Eine klare Wahlbehinderung: Türkische Soldaten und
"Dorfschützer" überprüfen die Wählerinnen und Wähler in Nordkurdistan
während der Wahl im Wahllokal (foto: ANF)
17.04.17 - Gestern fand in der Türkei das Referendum
statt, mit dem sich der faschistische Diktator Erdogan weitere
Machtbefugnisse gegenüber Parlament und Justiz sichern will. (siehe rf-news)
51,41 Prozent der türkischen Bevölkerung stimmten den offiziellen
Angaben nach mit „Evet“ (Ja) - also für Erdogan. Angesichts der
ungeheuren Repressionen, die in den letzten Wochen schon stattgefunden
haben, und angesichts der massenhaften Fälle von Manipulationen und
Wahlbehinderungen sind die über 48 Prozent gegen Erdogan ein
Riesenerfolg für die Gegner seiner Diktatur.
Die Wahlbeobachter der OSZE kritisieren insgesamt "große Verstöße" gegen Regeln, denen sich die Türkei verpflichtet habe. Sie verweisen unter anderem auf die verhafteten Journalisten, die ungleiche Sendezeit, die kurzfristige Beseitigung von Schutzvorkehrungen durch die Anerkennung nicht verifizierter Stimmzettel. Oppositionspolitiker - unter anderem von der sozialdemokratischen CHP - fordern die Hohe Wahlkommission auf, das Referendum zu annullieren. Damit ist der von Erdogan gewünschte legale Anstrich für die Errichtung der faschistischen Diktatur in der Türkei gescheitert.
Der Ausgang des Referendums kann die Kräfte des Kampfes gegen die faschistische Diktatur verstärken. Das zeigen schon die ersten Proteste in verschiedenen Stadtteilen Istanbuls, in Sisli, Besiktas und Beyoglu und in der Hauptstadt Ankara.
Nach bisher veröffentlichten Ergebnissen stimmten 25.150.013 (51,41 Prozent) der Menschen für „Evet" (Ja) und 23.770.203 (48,59 Prozent) für „Hayir“ (Nein). In den Großstädten, wo das Proletariat konzentriert ist, wurde meist eindeutig mit "Nein" gestimmt. So in Istanbul mit 51,3 Prozent, in Izmir mit 68,8 Prozent oder in Eskisehir mit 57,6 Prozent. Selbst in der Hauptstadt, und damit dem Regierungssitz, Ankara stimmten 51,1 Prozent der Bevölkerung mit "Nein". Mehrheiten bekam Erdogan vor allem in rückschrittlicheren, ländlichen Gebieten.
In den kurdischen Gebieten überwogen in den meisten Städten die "Nein"-Stimmen. 140 von der fortschrittlichen Demokratischen Partei der Völker (HDP) nominierte Wahlbeobachter wurden nicht akzeptiert. Weitere Wahlbeobachter wurden zeitweilig von der Polizei während des Wahlvorgangs aus dem Saal geräumt. Viele ehrenamtliche unabhängige Wahlbeobachter traten diese Funktion aus Angst vor Repressionen nicht an. Eine halbe Million Menschen in Nordkurdistan verloren aufgrund der türkischen Militäreinsätze der letzten Monate ihren Wohnsitz. Es ist unklar, ob sie überhaupt wählen konnten. In den kurdischen Provinzen Agri, Erzurum und Adiyaman wurden Wähler gezwungen, offen abzustimmen. In Hatay wurden für die „Nein“ - Stimmen Stempel mit „Ja“ vergeben. Als der Betrug aufflog, wurden die Stimmen nicht korrigiert.¹
In einer ersten Stellungnahme bewertet Remzi Kartal, der Vorsitzende des Kongra-Gel, des ständigen Organs des KCK (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans der vier Teile Kurdistans), dass das Referendums-Ergebnis eine Niederlage der AKP/MHP darstellt. Vor der Wahl gab es Verhaftungen vieler HDP–Politiker. „In den Städten gab es eine Niederlage für Erdogan. Die Bevölkerung hat gezeigt, dass sie gegen das Referendum ist. Das Ergebnis wird für die Völker und Bewegungen ein neuer Anfang sein. ... Wir sehen auch, dass die AKP nicht mit Wahlen wegzubekommen ist, dazu muss der Widerstand der Frauen, Kinder, Gewerkschaften, Organisationen zusammen kommen und gegen den Faschismus kämpfen.“²
In Deutschland haben etwa die Hälfte der 1,43 Millionen wahlberechtigten Türken gewählt. 63 Prozent sprachen sich nach offiziellen Angaben für "Ja" aus, 37 Prozent dagegen. Der krasse Unterschied zu den Ergebnissen in der Türkei wirft viele Fragen auf und muss weiter analysiert werden - immerhin waren die Urnen seit 14 Tagen in den Händen der AKP-Administration.
Das Internationalistische Bündnis, in dem die MLPD eine Trägerorganisation ist, unterstützte die Hayir-Bewegung in Deutschland. Die MLPD war in den letzten Monaten die aktivste Kraft, um in den Industriebetrieben die Einheit zwischen deutschen, kurdischen und türkischen Arbeiterinnen und Arbeitern herzustellen. Viel Überzeugungsarbeit wurde geleistet, sich nicht nach Nationalitäten spalten zu lassen. Egal ob deutsche oder ausländische Faschisten: Ihnen darf kein Fußbreit gegeben werden.
Das Internationalistische Bündnis bzw. die Internationalistische Liste/MLPD verband dies mit scharfer Kritik an der Scheinheiligkeit der Bundesregierung. Es gibt eine enge Zusammenarbeit der Regierung mit dem faschistischen Regime in der Türkei. Während Erdogan-Anhänger in Deutschland Wahlveranstaltungen durchführen dürfen, wurde HDP-Politikern die Einreise verweigert. Außenminister Gabriel mahnte angesichts des knappen Ergebnisses am Sonntagabend „zur Besonnenheit“. Besonnenheit gegenüber einem faschistischen System? Offener ist die reaktionäre Haltung von Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU), die Bundesregierung werde das "in einer freien und demokratischen Wahl" zustande gekommene Ergebnis akzeptieren.
Bereits im Vorfeld des Referendums hatte die Jugendorganisation Young Struggle, die Trägerorganisation der Internationalistischen Liste/MLPD ist, erklärt: "Ganz egal, welches Ergebnis am 16. April herauskommt; die kämpfenden Oppositionellen werden aus dem Referendumsmarathon als Sieger hervorgehen. ... Das 'Nein' wird das Vertrauen der Massen in die revolutionären Subjekte und sich selber stärken, wird immer größere Massen für den antifaschistischen militanten Kampf kanalisieren und vorbereiten und die Vorstellung eines 'unbesiegbaren' Erdogan, der die Massen hinter sich hat, auflösen. Wenn es so ist, dann ist heute die Zeit, die Unterdrückten gegen die Erdogan-Diktatur ... zu sammeln und sie auf härtere Kämpfe gegen die faschistische Diktatur vorzubereiten. "
Eine gute Gelegenheit zusammenzukommen ist der offizielle Wahlkampfauftakt der Internationalistischen Liste/MLPD zur Landtagswahl in NRW, am nächsten Samstag, 22. April in Köln. Es spricht die Spitzenkandidatin und Vorsitzende der MLPD, Gabi Gärtner. Das Bündnis und seine Kandidatinnen wie auch Kandidaten werden sich vorstellen. Es gibt Kulturbeiträge sowie mehrere Bands. Veranstaltungsort ist das Ezgicenter, Stolberger Straße 317, Köln-Ehrenfeld. Einlass ist ab 17 Uhr; der Beginn ist um 18 Uhr. Eintritt: 4 Euro (ermäßigt 2 Euro) Cliquen ab acht Jugendlichen unter 25 Jahren bezahlen 1 Euro pro Kopf; Solipreise: 10 und 15 Euro.
Die Wahlbeobachter der OSZE kritisieren insgesamt "große Verstöße" gegen Regeln, denen sich die Türkei verpflichtet habe. Sie verweisen unter anderem auf die verhafteten Journalisten, die ungleiche Sendezeit, die kurzfristige Beseitigung von Schutzvorkehrungen durch die Anerkennung nicht verifizierter Stimmzettel. Oppositionspolitiker - unter anderem von der sozialdemokratischen CHP - fordern die Hohe Wahlkommission auf, das Referendum zu annullieren. Damit ist der von Erdogan gewünschte legale Anstrich für die Errichtung der faschistischen Diktatur in der Türkei gescheitert.
Der Ausgang des Referendums kann die Kräfte des Kampfes gegen die faschistische Diktatur verstärken. Das zeigen schon die ersten Proteste in verschiedenen Stadtteilen Istanbuls, in Sisli, Besiktas und Beyoglu und in der Hauptstadt Ankara.
Nach bisher veröffentlichten Ergebnissen stimmten 25.150.013 (51,41 Prozent) der Menschen für „Evet" (Ja) und 23.770.203 (48,59 Prozent) für „Hayir“ (Nein). In den Großstädten, wo das Proletariat konzentriert ist, wurde meist eindeutig mit "Nein" gestimmt. So in Istanbul mit 51,3 Prozent, in Izmir mit 68,8 Prozent oder in Eskisehir mit 57,6 Prozent. Selbst in der Hauptstadt, und damit dem Regierungssitz, Ankara stimmten 51,1 Prozent der Bevölkerung mit "Nein". Mehrheiten bekam Erdogan vor allem in rückschrittlicheren, ländlichen Gebieten.
In den kurdischen Gebieten überwogen in den meisten Städten die "Nein"-Stimmen. 140 von der fortschrittlichen Demokratischen Partei der Völker (HDP) nominierte Wahlbeobachter wurden nicht akzeptiert. Weitere Wahlbeobachter wurden zeitweilig von der Polizei während des Wahlvorgangs aus dem Saal geräumt. Viele ehrenamtliche unabhängige Wahlbeobachter traten diese Funktion aus Angst vor Repressionen nicht an. Eine halbe Million Menschen in Nordkurdistan verloren aufgrund der türkischen Militäreinsätze der letzten Monate ihren Wohnsitz. Es ist unklar, ob sie überhaupt wählen konnten. In den kurdischen Provinzen Agri, Erzurum und Adiyaman wurden Wähler gezwungen, offen abzustimmen. In Hatay wurden für die „Nein“ - Stimmen Stempel mit „Ja“ vergeben. Als der Betrug aufflog, wurden die Stimmen nicht korrigiert.¹
In einer ersten Stellungnahme bewertet Remzi Kartal, der Vorsitzende des Kongra-Gel, des ständigen Organs des KCK (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans der vier Teile Kurdistans), dass das Referendums-Ergebnis eine Niederlage der AKP/MHP darstellt. Vor der Wahl gab es Verhaftungen vieler HDP–Politiker. „In den Städten gab es eine Niederlage für Erdogan. Die Bevölkerung hat gezeigt, dass sie gegen das Referendum ist. Das Ergebnis wird für die Völker und Bewegungen ein neuer Anfang sein. ... Wir sehen auch, dass die AKP nicht mit Wahlen wegzubekommen ist, dazu muss der Widerstand der Frauen, Kinder, Gewerkschaften, Organisationen zusammen kommen und gegen den Faschismus kämpfen.“²
In Deutschland haben etwa die Hälfte der 1,43 Millionen wahlberechtigten Türken gewählt. 63 Prozent sprachen sich nach offiziellen Angaben für "Ja" aus, 37 Prozent dagegen. Der krasse Unterschied zu den Ergebnissen in der Türkei wirft viele Fragen auf und muss weiter analysiert werden - immerhin waren die Urnen seit 14 Tagen in den Händen der AKP-Administration.
Das Internationalistische Bündnis, in dem die MLPD eine Trägerorganisation ist, unterstützte die Hayir-Bewegung in Deutschland. Die MLPD war in den letzten Monaten die aktivste Kraft, um in den Industriebetrieben die Einheit zwischen deutschen, kurdischen und türkischen Arbeiterinnen und Arbeitern herzustellen. Viel Überzeugungsarbeit wurde geleistet, sich nicht nach Nationalitäten spalten zu lassen. Egal ob deutsche oder ausländische Faschisten: Ihnen darf kein Fußbreit gegeben werden.
Das Internationalistische Bündnis bzw. die Internationalistische Liste/MLPD verband dies mit scharfer Kritik an der Scheinheiligkeit der Bundesregierung. Es gibt eine enge Zusammenarbeit der Regierung mit dem faschistischen Regime in der Türkei. Während Erdogan-Anhänger in Deutschland Wahlveranstaltungen durchführen dürfen, wurde HDP-Politikern die Einreise verweigert. Außenminister Gabriel mahnte angesichts des knappen Ergebnisses am Sonntagabend „zur Besonnenheit“. Besonnenheit gegenüber einem faschistischen System? Offener ist die reaktionäre Haltung von Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU), die Bundesregierung werde das "in einer freien und demokratischen Wahl" zustande gekommene Ergebnis akzeptieren.
Bereits im Vorfeld des Referendums hatte die Jugendorganisation Young Struggle, die Trägerorganisation der Internationalistischen Liste/MLPD ist, erklärt: "Ganz egal, welches Ergebnis am 16. April herauskommt; die kämpfenden Oppositionellen werden aus dem Referendumsmarathon als Sieger hervorgehen. ... Das 'Nein' wird das Vertrauen der Massen in die revolutionären Subjekte und sich selber stärken, wird immer größere Massen für den antifaschistischen militanten Kampf kanalisieren und vorbereiten und die Vorstellung eines 'unbesiegbaren' Erdogan, der die Massen hinter sich hat, auflösen. Wenn es so ist, dann ist heute die Zeit, die Unterdrückten gegen die Erdogan-Diktatur ... zu sammeln und sie auf härtere Kämpfe gegen die faschistische Diktatur vorzubereiten. "
Eine gute Gelegenheit zusammenzukommen ist der offizielle Wahlkampfauftakt der Internationalistischen Liste/MLPD zur Landtagswahl in NRW, am nächsten Samstag, 22. April in Köln. Es spricht die Spitzenkandidatin und Vorsitzende der MLPD, Gabi Gärtner. Das Bündnis und seine Kandidatinnen wie auch Kandidaten werden sich vorstellen. Es gibt Kulturbeiträge sowie mehrere Bands. Veranstaltungsort ist das Ezgicenter, Stolberger Straße 317, Köln-Ehrenfeld. Einlass ist ab 17 Uhr; der Beginn ist um 18 Uhr. Eintritt: 4 Euro (ermäßigt 2 Euro) Cliquen ab acht Jugendlichen unter 25 Jahren bezahlen 1 Euro pro Kopf; Solipreise: 10 und 15 Euro.
¹ANF-news, 15.04.17
² Sterk TV, 16.04.17, mündliche Übersetzung
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