Dienstag, 23. Mai 2017

Vernichtet die Digitalisierung Arbeitsplätze?

20.05.2017

Die Digitalisierung schreitet voran – unerbittlich. Roboter erledigen immer komplexere Arbeiten, und Handarbeit wird in vielen Bereichen überflüssig.
Computer ersetzen BüroarbeitHandarbeit meint dabei nicht mehr nur das Sägewerk, das dem Holzfäller die Plackerei abnimmt, sondern auch Büroarbeit. Computer können schneller recherchieren, auch medizinische Diagnosen lassen sich mit Softwareprogrammen erstellen.

Bis zu 80 % der Arbeitsplätze verschwindenKonservative Erhebungen vermuten, dass in den nächsten Jahrzehnten 20 % der heutigen Arbeitsplätze verschwinden, andere Studien gehen von bis zu 80 % der Stellen aus.

Dennoch ist die Digitalisierung kein Grund zur Panik: Die alten Arbeitsplätze werden nicht „über Nacht“ verschwinden, und so wie heute für fast jeden der Umgang mit Internet und Smartphone selbstverständlich ist, werden sich die Menschen vermutlich auch an die neuen Wandlungen anpassen.

Berufe verschwindenBerufe, die noch vor wenigen Jahrzehnten allgegenwärtig waren, gibt es heute nicht mehr. Allenfalls die Familiennamen erinnern noch an die Böttcher, die Fässer herstellten, oder Straßen wie die Reeperbahn an die Reeper, die dort Schiffstaue flochten.

Arbeit im WandelHeute ist es so unklar wie kaum jemals zuvor in der Geschichte, in welche Richtung sich die Arbeitswelt entwickelt. Es werden nicht nur viele Jobs wegfallen, sondern manche Studien gehen davon aus, dass nahezu die Hälfte der heute Zehnjährigen später in Berufen arbeiten werden, die es heute noch gar nicht gibt.

Berufe verändern sichDabei wird die Digitalisierung Berufsgruppen kaum überflüssig machen, sondern sie vielmehr verändern: Der KFZ-Mechaniker von einst mit seinem Schraubenschlüssel und Wagenheber ist heute ein Spezialist, der sich ausgezeichnet mit elektronischen und digitalen Systemen auskennen muss, und Kapitäne müssen vor allem Computerbildschirme überwachen.

Neue Jobs an Stelle der altenIn der Geschichte der Industriegesellschaften traten bisher immer neue Jobs an die Stelle der alten. Heute zum Beispiel erfordert die Digitalisierung immer mehr Spezialisten, die die komplex arbeitenden Produkte reparieren und überhaupt verstehen.

Technik ersetzt MenschenJobs werden vor allem wegfallen, weil die Technik immer effizienter arbeitet und ür die im Kern gleiche Tätigkeit immer weniger Menschen gebraucht werden.

In vielen Bereichen gibt es längst Vollautomatisierung. Kein Mensch muss heute mehr die Tickets im Parkhaus ansehen oder die Schranken öffnen. Das Personal kommt nur bei Notfällen hinzu. Der Berufstausch in der Arbeiterklasse ist heute wesentlich niedriger als meist in den letzten 150 Jahren. Insgesamt schafft die Technik heute 6 neue Jobs für 10, die wegfallen.

Weiterbildung statt SanktionenUnter Hartz-IV Empfängern befinden sich besonders viele, die in ihrem alten Beruf nicht mehr unterkommen können: Wer in den 1980er Jahren Polsterer wurde, hat zum Beispiel heute höchstens noch eine Chance, wenn er Antiquitäten restauriert.

Der erwerbslose Binnenschiffer aus Sachsen-Anhalt oder die ehemalige Traktoristin aus Thüringen landen beim Jobcenter.
Sanktionen für Hartz-IV Betroffene setzen hier an der vollkommen falschen Stelle an: Wer seinen Job verliert, weil er nicht mehr zeitgemäß ist, der muss nicht „zur Arbeit“ gezwungen werden.

Sinnlose Beschäftigung statt VordenkenEr braucht vielmehr umfassende Unterstützung, die sich an dem Wandel in der Arbeitswelt und den neuesten Entwicklungen orientiert. Diese bieten die Jobcenter, die mit Schikanen und Drohungen ausgelastet sind, gerade nicht.

Wer von Hartz-IV lebt, der kann ein Liedchen von sinnloser Beschäftigung singen: Mal dürfen sie Beete in städtischen Gartenanlagen harken, mal im Tierheim Katzen füttern. Eine Integration in den Arbeitsmarkt, der sich langsam, aber radikal wandelt, sind solche Maßnahmen alle nicht. (Dr. Utz Anhalt)

Bild: Konstantin Hermann-fotolia

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen