Vor 65 Jahren griffen kubanische Guerilleros die Moncada-Kaserne in Santiago an. Ihr Vermächtnis ist bis heute präsent
Von Volker Hermsdorf
Zum zentralen Festakt am »Tag der Nationalen
Erhebung« vor der früheren Moncada-Kaserne werden heute mehr als 10.000
Gäste erwartet (Santiago de Cuba, 2001)
Foto: Jose Goitia/AP Photo/picture alliance
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Jugendliche Rebellen
Wie alle anderen Militärkasernen in Kuba wurde auch das »Cuartel Moncada« nach dem Sieg der Revolution in eine Schule umgewandelt. Sie trägt heute den Namen »Ciudad Escolar 26 de Julio«. Eine Gruppe von Schülern, die sich in den letzten Wochen bei überlebenden Veteranen über die Einzelheiten der Aktion informiert haben, will kostümiert mit historischen Uniformen den damaligen Ablauf zum Auftakt der Feierlichkeiten nachspielen. Angeführt von dem damals 26jährigen Anwalt Fidel Castro Ruz, hatten die jugendlichen Rebellen am 26. Juli 1953, im Jahr des 100. Geburtstags des kubanischen Freiheitskämpfers und Nationalhelden José Martí, mit dem Sturm auf die Militärstützpunkte das Regime des Diktators stürzen wollen, der die Interessen der heimischen Oligarchie und US-amerikanischer Konzerne mit Terror, Folter und Gewalt durchsetzte. Nachdem der Versuch – auch wegen mangelhafter Planung – gescheitert war, wurden viele der jungen Kämpfer getötet, die Überlebenden verhaftet, misshandelt und zu langjährigen Gefängnisstrafen verurteilt. »Wir haben bei der Aktion nicht an den Tod, sondern an das Leben gedacht, für das wir kämpften«, erzählen Veteranen, die als Jugendliche beim Angriff dabei waren. Sie hoffen, dass die heutige Jugend sich auch in Zukunft »mit aller Kraft für das bessere Leben engagiert«, das ihre Generation erkämpft habe, wünschen sie sich zum Jahrestag.Im Kuba ihrer Kindheit und Jugend waren Ausbildung und Arbeit für die Mehrheit der damals fünfeinhalb Millionen Einwohner unerreichbare Ziele. In den wenigen kleinen Schulen auf dem Land saßen die Schüler noch in den 1950er Jahren barfuß, halbnackt und unterernährt im Unterricht. Mehr als die Hälfte der schulpflichtigen Kinder besuchte überhaupt keine Schule, und rund 90 Prozent der Landkinder litten unter Parasiten. Jedes Jahr starben Tausende von ihnen an den Folgen der Armut, zu der sie verurteilt waren, weil ihre Eltern kein Land besaßen, auf dem sie etwas für ihre hungernden Kinder hätten anbauen können. Über 50 Prozent des bebauten Landes befand sich im Besitz ausländischer Konzerne, wie der US-amerikanischen United Fruit Company. In seiner berühmten Verteidigungsrede »Die Geschichte wird mich freisprechen« hatte Fidel Castro, der als Hauptverantwortlicher für den Angriff auf die Moncada-Kaserne zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt worden war, am 16. Oktober 1953 das Batista-Regime für die soziale Misere angeklagt. Nicht der Sturm auf die Kasernen sei unbegreiflich, sagte Castro. »Unbegreiflich ist, dass Kinder ohne ärztliche Hilfe sterben und dass die meisten Familien auf dem Lande unter schlechteren Bedingungen leben als die Indianer, die Kolumbus traf«, als er zum ersten Mal die Insel betreten habe.
Nach dem Datum des bewaffneten Aufstandes nannte Fidel Castro später die Rebellenorganisation »Bewegung des 26. Juli«. Deren schwarz-rote Fahnen mit der Aufschrift M-26-7 schmücken seit Tagen viele Häuser, Wohnungsbalkone, öffentliche Gebäude und Hotels in allen Städten der sozialistischen Insel. Nicht alle Kubaner, aber ein großer Teil der Bevölkerung feiert den Tag. Gelegentlich wird dabei ein Lied des 1989 verstorbenen Revolutionssängers Carlos Puebla angestimmt: »¡Para nosotros siempre es 26!«
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