Mittwoch, 21. Mai 2014
Buchneuerscheinung: Strategische Einbindung -- Lesen, wie Protestbewegungen manipuliert werden
umweltFAIRaendern.de
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Lesen, wie Protestbewegungen manipuliert werden
Über Mediationen, runde Tische … eine Bucherveröffentlichung
24. März 2014
von Dirk Seifert
In wenigen Tagen erscheint ein Buch, das sich intensiv mit Strategien der
politischen Mediation und sozialen Bewegungen auseinandersetzt. Es geht um
Dialoge, runde Tische oder Schlichtungen. Michael Wilk und Bernd Sahler als
Herausgeber informieren über “Strategische Einbindung”. Der Klappentext des
Buches kündigt an:
Ob Flughafenerweiterungen, Kohleabbau, Bahnprojekte wie Stuttgart 21,
Autobahnausbau oder Stromleitungstrassen - Proteste gegen Großprojekte
nehmen zu. Offene Repression, Polizei und Justiz wirken als
Durchsetzungsmethode oftmals kontraproduktiv, verstärken Unruhe und Empörung
gegenüber autoritärem Regierungshandeln. Mediations-, Dialog- und
Schlichtungsverfahren bieten sich als Alternative an. Die „sanften“ Methoden
einer Strategischen Einbindung werden immer häufiger zur Befriedung,
Kanalisierung von Protest und Marginalisierung von Widerstand eingesetzt.
In diesem Sammelband kommen engagierte AutorInnen aus Sozialen Bewegungen zu
Wort, die von ihren negativen Erfahrungen mit Mediationen und runden Tischen
berichten. Sie zeigen die Fallen auf, die in Beteiligungen an von oben
eingefädelten Gesprächsrunden lauern, und analysieren anschaulich die
manipulativen Wirkungsweisen und politischen Folgen von Einbindung.
Strategische Einbindung ist auf dem Vormarsch und gewinnt zunehmend als
Herrschaftsinstrument an Bedeutung.
Verweigerung gegenüber den Einbindungsversuchen ist mehr als eine Option -
sie ist Voraussetzung zur Wahrung einer kritischen Distanz und legitimes, ja
notwendiges Mittel in der Auseinandersetzung mit herrschender Politik.
Michael Wilk, Bernd Sahler (Hg.):
Strategische Einbindung
Von Mediationen, Schlichtungen, runden Tischen … und wie Protestbewegungen
manipuliert werden
Beiträge wider die Beteiligung
ISBN 978-3-86841-094-5
ca. 170 Seiten
Preis: 14,00 EUR, Verlag Edition AV
http://www.buchhandel.de/detailansicht.aspx?isbn=9783868410945
Inhaltsverzeichnis:
* Was heißt Strategische Einbindung?
* Einbeziehung als Herrschaftsinstrument und die Mediation am Frankfurter
Flughafen
* Trick 17 mit Selbstüberlistung. Wieso die Schlichtung zu Stuttgart 21 ein
Fehler war und warum die Politische Mediation keine Alternative ist
* Die Mitmach-Falle. Die Politische Mediation ist nur ein Baustein in einem
weiter ausgreifenden Herrschaftsprojekt, das Bürgerbeteiligung heißt
* Vom Riesen einverleibt. Eine Analyse der RWE-Studie „Akzeptanz braucht
Bürgerbeteiligung“
* Schlichtung als Entpolitisierung oder: Die Dialektik der Mediation
* Verschweigen - Verschleiern - Vereinnahmen: Atomzentrum Karlsruhe -
Erfahrungen aus vier Jahrzehnten Bürgerprotest und einer Mediation
* Parteien als Reintegrationsinstrument - eine Bewegung zwischen Widerstand
und Anpassung
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http://umweltfairaendern.de/2014/03/ein-vorwort-wie-protestbewegungen-manipu
Ein Vorwort
Wie Protestbewegungen manipuliert werden
Mit der freundlichen Erlaubnis von Mitherausgeber Michael Wilk
veröffentlicht umweltFAIRaendern hier das Vorwort aus dem Buch.
Sie heißen Schlichtung, Mediation, Runde Tische, Bürgerdialog, Konsensforum,
Dialogtag und so fort. Einerlei, welch freundliche Begriffe gewählt werden,
das ihnen gemeinsame Merkmal ist, dass Bürgerlnnen- und Protestbewegungen in
Entscheidungsprozesse von umstrittenen Bauvorhaben und politischen Plänen
mithineingezogen werden - ohne etwas mitentscheiden zu können. Dahinter
steckt System und deshalb haben wir dieses Buch 'Strategische Einbindung'
genannt.
Die Idee zu diesem Sammelband entstand im Anschluss an eine Artikelserie [1]
zur Politischen Mediation in der Monatszeitung “Graswurzelrevolution“. Diese
Artikel wurden Ende 2012/Anfang 2013 in der Nachwirkung der von Heiner
Geißler durchgeführten Schlichtung zum Bahnhofsprojekt Stuttgart 21
verfasst. Sie schienen uns zu wertvoll, um sie nicht noch einmal in
übersichtlicher und handlicher Form einem anderen und breiteren Publikum
zugänglich zu machen.
Zu diesen Beiträgen zählen die von Bernd Sahler, Thomas Wagner und Florian
Hurtig. Die hier abgedruckten Texte sind leicht überarbeitete Fassungen
dieser Artikel. Gänzlich neu und speziell für dieses Buch verfassten Michael
Weingarten, Annette Ohme-Reinicke und Harry Block ihre Beiträge. Die beiden
von Michael Wilk erstellten Texte analysieren und beschreiben nicht nur die
Problematik von Mediationsverfahren, sondern auch die integrierende Wirkung
von Parteien in Bezug auf soziale Bewegungen. Sie führen eine
Auseinandersetzung fort, die er bereits Ende der 90er Jahre im "Schwarzen
Faden" [2] eröffnete und die Eingang in "Macht, Herrschaft, Emanzipation"
[3] fanden. Sie wurden für diese Publikation neu geschrieben, aktualisiert
und ergänzt.
Ausdrücklich und ganz herzlich danken wir an dieser Stelle den Autorinnen
für ihre Beiträge! Thomas Wagner für seine erhellende Analyse von
Bürgerbeteiligungen; Florian Hurtig für seine aufschlussreiche
Auseinandersetzung mit der Akzeptanz-Studie von RWE; Harry Block für seinen
lehrreichen Erfahrungsbericht zum Mediationsverfahren und den Protest rund
um das ehemalige Kernforschungszentrum Karlsruhe; und Annette Ohme-Reinicke
& Michael Weingarten für ihre detailreiche Studie zur politischen Dynamik
der Geschehnisse rund um die Schlichtung zu Stuttgart 21.
Der Vorzug eines Sammelbandes ist, dass es wie ein Lesebuch gelesen werden
kann . Meint: Die Leserln kann alle Beiträge lesen oder einzelne, kann
hinten beginnen oder mit dem· Vorwort, kann also interessengeleitet lesen,
ohne dass Aussagen nicht verstanden werden. Die Texte stellen in sich
geschlossene Abhandlungen dar.
Eine andere Besonderheit ist die thematische Konzentration, hier: auf die
Kritik an der Strategischen Einbindung. Diese Eingrenzung bringt mit sich,
dass die Beiträge inhaltliche Überschneidungen aufweisen oder sich Aussagen
wiederholen. Wir betrachten diese Redundanzen jedoch nicht als einen
stilistischen Schönheitsfehler, sie sind von uns gewollt und haben Gründe.
Denn die Geschichten von Einbindung, die hier erzählt werden, kommen aus
unterschiedlichen Konfliktfeldern und verschiedenen Erfahrungshintergründen
und münden dennoch in ähnliche oder gleiche Schlüsse und Erkenntnisse.
Es lag uns daran, Beiträge zu versammeln, die ihre Analyse entlang von
konkreten Beispielen formulieren, die sich also auf reale Geschehnisse
beziehen. Eine Analyse ist so besser nachzuvollziehen, die Fakten lassen
sich leichter einordnen und das Ganze ist spannender zu lesen.
In diesem Sinne haben wir auch auf eine verständliche Sprache Wert gelegt;
eine praxisbezogene Sprache, deren Wahrheitsgehalt sich nicht an der
Vielzahl von Fachbegriffen und wissenschaftlichen Ausdrücken bemisst.
Entsprechend sind die Beiträge nicht aus einer theoretisch-akademischen
Perspektive geschrieben, sondern aus dem Blickwinkel engagierter Menschen
in sozialen Bewegungen, die an Veränderungen von unten interessiert sind.
Zur Sprache gehört nach unserem Verständnis auch, dass sie gendergerecht
ist; also die weibliche wie die männliche Sprachform verwendet. Im Dilemma
zwischen "richtiger" Schreibweise und guter Lesbarkeit haben wir uns wie
folgt entschieden: Alle Personenbezeichnungen, bis auf wenige Ausnahmen, wie
z.B. Investoren, sind mit dem großen I geschrieben. Um den Lesefluss nicht
zu stören, haben wir nicht jedes Mal die Artikel beider Geschlechter dem
Substantiv vorangestellt (der/die Einzelne) sondern nur den weiblichen: die
Einzelne.
Obwohl Mediations- und Schlichtungsverfahren die Chancen sozialer Bewegungen
und den Verlauf von politischen Auseinandersetzungen, stark negativ
beeinflussen, wie wir meinen, steht nach unserer Einschätzung die breite
Aufarbeitung und Diskussion dieser Verfahren erst am Beginn. Mit seinem im
August 2013 veröffentlichten Buch "Die Mitmachfalle" [4] hat Thomas Wagner
einen vielversprechenden Anfang gemacht. In diese Debatte reiht sich dieser
Sammelband ein.
Im Vergleich zur Mitmachfalle stehen allerdings nicht Bürgerbeteiligungen in
ihrer Bandbreite im Zentrum. Der Fokus des vorliegenden Bandes liegt auf
großen Auseinandersetzungen um Großbauprojekte, im Zuge derer
Einbindungsgespräche stattgefunden haben. Wir reden bzw. schreiben hier von
Kämpfen zwischen Massenbewegungen und Konzernen und Regierungen, von
Konfliktfeldern wie Stadtpolitik, Flughafenausbau, Atomenergie und Energie-
bzw. Klimapolitik
Es geht in diesem Buch nicht um das Für und Wider der Beteiligung an
Vermittlungsgesprächen. Die Entscheidung ist gefallen. In diesem Sammelband
sind Beiträge vereint, die sich durch Kritik und Ablehnung von
Einbindungsverfahren kennzeichnen. Wir wollen mit diesem Buch weitere
Argumente, Fakten, Erfahrungen und Erkenntnisse liefern und eine Position
untermauern, die sich gegen die Beteiligung an Mediationen ausspricht. Wenn
dieses Buch dazu beiträgt, die Eigenständigkeit und den potentiellen
emanzipativen Charakter von sozialen Protestbewegungen zu stärken, dann hat
es seinen Zweck erfüllt.
Die Herausgeber
[1]http://duckduckgo.com/?sites=www.graswurzel.net&q=Mediation
[2]http://de.wikipedia.org/wiki/Schwarzer_Faden
[3]http://www.michael-wilk.info/schriften.php
[4]http://www.socialnet.de/rezensionen/15437.php
° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° °
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