Mittwoch, 21. Mai 2014
Gemeinsamer Aufruf zu den Wahlen zum Europäischen Parlament
Die unterzeichnenden Parteien haben sich auf den folgenden Aufruf zu den EU-Wahlen geeinigt. Um den Veröffentlichungstermin ist einige Verwirrung entstanden. Dazu vorab eine Anmerkung der DKP.
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Anmerkung der Internationalen Kommission des DKP-Parteivorstands:
Wir wurden von mehreren Seiten darauf angesprochen, warum die oben abgedruckte Erklärung zu den EU-Wahlen nicht früher auf news.dkp.de veröffentlicht wurde, obwohl sie von der DKP unterzeichnet wurde.
Die vorliegende Erklärung, als Entwurf angefertigt von der Fortschrittspartei des Zyprischen Volkes (AKEL), der Kommunistischen Partei Spaniens (PCE) und der Portugiesischen Kommunistischen Partei (PCP), wurde denjenigen Parteien, die in der Fraktion der Linken im EU-Parlament (GUE-NGL) bereits mitarbeiten oder das nach einem möglichen Einzug in das EU-Parlament tun würden, Ende Februar zugesandt und dann am 18. März in Brüssel gemeinsam beraten. Nach einer Einigung auf die vorliegende Endfassung wurde als Termin für eine Veröffentlichung der 15. April festgelegt, weil bis dahin noch weitere Parteien zu einer Unterstützung des Textes gewonnen werden sollten. Eine frühere mediale Veröffentlichung führt im Regelfall natürlich dazu, dass weitere Parteien nicht mehr unterzeichnen werden. Aus diesem Grund haben wir von einer Veröffentlichung abgesehen, obwohl der Text von der ehemals dem Parteivorstand der DKP gehörenden und ihm enteigneten Homepage www.kommunisten.de am 3. April der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde.
Die Website kommunisten.de stört offenbar nicht, dass sie damit international Verwirrung stiften würde; im Gegenteil nahm sie es bewusst in Kauf. Denn sie veröffentlichte den Text in eigener Übersetzung sogar noch mit der Bemerkung „Die Teilnehmer einigten sich auf einen Text, der nun von möglichst vielen Parteien unterzeichnet und ab 15. April breit veröffentlicht werden soll“ und verbreitete ihn durch ihren Mitherausgeber außerdem in diversen Netzwerken.
Da außerdem auch die Homepage der PCE durch einen Fehler den Text vorab veröffentlichte, einigten sich die drei Initiatorenparteien am 7. April darauf, die Erklärung nun doch vorab zu verbreiten. Daher wird sie heute auch von der DKP publiziert.
Günter Pohl, Internationaler Sekretär
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Gemeinsamer Aufruf
Die Europäische Union (EU) ertrinkt in einer tiefen Krise, die Ausdruck der Krise des kapitalistischen Systems und seiner Widersprüche ist, ein Resultat von konkreter Politik, die das Großkapital, die Finanzialisierung der Wirtschaft, die unkontrollierte Zirkulation des Kapitals, die Liberalisierung der Märkte, Privatisierungen, Angriffe auf die öffentlichen Dienstleistungen, eine immer größere Akkumulation von Kapital und verstärkte Ausbeutung fördert. Diese Politik wurde und wird von der Rechten und extremen Rechten, aber auch von der Sozialdemokratie gemacht. Genauso wie die Krise des Kapitalismus ein Schlaglicht auf die historischen Grenzen des Systems wirft, zeigt die Krise der Europäischen Union, dass die EU in ihrem Wesen als neoliberaler und militaristischer Struktur und Prozess nicht reformierbar ist. Ein anderes Europa wird nur möglich sein, wenn die Grundlagen, auf denen die EU aufgebaut wurde, radikal verändert werden.
Konfrontiert mit der Krise fördert die EU die Finanzierung von Großbanken, die Umwandlung von privaten Schulden in öffentliche Schulden, und nutzt das als ein Instrument der wirtschaftlichen und politischen Herrschaft. Sie entfesselt eine gewalttätige Offensive gegen Arbeits- und Sozialrechte und vertieft ihren neoliberalen und militaristischen Kurs – der bestimmt ist von den Interessen der großen wirtschaftlichen und Finanz-Gruppen und denen der herrschenden Staaten. Demgemäß fördert die EU die Konzentration der politischen Macht in einem Direktorium von Mächten, was den Mangel an Demokratie, die Vorherrschaft der herrschenden Staaten und die Teilung innerhalb Europas zwischen einem „reichen und führenden Zentrum” und einer „armen und beherrschten” Peripherie verstärkt.
Diese Offensive strebt einen sozialen Rückschritt von historischer Dimension an, was sich klar in brutalen Kürzungen von Löhnen, Renten und Sozialleistungen widerspiegelt; auch in wachsender Arbeitslosigkeit und prekärer Beschäftigung – mit dramatischen Konsequenzen für junge Leute; und in noch weiter eingeschränktem Zugang zu Gesundheitsversorgung, Bildung und Wohnen, in verstärkter Armut und sozialer Exklusion, in der Behandlung von Migranten als potenzielle Kriminelle. Diese Offensive, begleitet von weiteren Angriffen auf erkämpfte soziale Rechte, von denen viele in den nationalen Verfassungen verankert sind, beschränkt andere Rechte und Freiheiten wie Gewerkschaftsrechte, Vereinigungsfreiheit, Demonstrationsfreiheit und demokratische Beteiligung.
Demokratie, nationale Souveränität und das Recht auf wirtschaftliche und soziale Entwicklung werden von der Europäischen Kommission, der EZB und den „Memoranden” des IWF aufs Spiel gesetzt: Sie verstärken die Ausbeutung und zwingen Beziehungen im Kolonial-Stil auf, fachen soziale Ungleichheit und asymmetrische Entwicklungen an, und der Prozess der Vertiefung der Wirtschafts- und Währungs-Union strebt danach, diese zu institutionalisieren und zu verewigen.
Diese Politik bereitet den Weg für reaktionäre Nationalismen, für Rassismus und Ausländerfeindlichkeit, für einen Wiederanstieg der rechtsextremen und faschistischen Kräfte, die durch die Geschichte und die Kämpfe der Völker im 20. Jahrhundert besiegt waren.
Die EU erklärt ihre Ambitionen, ein imperialistischer politisch-militärischer Block zu sein, im Bündnis mit den USA. Ihre „Verteidigungs-” und „Außenpolitik”, verwoben mit der NATO und ihr untergeordnet, fördert Militarismus, Rüstungswettlauf, und zeichnet sich durch eine neokolonialistische Einstellung zur restlichen Welt aus, was bestimmte Arten von Handelsabkommen und ihre Einmischungen und Angriffe gegenüber souveränen Staaten zeigen, wie auch das kürzlich unterzeichnete Freihandelsabkommen (TTIP).
Umweltprobleme und nachhaltige Entwicklung werden nur in Bruchstücken behandelt; die EU fördert eine Politik, die die wirklichen Gründe der Umweltkrise verdeckt, und sie opfert die wirklichen Lösungen auf dem Altar der Erhöhung der Profite der großen Konzerne.
Der Kurs der EU und ihre Politik sind in verschiedenen Verträgen niedergelegt, wie im „Stabilitätspakt”, der Lissabon-”Strategie 2020″, den Maßnahmen des „Europäischen Semesters”, und vor kurzem erst im „Fiskalpakt” – alle gegründet auf wirtschaftlicher und finanzieller Deregulierung.
Wir sind zutiefst überzeugt, dass dieser Kurs, der den Arbeitern und den Völkern aufgezwungen wird, nicht unvermeidbar ist. Wie die Lebenswirklichkeit auf anderen Kontinenten zeigt, sind fortschrittliche Prozesse der Zusammenarbeit und Integration möglich, die die Rechte und Hoffnungen der Völker respektieren.
Wir sind der Ansicht, dass ein anderer Kurs für Europa möglich ist. Ein erster Schritt in diese Richtung wird ein tiefgehender Bruch mit der Politik der EU sein, mit dem Neo-Liberalismus, mit dem Militarismus und der Konzentration und Zentralisierung der Macht in den Händen der großen Konzerne.
Für ein Europa der Zusammenarbeit, des sozialen Fortschritts und des Friedens!
Die kommunistischen, fortschrittlichen, antikapitalistischen, anti-neoliberalen, linken und ökologischen Kräfte, die diesen Appell unterstützen, sehen in den kommenden Europa-Wahlen im Mai eine wichtige Möglichkeit, den Kämpfen der Arbeiter und der Völker, die durch die EU fegen, eine Stimme zu geben für die Notwendigkeit eines Europas der Zusammenarbeit, mit sozialem Fortschritt, in Frieden, in Gleichberechtigung, mit einem Schutz der Umwelt, das die Demokratie respektiert und das die Arbeiter und die Völker, und nicht die Interessen der Großkonzerne, ins Zentrum ihrer Politik stellt.
Die Geschichte des europäischen Kontinents zeigt, dass die Arbeiter und die Völker durch ihre Kämpfe große Gefahren abwehren und fortschrittliche, ja sogar revolutionäre Fortschritte zustande bringen können, von denen einige noch die Wirklichkeit unseres Kontinents zeichnen.
Heute ist der Kampf der Massen wieder einmal entscheidend, zur Verteidigung von sozialen und Arbeiter-Rechten, der Demokratie und der Souveränität, für tiefgreifende Umgestaltungen anti-imperialistischer und anti-monopolistischer Natur, auf dem Weg zu neuen Gesellschaften des Fortschritts, des Friedens und sozialer Gerechtigkeit. Wie auch in anderen Teilen der Welt verstärken die Völker Europas ihren Widerstand und ihren Kampf, schaffen neue Bündnisse und Solidarität auf der Suche nach einem Weg der sozialen Umgestaltung.
Wir rufen die die Arbeiter auf, die Jugend, die Frauen und im allgemeinen die Völker Europas, dass sie bei den kommenden Wahlen zum Europäischen Parlament mit ihrer Stimme den aktuellen ernsthaften Kämpfen ihren Ausdruck verleihen, indem sie die verdammen, die für die anti-soziale und anti-demokratische Politik der EU verantwortlich sind, und die unterstützen, die, wie die Unterzeichner dieses Appells, an ihrer Seite in ihren Kämpfen stehen, um ihnen eine Stimme im Europäischen Parlament für ihre Hoffnungen, Forderungen und Proteste zu geben, die eine echte Alternative für Europa sind.
Ein anderer Kurs für Europa ist möglich! Durch den Kampf und die Solidarität all derer, die in jedem Land und zusammen in Europa für eine fortschrittliche und revolutionäre Umgestaltung ihrer Gesellschaften und eine Alternative zum Kapitalismus arbeiten, handeln und kämpfen.
In diesem Sinne verpflichten sich die Unterzeichner dieses Appells zum weiteren Kampf für:
Eine europaweite Zusammenarbeit für soziale Rechte, die die Arbeit und die arbeitenden Menschen wertschätzt, wie Vollbeschäftigung mit allen Rechten, Jobs für junge Leute, um die erzwungene Wirtschafts-Auswanderung zu beenden, die Rechte der Senioren und der Kinder, und das die öffentlichen Dienste und den öffentlichen Charakter und Besitz von strategischen Wirtschaftssektoren verteidigt, um bessere Lebensstandards zu sichern. Ein Europa, das die Rechte aller Bürger unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung garantiert, ein Europa ohne Frauendiskriminierung, das die Rechte und Bedingungen der freien Schwangerschaft genauso respektiert wie das Recht auf den eigenen Körper.
Eine europaweite Zusammenarbeit für wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt, mit echter Annäherung der Lebensverhältnisse, basierend auf der Sicherung und Förderung des Potenzials eines jeden Landes, das seine produktiven Sektoren, seine Lebensmittelversorgung und seine Souveränität verteidigt, seine Ein-Mann-, kleinen und mittelständischen Unternehmen, dass den Steuerparadiesen und unregulierten Kapitalmärkten ein Ende macht, das spekulatives Kapital bekämpft und besteuert, gegründet auf einer nachhaltigen Verwendung von natürlichen Ressourcen und dem Schutz der Umwelt.
Ein Europa der Zusammenarbeit zwischen souveränen Staaten mit gleichen Rechten, mit demokratischer Teilhabe, das alle Formen von Diskriminierung ablehnt, reaktionären Nationalismus, Rassismus, Homophobie, Sexismus, Ausländerfeindlichkeit, Chauvinismus, Antikommunismus und andere Formen der Intoleranz, das sektiererische Maßnahmen ablehnt und stattdessen die Rechte, Freiheiten und demokratischen Garantien, die Rechte der Migranten und Minderheiten, kulturelle Diversität und Identitäten respektiert.
Ein Europa, das für Frieden und Solidarität mit allen Völkern der Erde kämpft, das die Charta der vereinten Nationen und internationales Recht respektiert (wie das Recht der Völker auf Selbstbestimmung), das die Militarisierung der internationalen Beziehungen ablehnt, das für ein Ende der ausländischen Einmischungen, Aggressionen und politisch-militärischer Blöcke steht, wie zum Beispiel die NATO, sondern gegenseitig nützliche internationale Zusammenarbeit fördert, die auf Freundschaft, Solidarität und einem umfassenden europäischen Sicherheits-Rahmen für alle Völker Europas gegründet sind. Ein Europa ohne Atomwaffen und ausländische Militärbasen.
Für diese Ziele werden wir entschlossen in der Konföderalen Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken / Nordische Grüne Linke (GUE/NGL) im Europäischen Parlament weiter arbeiten, im Geiste der Gleichberechtigung und des gegenseitigen Respekts für unsere Unterschiede, Geschichte, Erfahrungen und nationalen Eigenheiten: Unsere Zusammenarbeit unterstreicht das Viele, das uns im Kampf für ein anderes Europa vereint.
Wir erklären unsere Fraktion zu einem Ort von Bündnis und Zusammenarbeit mit seiner eigenen Identität, wo Kommunisten, Arbeiter-, linke und ökologische Kräfte das gemeinsame Ziel haben, im europäischen Parlament den Kämpfen der Arbeiter und der Völker eine Stimme zu geben, um Alternativen zu der derzeitigen rechten und sozialdemokratischen Politik zu formulieren, vorzuschlagen und zu verteidigen, um dem Kampf für ein anderes Europa Ausdruck und Inhalt zu verleihen.
Mit der Unterzeichnung dieses Appells verpflichten wir uns auf diese Ziele und Richtlinien. Je stärker wir sind, umso stärker werden die Kämpfe für ein Europa der Zusammenarbeit, des sozialen Fortschritts und des Friedens.
1. Kommunistische Partei Österreichs
2. Kommunistische Partei Britanniens
3. AKEL (Zypern)
4. Kommunistische Partei Böhmens und Mährens(Tschechien)
5. Kommunistische Partei Dänemarks
6. Kommunistische Partei Finnlands
7. Französische Kommunistische Partei
8. Deutsche Kommunistische Partei
9. Die Linke (Deutschland)
10. Partei der Italienischen Kommunisten (PdCI)
11. Partei der Kommunistischen Wiedergründung (PRC, Italien)
12. Portugiesische Kommunistische Partei
13. Linksblock (Portugal)
14. Kommunistische Partei Spaniens
15. Vereinigte Linke (Spanien)
16. Partei der Kommunist/inn/en Kataloniens
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