Montag, 12. März 2018

Pflegevolksentscheid in Hamburg gestartet


Bündnis will Abstimmung über Personalvorgaben für Kliniken erreichen

Von Kristian Stemmler, Hamburg
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In der Pflege braucht es endlich mehr Personal
Nach dem Vorbild eines Anfang Februar in Berlin initiierten Volksentscheids wird jetzt auch in Hamburg der Kampf gegen den Pflegenotstand vorangebracht. Das »Hamburger Bündnis für mehr Personal im Krankenhaus« reichte am Donnerstag eine Volksinitiative im Rathaus ein. Ziel der Vorlage: Das Krankenhausgesetz des Stadtstaates soll so ergänzt werden, dass sich die angespannte Personalsituation in den Kliniken beruhigt.
Die Initiative sei am Internationalen Frauentag angemeldet worden, weil vor allem Frauen unter dem Pflegenotstand zu leiden hätten, sagte Bündnis-Sprecher Christoph Kranich laut Hamburger Abendblatt vom Freitag. Zu dem Bündnis haben sich etliche Organisationen, Initiativen und Gruppen zusammengetan, darunter der AStA der Hamburger Universität, die Bürgerschaftsfraktion der Partei Die Linke, die DKP Hamburg, der Verdi-Landesbezirk und Betriebsgruppen und Vertrauensleute der Asklepios-Kliniken Altona, St. Georg und Nord. Dazu kommen viele Einzelpersonen.
Auf seiner Homepage weist das Bündnis darauf hin, dass zwischen 1995 und 2015 in deutschen Krankenhäusern rund 30.300 Vollzeitstellen in der Pflege abgebaut worden seien. In dieser Zeit sei die Belastung des Pflegepersonals aber um fast ein Drittel gestiegen. Verdi habe 2013 festgestellt, dass bundesweit etwa 162.000 Vollzeitstellen in der Pflege fehlten, in Hamburg seien das, heruntergerechnet, 4.200 Stellen. Der Pflegenotstand habe schlimme Folgen. Nach Schätzungen des bundesweiten Aktionsbündnisses Patientensicherheit seien 2015 rund 19.200 Menschen in deutschen Kliniken durch vermeidbare Fehler gestorben.
Freiabos
Die Pflegeförderprogramme der Bundesregierung seien angesichts dieser Zustände »nur ein Tropfen auf den heißen Stein«. Auch die Erklärung der Hamburger Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) vom Februar, für »Komplexbehandlungen« im Krankenhaus durch Rechtsverordnung personelle Standards festzulegen, sei »vollkommen unzureichend«. Das Bündnis will vielmehr Vorgaben für sämtliche Stationen der Kliniken.
In Hamburg ist die katastrophale Lage in der Krankenhauspflege auch Privatisierungen zu verdanken. Im Jahr 2004 verkaufte der Senat die öffentlichen Krankenhäuser an Konzerne, vor allem Asklepios. Hunderte Millionen Euro an Steuergeldern würden den neuen Klinikbesitzern zufließen, kritisiert das Bündnis. Welchen Anteil die Konzerne für Personal ausgeben, sei aber ihnen überlassen.
Das Bündnis für mehr Klinikpersonal hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt. In drei Wochen will man 10.000 Unterschriften sammeln, um einen Volksentscheid zur Bürgerschaftswahl 2020, die letzte der drei Stufen der Volksgesetzgebung, zu erreichen. Entsprechend dringend ist der Appell, bis zum 27. März Unterschriften zu sammeln. Die dafür erforderlichen Listen können im Internet unter volksentscheid-pflegenotstand.de heruntergeladen werden.
Der Gesundheitssenatorin fiel nichts Besseres ein, als das Vorhaben des Bündnisses noch am Donnerstag als verfehlt zu bezeichnen. Eine bessere personelle Ausstattung der Kliniken sei zwar notwendig, erklärte Prüfer-Storcks, eine Volksinitiative »für eine Hamburger Insellösung mit ungedeckten Kosten« helfe aber nicht weiter. Damit schicke man entweder die Hamburger Krankenhäuser in die roten Zahlen, oder der Hamburger Steuerzahler müsse bezahlen, was eigentlich Sache der Krankenkassen sei.

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