Sonntag, 29. Juli 2018
Die großen Fragen stellen. Ein Gespräch über BR-Wahlen, rechte Erfolge und Realpolitik bei Daimler Rastatt
"... In den vergangenen Jahren hatte auch das Rastatter BR-Gremium auf
die eine oder andere Standorterpressung keine andere Antwort als
»zukunftssichernde Vereinbarungen«. Sozialpartnerschaft und
»Kompromiss-Denken« statt »Streiten für‘s bestmögliche Ergebnis«
bestimmen BR- und Gewerkschaftshandeln. Das reicht nicht, um Gegenwehr
zu organisieren – soll es ja auch nicht! Angesichts arbeitspolitischer
Projekte der Geschäftsleitung gegen die ohnehin auf ein Minimum
geschrumpften demokratischen Inhalte der Gruppenarbeit, nicht enden
sollender Auslagerungs- und weiterer Rationalisierungsangriffe, der
Ausweitung von Leiharbeit und Leistungsverdichtung in allen Bereichen
wächst die Unzufriedenheit in der Belegschaft. (...) Ich gehe davon
aus, dass die Mehrheit der 447 KollegInnen, die »Zentrum« ihre Stimme
gegeben haben, diese Liste bewusst wegen ihrer Ausrichtung gewählt
hat. Rassismus und nationalistisch begründete Überheblichkeit finden
sich in nahezu jedem Bereich im Werk Rastatt. (...) In den Autobuden
sind die BR meiner Einschätzung nach echte Sozialpartner und werden
wie zusätzliche Führungskräfte behandelt. So benehmen sie sich auch.
Auch die IG Metall hält konsequent Kurs: Standort Deutschland,
Leiharbeit, bis der Arzt kommt – Hauptsache Mitgliederzuwachs.
Wohlgemerkt: Die IG Metall als Apparat ist gemeint, nicht meine
kämpferischen KollegInnen, die trotzdem alles tun, dass Belegschaften
organisiert gegen die Angriffe des Kapitals bestehen können. Vor
diesem Hintergrund sind BR-Wahlen ein Ausdruck unserer allgemeinen
Schwäche. Wir als Belegschaft erwarten vom BR, dass er Dinge erledigt,
durchsetzt. Diese reine Erwartungshaltung geht so nicht! Deswegen und
auch gegen das Erstarken von Nazi-Strukturen müssen wir das gemeinsame
organisierte Handeln in den Mittelpunkt stellen. Damit das keine
Eintagsfliegen bleiben, kommt niemand drum herum, die grundsätzlichen
Fragen zu stellen – den Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit und
alles, was daraus folgt, diskutieren, sich gegenseitig bewusst machen!
Priorität hat meiner Meinung nach, mit und in der Belegschaft
Solidarität und Klassenbewusstsein zu fördern und gemeinsame
Gegenwehr zu organisieren." Interview mit Constantin Opel,
Vertrauensmann im Mercedes Benz-Werk Rastatt, erschienen in express,
Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit: Ausgabe
7/2018
http://www.labournet.de/?p=135165
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