Ticker ging durch alle großen Online-Portale bis hin zu tagesschau.de. Am 18. Mai titelte das Freie Wort: „Wir bieten der Polizei die Stirn“. In einem Kommentar schrieb der Journalist Andreas Beer dort am selben Tag: „Mir drängt sich jedenfalls der Verdacht auf, die Südthüringer Beamten sollen hier auf Geheiß übergeordneter Behörden und unter Verweis auf die Sicherheitslage eine Blaupause schaffen, die dann bundesweit immer wieder bemüht werden kann. Freiheit stirbt so mit Sicherheit. Schlimmstenfalls zuerst in Truckenthal.“
Nach massiven Protesten und breiter Solidarität entschied dann am Mittag des 18. Mai das Verwaltungsgericht Meiningen zugunsten des Festivals. Widerwillig und erst nach erneutem Protest der Festivalteilnehmer zog die Landespolizeiführung ihre Kräfte ab. Das war ein hundertprozentiger Sieg gegen die Attacke auf MLPD und Rebellisches Musikfestival.
Dokumente und Aussagen der unteren Behörden ergeben ein klares Bild: Das Vorgehen ging von „ganz oben“, von Seehofers Innenministerium und dem Bundesamt für Verfassungsschutz aus. Im Chef der Landespolizeiinspektion Saalfeld fand sich der geeignete Mann fürs Grobe: Dirk Löther. Er hat zu verantworten, dass am 1. Mai 2015 eine faschistische Demonstration ungehindert von der Polizei das friedliche Familienfest im Dürerpark überrannte und sechs Antifaschisten zum Teil schwer verletzten. Beim anschließenden Polizeieinsatz wurde wahllos Tränengas eingesetzt, Kinder und Behinderte wurden getroffen. Im NSU-Prozess weist er als Zeuge erhebliche Erinnerungslücken auf, obwohl er als Spitzenbeamter des LKA und der Landespolizeiinspektion an den Ermittlungen beteiligt war. Nach den Vorgängen an Pfingsten 2018 in Truckenthal stieg er zum Abteilungsleiter in der Landespolizeidirektion in Erfurt auf.
Es ist ein Skandal, dass nur drei Wochen später und wenige Kilometer entfernt zum wiederholten Male ein faschistisches Konzert in Themar stattfinden durfte. Dort spielen die härtesten faschistischen Bands und es wurde massenhaft der Hitler-Gruß gezeigt, ohne dass die Polizei nennenswert eingriff. Nein, das muss „Demokratie“ nicht „aushalten“! Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen. Solche Konzerte ziehen Verbrecher, Hetzer und Schläger an, aus denen sich Terroristen wie der NSU rekrutieren.

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