Von
der Öffentlichkeit unbemerkt, haben die NATO-Staaten auf einer geheimen
Gipfelkonferenz beschlossen, bis auf weiteres auf Parlamentswahlen zu
verzichten. Wie aus Kreisen der Berater der Staats- und Regierungschefs
zu erfahren war, besteht der ausschlaggebende Grund für diesen in seiner
Art einmaligen Beschluss nicht in der Demokratiemüdigkeit in
zahlreichen Ländern und auch nicht in den von WikiLeaks Anfang
März offengelegten spektakulären Informationen über die
CIA-Cyberspionage, sondern in der ernsten Befürchtung, dass Moskaus
Spezialhacker die Ergebnisse im vom Kreml gewünschten Sinne manipulieren
könnten.
Wäre der Beschluss nicht klammheimlich gefasst worden, wäre die internationale Aufregung angesichts dieses ungewöhnlichen Schrittes groß. Viele namhafte Politgrößen und Kolumnisten würden die Entscheidung scharf kritisieren und als einen »Kniefall« vor den Antidemokraten in Russland und vor Putin brandmarken. Andere Politiker dagegen würden sich bestätigt fühlen, hatten sie doch seit langem vor dem Cyberkrieg seitens der russischen Machthaber gewarnt. Aus gutem Grunde!
In dem im Januar von den US-Geheimdiensten in Auszügen veröffentlichten Untersuchungsbericht (https://www.dni.gov/files/documents/ICA_2017_01.pdf) wurde es an den Tag gebracht. Darin wurde festgestellt, dass sich der Kreml mitten im US-Wahlkampf mit einer Cyberkampagne zugunsten von Donald Trump eingemischt habe. Laut dem Bericht habe der russische Präsident Putin höchstselbst die Kampagne zur Beeinflussung der Wahlen mittels des Hackens von Hillary Clintons E-Mails und der Weitergabe der Ergebnisse an WikiLeaks angeordnet. »Die Ziele Russlands«, so heißt es in dem Bericht, »waren es, das öffentliche Vertrauen in den demokratischen Prozess in den USA zu untergraben, Hillary Clinton zu verunglimpfen und ihren Wahlchancen sowie ihrer potentiellen Präsidentschaft Schaden zuzufügen.« Der Kreml habe eine »klare Präferenz« für Donald Trump gehabt, da Putin davon ausgegangen sei, mit diesem leichter eine Allianz gegen den Islamischen Staat schmieden zu können. Die geheimdienstlichen Berichterstatter unterstellen, dass sich die russischen Cyberangriffe auf die USA fortsetzen werden. So habe der russische Geheimdienst unmittelbar nach der US-Wahl eine sogenannte Spear-Phishing-Kampagne gegen US-Regierungsbeamte gestartet. Schließlich wird in dem Bericht auch davor gewarnt, dass der Kreml seine gesammelten Erfahrungen »auch gegen Verbündete der USA und ihren Wahlprozess« nutzen werde.
Kurz gesagt, der Bericht ist wunderbar, er hat lediglich einen einzigen Mangel, es fehlt an Beweisen. Selbst seine Verfasser – die Geheimdienste CIA und NSA sowie die Bundespolizei FBI – schätzen die Glaubwürdigkeit ihrer Informationen unterschiedlich ein. FBI und CIA sind der Auffassung, dass diese eine »hohe Wahrscheinlichkeit« aufweisen, während die auf elektronische Überwachung spezialisierte NSA meint, dass sie gerade einmal »moderat wahrscheinlich« seien. Ungeachtet dieses mageren Ergebnisses hat FBI-Chef Comey in einer Anhörung im Kongress – weil es so schön war – inzwischen eine weitere Untersuchung der möglichen Verbindungen zwischen dem Trump-Team und der russischen Regierung angekündigt.
Auch angesichts dieses inhaltsarmen, beweislosen ersten Untersuchungsberichtes fühlten sich die Spitzenleute der Demokratischen Partei nicht bemüßigt, im Nachhinein von ihren schweren Attacken auf Putin abzurücken. Immerhin hatte der damals noch amtierende Präsident und Friedensnobelpreisträger Barack Obama auf seiner Pressekonferenz zum Jahresende Putin persönlich für die Hackerangriffe während des zurückliegenden US-Wahlkampfs verantwortlich gemacht. Zugleich kündigte er Vergeltungsmaßnahmen an: »Einige werden wir öffentlich vollziehen, einige so, dass sie [die Russen] davon wissen, aber nicht jeder andere.« Ja, mit Russland kann die Supermacht USA umspringen, wie sie will, denn, so Obama, »Russland ... ist ein kleineres Land, es ist ein schwächeres Land. Die Wirtschaft produziert nichts, was irgendjemand kaufen möchte.«
Donald Trump dagegen konnte sich bestätigt fühlen, denn nach den Berichten über die angebliche Wahlkampfhilfe aus Russland war er auf Konfrontationskurs zu den Geheimdiensten gegangen und hatte Mitarbeiter seines Teams erklären lassen: »Dies sind die gleichen Leute, die gesagt haben, dass Saddam Hussein Massenvernichtungswaffen besitzt.« (https://twitter.com/normative/status/807425079768399872) Er selbst hatte per Twitter die CIA-Vermutungen als »lächerlich« abgetan und gegenüber dem Magazin Time gemeint, hinter den Cyberangriffen könne ebenso gut China stecken, »oder es könnte irgendein Bursche gewesen sein, der in seinem Haus in New Jersey hockt«. Die russische Regierung hatte bereits im Oktober 2017 die Vorwürfe als haltlos zurückgewiesen und darin nur einen Beleg für eine »beispiellose antirussische Hysterie« gesehen.
Unsere Kanzlerin hüllte sich zu dem NSA-CIA-FBI-Bericht in Schweigen. Sie war sichtlich enttäuscht, hatte sie doch angesichts einer russischen Strategie »hybrider Auseinandersetzungen« die Deutschen dazu aufgerufen, sich auf ständige Hacker-Attacken einzustellen. Der Präsident des Bundesnachrichtendienstes, Bruno Kahl, hatte ihr sekundiert und angesichts der Bundestagswahl vor aus Russland gesteuerten Hacker-Angriffen und Desinformationskampagnen gewarnt.
Und noch eine Enttäuschung musste Frau Merkel hinnehmen. Ende November 2016 waren die Internetrouter der Deutschen Telekom Ziel eines Hackerangriffs, von dem rund eine Million Geräte betroffen waren. Die Mainstream-Medien waren außer sich und stimmten darin überein, dass niemand anderes als die Russen für diese bösartige Attacke verantwortlich seien. Und die Bundeskanzlerin stellte sogleich einen Zusammenhang zwischen dem Cyberangriff auf Router der Telekom und der russischen Strategie »hybrider Auseinandersetzungen« her. Und Bild titelte in fetten Lettern: »Übt Putin schon für die Bundestagswahl, Herr de Maizière?« Aber die Freude darüber, die Russen gewissermaßen auf frischer Tat gefasst zu haben, währte nicht lange. Die eilfertige Bezichtigung Russlands wurde zum Schlag ins Wasser, denn das Bundeskriminalamt musste mitteilen: »In den Mittagsstunden des 22.02.2017 wurde ein 29 Jahre alter britischer Staatsangehöriger an einem Londoner Flughafen von Einsatzkräften der britischen National Crime Agency (NCA) festgenommen. […] Er wird verdächtigt, Ende November 2016 eine Angriffskampagne gegen Internetzugangsrouter durchgeführt zu haben, wodurch mehr als 1.000.000 Kunden der Deutschen Telekom AG ihren Internetanschluss nicht mehr nutzen konnten.« Ein Brite war’s und nicht der böse Russe.
Die mehrfachen Fehlschläge, dem Kreml die Schuld an Cyberangriffen in die Schuhe zu schieben, veranlassten die NATO-Größen den Geheimbeschluss über den zeitweiligen Verzicht auf Parlamentswahlen mit Wirkung vom 1. April, dem Erscheinungstag des Ossietzky-Heftes 7, aufzuheben. Auch das erfolgte streng geheim. Was für ein Glück, so können wir weiter den schicksalsschweren, hochinteressanten Bundestagswahlkampf verfolgen. Aber immer mit der Angst im Nacken, dass der Herr im Kreml vielleicht doch versucht, ihn per Cyberangriffen in seinem Sinne zu beeinflussen.
Wäre der Beschluss nicht klammheimlich gefasst worden, wäre die internationale Aufregung angesichts dieses ungewöhnlichen Schrittes groß. Viele namhafte Politgrößen und Kolumnisten würden die Entscheidung scharf kritisieren und als einen »Kniefall« vor den Antidemokraten in Russland und vor Putin brandmarken. Andere Politiker dagegen würden sich bestätigt fühlen, hatten sie doch seit langem vor dem Cyberkrieg seitens der russischen Machthaber gewarnt. Aus gutem Grunde!
In dem im Januar von den US-Geheimdiensten in Auszügen veröffentlichten Untersuchungsbericht (https://www.dni.gov/files/documents/ICA_2017_01.pdf) wurde es an den Tag gebracht. Darin wurde festgestellt, dass sich der Kreml mitten im US-Wahlkampf mit einer Cyberkampagne zugunsten von Donald Trump eingemischt habe. Laut dem Bericht habe der russische Präsident Putin höchstselbst die Kampagne zur Beeinflussung der Wahlen mittels des Hackens von Hillary Clintons E-Mails und der Weitergabe der Ergebnisse an WikiLeaks angeordnet. »Die Ziele Russlands«, so heißt es in dem Bericht, »waren es, das öffentliche Vertrauen in den demokratischen Prozess in den USA zu untergraben, Hillary Clinton zu verunglimpfen und ihren Wahlchancen sowie ihrer potentiellen Präsidentschaft Schaden zuzufügen.« Der Kreml habe eine »klare Präferenz« für Donald Trump gehabt, da Putin davon ausgegangen sei, mit diesem leichter eine Allianz gegen den Islamischen Staat schmieden zu können. Die geheimdienstlichen Berichterstatter unterstellen, dass sich die russischen Cyberangriffe auf die USA fortsetzen werden. So habe der russische Geheimdienst unmittelbar nach der US-Wahl eine sogenannte Spear-Phishing-Kampagne gegen US-Regierungsbeamte gestartet. Schließlich wird in dem Bericht auch davor gewarnt, dass der Kreml seine gesammelten Erfahrungen »auch gegen Verbündete der USA und ihren Wahlprozess« nutzen werde.
Kurz gesagt, der Bericht ist wunderbar, er hat lediglich einen einzigen Mangel, es fehlt an Beweisen. Selbst seine Verfasser – die Geheimdienste CIA und NSA sowie die Bundespolizei FBI – schätzen die Glaubwürdigkeit ihrer Informationen unterschiedlich ein. FBI und CIA sind der Auffassung, dass diese eine »hohe Wahrscheinlichkeit« aufweisen, während die auf elektronische Überwachung spezialisierte NSA meint, dass sie gerade einmal »moderat wahrscheinlich« seien. Ungeachtet dieses mageren Ergebnisses hat FBI-Chef Comey in einer Anhörung im Kongress – weil es so schön war – inzwischen eine weitere Untersuchung der möglichen Verbindungen zwischen dem Trump-Team und der russischen Regierung angekündigt.
Auch angesichts dieses inhaltsarmen, beweislosen ersten Untersuchungsberichtes fühlten sich die Spitzenleute der Demokratischen Partei nicht bemüßigt, im Nachhinein von ihren schweren Attacken auf Putin abzurücken. Immerhin hatte der damals noch amtierende Präsident und Friedensnobelpreisträger Barack Obama auf seiner Pressekonferenz zum Jahresende Putin persönlich für die Hackerangriffe während des zurückliegenden US-Wahlkampfs verantwortlich gemacht. Zugleich kündigte er Vergeltungsmaßnahmen an: »Einige werden wir öffentlich vollziehen, einige so, dass sie [die Russen] davon wissen, aber nicht jeder andere.« Ja, mit Russland kann die Supermacht USA umspringen, wie sie will, denn, so Obama, »Russland ... ist ein kleineres Land, es ist ein schwächeres Land. Die Wirtschaft produziert nichts, was irgendjemand kaufen möchte.«
Donald Trump dagegen konnte sich bestätigt fühlen, denn nach den Berichten über die angebliche Wahlkampfhilfe aus Russland war er auf Konfrontationskurs zu den Geheimdiensten gegangen und hatte Mitarbeiter seines Teams erklären lassen: »Dies sind die gleichen Leute, die gesagt haben, dass Saddam Hussein Massenvernichtungswaffen besitzt.« (https://twitter.com/normative/status/807425079768399872) Er selbst hatte per Twitter die CIA-Vermutungen als »lächerlich« abgetan und gegenüber dem Magazin Time gemeint, hinter den Cyberangriffen könne ebenso gut China stecken, »oder es könnte irgendein Bursche gewesen sein, der in seinem Haus in New Jersey hockt«. Die russische Regierung hatte bereits im Oktober 2017 die Vorwürfe als haltlos zurückgewiesen und darin nur einen Beleg für eine »beispiellose antirussische Hysterie« gesehen.
Unsere Kanzlerin hüllte sich zu dem NSA-CIA-FBI-Bericht in Schweigen. Sie war sichtlich enttäuscht, hatte sie doch angesichts einer russischen Strategie »hybrider Auseinandersetzungen« die Deutschen dazu aufgerufen, sich auf ständige Hacker-Attacken einzustellen. Der Präsident des Bundesnachrichtendienstes, Bruno Kahl, hatte ihr sekundiert und angesichts der Bundestagswahl vor aus Russland gesteuerten Hacker-Angriffen und Desinformationskampagnen gewarnt.
Und noch eine Enttäuschung musste Frau Merkel hinnehmen. Ende November 2016 waren die Internetrouter der Deutschen Telekom Ziel eines Hackerangriffs, von dem rund eine Million Geräte betroffen waren. Die Mainstream-Medien waren außer sich und stimmten darin überein, dass niemand anderes als die Russen für diese bösartige Attacke verantwortlich seien. Und die Bundeskanzlerin stellte sogleich einen Zusammenhang zwischen dem Cyberangriff auf Router der Telekom und der russischen Strategie »hybrider Auseinandersetzungen« her. Und Bild titelte in fetten Lettern: »Übt Putin schon für die Bundestagswahl, Herr de Maizière?« Aber die Freude darüber, die Russen gewissermaßen auf frischer Tat gefasst zu haben, währte nicht lange. Die eilfertige Bezichtigung Russlands wurde zum Schlag ins Wasser, denn das Bundeskriminalamt musste mitteilen: »In den Mittagsstunden des 22.02.2017 wurde ein 29 Jahre alter britischer Staatsangehöriger an einem Londoner Flughafen von Einsatzkräften der britischen National Crime Agency (NCA) festgenommen. […] Er wird verdächtigt, Ende November 2016 eine Angriffskampagne gegen Internetzugangsrouter durchgeführt zu haben, wodurch mehr als 1.000.000 Kunden der Deutschen Telekom AG ihren Internetanschluss nicht mehr nutzen konnten.« Ein Brite war’s und nicht der böse Russe.
Die mehrfachen Fehlschläge, dem Kreml die Schuld an Cyberangriffen in die Schuhe zu schieben, veranlassten die NATO-Größen den Geheimbeschluss über den zeitweiligen Verzicht auf Parlamentswahlen mit Wirkung vom 1. April, dem Erscheinungstag des Ossietzky-Heftes 7, aufzuheben. Auch das erfolgte streng geheim. Was für ein Glück, so können wir weiter den schicksalsschweren, hochinteressanten Bundestagswahlkampf verfolgen. Aber immer mit der Angst im Nacken, dass der Herr im Kreml vielleicht doch versucht, ihn per Cyberangriffen in seinem Sinne zu beeinflussen.
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