Dienstag, 30. Mai 2017
Gesetzesdebatte im türkischen Parlament: Willst Du klagen, brauchst Du Kohle
Ein neues Gesetz über Arbeitsgerichtsbarkeit in der Türkei wird
gegenwärtig im türkischen Parlament diskutiert. Selbst wenn es, wie in
diesen Fragen auch anderswo üblich, scheinbar vor allem um
Verfahrensfragen geht, zeigt sich der Charakter der AKP-Politik im
Dienste der Unternehmer auch dabei sehr deutlich. Zum ersten muss vor
dem Gang zum Gericht ein Schlichter angerufen werden und erst, wenn
dieser innerhalb von drei Wochen (mit Verlängerungsmöglichkeit) keine
Lösung finden kann, ist der Weg zur Klage beim Arbeitsgericht möglich.
So weit, so schlecht, aber: Der Schlichter muss bezahlt werden. Und
zwar zu gleichen Teilen von beiden Seiten – sprich 50% der Kosten
müssen vom klagenden Beschäftigten aufgebracht werden. Zwar müsste
sich selbst bis zu Erdogans Leuten herum gesprochen haben, dass in der
Regel Beschäftigte nicht gleich viel Kohle wie Unternehmer haben, aber
das ist ihnen ja nicht nur egal, sondern passt genau in das (nicht
nur) neoliberale Konzept von „gleichgestellten Vertragspartnern“ (ein
Dauerthema, zu dem sich verschiedentlich und vor langer Zeit auch ein
Trierer Philosoph und Ökonom äußerte). In dem Artikel „Turkey’s
Parliament debates ‘Legislation preventing worker’s struggle for legal
rights’“ am 27. Mai 2017 bei Evrensel Daily wird dazu auch darauf
verwiesen, dass es im letzten statistischen Zeitraum vor den
Zivilgerichten (die durch die Ausweitung der Arbeitsgerichtsbarkeit
„entlastet“ werden sollen) rund 3,5 Millionen Verfahren gegeben habe,
von denen rund 15% Arbeitsbeziehungen betrafen – also rund eine halbe
Million Fälle, Hinweis darauf, dass es mit den Arbeitsbeziehungen in
der Türkei nicht eben zum Besten steht
https://www.evrensel.net/daily/321346/turkeys-parliament-debates-legislation-preventing-workers-struggle-for-legal-rights
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen