Das
„Mindestsicherungsgesetz“ 2010 war der erste Streich zu „effizienterem“
Management und Verbilligung von Arbeitslosigkeit, Prekarität und
sozialer Not – der zweite Streich steht jetzt ins Haus. Das
seinerzeitige Gesetz war schon in Richtung eines österreichischen „Hartz
IV“ angelegt – jetzt ist es soweit, einen Schritt weiter zu gehen und
diese Pläne konsequent umzusetzen. Eckpfeiler der geplanten
„Modernisierung“ des Arbeitslosenrechts im ÖVP-FPÖ-Regierungsprogramm
(S.143f.) ist die „degressive Gestaltung der Leistungshöhe mit klarem zeitlichen Verlauf und Integration mit der Notstandshilfe“
(alle Zitate S.143f.). Gemeint ist mit diesem Kauderwelsch ein scharfer
Angriff auf das Arbeitslosengeld und – für die Zeit nach Ende des
Anspruchs auf Arbeitslosengeld – die Abschaffung der Notstandshilfe,
indem die Betroffenen in einen Status verbracht werden, der der heutigen
„Mindestsicherung“ entspricht (gleichgültig wie man das Zukunft nennt).
Die heutige Rechtslage ist so: Für 20 bzw. (bei ausreichend langer
Beschäftigungsdauer, nämlich 156 Wochen in den letzten 5 Jahren) 30
Wochen kriegt man Arbeitslosengeld (in Höhe von ca.55%
des Nettolohns), anschließend kriegt man 52 Wochen lang Notstandshilfe
(92% vom Arbeitslosengeld), anschließend landet man in der Regel in der
„Mindestsicherung“. In Zukunft wird das Arbeitslosengeld „mit klarem zeitlichen Verlauf degressiv gestaltet“,
auf deutsch: gestaffelt gesenkt (le länger man arbeitslos ist, desto
weniger kriegt man) und die 52wöchige Notstandshilfe ganz abgeschafft,
sodass man schon nach 20 bzw. 30 Wochen automatisch in die
„Mindestsicherung“ rutscht. Das führt – neben einer „Senkung der Leistungshöhe“
beim Arbeitslosengeld – auch dazu, dass in Zukunft auf alles Vermögen
(Auto, Wohnung, Sparbücher …) zugegriffen werden kann. Solange einer
nicht sein Auto verkauft und seine Sparbücher aufgelöst hat etc., kriegt
er keine „Mindestsicherung“. Dazu kommen die „Überprüfung Berufsschutz und Entgeltschutz in Richtung stärkerer Arbeitsanreize“, also weitere Aushöhlung, wenn nicht faktische Aufhebung des Berufsschutzes für Arbeitslose; die „Ausweitung der zumutbaren Wegzeiten“ von täglich 2 auf 2½ Stunden, bei Teilzeitarbeit von 1½ auf 2 Stunden; die Streichung der „Verlängerung des Arbeitslosengeldbezug durch Krankenstände“ und, merkwürdigerweise bei den meisten Kritikern kaum beachtet, der Einstieg in den Ausstieg aus dem Sozialversicherungswesen im Bereich der Arbeitslosigkeit: „Berücksichtigung der Beitragsdauer beim Arbeitslosengeld NEU (längere Beitragsleistung führt zu längerer Bezugsdauer)“.
Und kürzere zu kürzerer! Und das in einer Situation zunehmend prekärer
Arbeitsverhältnisse, also kürzerer und niedrigerer Beitragsleistung! Im
Schnitt wird die Bezugsdauer sicher gekürzt, sonst würden sie die Reform
ja nicht machen i.
Hinter so einem Plan steckt aber darüber hinaus das „neoliberale“
Prinzip, dass jeder nur bekommen soll, was er selbst eingezahlt hat,
d.h. dass er sich alle eventuellen Sozialleistungen selbst zahlen soll.
Für so etwas braucht man aber keine Sozialversicherung mehr und es
stünde nichts mehr einer Privatisierung dieser Art von „Risikovorsorge“
im Weg. Im „prinzipiellen“ Teil zielt das Regierungsprogramm auf die „Verbesserung der Wirksamkeit von Sanktionen“, „um ein Verharren im Leistungsbezug hintanzuhalten“ und, auch die sozialchauvinistische Hetze darf natürlich nicht fehlen, zur „Bekämpfung von Sozialmissbrauch“. Schärfere Sanktionen gegen „Sozialschmarotzer“ – das ist ein Herzensanliegen dieser G’fraster.
Das
ÖVP-FPÖ-Regierungsprogramm nimmt schlicht und einfach auf ein
österreichisches „Hartz IV“ Kurs. Das berüchtigte „Hartz IV“, inzwischen
in ganz Europa in aller Munde, kam übrigens damals in Deutschland
ebenfalls als „Modernisierungsschub“ daher („Gesetz für moderne
Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“). Dort betrieb die „Modernisierung“
der alte SPD-Schröder und sein Grünen-Kompagnon Fischer, bei uns
betreibt sie der junge Schnösel Kurz und sein Kompagnon Strache. Die
Folgen sind in Deutschland zu studieren. Massenarmut und großflächige
Verelendung, auch massive Zunahme von Kinderarmut, verbunden mit
bösartigster Schikanierung und Bespitzelung – aber nichts, aber auch
schon gar nichts von der versprochenen positiven Auswirkung auf den
Arbeitsmarkt. Abgenommen hat zwar die in der Bourgeoisstatistik
ausgewiesene Arbeitslosigkeit, aber nur weil – neben aller sonstigen
statistischen Zinkerei – Millionen Minijobs, 450€-Jobs, 1€-Jobs mit
Zwangsarbeitscharakter usw. „geschaffen“ wurden – alles nur Formen von
latenter Arbeitslosigkeit, Prekarität, Verelendung. 7,5 Millionen
Menschen arbeiten inzwischen in solchen Minijobs. Zu Recht rühmte sich
Schröder mit dem „ausgeprägtesten und größten Niedriglohnsektor in
Europa“. Der Plan ist geglückt: den Kapitalisten wird billige
Arbeitskraft zugespielt, oft in Formen versteckter Zwangsarbeit – und
zugleich wird die Statistik elegant gezinkt. Was den Arbeitslosen
weggenommen wurde, dient jetzt z.T. der Finanzierung einer riesigen
Bürokratie, die für deren Bespitzelung, Drangsalierung und Repression
erforderlich ist. Für so etwas haben Staat bzw. Arbeitsmarktverwaltung
immer die erforderlichen Mittel – zumal die Massen sowieso an immer mehr
Obrigkeit und Repression gewöhnt werden müssen.
In Österreich sind die
Bedingungen für die Einführung einer Art von „Hartz IV“ in rechtlicher
Hinsicht wesentlich unkomplizierter als 2005 in Deutschland. Ob sie es
auch politisch sind, wenn womöglich die SPÖ und die Gewerkschaftsführung
nicht eingebunden werden können (aber vielleicht können sie ja
eingebunden werden), wird man erst noch sehen. In Deutschland musste man
damals ein „Modernisierungsgesetz“ erst fabrizieren – in Österreich
haben wir das im Prinzip schon in Gestalt des „Gesetzes zur
bedarfsorientierten Mindestsicherung“. Das „Mindestsicherungsgesetz“ der
damaligen SPÖ-ÖVP-Regierung trat am 1.September 2010 in Kraft. Es war
schon das potentielle österreichischen „Hartz IV“. Man braucht jetzt nur
mehr die Arbeitslosenversicherung niederfahren und einige Adaptierungen
dieses Gesetzes vornehmen. Einige davon stehen schon im
Regierungsprogramm: die Deckelung der Mindestsicherung für Familien mit €
1.500 ii
und die Kürzung der Geldleistung für Asylberechtigte und „subsidiär
geduldete“ Ausländer um mehr als die Hälfte auf € 365 (plus allenfalls €
155 „Integrationsbonus“, wenn sie spuren, es dem Staatsapparat in den
Kram passt und man sie als rechtlose billige Arbeitskräfte haben möchte)
iii.
Nach Inkrafttreten
dieses Gesetzes gab es Meinungsverschiedenheiten über die Frage des
Tempos und der Radikalität der Umsetzung, Widersprüche zwischen
Bundesländern tauchten auf und letztendlich wurde die
Bundeszuständigkeit 2016 ausgehebelt. Seit 1.Jänner 2017 ist die
Festlegung der Regelungen für die Mindestsicherung wieder Ländersache.
Inzwischen gibt es in allen Bundesländern entsprechende Gesetze, die
sich – jedenfalls was „Personen, die zu einem dauerndem Aufenthalt im
Inland berechtigt sind“ betrifft – nicht nennenswert voneinander
unterscheiden – schon vielleicht in der mehr oder weniger
chauvinistischen und „leistungsträgerorientierten“ Anwendungspraxis. Die
Verländerung war ein kluger Schachzug, denn sie machte den Weg frei für
einen Wettlauf, wer sich reaktionärer und chauvinistischer gegen
„Ausländer“ (Ausländer sind in diesem Zusammenhang immer solche ohne
„Berechtigung zu einem dauernden Aufenthalt im Inland“) aufführen würde,
wobei sich vor allem Oberösterreich, dann auch Niederösterreich und das
Burgenland als Vorreiter hervortaten. Jetzt soll die Frage wieder
bundeseinheitlich geregelt werden. Auf welcher Grundlage wohl? Das
Regierungsprogramm läuft auf eine „Harmonisierung“ auf den für alle
Betroffenen schlimmsten und gegenüber Ausländern am meisten
chauvinistischen gemeinsamen Nenner hinaus.
Die Methode ist
unschwer zu erkennen. Zuerst und vordergründig wird auf die Ausländer
gezielt und geschossen. Das Regierungsprogramm fordert eine „nachhaltige Ausrichtung einer neuen, rot-weiß-roten Arbeitsmarktpolitik“.
Als nächstes kommen „Arbeitsunwillige“ bzw. solche, die sich
Unzumutbares nicht zumuten lassen wollen, dran und am Ende alle –
darunter auch diejenigen, die in ihrer chauvinistischen Verbohrtheit bei
der Diskriminierung und Schikanierung der Ausländer und der
inländischen „Sozialschmarotzer“ Beifall geklatscht haben. In OÖ hat man
das sehr deutlich sehen können: zuerst ging man auf die Ausländer los,
ein paar Monate später (im Juni 2017) kam – allerdings mit wesentlich
weniger Medienpräsenz – der allgemeine Deckel für Familien. Genauso im
Burgenland, nur dass dort eine SPÖ-FPÖ-Regierung werkt.
2017 liegen die Sätze
der Mindestsicherung (für Alleinstehende oder Alleinerziehende und samt
Wohngeld) in den meisten Bundesländern bei € 844, in Wien und im
Burgenland bei € 838, in OÖ bei € 921. In der Regel stellen 25% davon
Wohngeld dar, das ggf. gekürzt oder gestrichen wird. In OÖ hat man
offenbar das Vorpreschen beim Losprügeln auf die Ausländer mit einer
gewissen Besserstellung der Inländer kombiniert – dafür kriegt man als
Ausländer nur mehr € 215 für Verpflegung, maximal € 150 für die Miete
und € 50 Taschengeld – plus allenfalls, bei „guter Führung“ und wenn man
erwünscht ist, im Austausch gegen eine „Integrationserklärung“ einen
Steigerungsbetrag von € 155. Maximal sind das € 560. Im März bzw. Juni
2017 wurde im Burgenland und dann auch in OÖ eine Deckelung der
Mindestsicherung auch für Inländerfamilien eingeführt. Ausländerklauseln
für den Leistungsanspruch als solchen gibt es in allen Bundesländern
und sie ähneln sich sehr. Auch die Beschlagnahmungs- bzw.
Enteignungsklausel gibt es überall. Für Wien liest sie sich so: „Bei der
Berechnung des Anspruchs auf Mindestsicherung werden das Einkommen und
das verwertbare Vermögen aller im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen
(Ehepartnerin/Ehepartner, Lebensgefährtin/Lebensgefährte, verpartnerte
Personen, minderjährige Kinder) berücksichtigt… Bevor man die
Mindestsicherung bekommt, muss das eigene Vermögen aufgebraucht werden,
bis nur mehr 4.188,80 € (2016) übrig sind. Ausnahmen sind die als
Hauptwohnsitz genutzte Eigentums-Wohnung und die Wohnungseinrichtung.
Wer ein Auto besitzt, muss dieses verkaufen – außer das Gefährt ist
berufs- bzw. behinderungsbedingt notwendig.“ (Homepage der Stadt Wien)
Die Beschlagnahmungs- bzw. Enteignungsgrenze ist in Wien mit € 4.188,80
und in Vorarlberg mit € 4.200 geringfügig niedriger als in den anderen
Bundesländern (€ 4.222).
2010, als das
„Mindestsicherungsgesetz“ von der SPÖ-ÖVP-Regierung beschlossen wurde,
waren dessen Klasseninhalt und -zweck für jeden, der es wissen wollte
und damit beschäftigte, bereits klar erkennbar. Zwar pries die
Bourgeoispropaganda, allen voran die SPÖ, es als Verbesserung,
Harmonisierung und wer weiß was noch, aber man brauchte sich bloß das
Gesetz und vor allem die parlamentarischen Erläuterungen dazu
(„Materialien“) iv
durchlesen, um seinen wahren Charakter zu erkennen. Wir haben schon
damals darauf hingewiesen, dass mit diesem Gesetz der Boden für ein
eventuelles österreichisches „Hartz IV“ vorbereitet würde – aber damals
stieß das auf taube Ohren, auch in linken Kreisen, es war wie in den
Wind gesprochen. Jetzt treten der wahre Geist und die (damals noch
potentielle) Auswirkung des Gesetzes zutage. Das seinerzeitige
„Mindestsicherungsgesetz“, das bereits ganz den Geist von „Hartz IV“
atmete, bereitete den Boden für die heutigen schwarz-blauen Pläne. Man
braucht jetzt nur mehr das Arbeitslosengeld kürzen und die Bezugsdauer
ebenfalls – und schon landen weitere Zehntausende in der
„Mindestsicherung“. Alles ist schon vorbereitet für die nächste Etappe
in Richtung „Hartz IV“. Wenn daher heute SPÖ-Bonzen (wie z.B. unlängst
der Herr Kaske) eine „Verfestigung der Armut“ befürchten und „besorgt“
auf „Hartz IV“ verweisen, müsste man ihnen, wie der deutsche „Hartz
IV“-Geschädigte sagen würde, mit ihrem eigenen „Mindestsicherungsgesetz“
die Fresse polieren.
Umso wichtiger, sich
dieses Gesetz nochmals anzuschauen. Vor allem in den Erläuterungen zum
Gesetz werden Ziele, Pläne und Methoden, auch die ganze Bösartigkeit
dieses Gesetzes sichtbar, die den Geist des ÖVP-FPÖ-Regierungsprogramms
vorwegnehmen. Sie könnten genauso Erläuterungen zu diesem
Regierungsprogramm sein. Insbesondere gilt das für die dort ins Auge
gefassten Methoden zur „Herstellung der Arbeitswilligkeit“. Wir nehmen
daher einfach unsere damalige Analyse (von Ende 2010) nochmals zur Hand v:
„Die
„Mindestsicherung“ ersetzt im Wesentlichen die bisherige „Sozialhilfe“
der Länder … . Es geht primär um die Vereinheitlichung und Beseitigung
der Fragmentierung der „Sozialhilfe“, die ein Hemmnis für eine
„geordnete“ Pauperisierung (statt des bisherigen Wildwuchses) darstellt,
und um eine bessere Organisierung des Nachschubs für den Arbeitsmarkt
bzw., wenn schon nicht für den Arbeitsmarkt, dann für die industrielle
Reservearmee (die man in Deutschland als „zweiten Arbeitsmarkt“
bezeichnet, den der Hunger- und Tagelöhner)…. Das ist der Hauptzweck
dieses Gesetzes. Das ganze Gesetz atmet den Geist von Unterdrückung,
Zwangsarbeit, Lohndrückerei, Entmenschlichung der Betroffenen…
Was
die Höhe der „Mindestsicherung“ betrifft, geisterte ursprünglich ein
Wert von 950 Euro herum, das ist die offizielle, von der Regierung nach
EU-Standards ermittelte Armutsgrenze vi,
denn man hätte in der Tat denken können, dass ein Gesetz zur
„Bekämpfung und Vermeidung von Armut“ (Art.1) Zahlungen zumindest in
Höhe der Armutsgrenze vorsehen müsste. Rasch war aber dieser Wert vom
Tisch, nicht zuletzt weil man dann wohl auch den
„Ausgleichszulagenrichtsatz“ (derzeit 784 Euro vii),
also die Höhe der Mindestpension und der Mindest-Arbeitslose, hätte
erhöhen müssen. Also machte man es umgekehrt und legt diesen Richtsatz,
der offensichtlich zum Sterben zu viel, aber zum Leben zu wenig ist,
auch der „Mindestsicherung“ zugrunde. Während aber die
„Ausgleichszulage“ immerhin 14 mal pro Jahr gezahlt wird, wird die neue
„Mindestsicherung“ nur 12 mal pro Jahr gezahlt. Es ist so, wie wenn die
Mindestpension oder –arbeitslose nur 672 Euro (12/14) betrüge. Damit
wurden den Betroffenen, im Vergleich zu den sonstigen
„Ausgleichszulagenbeziehern“, noch einmal 15% (2/14) gestrichen. Dann
wird ihnen, das war bisher nicht so, … 5,1% Krankenversicherung
abgezogen. 26.000 der 225.000 betroffenen Menschen, die von den Ländern
bisher nicht krankenversichert wurden (!), werden es jetzt, eine viel
gerühmte Verbesserung, die allerdings von den 225.000 Betroffenen selbst
bezahlt wird. (Die „Erläuterungen“ nennen auch das Motiv: Weil der
Zugang zum Gesundheitswesen für die „Zielgruppe“ wesentlich erleichtert
würde, „kann es daher auch aus volkswirtschaftlicher Perspektive zu
einer Entlastung des österreichischen Sozialsystems kommen“.) Der Abzug
der Krankenversicherung macht aus 784 Euro brutto 744 Euro netto, 12 mal
pro Jahr (was einem Äquivalent von 638 Euro 14 mal pro Jahr
entspricht). Weiter geht’s: Von diesen 744 Euro dienen 25% (186 Euro)
zur Deckung des „angemessenen Wohnbedarfs“; ist dieser Geldbedarf nicht
gegeben, weil der Betroffene selbst keine Miete zahlt, sondern z.B. bei
jemand anderem wohnt, entfällt dieser Teil. Bleiben 558 Euro „zur
Deckung des Lebensunterhalts“. Weiter geht’s mit dem Art.14(4):
Wenn „trotz schriftlicher Ermahnung keine Bereitschaft zu einem
zumutbaren Einsatz der Arbeitskraft besteht“, können die 558 Euro
„maximal um bis zu 50%“, also auf 279 Euro gekürzt werden… „Maximal“ ist
aber gar nicht maximal, denn auch „eine weitergehende Kürzung oder ein
völliger Entfall ist ausnahmsweise und in besonderen Fällen zulässig“,
eben „wenn keine Bereitschaft zu einem zumutbaren Einsatz der
Arbeitskraft besteht“. Nicht wegnehmen darf man allerdings dem
Betroffenen die Zahlung für den Wohnbedarf, allerdings würde diese dann
nicht mehr an ihn, sondern an den Vermieter direkt erfolgen (damit
wenigstens die Wohnungskapitalisten zu ihrem Geld kommen). Nicht
wegnehmen darf man ihm auch evt. Zahlungen für unterhaltsberechtigte
Angehörige. Für diese gibt es nämlich für jeden Erwachsenen 558 Euro
(außer diese sind ebenfalls nicht „arbeitswillig“) und für jedes Kind
134 Euro. Ein Kind ist 18% des betroffenen Erwachsenen wert, ab dem
4.Kind sogar nur mehr 15%. Per Bescheid können Geldzahlungen durch
„Sachleistungen“ ersetzt werden (angeblich damit die Mindestgesicherten
nicht zu viel versaufen und verrauchen). Es folgt der Art.13,
wo der Zugriff auf „Einkünfte und verwertbares Vermögen“ anderer im
gemeinsamen Haushalt lebenden Personen (unabhängig davon, ob diese eine
Unterhaltsverpflichtung haben oder nicht!) und die Zwangsverwertung
mobilen und immobilen „Vermögens“ festgelegt wird. Wir haben es also von
vornherein, rein wenn man nur die Höhe der „Mindestsicherung“
betrachtet, mit einem Gesetz zu tun, das die Betroffenen massiv unter
die (offizielle!) Armutsgrenze drückt und einen mächtigen Hebel schafft,
um sie bei Bedarf immer weiter hinunter zu drücken. Die oben erwähnten
558 Euro sind der Normalfall des braven, die 279 Euro der des schlimmen
und bis zu 0 Euro der des ganz schlimmen Bedürftigen. Natürlich wird es
auf die praktische Handhabung des Systems ankommen. Es ist jedenfalls
nach unten flexibel. Wenn man es möchte, kann dieses Gesetz sogar das
deutsche „Hartz IV“ in den Schatten stellen.
Kommen wir nun zum Hauptzweck, dem „Einsatz der Arbeitskraft“ (Art.14)
und der „Herstellung der Arbeitswilligkeit“. „(Der Zweck des Gesetzes)
gebietet gerade beim Einsatz der Arbeitskraft, dass unzureichende
Mitwirkung der die jeweiligen Leistungen geltend machenden Personen
sanktioniert werden muss.“ („Erläuterungen“, S.18) Die
„Mindestsicherung“ sei selbstverständlich nicht als „arbeitsloses
Grundeinkommen“ misszuverstehen. „Vielmehr steht es den Ländern wie
bisher frei, die Leistungen wie bisher in der Sozialhilfe vom Einsatz
der Arbeitskraft abhängig zu machen. Dieser … Grundsatz gilt auch für
andere Haushaltsangehörige.“ („Erläuterungen“, S.17) Der eigentliche
Zweck des Gesetzes ist, Leute „dem Arbeitsmarkt zuzuführen“, und dabei
wird auf die niedrigen Instinkte gegen die „Faulenzer“ und
„Sozialschmarotzer“ spekuliert. Als ob nicht die allermeisten gerade
deshalb in diese Lage geraten wären, weil sie eben keine Arbeit finden.
Wie bisher auch schon wird der „Berufsschutz“ aufgehoben und – das ist
eine Verschärfung gegenüber bisher! – wird keinerlei Präzisierung der
„Zumutbarkeitsbestimmungen“ mehr vorgenommen. Noch schärfer als bisher
ist ab jetzt alles zumutbar, gleichgültig welche Arbeit unter welchen
Bedingungen und gegen welche Bezahlung. Das ist ein weiterer Schritt in
Richtung Arbeitsdienst und Zwangsarbeit. In Art.14(3)2
wird „präzisiert“, dass auch für Mütter von Kleinkindern ab dem
vollendeten 3.Lebensjahr dieser Kinder jeder noch so lausige Job
zumutbar ist. In Art.14(3)5 wird
präzisiert, dass für Menschen über 18 Jahren Ausbildungsmaßnahmen kein
Grund sind, warum ein Job nicht zumutbar wäre. Damit die hier in
seltener Offenheit anvisierte Zufuhr billiger und billigster
Arbeitskräfte für das Kapital besser klappt, sind in Zukunft die
Arbeitsämter auch gleich Anlaufstelle für die „Mindestsicherung“ (Art.17:
„One-Stop-Shop“). Falls dennoch Sand im Getriebe wäre, kann noch mit
weiteren Schikanen und Sekkierereien nachgeholfen werden: „…ist
erforderlichenfalls durch ein ergänzendes Gutachten… auch eine
ganzheitliche Beurteilung des Status der betreffenden Person durch
Perspektivenabklärung, Erhebung einer Kompetenzbilanz sowie einer
Sozialanamnese („Sozialanamnese“!) durchzuführen“ (Art.17(2)). Jeglicher Datenschutz wird in Art.18 sowieso aufgehoben.
Kurzum: Das ganze
Gesetz ist ein scharfmacherisches Gesetz, das die bisherigen
Schandregeln weiter verschärft und neue Vorstöße in Richtung
verschiedener Formen von (durchaus auch unbezahlter oder kaum bezahlter)
Zwangsarbeitsverpflichtung unternimmt… Darum geht es ja auch letztlich:
Wie kann man eine wachsende industrielle Reservearmee möglichst
effektiv so zum Einsatz bringen, dass Lohn- und Sozialabbau insgesamt
erleichtert und beschleunigt werden. Deshalb ist die Frage eine
Angelegenheit der gesamten ArbeiterInnenklasse und des ganzen Volkes und
nicht nur eine der – laut Regierungsstatistik! – einen Million (oder
13% der Bevölkerung) „Armutsgefährdeten“ oder gar nur der 225.000
unmittelbar betroffenen auf Sozialhilfe angewiesenen Menschen viii.
Fazit: Zwar waren die bisherigen Länder-„Sozialhilfen“ auch nicht
besser (nur die auf dem Papier stehenden Leistungssätze betrachtet,
waren sie sogar teilweise schlechter) … Jedoch ist dieses Gesetz ein
reaktionärer Vorstoß zur Schaffung einer besser verfügbaren
industriellen Reservearmee, zur Erleichterung und Organisation ihres
Einsatzes (bis hin zu Formen unbezahlter Zwangsarbeit), zur besseren
Lohndrückerei und zum besseren „Sozialdumping“ und last but not least
zur verstärkten Pauperisierung der trotz allem nicht „eingliederbaren“
überflüssigen Bevölkerungsteile. Nicht nur vom Standpunkt des
Klassenkampfes aus, sondern auch bloß von einem bürgerlichen „sozialen“
oder humanitären Standpunkt aus, muss dieses Schandgesetz abgelehnt
werden. Aber anscheinend ist es wieder einmal gelungen, vielen Leuten
die Augen zu verkleben, und wieder einmal hat sich die Sozialdemokratie
dabei besonders hervorgetan.“
Auf diesem
rot-schwarzen Gesetz baut die neue schwarz-blaue Regierung jetzt forsch
auf. Wenn wir alles zusammenfassen, sehen wir:
Erstens: Wir haben es
im ÖVP-FPÖ-Regierungsprogramm mit einem schweren Anschlag gegen das
bestehende Arbeitslosenrecht (und auch gegen das
Ausländerbeschäftigungsrecht) zu tun. Dagegen muss Front gemacht werden,
vor allem gewerkschaftliche, aber auch darüber hinaus. Dieser Anschlag
kommt allerdings keineswegs unerwartet. Er ist nur die konsequente
Fortführung der bisherigen Politik. Das Arbeitslosenrecht wird schon
seit den 1970er Jahren sukzessive ausgehöhlt und verschlechtert. Mit der
zunehmenden Krisenanfälligkeit des Kapitalismus und der Verschärfung
der globalen Konkurrenz stiegen die Angriffe gegen erkämpfte Rechte und
Ansprüche im Bereich des Arbeits- und Sozialrechts. Das
„Mindestsicherungsgesetz“ 2010 reihte sich als Meilenstein in diesen
Prozess ein und bereitete seinerseits den Boden für weitere Anschläge
wie den der neuen Regierungskonstellation.
Zweitens: Die
Bourgeoisie tut das alles nicht bloß aus Bosheit, sondern weil sie in
einer Welt scharfer Konkurrenz um ihre Profitrate strampft. Wenn
Deutschland die Ausbeutung der ArbeiterInnenklasse massiv verstärkt hat,
nicht zuletzt durch das „Gesetz für moderne Dienstleistungen am
Arbeitsmarkt“ („Hartz IV“), dann wird die österreichische Bourgeoisie
nicht darum herum kommen, in dieser oder jener Weise nachzuziehen –
zumal die Extraprofite vom Balkan nicht mehr so sprudeln wie noch vor
ein paar Jahren. Verluste an ausländischem Extraprofit müssen durch
verstärkte Ausbeutung der österreichischen ArbeiterInnenklasse sowie
verstärkte Ausplünderung des österreichischen Volkes kompensiert werden.
Drittens: Nur im
Klassenkampf, beginnend mit dem gewerkschaftlichen Abwehrkampf, kann
diesem Anschlag begegnet werden. Dieser Kampf richtet sich gegen das
Kapital und das heißt heute in erster Linie gegen deren politischen
„geschäftsführenden Ausschuss“, die ÖVP-FPÖ-Regierung. Er muss sich aber
als selbständiger Kampf ohne Gängelung durch die Sozialdemokratie
entfalten. Wer hingegen auf die SPÖ und die ÖGB-Bonzen setzt, auch auf
deren angeblich „linke“ Kreise, ist schon verloren und Opfer seiner
Ignoranz.
_______________________________________________________
1
Das Regierungsprogramm der ÖVP-FPÖ-Regierung „Schüssel I“ aus dem Jahr
2000, gegen das damals 300.000 demonstrierten, ist zwar ebenfalls ein
reaktionäres Machwerk, aber es hört sich für heutige Ohren und im
Vergleich zum neuen ÖVP-FPÖ-Regierungsprogramm recht zahm und zahnlos
an. Ein Vergleich der beiden Dokumente lohnt sich. So etwas wie das
Schüssel-Haider-Regierungsprogramm würde heute gar nicht mehr besonders
auffallen, entspräche vielmehr voll dem „Zeitgeist“ und würde nicht
einmal mehr 10.000 auf die Straße locken. So ändern sich die Zeiten.
Ein
wesentlicher Punkt des Regierungsprogramms ist die Beseitigung der
Notstandshilfe und ihre „Zusammenführung“ mit der „Mindestsicherung“.
Sogar (oder vielleicht eher: gerade) die „Presse“ schrieb am 18.12.2017:
„ÖVP und FPÖ planen bei Arbeitslosen einen Paradigmenwechsel. Es sieht
danach aus, dass ein System wie Hartz IV in Deutschland eingeführt
wird.“ So ist es! Bloß freut sich die „Presse“ darüber. „Hartz IV“ in
Deutschland, das zur Verarmung von 15 Millionen Menschen (darunter 3
Millionen Kindern) in Deutschland beigetragen hat, wurde von der
deutschen Sozialdemokratie unter dem Kanzler Schröder eingeführt (unter
Mitwirkung der Grünen). Ein potentielles österreichisches „Hartz IV“
wurde 2010 von der SPÖ-ÖVP-Regierung mit dem „Mindestsicherungsgesetz“
potentiell vorbereitet und von der SPÖ in den Himmel gelobt. Jetzt soll
mit dem potentiellen „Hartz IV“ in Österreich ernst gemacht werden. So
oder so stand das auf der kapitalistischen Tagesordnung – jetzt wird es
halt von ÖVP-FPÖ umgesetzt und die SPÖ kann sich freuen, dass – anders
als ihre Schwesterpartei SPD – nicht sie den Schwarzen Peter hat.
Allerdings
ging der letzte Versuch, das „Ende der Sozialpartnerschaft“
herbeizuführen, in die Hosen. Die ÖVP-FPÖ-Regierung Schüssel wurde 2007
abgewählt, mit Schüssel war es vorbei und die FPÖ befand sich in einer
veritablen Krise (Abspaltung BZÖ, Wahlniederlage).
Die
neue Regierung möchte Südtirolern „deutscher oder ladinischer
Muttersprache“, aber auch sonstigen nicht näher definierten
„Alt-Österreichern“ (also offenbar „Volksdeutschen“ oder heute
„Volksösterreichern“ aus den ehemaligen habsburgischen Kronländern) die
Doppelstaatsbürgerschaft anbieten (Regierungsprogramm S.33). Die
betroffenen Staaten werden sich über so ein, erstmals seit 1918
gemachtes Angebot freuen! Die Doppelstaatsbürgerschaft von Südtirolern
und „Alt-Österreichern“ ist ohne ernsthafte Konfrontation mit Italien
(und wahrscheinlich auch den allermeisten Südtirolern) und anderen
Nachbarstaaten nicht realisierbar und wenn, dann nur mit schweren
ökonomischen und politischen Retorsionsmaßnahmen Italiens und dieser
Staaten. Es wird auch spannend, was die österreichische Export- und
Importwirtschaft dazu sagt, wenn dem tatsächlich näher getreten werden
sollte. (Dieser Schwachsinn findet sich übrigens kurioserweise in dem
Kapitel „Migrationspolitik“ des Regierungsprogramms – wahrscheinlich
weil es ein Kapitel „Großösterreich und Doppeladler“ in diesem
Schriftwerk nicht gibt.)
Wohin
einen so etwas führen kann, zeigt z.B. „Der Funke“ (ein trotzkistisches
Grüppchen in der SPÖ): „Die Gesamtbewegung (soll) sich den Sturz der
Regierung auf die Fahnen heften. Wir verstehen dabei, dass die
ArbeiterInnenbewegung, ohne die ein solches Ziel nicht erreichbar ist,
Zeit brauchen wird, die falsche Politik (?) der Führung ihrer (?)
Organisationen ernsthaft herauszufordern (?) und zu überwinden (?)… Mit
einem anderen Programm und richtigen Methoden kann die
ArbeiterInnenbewegung diese Regierung jederzeit stürzen, dies dürfen wir
nicht vergessen.“ Hier wird behauptet, dass die SPÖ, die ja
„eigentlich“ eine „Arbeiterorganisation“ sei, seit mehr als 100 Jahren
das, was sie macht, nur macht, weil sie eine „falsche Politik“ betreibt –
und nicht etwa weil sie allerspätestens 1914 auf die Seite der
Bourgeoisie übergeschwenkt ist und sich seither ihr Klassencharakter
geändert hat; und dass man deshalb in und für diese Partei arbeiten
müsse (wenn auch seit Anbeginn des trotzkistischen „Entrismus“ sinn-,
nutz- und erfolglos). Im Vergleich zu so einem Schmarren sind sogar die
Ritter des „kleineren Übels“ noch „linker“, weil sie weniger Illusionen
verbreiten. Die ArbeiterInnenbewegung „kann diese Regierung jederzeit
stürzen“? Aber nur, wenn man das so versteht, dass man auf eine Krise
dieser Regierung setzt und auf ein Interesse der Bourgeoisie,
diesen Sturz zu bewerkstelligen, und durch diesen Sturz wieder die
Sozialdemokratie an die Regierungsmacht kommt. In dasselbe Horn stoßen
auch andere reformistische und trotzkistische Kreise. Die RKOB z.B.
preist wie immer und überall ihr Wundermittel „Generalstreik“ an und
propagiert „Proteste bis hin zum Generalstreik um die Regierung der
Industriellenfreunde und Reichen zu Fall zu bringen“. Und die bisherige
SPÖ-ÖVP-Regierung war keine Regierung der Industriellenfreunde und
Reichen? Und die nach so einem hypothetischen „Generalstreik“ vermutlich
emporkommende neue SPÖ-geführte Regierung wird keine Regierung der
Industriellenfreunde und Reichen sein? Außerdem: Mit Floskeln wie der
von den „Industriellenfreunden und Reichen“ lenkt man vom Kapitalismus
ab und auf einige seiner „Exzesse“ hin, was ebenfalls dem
Klassenbewusstsein abträglich ist.
i
„Die Presse“, 19.12.2017: „Die Vorschläge im Regierungsprogramm sind
noch nicht detailliert ausgearbeitet, aber … es sieht danach aus, dass
ein System wie Hartz IV in Deutschland eingeführt wird. Die
Notstandshilfe soll abgeschafft und in das Arbeitslosengeld integriert
werden, wobei die Unterstützung im Laufe der Zeit abnimmt. Im
Regierungsprogramm steht wörtlich: „Arbeitslosengeld Neu: Degressive
Gestaltung der Leistungshöhe mit klarem zeitlichen Verlauf und
Integration der Notstandshilfe.“ Ähnlich wie beim Hartz IV-Modell in
Deutschland ist davon auszugehen, dass Langzeitarbeitslose nach einer
gewissen Zeit die bedarfsorientierte Mindestsicherung bekommen. Die
zweite wichtige Änderung betrifft die Höhe des Arbeitslosengeldes.
Derzeit richtet sich die Höhe des Arbeitslosengeldes nach dem früheren
Einkommen. Künftig soll die Beitragsleistung berücksichtigt werden.
„Eine längere Beitragsleistung führt zu längerer Bezugsdauer“, heißt es
im Regierungsprogramm. Das bedeutet, dass ältere Arbeitslose länger
Arbeitslosengeld beziehen können. „Ein Bezugszeitraum des
Arbeitslosengeldes, der von den vorherigen Versicherungszeiten abhängt,
impliziert, dass die Existenzsicherung durch die
Arbeitslosenversicherung – im Gegensatz zur derzeitigen Rechtslage –
zumindest für einen Teil der Versicherten ausläuft“, sagt
Wifo-Arbeitsmarktexperte Helmut Mahringer zur „Presse“.
„Langzeitarbeitslose werden somit, nach einem noch nicht festgelegten
Zeitraum, mit Auslaufen der Existenzsicherung durch das AMS, und sofern
sie keinen Job finden, von der bedarfsorientierten Mindestsicherung
abhängig, falls sie nicht über andere Einkommensquellen im Haushalt (wie
Einkommen anderer Haushaltsmitglieder, Unterhaltsansprüche) oder
Vermögen verfügen. Für die Gewährung der bedarfsorientierten
Mindestsicherung wird dies jedenfalls geprüft, und die Leistungen werden
gegebenenfalls entsprechend reduziert oder fallen weg“, so Mahringer.
Das neue System hätte für Langzeitarbeitslose gravierende Konsequenzen:
Denn im Gegensatz zur Notstandshilfe wird bei der Mindestsicherung auf
das Vermögen des Leistungsbeziehers zugegriffen. So müssen bei der
Mindestsicherung nicht benötigte Kraftfahrzeuge und Ersparnisse über
einem Betrag von 4189 Euro (Wert von 2016) verwertet werden. Bei selbst
bewohnten Häusern und Eigentumswohnungen kann das Sozialamt nach sechs
Monaten eine grundbücherliche Sicherstellung seiner Forderung vornehmen
lassen. „Eine Streichung der Notstandshilfe stürzt bis zu 160.000
Menschen in Einkommensarmut. Das ist ein historischer Systembruch hin zu
einem Hartz-IV-System in Österreich“, kritisiert Judith Pühringer,
Geschäftsführerin von Arbeit plus.“ Soweit „Die Presse“. Warum sich
allerdings ausgerechnet „Die Presse“ über so etwas nicht freut, sondern
anscheinend Sorgen macht? Fürchtet sie womöglich „soziale Unrast“ oder
sogar „Unruhen“, wenn die neue Regierung in ihrer Selbstherrlichkeit
ohne Einbindung der SPÖ probiert, so etwas durchzuziehen?
ii
Sie ist heute schon in einigen Bundesländern gedeckelt, so in OÖ mit €
1.512 und im Burgenland mit € 1.500. Das bedeutet, dass eine Familie mit einem Kind
bereits an den Deckel stößt – abgesehen davon, dass auch die Sätze
selbst (in Wien z.B.: € 581,12 für den Partner und € 226,20 für ein
Kind) ein Skandal sind.
Das entspricht der
oberösterreichischen „Pionierleistung“, nur dass es dort bisher noch
zusätzlich ein Taschengeld von € 50 gibt, von dem jetzt keine Rede mehr
ist.
„Vereinbarung gem. Art. 15a B-VG über eine bundesweite Bedarfsorientierte Mindestsicherung (677 d.B.)“ (https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/I/I_00677/index.shtml)
Leicht gekürzter Auszug aus einem Arbeitspapier der ia.rkp zu Fragen des gewerkschaftlichen Kampfes (Ende 2010).
2017 liegt die Armutsgrenze („Armutsgefährdungsschwelle“) bei €1.185.
2017 liegt der Ausgleichszulagenrichtsatz bei € 889,84.
2016 lagen 1,542.000
Menschen unter der Armutsgrenze. Von ihnen bezogen 307.533
„Mindestsicherung“ und 211.237 eine Ausgleichszulage.
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