Von Gerold Schmidt, Ceccam
(Mexiko-Stadt, 11. April 2017, poonal).- Bei politisch heiß
diskutierten Themen entzieht sich der Oberste Gerichtshof Mexikos,
der Rang und Funktion eines Verfassungsgerichtes hat, gerne klaren
Entscheidungen. Ein Beispiel ist sein am 5. April nach mehrmaligen
Aufschüben erlassenes Urteil über den Anbau von Gensoja im zur
Halbinsel Yucatán gehörenden Bundesstaat Quintana Roo durch den
Monsanto-Konzern. Maya-Gemeinden und -organisationen aus dem
Landkreis Bacalar hatten auf ein Anbauverbot für Gensoja geklagt
und zudem einen entscheidenden Teil des auch als „Monsanto-Gesetz“
bekannten mexikanischen Gesetzes über Biosicherheit angefochten.
Der Zweite Saal des Obersten Gerichtshofes ordnete nun jedoch nur
die Suspendierung der Gensoja-Aussaat in vier direkt an der Klage
beteiligten Gemeinden von Bacalar an.
Umstrittene Befragungen
Diese soll während einer auf sechs Monate angelegten
öffentlichen Befragung der etwa 5.000 Maya-Bewohner*innen in der
betroffenen Zone gelten. Im Anschluss soll ein Zivilgericht
entscheiden, ob die Erlaubnis für den Gensoja-Anbau erteilt oder
widerrufen wird. Damit verweist das Verfassungsgericht auf einen
Weg, den es bereits für die Bundesstaaten Campeche und Yucatán
bestimmt hat. Die dort begonnene Befragung der Maya-Gemeinden
ist jedoch einer starken Kritik ausgesetzt, die sich unter
anderem auf die unverhohlene Partei- und Einflussnahme
staatlicher Stellen pro Gensoja richtet.
Laut Anwalt Raymundo Espinosa, der die Gemeinden aus Bacalar
vor Gericht vertritt, hat das Urteil keine Verbotswirkung für
den möglichen Anbau von Gensoja im übrigen Quintana Roo.
Espinosa bekräftigte zudem, dass das Klageziel nicht die
Durchführung einer Befragung, sondern das generelle Verbot war.
Die Richter seien auch nicht auf das Argument eingegangen, dass
das Ergebnis einer Befragung verpflichtenden Charakter haben
müsse. Sie hätten ebenso im Unklaren gelassen, wie die Befragung
durchgeführt werden müsse.
Urteil wirft neue Fragen auf
Espinosa wies auf die Gefahr hin, eine Befragung könne nur die
Funktion einer Pflichtübung bekommen, an deren Ende aber die
Anbauerlaubnis stehe (zur ausführlichen Erklärung der Klage
durch Anwalt Espinosa, Manuel Puc aus Bacalar sowie Emanuel
González von der kritischen Wissenschaftler*innenvereinigung
UCCS siehe Ceccam-Video auf Spanisch: www.ceccam.org oder https://www.youtube.com/watch?v=m0rUPgKrn5I ).
Insofern wirft das lauwarme Urteil des Verfassungsgerichtes
mehr Fragen auf als es löst. Gleichzeitig ist dort noch ein
Urteil über das Veto anhängig, das Präsident Enrique Peña Nieto
gegen ein Dekret
der Regierung des Bundesstaates Yucatán durchsetzen will.
In dem Dekret erklärt Gouverneur Rolando Zapata Bello den
Bundesstaat für frei von gentechnisch veränderten Organismen
(GVO). Faktisch richtet sich das Dekret 418/2016 vor allem gegen
den Anbau von Gensoja durch Monsanto.
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