Samstag, 28. Oktober 2017

Kate Millett ist verstorben + Wahlempfehlung Niedersachsen + weitere Infos

Eine sehr traurige Mitteilung:
Kate Millett ist am 6. September in Paris im Alter von 82 Jahren verstorben.
In den Nachrufen wird beinahe nur erwähnt, welchen wichtigen Beitrag sie für den Feminismus geleistet hat, insbesondere durch ihr Werk Sexual Politics (1970; deutsch: Sexus und Herrschaft, 1971).
Kaum überschätzt werden kann aber, wie wichtig sie für uns, die Bewegung gegen die Zwangspsychiatrie, war. Angeregt durch ihr Buch Der Klapsmühlentrip machte die Irren-Offensive 1994 eine Reise nach New York und besuchte Kate in ihrer Farm in Poughkeepsie. Im Video ist zu sehen, wie Kate uns anregte das Problem politisch zu sehen, z.B. demonstrieren zu gehen: https://youtu.be/0lMauyX51z4?t=10m32s

Vier Jahre danach war es soweit - die Irren-Offensive hatte ihren Fokus auf einen politischen Schwerpunkt verlagert. Mit einem öffentlichen Tribunal an der Volksbühne hatten wir ein eigenes Gericht geschaffen, das Foucault Tribunal. Kate besuchte uns und wurde die Sprecherin der Jury. Zusammen mit Hagai Aviel aus Israel bestand sie darauf, dass ein Tribunal ein Gesetz als Maßstab für sein urteilen haben muss. Darüber hatten wir uns noch gar keine Gedanken gemacht, waren uns in der Jury aber sofort alle einig, dass dieses Gesetz die Universalen Menschenrechte sein müssen. Kate verkündete das zusammen mit den Anklagepunkten. Später befragte sie kritisch die Verteidigung, den Ärztekammerpräsidenten usw., die wichtigsten Ausschnitte siehe im Video:
Drei Jahre danach war Kate 2001 wieder in Berlin und Sprecherin des 5. internationalen Russell Tribunals zur Frage der Menschenrechte in der Psychiatrie. 
Auf einen Hinweis von Kate war damals in der Auftaktveranstaltung die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Mary Robinson, durch ein Grußwort eingebunden worden, Fotos siehe: http://www.freedom-of-thought.de/rt/foto_doku/fotos_doku.htm
Das war einer der Anstöße für die UN-Behindertenrechtskonvention von 2007.
2002 entstand in Kates Farm mit ihrer Hilfe die Laudatio zur Verleihung des Freiheitspreises an Thomas Szasz: http://www.irrenoffensive.de/szasz/start.htm

Nachrufe im GuardianTagesspiegelTazDeutschlandfunkWDR

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Wahlprüfsteine der Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener
für die Landtagswahl am 15.10.2017 in Niedersachsen

Die Fragen unten hat die-BPE der CDU, SPD, FDP, DIE LINKE und Grüne jeweils mit der Bitte um Antwort als Wahlprüfsteine und mit einem Hinweis auf die anschließende Veröffentlichung gestellt. Die Ergebnisse der Umfrage:
  • Die SPD hat die Fragen völlig ignoriert und nicht geantwortet. Wir raten von deren Wahl ab.
  • Die CDU hat zwar geantwortet, aber ihre hier dokumentierten Antworten sind völlig enttäuschend. Sie offenbart sich damit – wie in Berlin – als eine Partei der Foltergesetzmacher, wie immer als angeblich „Ultima ratio“. Besonders erschreckend ist, dass die CDU bei der Zwangsbehandlung die Menschenrechte, ausbuchstabiert in der Behindertenrechtskonvention (BRK), völlig unbeachtet lässt. Sie überlässt folterartige Zwangsbehandlung damit dem Filz von Ärzten, Richtern und Betreuern und ignoriert völlig die Stellungnahme von Papst Franziskus, der diese als Folter bezeichnet hat, siehe hier.
    Wir können nur von deren Wahl abraten.
  • Auch DIE LINKE ignoriert mit ihren hier dokumentierten Antworten die Feststellungen des UN-Komitees für die Rechte von Menschen mit Behinderungen und negiert damit auch den Bericht des UN-Sonderberichterstatters über Folter. Sie macht damit auf Landesebene leider sogar das Bundeswahlprogramm der eigenen Partei unglaubwürdig, in dem die gewaltfreie Psychiatrie auf Seite 32:
    Wir wollen eine gewaltfreie Psychiatrie und die Abschaffung von Sondergesetzen.und auf Seite 118:
    Wir setzen uns dafür ein, dass alle rechtlichen Diskriminierungen von Menschen mit Behinderungen aufgehoben werden, insbesondere psychiatrische Sondergesetze und ärztliche oder betreuungsrechtliche Zwangsbefugnisse. 
    versprochen wurde.  Aus dem flauen Wischi-Waschi der Partei DIE LINKE eine Schlussfolgerung zu ziehen bzw. eine Wahlentscheidung zu treffen, möchten wir den Leserinnen und Lesern überlassen.
  • Die Antwort der Grünen ist hier dokumentiert. Zwar behaupten die Grünen, sich konsequent gegen die Folter, also gegen Zwangsbehandlung  und für eine menschenrechtskonforme Psychiatrie einzusetzen. Sie scheuen aber, sich der Sichtweise des UN-Berichterstatters über Folter und dem UN-Fachausschuss für die Rechte von Behinderten konsequent anzuschließen, da psychiatrische Zwangsbehandlung Folter ist. Sie haben im Niedersächsischen Landtag für das novellierte PsychKG gestimmt. Sie weichen aus, weil angeblich Zwangsbehandlung, Zitat: „Demnach sind diese nur noch unter eng gefassten Bedingungen in Einzelfällen möglich“ sei. Das macht die Grünen unglaubwürdig. Entweder kennen sie die abschließenden Bemerkungen zum Staatenbericht nicht, aber zu vermuten ist eher, das sie diese nicht zur Kenntnis nehmen wollen, obwohl in der Frage explizit darauf hingewiesen wurde. Sie versuchen uns mit diesem völlig unzureichendem Versprechen abzuspeisen, Zitat: „Wir werden uns in der nächsten Legislaturperiode für eine neuerliche umfassende Novelle des NPsychKG einsetzen, die der UN-BRK vollumfänglich gerecht wird, Grundrechtseingriffe weitgehend vermeidet ..“ 
    Aus dem flauen Wischi-Waschi der Grünen eine Schlussfolgerung zu ziehen bzw. eine Wahlentscheidung zu treffen, möchten wir den Leserinnen und Lesern überlassen.
  • Die FDP hat geantwortet, auch versichert, dass sie die Folterfreiheit achten würde, aber in ihrer weiteren hier dokumentierten Antworten widerspricht sie dem, wenn es auf die Psychiatrie angewendet wird. Sie redet sich mit einer Entscheidung des Bundesverfassungsgericht (BVerfG) heraus, dabei kann auch das BVerfG keine Foltermaßnahmen legalisieren, denn es würde gegen Jus cogens verstoßen. Das haben wir dem BVerfG hier genau bewiesen. Aus diesem Hin und Her der FDP eine Schlussfolgerung zu ziehen bzw. eine Wahlentscheidung zu treffen, möchten wir den Leserinnen und Lesern überlassen.
Wegen der erwähnten Vorbehalte können wir bei dieser Landtagswahl KEINE Wahlempfehlung geben. Lesen Sie mehr »
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Der Bundesgerichtshof hat am 31. Mai 2017 mit dem Aktenzeichen XII ZB 342/16 einen bemerkenswerten Beschluss gefasst:
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=44b0d6966ac0935eda22dbe970fed864&nr=78823&pos=0&anz=1&Blank=1.pdf

Demnach wurde noch einmal höchstrichterlich entschieden, dass eine "Erkrankung" allein kein Grund zum Einsperren ist. Es bestand keine Gefahr und offenbar kein Leidensdruck, so dass auch eine akute Selbstgefährdung nur unzulässig behauptet werden konnte. Es fehlte eine konkrete Gefahr und die vermeintliche Prognose ließ sich nur aus der Erkrankung herleiten. Dies genügt aber nicht, sagt der BGH. Diese Entscheidung betont die Verhältnismäßigkeit und Selbstbestimmung. Der Betreuer hat keinen Ermessensspielraum. Er ist dem Selbstbestimmungsrecht verpflichtet. 
Öffentlich wurde der Beschluss durch einen Bericht im Westfalenblatt vom 25.9.:
http://www.westfalen-blatt.de/OWL/Lokales/Kreis-Lippe/Lemgo/2997569-BGH-kritisiert-Eingriff-ins-Freiheitsgrundrecht-durch-lippische-Gerichte-Gericht-sperrt-Frau-zu-Unrecht-in-die-Psychiatrie

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Fatale Diagnose - Abgestempelt als dement

In einem Bericht von Frontal 21 wurden letzten Dienstag im ZDF drei Fälle dokumentiert , in denen Menschen für dement erklärt wurden, obwohl eine sichere Diagnose gar nicht gestellt werden konnte. Sie führten z.B. in die Vernichtung der beruflichen Existenz oder zu einer "Betreuung" genannten Entmündigung führen mit erzwungener Auflösung des Haushalts:  https://www.zdf.de/politik/frontal-21/abgestempelt-als-dement-100.html

Dabei sind inzwischen die Ergebnisse der sog. "Nun Study" bekannt geworden, die für die psychiatrischen Konstrukte wie eine Kernschmelze sind - der Supergau. Denn wenn eines als unbezweifelbares Hirn-Korrelat von zunehmender Vergesslichkeit im Alter und als angebliche "Krankheit Alzheimer" identifiziert galt, dann war das die vermeintlich durch Hirnscans sichtbare Plaque im Gehirn von Verstorbenen, deren Gehirn untersucht wurde. Aber das Gegenteil ist der Fall: "Ein auffälliges Ergebnis war die Abweichung des pathologischen Gehirn-Befunds (multiple Alzheimer-Plaques) von der wiederholt erhobenen psychischen/intellektuellen Leistungsfähigkeit derselben Personen zu Lebzeiten. Das heißt: Auch bei Personen, die bis unmittelbar vor ihrem Tod geistig anspruchsvolle Aufgaben lösen konnten, wurden bei der Sektion stark veränderte Gehirnbefunde festgestellt" wie der tatsächliche Befund in Wikipedia kurz und bündig zusammengefasst wird. Damit hat sich selbst das als solidest geglaubte psychiatrisch-neurologische "Wissen" über ein vermeintliches Leib-Seele Korrelat als reines Wortgestöber erwiesen. 

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Der Weltkongress der Psychiatrie geht heute in Berlin zu Ende.
Wir haben den gemeinsam mit dem BPE und anderen Gruppen organisierten Protest gegen den Mord-Psychiatrie Weißwasch-Kongress in Bildern hier dokumentiert:  
http://www.zwangspsychiatrie.de/bilder-der-demo-gegen-den-weltkongress-der-psychiatrie-in-berlin-oktober-2017/
Berichte und eine Rede von Martin Zinkler werden dort eingestellt werden.
Der Aufruf und die Begründung für den Protest ist hier dokumentiert: http://die-bpe.de/fiktive_wissenschaft/

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Dies sind Nachrichten des Werner-Fuß-Zentrums
im Haus der Demokratie und Menschenrechte
Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin
http://www.psychiatrie-erfahrene.de

Geisteskrank? Ihre eigene Entscheidung!
Informieren Sie sich: http://www.patverfue.de  

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