Wir dokumentieren hier aus Anlass
des 50. Jahrestages des Naxalbari-Aufstandes einen Artikel über die Lage
der politischen Gefangenen in Indien, der uns zugeschickt wurde.
Die Situation der politischen Gefangenen in Indien
Dieser Artikel wurde mit Anlass des 50.
Jahrestages des Naxalbari-Aufstands in Indien geschrieben, er basiert
auf Vorträgen, die Anfang des Jahres am Aktionstag für die Freiheit der
politischen Gefangenen in Indien gehalten wurden und stellt einige
Informationen über den Volkskrieg in Indien und die Gefangenen zur
Verfügung die bisher nicht sonderlich weit verbreitet
In den vergangenen Monaten rückt die
Frage der politischen Gefangenen weltweit wieder mehr in den Fokus der
revolutionären Bewegung, in einem Moment, in dem der Imperialismus und
seine Lakaien mehr und mehr mit Repression auf den Kampf der Völker der
Welt reagieren.
Dieser Artikel wird keine großen
allgemeinen Informationen über den Volkskrieg in Indien präsentieren,
sondern sich hauptsächlich auf die Frage und die Lage der politischen
Gefangenen in Indien konzentrieren. Der Frage der politischen Gefangenen
in Indien wurde bisher nicht sehr ausführlich Aufmerksamkeit geschenkt,
was auch an einem Mangel an zugänglichem Material zu dem Thema lag.
Inzwischen liegen jedoch sehr umfangreiche Einblicke in die Entwicklung
des Volkskrieges in Indien und die Situation der politischen Gefangenen
auf Englisch vor (weitere Informationen sind unter diesem Link
verfügbar: http://www.bannedthought.net/India/CPIMIB/index.htm). Zu Beginn ist es dennoch wichtig, einen kleinen Überblick über die aktuelle Situation in Indien zu geben.
Allgemeine Situation in Indien
Indien ist mit einer Bevölkerung von
über 1,3 Milliarden das zweit bevölkerungsreichste Land der Welt. Von
diesen 1, 3 Milliarden Menschen arbeiten 70% für 20 Rupien am Tag, was
nicht mal 30 Euro-Cents entspricht, unter besonders großer Armut und den
rückständigen Bedingungen leiden vor allem die indigene Bevölkerung,
Adivasi genannt, und die Dalits (Teil der unberührbaren Kasten). Sie
bilden die große Mehrheit der armen und landlosen Bauern und der
untersten Schichten der Arbeiterklasse. Indien ist zwar ein Land mit
einem großen Reichtum an natürlichen Ressourcen, zum einen aufgrund der
vielen Erzvorkommen, darunter viel Bauxit, welches für die Produktion
von Aluminium gebraucht wird, zum anderen besitzt es große Wälder für
die Holzwirtschaft und fruchtbares Land für Agrarwirtschaft. Schon
alleine diese Umstände machen es für die Imperialisten zu einem Objekt
der Begierde.
Die Kommunistische Partei Indiens
(maoistisch) entstand am 21. September 2004 durch die Vereinigung des
Maoistisch Kommunistischen Zentrum (MKZ) und die KPI (ML) [Volkskrieg],
auf der Grundlage des Marxismus-Leninismus-Maoismus. Sie führt eine
neudemokratische Revolution in Indien durch und kämpft für eine, wie sie
es sagen, demokratische, souveräne, föderale Volksrepublik, erreicht
durch den Volkskrieg. Die bewaffneten Kräfte der beiden Organisationen,
die Volksbefreiungsguerillaarmee, kurz PLGA (People's Liberation
Guerrilla Army), des MKZ und die Volksguerillaarmee der KPI (ML)
[Volkskrieg] wurden unter dem Namen der PLGA zu einer Streitkraft
zusammengefasst, die Schätzungen zu Folge über 10.000 Kämpfer stark ist.
2014 vereinigte sich die KPI (maoistisch) mit der Kommunistischen
Partei Indiens (Marxistisch-Leninistisch) Naxalbari, wobei der Name der
gleiche blieb und es möglich wurde, den Volkskrieg in den südlichen
Bundesstaaten zu intensivieren.
In den Gebieten, in denen sie aktiv ist,
baut die KPI (maoistisch) die Neue Macht auf. Die Hauptgebiete dafür
liegen in den Bundesstaaten Chattisgharh, Odisha, Bihar, Jharkhand,
Maharastra und West Bengalen und seit 2014 auch im südlichen Grenzgebiet
von Karnataka-Kerala-Tamilnadu. In den Regionen der Neuen Macht werden
die Strukturen des indischen Staates zerstört und die Autorität der
Feudalherren und Stammesältesten zerschlagen, die Verwaltung der Gebiete
wird durch die Revolutionären Volkskomitees übernommen.
Der Volkskrieg und der Aufbau der Neuen
Macht stehen in direktem und absolutem Widerspruch zu den Interessen des
Imperialismus und seinen indischen Lakaien, da der Volkskrieg diese
bekämpft. Um diesen zu zerschlagen, rief der indische Staat 2009 die
Operation Green Hunt (Grüne Jagd) ins Leben. Für diese gigantische
Vernichtungskampagne wendet der indische Staat Milliarden von Rupien auf
und mobilisiert eine gigantische Menge an Truppen, so wurden bis jetzt
über 500.000 Söldnereinheiten in die Gebiete, in denen sich der
Volkskrieg entfaltet, geschickt, weitere 50.000 waren bis zuletzt noch
in Planung. Auch setzt die Luftwaffe bereits seit geraumer Zeit Drohnen
ein und der Plan Luftschläge einzusetzen, wird immer konkreter. Die
konterrevolutionären Truppen und Banden greifen immer wieder zu
Vergewaltigung, Mord, Zerstörung von Wohnhäusern, Plünderung,
Schlachtung von Nutztieren, Zerstörung von Ernten usw. Das macht
deutlich, warum die Operation ihren Spitznamen „Krieg gegen das Volk“
bekommen hat. Diese brutalen Methoden versucht der indische Staat mit
der Verteilung von kostenlosen Gütern an Teile des Volkes zu
kompensieren und zu ergänzen.
Es muss angemerkt werden, dass sich die
Partei, die Armee und das Volk mit etwa 2500 von der Reaktion ermordeten
Parteimitgliedern, Kämpfern und Massen seit 2004 die Errungenschaften
der Neuen Macht hart erkämpft haben.
Lage der Gefangenen
In den indischen Knästen sind 70% der
Insassen in Untersuchungshaft und nicht verurteilt, das ist die weltweit
höchste Quote, in totalen Zahlen betrifft dies 300.000 Menschen.
Insgesamt sitzen über 418.000 Gefangene in indischen Gefängnissen. Die
Gefängnisse in Uttar Pradesh sind im negativen Sinne beispielhaft für
die Situation in den Gefängnissen in Indien. Die dortigen Knäste sind
chronisch überbelegt, denn der Bundesstaat beherbergt insgesamt ein
Fünftel der indischen Gefangenen in 67 Gefängnissen, was 2014 88.000
Gefangene waren. Diese Anzahl der Gefangenen steigt stetig weiter, so
erhöhte sich ihre Zahl bis zum Frühjahr 2016 auf 133.349 Insassen.
Teilweise sind die Gefängnisse sogar bis zu 67 % überbelegt. Von den in
Untersuchungshaft Sitzenden gehören 60 % den unteren Kasten an.
Obwohl 1995 Bestrafungen offiziell
abgeschafft wurden, ist es teilweise immer noch Gang und Gäbe, die
Gefangenen mit drakonischen, mittelalterlichen Strafen wie
Auspeitschungen zu demütigen. Doch es wächst der Widerstand der
Gefangenen gegen diese Bedingungen, so gab es am 3. und 4. April letzten
Jahres, 2016, zwei aufeinanderfolgende Gefängnisaufstände in Uttar
Pradesh, bei denen von Gefangenen ein Gefängnisdirektor als Geisel
genommen und ein stellvertretender Gefängnisdirektor zusammengeschlagen
wurde, womit die Insassen ihren Forderungen Nachdruck verleihen wollten,
die sich gegen Prügel durch Aufseher und schlechtes Essen wendeten. Gab
es 2010 noch 67 Zusammenstöße in den Gefängnissen Indiens, waren es
2014 bereits 255. Gleichzeitig stieg die Anzahl der Ausbrüche von 2 auf
16, auch gab es seit 2014 erstmals drei Schießereien in indischen
Gefängnissen. (Weitere Information sind hier zu finden: https://indiapoliticalprisoners.wordpress.com/)
Nun noch ein paar Worte zur Situation
der weiblichen Gefangenen in Indien. Der Anteil an weiblichen Gefangenen
in Indien ist seit 1985 konstant bei 4% aller Insassen geblieben, das
heißt die Anzahl ist konstant mit den männlichen Gefangenen angestiegen.
Ende 2014 bedeutete das 17.681 gefangene Frauen. In den Bundesstaaten
Bihar, Jharkand und Chhattisgarh gab es einen Anstieg der weiblichen
Gefangenen um 18, 16 bzw. 14 Prozent. Wahrscheinlich sind es nicht
zufällig alles Gebiete, in denen die KPI (maoistisch) sehr aktiv ist.
Viele Frauen leben zusammen mit ihren Kindern in den Gefängnissen,
wodurch es in Indien über 1800 Kinder gibt, die in Gefängnissen
aufwachsen. Diese Kinder haben laut einem BBC-Bericht in der Regel so
wenig Zugang zu Bildung, dass sie teilweise nicht den Unterschied
zwischen einem Elefanten, einer Nadel und einem Traktor kennen.
Indisches Frauengefängnis
Um sich ein Bild von dem Umfang der
Repression gegen die politischen Gefangenen zu machen, hier ein paar
Zahlen, die das indische Innenministerium veröffentlicht hat. So wurden
zwischen 2008 und 2014 13.657 Menschen festgenommen, denen vorgeworfen
wird, Teil der maoistischen Bewegung zu sein. Das sind im Schnitt
jährlich 2276 und fast 200 Menschen im Monat. Die meisten der
Festgenommenen sind allerdings landlose und arme Bauern, die die
Bewegung unterstützen oder teilweise gar keine Verbindung mit ihr haben
und mit fingierten Anklagen festgenommen werden.
Um zu zeigen, mit welchem System und
welcher Brutalität der indische Staat gegen politische Gefangene vor
geht, hier nun einige Beispiele von der Behandlung politischer
Gefangener, die in auch den Dokumenten der KPI (maoistisch) zu finden
sind.
Genossin Janu berichtete im Mai 2014 von
ihrer Festnahme. Sie brachte im September 2011 einen erkrankten
Genossen aus der Guerillazone, wo er behandelt werden sollte und wurde
dort nach dem Verrat eines Polizeiinformanten durch eine Polizeiaktion
mit etwa 800 Polizisten festgenommen. Die Polizei transportierte sie
durch verschiedene Polizeiwachen, in denen sie geschlagen und verhört
wurde, unter anderem wurde sie in einem Polizeilager mit Schlägen und
Elektroschocks gefoltert. Der Genosse, der mit ihr festgenommen wurde,
wurde dort vor ihren Augen trotz seiner Krankheit an einen Baum
gefesselt, verprügelt und durch den Hals gebohrt. Bei ihrem Protest und
Versuch dem Genossen zu helfen, wurde sie selbst erneut verprügelt, an
einer Stelle wurde ihr auch eine olivfarbene Uniform gezeigt und ihr
angedroht, dass diese ihr angezogen und sie dann erschossen würde. Diese
gängige Praxis wird „Fake Encounter“ genannt. Gefangen wird hierbei
eine Uniform der Maoisten angezogen, entweder bevor oder nachdem sie
getötet werden. Die Reaktion versucht so in der Öffentlichkeit ihre
grausamen Morde an unschuldigen Menschen zu vertuschen, indem sie danach
öffentlich sagen, sie hätten Maoisten in einem angeblichen Gefecht
getötet, daher auch der Name „Fake Encounter“.
Ein Adivasi, der 2014 nach vier Jahren
von allen Anklagen freigesprochen wurde, berichtet, dass es im Knast
Jagdalpur Räume zur Isolationsfolter ohne Licht und Lüftung gibt. Weiter
berichtet er auch, wie andere gefangene Genossen von Nambardars, die
gefangene Lumpen sind und unter dem Schutz der Gefängnisleitung stehen,
verprügelt, beleidigt und erniedrigt wurden.
Am Beispiel von Genossin Sheila zeigt
sich die Methode, wie die Reaktion die Genossen ohne Verurteilung im
Knast behält. Die Genossin wurde im Oktober 2006 in Rourkela in Odisha
festgenommen. Nachdem sie im Juli 2007 auf Kaution freigelassen wurde,
wurde sie vor den Gefängnistoren von der Polizei Jharkhands festgenommen
und nach Jharkhand gebracht, wo sie einer Anzahl von angeblichen Fällen
beschuldigt wurde. Bei zwei dieser Anschuldigungen wurden ihr Fälle von
Gewalt durch Maoisten angehängt, zu deren Zeitpunkt sie jedoch im Knast
war. Nachdem sie in vier der Fällen auf Kaution frei kam, wurde sie im
Februar 2012 erneut festgenommen, dieses Mal von der Dhanbad Railway
Police. Im Januar 2013 wurde sie ein weiteres Mal festgenommen, dieses
mal von der Polizei Bokaro mit einem neuen angehängten Fall. Zuletzt
wurde sie am 5. November 2014 in Bokaro festgenommen und zum Gericht in
Odisha gebracht.
Ein weiterer Fall ist Genossin Nirmala,
der 149 Fälle in unterschiedlichen Distrikten angehängt wurden, wovon
sie von 120 bereits freigesprochen wurde und mehr als sieben Jahre im
Knast verbrachte. Mit dieser Methode werden die Gefangenen die ganze
Zeit in Untersuchungshaft gehalten, ohne dass sie ein einziges Mal
tatsächlich und rechtskräftig verurteilt worden sind, was den hohen
Anteil an Gefangenen in Untersuchungshaft erklärt.
Teilweise kämpfen die politischen
Gefangenen in Indien mit organisierten Hungerstreiks, so nahmen
beispielsweise vom 30. Januar 2014 im ganzen Land hunderte an einem
unbegrenzten Hungerstreik teil. Gefordert wurden dabei die Genehmigung
von Freilassungen auf Kaution, schnellen und fairen Verhandlungen und
vieles mehr. Auch zur Durchsetzung von Tagesforderungen im Knast, was
Behandlung und Versorgung der Gefangenen angeht, werden Hungerstreiks
organisiert.
Ein erfreulicher Bericht aus dem Jahre
2014, ist der organisierte Ausbruch von Genossen der Kommunistischen
Partei Indiens (maoistisch) aus dem Gefängnis Chaibasa, in West
Singhbhum in Jharkand. Bereits am 16. Januar 2011 gab es hier einen
Ausbruch von drei Genossen der Partei, die aus ihren Zellen ausbrachen
und über die Gefängnismauern kletterten. Dieser Ausbruch hatte zur
Folge, dass die Sicherheitsmaßnahmen in allen Gefängnissen im
Bundesstaat Jharkand verstärkt wurden. Am 9. Dezember 2014 wurde der
zweite erfolgreiche Ausbruch von Genossen durchgeführt. Im Gefängnis
Chaibasa befanden sich zu dem Zeitpunkt des Ausbruchs 150 Genossen
verschiedener Ränge, Parteimitglieder, Mitglieder des revolutionären
Bauernkomitees, der Volksmiliz und sympathisierende Dorfbewohner. Eine
Gruppe von 20 Genossen beschloss, dass es vielmals besser ist, für die
Freiheit zu kämpfen und dabei zu sterben, als diese schreckliche Folter
zu erdulden. Nachdem sie den Beschluss zu fliehen gefasst hatten,
organisierten sie diesen Ausbruch und untersuchten die Gegebenheiten.
Sie planten die Aktion an einem Tag, an dem ein großer Markt neben dem
Knast war, in der Woche nachdem die verstärkten Sicherheitsmaßnahmen in
West Singhbhum wegen der Versammlung von Wahldelegationen wieder
zurückgenommen wurden. An dem Tag selbst warteten sie, bis die Gruppe
zusammen mit anderen Gefangenen von Gerichtsterminen zurück in den Knast
gefahren wurde und die drei Begleitfahrzeuge den Hof des Gefängnisses
verließen. Beim Verlassen des Transporters überwältigten sie die Wachen,
wobei andere Gefangene, die mit der Polizei unter der Decke steckten,
versuchten sie zu behindern. Bei dem Kampf mit den Wachen warfen
Genossen ihnen Chilipulver in die Augen und nahmen ihnen ihre Waffen ab.
Nachdem sie das Gefängnistor öffneten, zogen sie sich über den Markt
zurück, wo sie die Polizei nicht entdecken konnten. Danach liefen sie
zwei Nächte und einen Tag bis sie Genossen trafen und sich ihnen
anschlossen. Bei dem Ausbruch wurden fünf Genossen von den Wachen auf
dem Gefängnishof überwältigt, zwei von ihnen erschossen und die drei
anderen gefoltert, verprügelt und mit schweren Verletzungen wieder in
den Knast gesteckt. Die Reaktion ließ ihre Wut über die erfolgreiche
Aktion der Genossen an den Massen aus, die die Neuigkeiten feierten,
viele von ihnen wurden unter dem Vorwand von Durchsuchungen
zusammengeschlagen. Darauf folgend wurde die Repression gegen angebliche
gefangene Maoisten verschärft, sie wurden im Knast gefoltert, ihnen
wurde Freigang verweigert und Bücher abgenommen. In Reaktion darauf
boykottierten sie den Unabhängigkeitstag , wurden danach noch mehr
gefoltert und bekamen Morddrohungen von gefangenen Lumpen. Dieser
Gefängnisausbruch hat klar gezeigt, dass egal wie sicher die
herrschenden Klassen ihre Gefängnisse machen, sie niemals den Drang der
Revolutionäre nach Freiheit fesseln und sie schon gar nicht an der
Teilnahme der Revolution hindern können.
Nun noch einige Beispiel von bekannten
revolutionären politischen Gefangenen in Indien, für deren Freilassung
auch international Kampagnen durchgeführt wurden.
Genosse Saibaba
Einer der bekanntesten ist der
Universitätsprofessor und Vorsitzende der Revolutionären Demokratischen
Front Prof. G.N. Saibaba. Er wurde 2014 von Spezialkräften in ein Auto
gezerrt und entführt, nur Aufgrund seiner unnachgiebigen Familie musste
die Polizei zugeben, dass sie ihn verhaftet hatten. Ihm wird vorgeworfen
Verbindungen zur KPI (maoistisch) zu haben. Er ist zu 90%
schwerbehindert, sitzt im Rollstuhl und muss regelmäßig Medikamente
einnehmen, die ihm im Knast verweigert wurden, wodurch sich sein
Gesundheitszustand so stark verschlechterte, dass er auf Kaution
freigelassen wurde. Im Jahr 2016 wurde er erneut verhaftet und
eingesperrt und später wieder auf Kaution freigelassen. Am 7. März 2017
wurde Saibaba nun zu lebenslänglicher Haft verurteilt. Grund hierfür ist
das Repressionsgesetz „Unlawful Activities Preventions Act“, kurz UAPA
(zu dt.: Gesetz zur Vorbeugung ungesetzlicher Handlungen). Grundsätzlich
ein Gummiparagraph unter mit dem alle Aktivitäten angeklagt werden
können, die sich gegen den indischen Staat richten, unter dem Vorwand,
sie würden seine „Integrität“ und „Souveränität“ gefährden. Für den
schwerkranken Genossen ist dies sein Todesurteil. Der alte indische
Staat will ihn bewusst ermorden, was zuletzt die Verweigerung von
lebenswichtigen Medikamenten zeigte. Auch dieses Mal ist die
internationale Solidarität sehr groß und die Forderung nach seiner
Freiheit wird immer lauter.
Genosse Ajith in den Händen der Reaktion
Ein weiterer wichtiger Gefangener ist
Genosse Ajith, dessen bürgerlicher Name Murali Kannampilly ist, der für
die revolutionäre Bewegung in Indien und die Kommunistische Partei
Indiens (maoistisch) bedeutsamer Kader ist. Er stammt aus Irumpanam im
Distrikt Ernakulam, Bundesstaat Kerala, und ist der Sohn eines
ehemaligen Diplomaten der unter anderem auch als Botschafter Indiens in
China tätig war, Kannampilly K. Menon. In den frühen 1970er Jahren
begann Ajith seine revolutionäre Tätigkeit während seines Studiums an
dem Regional Engineering College in Kozhikode, im Bundesstaat Kerala.
Ein entscheidendes Ereignis im Leben des Genossen war die Folterung und
anschließende Ermordung in Haft von P. Rajan, mit dem er zusammen
studierte. Auf Basis des Ausnahmezustands wurde der Genosse 1976 von
Spezialeinheiten der Polizei von Kerala verhaftet, der Grund war ein
Angriff von Maoisten auf eine Polizeikaserne im Distrikt Kozhikode. Er
überlebte das berüchtigte Folterlager in Kakkayan in den Außenbezirken
Kozhikode und wurde anschließend in das Zentralgefängnis in Kannur
verlegt. Aus diesem wurde er im Jahr 1977 im Zuge der Aufhebung des
Ausnahmezustands entlassen. Im Anschluss daran wurde der Genosse ein
Vollzeitrevolutionär. In den vier Jahrzehnten seines Dienstes an der
Revolution errang der Genosse viele Verdienste, sowohl in Theorie als
auch in Praxis. Er kümmerte sich nur um die Unterdrückten, war
freundlich und kämpfte immer gegen den Egoismus – so beschreiben ihn
Weggefährten. Politische Ökonomie und die Lebensbedingungen der Dalit
sind für ihn zentrale Themen, was in seinem Werk „Land, Kaste,
Frondienst“ („Land, Caste, Servitude“), das eine Analyse der sozialen
Beziehungen auf dem Land in Kerala ist, besonders zum Ausdruck kommt.
Der Genosse ist Autor von mindestens fünf Büchern und hunderten Artikeln
verschiedenster Themen, unter anderem Feminismus und die nationale
Frage in Indien. In den vier Jahrzehnten als Mitglied einer verbotenen
Organisation wurde der Genosse nicht ein einziges Mal fotografiert, so
sagt man zumindest, was es ermöglichte, z.B. auszureisen und am Treffen
der Revolutionären Internationalistischen Bewegung 1984 in Frankreich
teilzunehmen und für diese Aufgaben im Bezug auf die Revolution in
Indien und Nepal zu übernehmen. Der Genosse scheute die Härten des
revolutionären Lebens auch nicht, als er begann, an einer koronalen
Herzerkrankung zu leiden. Vor wenigen Jahren erst musste er sich deshalb
unter den Bedingungen der Illegalität einer Operation am offenen Herzen
unterziehen. Am 9. Mai 2015 befand sich der Genosse zur weiteren
Behandlung seiner Krankheit im Morya-Krankenhaus in Talegaon Dubhade
nahe Pune und wurde dort von der sogenannten Antiterrorismuseinheit der
Polizei von Maharashtra zusammen mit Ismail Hamza verhaftet und
verschleppt. Die unzumutbaren Bedingungen seiner Verschleppung und das
Vorenthalten notwendiger medizinischer Behandlung haben mittlerweile
breite internationale Aufmerksamkeit erregt. So fordern unter Anderem
Professor G. N. Saibaba, Professor Noam Chomsky vom MIT, Professorin
Judith Butler von der UCLA, Professor Partha Chatterjee von der Columbia
Universität sowie weitere Intellektuelle, Schriftsteller, Journalisten
und Menschenrechtsaktivisten seine Freilassung. Auch von internationalen
revolutionären Kräften wurde nach seiner Verhaftung eine breite
internationale Kampagne für seine Freilassung begonnen.
Genosse Kobad Ghandy
Der letzte Genosse, über den wir
schreiben wollen, ist Kobad Ghandy. Er wurde im September 2009
festgenommen und ihm wurden über zwanzig Fälle angehängt, hauptsächlich
unter dem Vorwand des sogenannten UAPA. So wird Kobad Ghandy unter
anderem vorgeworfen, eine aufrührerische Rede an der Universität von
Punjab gehalten zu haben. Er selbst schrieb am 10. November 2015 einen
Brief mit Stellungnahmen zu einigen der Vorwürfe gegen ihn, der hier
zitiert werden soll:
„Heute, nach einer Anfrage auf
Akteneinsicht (nach Right to Information Act, 2005), wurde mir die Kopie
einer Anzeige aus Jharkhand geschickt. Es scheint, dass nach meiner
Festnahme 2008 mein Name in diesem Fall angefügt wurde, bei dem ein Mob
von 500 unbekannten Menschen ein Polizeilager in Bokaro 2007 angegriffen
hat. Dies ist das erste Mal, dass ich von diesem Angriff höre,
geschweige denn Teil davon gewesen zu sein. Dass ich in meinem Leben
noch nie in Bokaro in Jharkhand war, ist eine andere Sache. Es wurde
keine Anzeige gegen mich aufgenommen, als der Angriff stattfand. Und
jetzt kommt die Polizei Jharkhands, um mich neun Jahre nach dem Vorfall
festzunehmen.
In Andhra Pradesh griff die Polizei auf die Methode ein falsches Geständnis zu verfassen zurück (auf Telgu, einer Sprache die ich nicht kann) und fügte auf dieser Grundlage meinen Namen zu etwa 15 Fällen von 1990 bis 2005 hinzu. Keines dieser „Geständnisse“ wurde überhaupt von der Polizei Jharkhands präsentiert, um meinen Namen zu diesem Fall hinzuzufügen. Die Legalität dessen ist fragwürdig.
Das gleiche beim Fall in den Westbengalen (ich habe die Anzeige noch nicht bekommen) und den Fällen in Patiala und Surat. Im Fall Patiala haben zwei Personen eine offenbar unbekannte Person eine „flammende“ Rede auf dem Boden der Universität Punjab halten sehen (sie nennen die Sprache nicht und ich spreche kein Punjabi). Zu diesem Zeitpunkt wurde keine Anzeige gegen Unbekannt aufgenommen. Aber im Februar 2010 wurde eine Anzeige gegen mich aufgegeben, fünf Monate nachdem ich in Tihar war. Trotzdem wurden ohne irgendeinen Beweis und nur aufgrund von Hörensagen ernsthafte Anklagen erhoben.
[...]Ich kann diesen Verhandlungen nicht beiwohnen bis die Verhandlung in Delhi vorbei ist, was mir mein verfassungsmäßiges Recht auf schnelle Fallabwicklung nimmt. Keiner dieser Verhandlungen hat überhaupt angefangen nach sechs Jahren im Gefängnis.
Jetzt, wenn die Verhandlung in Delhi vorbei ist, werde ich eine Reihe von Verhandlungen ausstehen müssen – und das im Alter von 69 mit ernsten Herz-, Nieren- und Arthritisproblemen. Der Kardiologe zog ernsthaft in Betracht, dass ich einen Schrittmacher benötige, wenn mein Puls weiter unter 40 fällt.
Obwohl die Verhandlung in Delhi dem Ende zu geht, sah der Richter im September 2015 meinen Gesundheitszustand als so kritisch, dass er mir drei Monate vorläufige Freilassung auf Kaution zugestand. Nur um diese Freilassung zu nutzen, um eine richtige Behandlung zu bekommen (unmöglich im Gefängnis), werde ich jetzt von einem Gericht/Gefängnis zum nächsten im ganzen Land gebracht, was nichts anderes als ein Versuch ist, mich umzubringen.“
In Andhra Pradesh griff die Polizei auf die Methode ein falsches Geständnis zu verfassen zurück (auf Telgu, einer Sprache die ich nicht kann) und fügte auf dieser Grundlage meinen Namen zu etwa 15 Fällen von 1990 bis 2005 hinzu. Keines dieser „Geständnisse“ wurde überhaupt von der Polizei Jharkhands präsentiert, um meinen Namen zu diesem Fall hinzuzufügen. Die Legalität dessen ist fragwürdig.
Das gleiche beim Fall in den Westbengalen (ich habe die Anzeige noch nicht bekommen) und den Fällen in Patiala und Surat. Im Fall Patiala haben zwei Personen eine offenbar unbekannte Person eine „flammende“ Rede auf dem Boden der Universität Punjab halten sehen (sie nennen die Sprache nicht und ich spreche kein Punjabi). Zu diesem Zeitpunkt wurde keine Anzeige gegen Unbekannt aufgenommen. Aber im Februar 2010 wurde eine Anzeige gegen mich aufgegeben, fünf Monate nachdem ich in Tihar war. Trotzdem wurden ohne irgendeinen Beweis und nur aufgrund von Hörensagen ernsthafte Anklagen erhoben.
[...]Ich kann diesen Verhandlungen nicht beiwohnen bis die Verhandlung in Delhi vorbei ist, was mir mein verfassungsmäßiges Recht auf schnelle Fallabwicklung nimmt. Keiner dieser Verhandlungen hat überhaupt angefangen nach sechs Jahren im Gefängnis.
Jetzt, wenn die Verhandlung in Delhi vorbei ist, werde ich eine Reihe von Verhandlungen ausstehen müssen – und das im Alter von 69 mit ernsten Herz-, Nieren- und Arthritisproblemen. Der Kardiologe zog ernsthaft in Betracht, dass ich einen Schrittmacher benötige, wenn mein Puls weiter unter 40 fällt.
Obwohl die Verhandlung in Delhi dem Ende zu geht, sah der Richter im September 2015 meinen Gesundheitszustand als so kritisch, dass er mir drei Monate vorläufige Freilassung auf Kaution zugestand. Nur um diese Freilassung zu nutzen, um eine richtige Behandlung zu bekommen (unmöglich im Gefängnis), werde ich jetzt von einem Gericht/Gefängnis zum nächsten im ganzen Land gebracht, was nichts anderes als ein Versuch ist, mich umzubringen.“
Kobad Ghandy wurde inzwischen von
mehreren Anklagen freigesprochen, muss aber wegen der weiteren noch
immer im Gefängnis sein Dasein fristen.
Abschließend soll gesagt sein: Egal in
welchem Land der Imperialismus und seine Lakaien gegen die kämpfenden
Völker vorgehen, ist es die Pflicht der revolutionären Bewegung aller
Länder, gegen diese Repression zu kämpfen. Die indischen Genossen zeigen
immer wieder ihre Entschlossenheit gegen die bestehenden
ausbeuterischen und unterdrückenden Bedingungen, die der Imperialismus
in Indien gegen das Volk schafft, zu kämpfen und den Volkskrieg weiter
zu entwickeln. Es ist wichtig ihnen die Solidarität der Revolutionäre
weltweit zu zeigen, denn sie eint der Kampf gegen den Imperialismus und
seine Lakaien. Der Volkskrieg in Indien wird sich weiter entwickeln, er
kann nicht hinter Gitter gesperrt oder in Blut ertränkt werden. Am Ende
wird das indische Volk ihre Unterdrücker beiseite fegen und ein neues
Indien aufbauen.
- Geschrieben von jala
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