Montag, 26. März 2018

Mexiko: UNO kritisiert erzwungene Falschaussagen im Fall Ayotzinapa


34 der bisher 129 Verhafteten sollen misshandelt oder gefoltert worden sein, damit sie eine Mittäterschaft am Verschwindenlassen der Studenten gestehen

Mexiko-Stadt
. Der Vertreter des Büros des UN-Hochkommissars für Menschenrechte in Mexiko, Jan Jarab, hat den Bericht [3]"Doppelte Ungerechtigkeit. Menschenrechtsverletzungen bei den Ermittlungen im Fall Ayotzinapa" bei einer Pressekonferenz in Mexiko-Stadt vorgestellt [4].
In der Nacht zum 27.September 2014 war eine Gruppe von 43 Studenten der Lehrerfachschule Raúl Isidro Burgos aus Ayotzinapa im Bundesstaat Guerrero von Bundespolizisten angegriffen und verschleppt worden. Seitdem sind sie verschwunden.
Laut dem UN-Bericht sollen 34 der bis heute 129 festgenommen Personen von Bediensteten der Sicherheitskräfte (Marinesoldaten, Bundespolizisten und örtliche Polizisten) gefoltert und misshandelt worden sein, damit sie sich selbst der Mittäterschaft an dem Verbrechen bezichtigen. Die mexikanische Regierung hat damit versucht, eine sogenannte historische Wahrheit zu konstruieren, laut der die 43 jungen Männer von drei Mitgliedern der Drogenbande Guerreros Unidos in der Müllkippe der Gemeinde Cocula lebend verbrannt worden seien.
Das Team des UN-Hochkommissars für Menschenrechte in Mexiko hat die Ermittlungsakten der 129 Angeklagten untersucht. Die Mitarbeiter sprachen zudem mit Angeklagten, Zeugen und Anwälten und stellten dabei zahlreiche Unregelmäßigkeiten fest. So waren von den Festnahmen bis zur Vorführung der Beschuldigten bei der Staatsanwaltschaft zwischen 8 und 27 Stunden vergangen. Die medizinischen Untersuchungen wurden von Ärzten der Justizbehörde durchgeführt. Dies ist rechtlich nicht erlaubt, da solche Diagnosen als nicht neutral gelten. Außerdem sind die Erklärungen der Behörden bezüglich der körperlichen Verletzungen und psychischen Störungen bei den 34 (33 Männer und eine Frau) Angeklagten unglaubwürdig und nicht haltbar, so der Bericht. Die UN-Vertreter fordern auch die Untersuchuing der Todesumstände von Emmanuel Alejandro Blas Patiño, alias El Chiquis. Nach Angaben eines Mitangeklagten starb Blas Patiño an den Folgen der Folter, die Marinesoldaten ihm zugefügt hatten. Die Erklärung der Behörden war, er sei bei der Flucht von einem Dach gestürzt.
Bis heute sind die Verantwortlichen für die Misshandlungen und Folterungen nicht vor Gericht gestellt worden, betonte Jarab.
Für die Eltern der verschwundenen Lehramtsstudenten ist der UN-Bericht eine Bestätigung der Inszenierung der mexikanischen Regierung. Auch die Festnahme am vergangener Wochenende von Eric Uriel Sandoval Rodríguez alias La Rana, einem Mitglied der Drogenbande Guerreros Unidos, bringe keinen wesentlichen Fortschritt in den Ermittlungen. "Wir wollen keine Wahrheit, die durch Folter erpresst wurde", betonten [5] die Angehörigen. Sie fordern nach wie vor, dass die Rolle des Militärbataillons, das am Tag des Verbrechens im Einsatz war, untersucht wird.
In einem Kommuniqué [6] der Generalstaatsanwaltschaft heißt es, für die Regierung bringe der Bericht keine neuen Ergebnisse, daher sei er für die aktuellen Untersuchungen im Fall Ayotzinapa nicht relevant. Außerdem würden die Ermittlungen der mexikanischen Behörden in dem Bericht gar nicht berücksichtigt.
Der Unterausschuss für Menschenrechte des Europäischen Parlaments hat indes die Regierung von Präsident Enrique Peña Nieto aufgefordert [7], die Fälle von willkürlichen Festnahmen, Folter und andere Menschenrechtsverletzungen gründlich zu untersuchen. Seit 2014 seien die Behörden nicht in der Lage, eine unparteiische Untersuchung des Falles Ayotzinapa durchzuführen, die das Recht auf Verteidigung, die Unschuldsvermutung und das Allgemeine Gesetz gegen Folter und die internationalen Normen respektiere. Gerade jetzt, da die Europäische Union und Mexiko ihre politischen und wirtschaftliche Beziehungen ausbauen, stehe der Respekt für Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit im Zentrum. Der Unterausschuss werde die Lage genau verfolgen, ist in der Pressemitteilung zu lesen.
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Veröffentlicht auf amerika21 (https://amerika21.de)
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