Erdbebenopfer befürchten Veruntreuung von Hilfsgeldern
Von Knut Hildebrandt
(Oaxaca, 11. März 2018, npl).- Es sei nicht viel geschehen in den
sechs Monaten seit dem Erdbeben, erzählt Alejandro Matus Rámos.
Direktor Matus, wie er von allen genannt wird, leitet eine kleine
Grundschule in San Dionisio del Mar, im Isthmus von Tehuantepec.
Vier Klassenzimmer waren so stark beschädigt, dass sie sofort
abgerissen wurden. Über zwei weitere wird noch entschieden. Wie es
weiter gehen wird, weiß Direktor Matus nicht. Abgesehen von vielen
Besuchen aus der Hauptstadt, hat sich in Sachen Wiederaufbau seiner
Schule seit September letzten Jahres nicht viel getan.
Die Schule in San Dionisio ist kein
Einzelfall. Deshalb hat die Zentrale Koordinierungsstelle für
Geschädigte im Isthmus (Coordinadora General de Damnificados del
Istmo) den Dialog mit der Regierung aufgekündigt und die
Ministerin für Entwicklung in Stadt und Land, Rosario Robles, zur
Persona non grata erklärt. Die Interessenvertretung der
Erdbebenopfer beklagt in ihrer öffentlichen Erklärung, die
Unfähigkeit und mangelnde Einsatzbereitschaft der für die
Katastrophenhilfe zuständigen Behörden. Tausende Betroffene
erhalten immer noch keine staatliche Unterstützung. Bei vielen von
ihnen wurden noch nicht einmal die Schäden aufgenommen:
Grundvoraussetzung dafür, Gelder für den Wiederaufbau des Hauses
zu erhalten.
Veruntreuung im großen Stil
ist gängige Praxis in Mexiko
„Wir werden nicht zulassen, dass die
Mittel für die Erdbebenopfer für den laufenden Wahlkampf
ausgegeben werden“, hieß es in der Erklärung der
Koordinierungsstelle weiter. Wie berechtigt diese Befürchtung ist,
zeigt ein Bericht den der Bundesrechnungshof wenige Tage zuvor
veröffentlicht hat. Aus ihm geht hervor, dass in den Jahren
2015/16 in Rosario Robles´ Ministerium 1,75 Milliarden Peso,
umgerechnet gut 76 Millionen Euro, veruntreut wurden.
Das Geld landete über Scheinfirmen
und fingierte Rechnungen auf Privatkonten. Das ist gängige Praxis
in Mexiko, wie das Internetmagazin Animal Político
berichtet. Unter anderem am Fall des wegen Veruntreuung in Haft
sitzenden Ex-Gouverneurs von Veracruz, Javier Duarte, wird
gezeigt, wie die Gelder aus der Staatskasse den Weg in die Taschen
von Politiker*innen und hohen Beamt*innen finden. Ein Teil der von
Duarte veruntreuten Gelder wurde 2012 zur Finanzierung des
Wahlkampfs von Präsident Enrique Peña Nieto eingesetzt.
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