Mittwoch, 21. Mai 2014
Gentechnikfilz-Newsletter am 5.5.2014
************www.biotech-seilschaften.de.vu**************
DARF GERNE WEITERGELEITET WERDEN ... GANZ ODER TEXTWEISE
*************Verfasst von: Jörg Bergstedt***************
Hallo,
die Aussaatphase 2014 ist durch – und kein Feld mit GVO wurde
angemeldet. Das zweite Jahr in Folge ohne gentechnisch veränderte
Pflanzen läuft. Da auch der Pferdeversuch beendet wurde, gibt es
wohl nichts - außer den unbekannten Sequenzen in Pflanzen von den
Auskreuzungen und dem Durchwuchs aus vergangenen Versuchen.
Letzteres ist Gegenstand eines Sonderthemas in diesem Rundbrief. Ich
habe nämlich von der Genehmigungsbehörde die offiziellen (!) Daten
über den Durchwuchs der Versuchsfelder organisiert, die in den
letzten Jahren in Deutschland herumstanden. Das Ergebnis findet Ihr
unten (schade, dass der Text in den einschlägigen Zeitschriften und
Rundmail der Gentechnikkritik nicht verwendet wurde – ich hatte den
allen dafür angeboten).
Dass es zur Zeit keine Felder gibt, schafft etwas Luft, für andere,
genau so wichtige Themen. Und für den Protest gegen die konkreten
Orte, von denen auch die Agrogentechnik vorangetrieben wird. Ob das
Patentamt (wo „Kein Patent auf Leben“ ja schon ordentlich unterwegs
ist), die Jahreshauptversammlungen oder Niederlassungen der
Konzerne, Institute an Universitäten und vieles mehr – überall
lauert das noch. Sie alle wollen ein Comeback der Agrogentechnik und
es wäre schlau, die Hintergrundinfrastruktur weiter zurückzudrängen.
Sonst bleiben die immer in den Startlöchern. Denn das es zur Zeit
keine Felder mehr gibt in Deutschland, wäre nur von begrenztem
Nutzen, wenn die Infrastruktur erhalten geblieben wäre. Zum Glück
hat der Widerstand aber AgroBioTechnikum, BioTechFarm, das
Biosicherheitsprogramm und einiges mehr selbst geschliffen, d.h. es
ist mehr passiert als nur Felder zu verhindern.
Als Einfallstor für Gentechnik wird oft das Freihandelsabkommen mit
den USA (TTIP) benannt. Das ist nicht falsch, aber auch nicht ganz
richtig. Dazu auch noch einmal ein paar Infos und Gedanken in diesem
Newsletter.
Hinzu kommen weitere Nachrichten. Dass es weniger sind als üblich,
liegt auch daran, dass ich etwas aufgehört habe, ständig da weiter
zu recherchieren. Es wiederholt sich alles und die jammern
eigentlich nur noch, dass sie „verloren“ haben (jedenfalls
vorläufig). Zum anderen ist tatsächlich vieles zerrieben durch den
Protest.
Direkt bevor steht der nächste Aktionstag unter dem Motto „March
against Monsanto (& Co.)“, nämlcih am 24.5. in vielen Städten. Davor
bin ich mit einer Veranstaltungstour im Süden unterwegs. Neu ist das
Büchlein „Gentechnik und Macht“, wo ich die ganzen Gedanken und
Diskussionen zur Herrschaftsförmigkeit dieser Technik
zusammengeschrieben habe. Auch dazu mehr unten …
Vielleicht sehen wir uns ja in nächster Zeit – ob beim Thema
Gentechnik oder anderen Aktivitäten (derer ich mich ja jetzt auch
vermehrt wieder widme). Herzliche Grüße aus der Projektwerkstatt in
Saasen, Jörg B.
P.S. Tschüss muss ich Klaus Böhringer sagen. Mit ihm habe ich am 2.
Juni 2006 einige legendäre Minuten auf dem Feld mit transgener
Gerste in Gießen verbracht. Zusammen mit zwei weiteren Menschen
zupften wir an den Halmen, bis die Polizei attackierte. Ihm brachte
das nur eine kleine Geldauflage, mir ein halbes Jahr Haft, aber den
Gentechnik-Seilschaften eine der wichtigsten Feldbefreiungen ein,
die dazu führen, dass seit 2013 kein Feld mehr in Deutschland zu
finden ist. Danke, Klaus.
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WEITERE NACHRICHTEN ZUR AGROGENTECHNIK
1.200 wissenschaftlich fundierte Studien zeigen negative
Auswirkungen von GVO
Der glühende GVO-Befürworter David Tribe hat eine vielzitierte Liste
(http://gmopundit.blogspot.co.uk/p/450-published-safety-assessments.html)
von mehr als 600 Studien publiziert, die seiner Meinung nach „die
allgemeine Sicherheit und gesundheitliche Unbedenklichkeit“ von
gentechnisch veränderten Nahrungsmitteln unter Beweis stellen. GMO
Free USA hat daraufhin eine Aufstellung
(http://gmofreeusa.org/gmos-are-top/gmo-science/) mit mehr als 1.200
Studien veröffentlicht, in der negative oder potenziell negative
Auswirkungen von GVO und den entsprechenden Pestiziden aufgeführt sind.
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WIDERSTAND, AKTIONEN, PROJEKTE
Applaus: AbL auf politisch spannenden Pfaden
Gentechnikfrei ist nicht genug (oder sind wir zufrieden, wenn
Regenwälder in Zukunft für gv-freies Soja umgenietet werden?). „Bio“
auch nicht, wenn die ungespritzten Äcker ausgeräumte Landschaften
bilden oder die zertifizierten Kartoffeln aus Ägypten kommen. Öko-
und Machtfragen gehören zusammen. Die neue Ausgabe der „Unabhängigen
Bauernstimme“ macht da Mut. Aus der Ecke bäuerlicher Landwirtschaft
wird der Anspruch formuliert, ökologisch anzubauen. Und die Idee
solidarischer Landwirtschaft, also der Verzicht auf Marktwirtschaft
und Konkurrenzkämpfe, findet immer mehr Platz. Das ist die richtige
Richtung. Denn Gentechnikfreiheit ist wichtig, aber viel zu wenig!
Wer hat Kontakte nach Rumänien oder sucht Kooperation?
Ich habe jemand kennengelernt, die aus Rumänien kommt und dort noch
viele Kontakte hat. Fracking, Gentechnik und mehr sind da heiße
Themen. Sie bat mich darum, mal rumzufragen, ob es irgendwo Kontakte
oder mögliche Unterstützer_innen gibt. Kennt jemand wen oder hat
Lust, da was zu machen? Dann bitte melden.
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TERMINE
(genauer und mit Links zu Ankündigungsmaterial auf
www.projektwerkstatt.de/termin.html)
24. Mai: Aktionstag „March against Monsanto & Co.“
Am Samstag, 24. Mai, ist es wieder soweit: Weltweit und auch in
mehreren Städten hierzulande protestieren Menschen gegen die
Konzernherrschaft im Lebensmittelbereich. Der Titel ist mit der
Fokussierung auf Monsanto etwas unglücklich gewählt, denn der
einseitige Hass auf die US-amerikanische Firma dürfte den
europäischen, u.a. ja mehreren deutschen Firmen immer gefallen
haben. Das muss nicht vom Mitmachen abhalten, aber Flyer, Schilder &
Co. Dürfen ruhig etwas niveauvoller sein als eben nur Monsanto- und
Gentechnikhass. Es geht um Ernährungssouveränität, Äcker in der Hand
der Menschen und für eine LEBENSmittelproduktion statt als
ausbeutbare Fläche für Profitinteressen.
Mehr: www.march-against-monsanto.com/p/informationen-auf-deutsch.html
In München (wo ich dabei sein werde) läuft vorher noch ein
zweitägiges Direct-Action-Training und Vorbereitungsseminar im
Toberaum am Leonrodsplatz (Ecke Schwere-Reiter-Straße):
• Donnerstag, 22.5. ab 15 Uhr (Tür und Direct-Action-Ausstellung
offen) bzw. 17 Uhr (Seminarbeginn)
• Freitag, 23.5. ab 10 Uhr: Training und Aktionsvorbereitung
• Samstag, 24.5. dann der Aktionstag von 12-20 Uhr auf dem Stachus
Rundherum: Veranstaltungstour durch den Süden
• Sa, 17.5. um 17 Uhr in Offenburg (Alevitisches Zentrum,
Otto-Hahnstr. 9A): Workshop zu "Alternativen zu zu Knast und Strafe"
• So, 18.5. ab 10 Uhr in Stuttgart (Parkschützerbüro in der
Urbanstraße49 A Hinterhofgebäude im Keller): Training für offensive
Gerichtsprozesse (für "Etwas"-Fortgeschrittene, bitte anmelden!)
• Mo, 19.5 um 20:15 Uhr in Landsberg am Lech (Landmann's Biomarkt,
Augsburgerstraße 74): Ton-Bilder-Schau "Monsanto auf Deutsch -
Seilschaften zwischen Behörden, Forschung und Gentechnikkonzernen"
• Di, 20.5. um 20 Uhr in Ehekirchen-Walda (südlich Neuburg, Gasthof
Neuwirt, Schloßweg 3): Ton-Bilder-Schau "Monsanto auf Deutsch -
Seilschaften zwischen Behörden, Forschung und Gentechnikkonzernen"
• Mi, 21.5. voraussichtlich in Stuttgart: Ton-Bilder-Schau "Fiese
Tricks von Polizei und Justiz"
• 19. oder 25.5. in/bei Bad Grönenbach (nördl. Kempten) Training in
kreativen Formen, zu protestieren und sich gegen (Behörden-)Schikane
zu wehren für Landwirtinnen und Landwirte! Genauer Termin wird
kurzfristig (je nach Wetter) festgelegt. Daher voranmelden!
Weitere thematisch passende Veranstaltungen in der Zeit danach
• Mi, 14.5. in Magdeburg (Oberverwaltungsgericht, Breite Str.
203-206: Gerichtsverhandlung wegen Verhaftung eines Aktivisten
während der Innoplanta-Proteste 2010 (war die legal?)
• So, 1.6. auf Schloss Tonndorf (Das Schloss 156, 99438 Tonndorf,
bei Erfurt): Schleuder-&Bienenfest mit vielen Ständen, Anschauung
und Veranstaltungen, u.a. 12 und 16 Uhr: Ton-Bilder-Schau "Vom
Aufstieg und Untergang der Agrogentechnik - eine Rückschau auf
Felder, Gelder und Aktionen ... zum Mutmachen"
• Mo, 2.6. um 19.30 auf Schloss Tonndorf (Das Schloss 156, 99438
Tonndorf, bei Erfurt, Näheres folgt): Vortrag und Diskussion "Macht
macht Umwelt kaputt"
• Sa, 21.6. ab 9.30 Uhr in Nürnberg (Presseclub, Gewerbemuseumsplatz
2): 9. Umwelttagung "Organische Umweltgifte - Pestizide/Biozide
erkennen und vermeiden", u.a. im Programm um 14.30 Uhr:
Ton-Bilder-Schau "Vom Aufstieg und Untergang der Agrogentechnik -
eine Rückschau auf Felder, Gelder und Aktionen ... zum Mutmachen"
(www.umweltbedingt-erkrankte.de)
• 11.-13.7. in Höhenmölsen und Umgebung: Klimacamp im
Mitteldeutschen Braunkohlerevier (www.klimacamp.eu)
• 26.7.-3.8. in Borschemich am Tagebau Garzweiler: Klimacamp 2014
(http://klimacamp.ausgeco2hlt.de)
Wer hat Lust auf weitere Veranstaltungen?
Ob in nächster Zeit oder dann wieder im Winterhalbjahr: Wer Lust auf
eine Abendveranstaltung, ein Training/Seminar oder etwas anderes
hat, darf sich gerne schon mal melden.
Neben „Monsanto auf Deutsch“ (was ja ein bisschen ausgeleiert ist),
gibt es drei neuere Themen, die auch gut passen, wo „Monsanto auf
Deutsch“ schon gelaufen ist:
• Ton-Bilder-Schau „Die Mischung macht's - erfolgreiche Strategien
des Widerstandes am Beispiel der Agrogentechnik“
Seit 2004 starteten Gentechnikkonzerne und Lobbygruppen eine neue
Kampagne zur Durchsetzung ihrer Profitinteressen und zur Anlage von
Feldern mit manipulierten Pflanzen. Ab 2005 entwickelte sich - wie
schon Mitte der 90er Jahre - eine spannende Mischung des
Widerstandes: Feldbefreiungen, Feldbesetzungen, Aktionen vor
Konzernzentralen und -versammlungen, Recherchen hinter den Kulissen,
brisante Veröffentlichungen und viele informative Veranstaltungen.
Mit Erfolg: 2012 gab es kam noch Felder und die großen Konzerne
kündigten ihren Abgang aus Deutschland an – und der Sommer 2013 wird
wahrscheinlich ganz ohne gv-Pflanzen ablaufen. Da lohnt sich der
Rückblick: Was macht solche Widerstandsstrategien aus? Und was lässt
sich daraus für andere Kampagnen und Aktionen lernen - z.B. für den
Widerstand gegen Atom oder Kohle, Tierfabriken oder Schlachthöfe,
Nazis oder Sozialabbau, Militär oder Repression. Fotos, kurze Filme
und ausgewählte Anekdoten machen die Ton-Bilder-Schau zu einer
rasanten Erinnerung an vergangene Protestjahre. Dann folgen Thesen
für eine entschlossenere Protestkultur auch zu anderen Themen. Am
Ende besteht die Gelegenheit zur Debatte, Entwicklung eigener Ideen
und für konkrete Verabredungen …
• Vortrag und Diskussion "Macht macht Umwelt kaputt"
Herrschaft bedeutet die Möglichkeit, Abläufe und Verhältnisse so
regeln zu können, dass andere die negativen Folgen erleiden müssen.
Umweltzerstörung basiert regelmäßig auf diesem Prinzip: Industrie
und ihre Staaten graben in armen Regionen nach Energiequellen und
Rohstoffen, transportieren schiffeweise Nahrungsmittel oder Holz zu
sich und kippen den Müll wieder in die Peripherien zurück. Städte
nutzen das Umland als Baufläche, Straßentrassen oder für Müllhalden.
Die Natur zählt nichts, weil die Menschen in ihr still sind oder
still gehalten werden. Wer Umwelt dauerhaft schützen will, muss
daher die Machtfrage stellen. Doch was geschieht tatsächlich?
Umweltverbände setzen auf Staat, Umweltpolizei, Gesetze und Firmen,
um die Welt grün zu halten. Diese Schüsse gehen nach hinten los -
schon seit Jahrzehnten. Nötig ist eine Umweltschutzstrategie, die
die Menschen ermächtigt, ihr Leben wieder selbst zu organisieren -
ohne Hierarchien und Privilegien. Nur ein Umweltschutz von unten ist
ein wirksamer Umweltschutz. Infoseite: www.umwelt-und-emanzipation.de.vu
• Vortrag und Diskussion "Den Kopf entlasten: Kritik
anti-emanzipatorischer Positionen in politischen Bewegungen"
Monsanto ist schuld. Nein, die Bilderberger. Quatsch, der
Finanzkapital macht alles kaputt. Hinter allem stecken zwei
Bankersfamilien. Europa wird immer mehr amerikanisiert. Geht doch
gar nicht, weil Deutschland ohnehin von den USA besetzt ist. Oder
gar nicht existiert ... So oder ähnlich klingen viele
Erklärungsmodelle für die Ursachen empfundener Missstände. Was sie
gemeinsam haben: Sie vereinfachen, verkürzen komplexe
Herrschaftsanalysen und spielen mit den Mitteln des Populismus.
Statt Menschen zu eigenständigem Denken und kritischem Hinterfragen
anzuregen, wandeln sie Ohnmacht oder Empörung in billige Zustimmung
- zwecks politischer Beeinflussung, Sammeln von AnhängerInnen und
WählerInnen oder auf der Suche nach dem schnöden Mammon in Form von
Spenden und Mitgliedsbeiträgen. Vor allem aber können sie gefährlich
sein, wenn plumpe Feindbilder und verkürzte Ursache-Wirkungsketten
zu einem Hass gegen Bevölkerungsgruppen führen, denen die Schuld für
das Böse auf der Welt zugeschoben wird - der Antisemitismus ist nur
ein Beispiel dafür, die Folgen sind bekannt.
Im Vortrag (bzw. Workshop) werden Prinzipien vereinfachter
Welterklärungen benannt und dann Beispiele vorgestellt, über die
jeweils auch kurze Debatten möglich sind. Abschluss ist eine
8-Punkte-Liste für skeptisches Denken. Infoseite:
www.kopfentlastung.de.vu
Weitere Themen unter www.vortragsangebote.de.vu.
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MATERIALIEN
Neues Buch „Gentechnik und Macht“
Nummer 5 und 6 der kleinen Bücher zu Theoriethemen sind erschienen –
und eines heißt „Gentechnik und Macht“. Es ist ein kleines Büchlein
mit Texten und Zitaten zum Zusammenhang von Herrschaft und
gentechnischer Manipulation an Nutztieren und -pflanzen. Im
Mittelpunkt steht die Kritik an Saatgutkontrolle, Patenten und
Ingenieursmethoden im Sozialen. Ebenso beleuchtet werden die
spendenorientierten Strategien von Umweltverbänden, Grünen und
anderen, die auf Herrschaftsanalyse und deshalb in gefährliche
Argumentationen abrutschen. Das Büchlein hat 64 Seiten und kostet 3
Euro.
Unter den ersten vier der Buchreihe waren zudem schon zwei zu
Themen, die eng mit „Monsanto auf Deutsch“ verbunden sind und auch
jeweils 3 Euro kosten.
• Den Kopf entlasten: Sog. "Verschwörungstheorien: Woher kommen sie?
Was bewirken sie? Und was ist von ihnen zu halten?
11.9., Bilderberger, BRD GmbH, das böse Finanzkapital, Chemtrails,
Zinsen - das und mehr taucht auch in politischen Debatten immer
wieder in Form verkürzter Weltanalysen auf. Das Büchlein erklärt die
Funktionsweise solcher Mythen, was an ihnen nützlich und was
gefährlich ist. Etliche vereinfachte Welterklärungen werden
vorgestellt und gezeigt, wo sie fälschen oder vereinfachen.
Gegenbelege sind aufgeführt. Zum Schluss gibt es Tipps zum
skeptischen Denken.
Ab 3 St.: 2,50 Euro, ab 10 St.: 2 Euro. Quadratisch 15x15cm, 76 S..
ISBN 978-3-86747-064-3
• Macht und Umwelt: Über den Zusammenhang von Herrschaft und
Umweltzerstörung
Texte und Thesen zur Verknüpfung von Herrschaft und
Umweltzerstörung. Es zeigt sich, dass machtförmige Verhältnisse
gleichzeitig die Voraussetzung wie auch das Mittel der
rücksichtslosen Aneignung von Rohstoffen, Land und allen anderen
Lebensgrundlagen ist. Natur und Mensch sind die Faktoren, die zum
Zwecke von Herrschaftsausbau und -sicherung sowie ständigem Profit
ausgebeutet werden.
Ab 3 St.: 2,50 Euro, ab 10 St.: 2 Euro. Quadratisch 15x15cm, 64 S.
ISBN 978-3-86747-060-5
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SONDERTHEMA: DURCHWUCHS AUF GEN-VERSUCHSFELDERN
Keine neuen „Gen“felder – aber die alten wirken sich weiter aus!
Die Bundesgenehmigungsbehörde für Versuchsfelder mit gentechnisch
veränderten (gv-) Organismen hat die Zahlen für den Durchwuchs in
den Jahren 2010 bis 2013 mitgeteilt. Durchwuchs bezeichnet das
Wiederaufkeimen von Pflanzen, die im Vorjahr dort gesät oder
eingesetzt worden waren. Es ist eine der Möglichkeiten, wie
gv-Pflanzen in die Umwelt gelangen können – und die einzige, die
überhaupt kontrollierbar ist. Andere, wie die Vermischung bei
Transport, Verarbeitung und Lagerung, würden in der Regel mangels
Untersuchungsmöglichkeiten kaum auffallen. Das gilt auch für die
Auskreuzung durch Pollenflug oder Insektenbestäubung in die Umgebung
eines gv-Feldes oder durch horizontalen Gentransfer, z. B. durch
Bakterien über Artgrenzen hinweg.
Die Lage
Nach erbitterten Kämpfen gegen die Agrogentechnik konnten sowohl
kommerzieller Anbau als auch Versuchsfelder aus Deutschland
herausgedrängt werden. Da nationale Grenzen für alles durchlässig
sind außer für Menschen und in Zukunft das Ausbringen von
gv-Pflanzen jederzeit wieder neu beginnen kann, war der Satz „Die
Gentechnik-Gegner haben gewonnen“ auf www.transgen.de am 31.1.2013
ziemlich übertrieben. Dennoch bahnt sich auch für 2014 an, dass
keine Felder mit gv-Pflanzen in Deutschland angelegt werden. Damit
hat die bunte Mischung aus Protestformen von gentechnikfreien
Regionen über Demonstrationen bis zu Feldbesetzungen und
-befreiungen, Blockaden von Treffen und Recherchen hinter den
Kulissen der Seilschaften zwischen Behörden, Firmen und Forschung
offenbar eine beeindruckende Schlagkraft erreicht. Es war eine
Protestkultur, wie sie in Deutschland leider nicht alltäglich ist.
Die Firmen zogen die Konsequenzen: Große Player wanderten ab, die
kleinen wurden von großen geschluckt und befinden sich in Auflösung.
Die vergessenen gv-Pflanzen
Wenn neue gv-Pflanzen nicht ausgebracht werden, ist das Land
trotzdem nicht frei von ihnen. Denn die alten verschwinden nicht
einfach so. Vielmehr ist Durchwuchs bei gv-Feldern genauso üblich
wie in der Landwirtschaft insgesamt. Was üblicherweise nicht mehr
bewirkt als eine optische Vervielfältigung des Anblicks von z. B.
Getreidefeldern, wird bei gv-Feldern zum Problem: Die Pflanzen
wachsen oft im Folgejahr, manchmal sogar weitere Jahre, selbst wenn
der Versuch längst beendet ist. Vorschriften und Auflagen in den
Genehmigungen sollen die Beobachtung und Nachsorge sichern. Nach den
nun vorliegenden Unterlagen der Genehmigungsbehörde scheint das auch
zu geschehen – zumindest auf dem Papier. Danach hat es offenbar an 9
von 40 Versuchsfeldern ein- oder mehrfach Durchwuchs gegeben:
• Auf den Feldern von Sagerheide nahe Rostock (betrieben von
biovativ aus dem inzwischen für Gentechnik nicht mehr nutzbaren
AgroBioTechnikum) kam es zu Durchwuchs von Weizen im Jahr 2012. 2013
soll dann nichts mehr passiert sein.
• Stark betroffen war der Schaugarten in Üplingen (Gemeinde
Ausleben, Bördekreis). Hier kam es bei etlichen Feldern der
Universität Rostock zu Durchwuchs, sowohl bei Weizen wie auch bei
Kartoffeln. Gleiches gilt für ein Kartoffelfeld der BASF.
• Kartoffeln zeigten sich ohnehin als ziemlich durchwuchsstark. Die
Erzählungen der Gentechniklobby, es gäbe bei Kartoffeln wegen derer
Frostempfindlichkeit keine Durchwuchsprobleme, wurde angesichts der
Funde in Üplingen, Baalberge, Gatersleben und Limburgerhof jetzt
auch von offizieller Seite zu Märchen erklärt. Bemerkenswert ist
dabei der Fall Gatersleben, wo Durchwuchskartoffeln nur im zweiten
und sogar dritten Jahr auftraten.
Fazit
Fast ein Viertel der gv-Felder zeigte direkt auf der genutzten
Fläche Durchwuchs. Aus den amtlichen Zahlen dazu ergeben sich
etliche Fragen:
• Wenn, wie in einem Fall geschehen, der Durchwuchs von Kartoffeln
erst im zweiten Jahr auftritt, erscheinen die vorhandenen Regelungen
der Nachbeobachtung nicht ausreichend. Denn ein Jahr ohne Durchwuchs
beendet den Überwachungszeitraum. So ist unklar, ob nicht auch bei
anderen Feldern Durchwuchs nach einem Pausenjahr entstand.
• Durchwuchskontrollen beziehen sich überwiegend auf die
Versuchsfläche selbst. Eigene Recherchen rund um Versuchsfelder
ergaben aber eine erhebliche Streuung der ausgesäten Pflanzen bis
mehrere Meter in umgebende Kulturen hinein. Ob es sich hier bereits
um Durchwuchs aus dem Vorjahr oder Schlampigkeiten aus demselben
Jahr handelte, war nicht zu klären. Für solche Verbreitung besteht
aber gar keine Dokumentationspflicht.
• Durchwuchskontrollen sind bei kommerziell zugelassenen gv-Pflanzen
gar nicht vorgesehen. Als 2009 der MON810 verboten wurde, hat
niemand geschaut, ob solche Pflanzen neu aufliefen.
• Werden weitere Beobachtungen und Dokumente einbezogen, ergibt sich
ein noch fataleres Bild. So zeugten in den vergangenen Jahren immer
wieder Saatgutvermischungen von der Unmöglichkeit, gv- Saatgut und
gv-freies Saatgut auseinanderzuhalten. Für 2010 gibt es für den
Schaugarten einen sicheren Beleg, dass auf einem mit Glyphosat
behandelten Rübenfeld Rapspflanzen wuchsen. Der Vorfall wurde nie
untersucht, obwohl das Auftreten offensichtlich gentechnisch
veränderter Rapspflanzen einige Alarmglocken hätte läuten lassen
müssen. Denn er gehörte in das Rübenfeld nicht hinein. Für ihn lag
keine Genehmigung vor. Und: Ein gv-Rapsfeld hatte es an diesem
Standort nie gegeben – zumindest kein legales, d. h. angemeldetes.
Neben der allgemeinen Erkenntnis, dass Gentechnik nicht
kontrollierbar ist, zeigt sich hier auch deutlich das Versagen der
Überwachung.
Zusammenschau der Schreiben des BVL vom 27.11.2013 und vom 3.2.2014
(Zitate)
In den Jahren 2010 bis 2012 wurden in Deutschland 43 Freisetzungen
gentechnisch veränderter Pflanzen durchgeführt (2010: 25
Freisetzungen; 2011: 15 Freisetzungen; 2012: 3 Freisetzungen). Im
Jahr 2013 fand in Deutschland keine Freisetzung gentechnisch
veränderter Pflanzen statt.
Die dem BVL vorliegenden Informationen über das Auftreten von
Durchwuchs gentechnisch veränderter Pflanzen nach Freisetzungen
entstammen den Nachkontrollberichten der Genehmigungsinhaber, die
dem BVL jährlich vorzulegen sind. …
Nach 10 der 40 Freisetzungen, die in den Jahren 2010 und 2011
stattfanden, wurde das Auftreten von Durchwuchs festgestellt. In
einem der 10 Fälle (eine Freisetzung gentechnisch veränderter
Zuckerrüben) wurde der Durchwuchs darauf getestet, ob er
gentechnisch verändert war. Das Ergebnis war negativ. In den übrigen
9 Fällen wurden die beobachteten Durchwuchspflanzen nicht auf die
gentechnische Veränderung getestet. In diesen Fällen musste davon
ausgegangen werden, dass es sich um gentechnisch veränderten
Durchwuchs handelte und es wurden dementsprechende Maßnahmen
getroffen. Für diese 9 Fälle liegen dem BVL im Einzelnen folgende
Informationen vor:
1. Freisetzung gentechnisch veränderter Kartoffeln der BASF Plant
Science GmbH (Az. 6786-01-0183) am Standort Baalberge im Jahr 2010:
• Auftreten von Durchwuchs (50 Pflanzen) im Jahr 2011. Die
Durchwuchspflanzen wurden entfernt und inaktiviert.
• Auftreten von Durchwuchs (10 Pflanzen) im Jahr 2012. Die
Durchwuchspflanzen wurden entfernt und inaktiviert.
• Kein Auftreten von Durchwuchs im Jahr 2013.
2. Freisetzung gentechnisch veränderter Kartoffeln der BASF Plant
Science GmbH (Az. 6786-01-0183) am Standort Gatersleben im Jahr 2010:
• Kein Auftreten von Durchwuchs im Jahr 2011.
• Auftreten von Durchwuchs (40 Pflanzen) im Jahr 2012. Die
Durchwuchspflanzen wurden entfernt und inaktiviert.
• Auftreten von Durchwuchs (6 Pflanzen) im Jahr 2013. Die
Durchwuchspflanzen wurden entfernt und inaktiviert.
3. Freisetzung gentechnisch veränderter Kartoffeln der BASF Plant
Science GmbH (Az. 6786-01-0183) am Standort Limburgerhof im Jahr 2010:
• Auftreten von Durchwuchs (5 Pflanzen) im Jahr 2011. Die
Durchwuchspflanzen wurden entfernt und inaktiviert.
• Kein Auftreten von Durchwuchs im Jahr 2012.
4. Freisetzung gentechnisch veränderter Kartoffeln der BASF Plant
Science GmbH (Az. 6786-01-0191) am Standort Ausleben im Jahr 2010:
• Auftreten von Durchwuchs (8 Pflanzen) im Jahr 2011. Die
Durchwuchspflanzen wurden entfernt und inaktiviert.
• Kein Auftreten von Durchwuchs im Jahr 2012.
5. Freisetzung von gentechnisch verändertem Weizen der Universität
Rostock (Az. 6786-01-0195) am Standort Ausleben im Jahr 2010:
• Auftreten von Durchwuchs (87 Pflanzen) im Jahr 2011. Die
Durchwuchspflanzen wurden mechanisch (durch Hacken) entfernt.
• Kein Auftreten von Durchwuchs im Jahr 2012.
6. + 7. Freisetzungen gentechnisch veränderter Kartoffeln der
Universität Rostock (Az. 6786-01-0199 und Az. 6786-01-0204,
gemeinsame Nachkontrolle) am Standort Ausleben im Jahr 2010:
• Auftreten von Durchwuchs (insgesamt 53 Pflanzen für beide
Freisetzungen) im Jahr 2011. Die Durchwuchspflanzen wurden entfernt
und thermisch bzw. mechanisch inaktiviert.
• Kein Auftreten von Durchwuchs im Jahr 2012.
8. Freisetzung von gentechnisch verändertem Weizen der Universität
Rostock (Az. 6786-01-0209) am Standort Ausleben im Jahr 2011:
• Auftreten von Durchwuchs (230 Pflanzen) im Jahr 2012. Die
Durchwuchspflanzen wurden durch Behandlung mit Roundup inaktiviert.
• Kein Auftreten von Durchwuchs im Jahr 2013.
9. Freisetzung von gentechnisch verändertem Weizen der Universität
Rostock (Az. 6786-01-0209) am Standort Thulendorf im Jahr 2011:
• Auftreten von Durchwuchs (64 Pflanzen) im Jahr 2012. Die
Durchwuchspflanzen wurden entfernt und durch Dämpfen inaktiviert.
• Kein Auftreten von Durchwuchs im Jahr 2013.
********************
P.S. Wie immer das Nachwort ...
Wer weiterhin die Infos aus den Gentechnik-Seilschaften erhalten
will und noch nicht für den Newsletter angemeldet ist, sollte das
tun – per Formular auf www.biotech-seilschaften.de.vu oder Mail an
saasen@projektwerkstatt.de.
Von der Broschüre „Organisierte
Unverantwortlichkeit“ und dem Buch „Monsanto auf Deutsch“ sind noch
genügend Bestände vorhanden. Bestellungen über das Infoformular auf
unserer Internetseite www.biotech-seilschaften.de.vu, unter
www.aktionsversand.de.vu oder in der Projektwerkstatt. Da andere
Verlage – teilweise mit erstaunlich widerlichen Unhöflichkeiten –
die brisanten Botschaften nicht verlegen wollten, wird „Monsanto auf
Deutsch“ wohl erstmal die einzige Enzyklopädie der
Agrogentechnik“mafia“ bleiben. Bestellseite www.aktionsversand.de.vu.
Und: In der Projektwerkstatt und anderen Aktionshäusern sind immer
wieder Sachspenden gefragt. Auf der Seite
www.projektwerkstatt.de/gesucht findet Ihr eine Liste. Wer was
Passendes übrig hat ... wir freuen uns!!!
--
Verfasst in der
Projektwerkstatt Saasen, 06401/90328-3, Fax -5, 01522-8728353
Ludwigstr. 11, 35447 Reiskirchen-Saasen (20 km östlich Giessen)
www.projektwerkstatt.de/saasen
++ Tagungshaus ++ politische Werkstätten ++ Archive und
Bibliotheken ++ Direct-Action-Plattform ++ Bahnanschluß ++
ReferentInnenangebote ++ Sachspenden gesucht: Was gerade fehlt,
steht immer unter www.projektwerkstatt.de/gesucht ++
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