Stuttgart, 10. Dezember 2017
Pressemitteilung
10. Dezember, Internationaler Tag der Menschenrechte
Mexiko:
Geplantes Gesetz zur „inneren Sicherheit“ soll den Einsatz
des Militär im Land legitimieren - national und
international große inhaltliche, verfassungs- und
menschenrechtliche Bedenken
Ein
halbes Jahr vor den Präsidentschaftswahlen im Juli 2018
plant die Regierung, den Einsatz des Militärs im
Landesinneren gesetzlich zu legitimieren und auszuweiten.
Eine derartige Regelung widerspricht sowohl der
mexikanischen Verfassung (Art. 21), als auch den
Empfehlungen der UN und des Interamerikanischen
Menschenrechtssystems.
Gleichzeitig
haben Bedrohungen, Verfolgung und Einschüchterungen von
Menschenrechts-verteidiger*innen und Morde an
Journalist*innen in 2017 zugenommen.
Am 30.
November stimmte die Mehrheit der Abgeordnetenkammer des
mexikanischen Kongresses für einen Gesetzesentwurf zur Inneren
Sicherheit. Dieser wurde zur schnellen Weiterbehandlung an den
Senat verwiesen. Durch das Gesetz soll der Einsatz des
Militärs im Landesinneren gesetzlich verankert werden.
Dies
widerspricht den Empfehlungen der UN und des
Interamerikanischen Menschenrechtssystems, einen
Rückzugsplan für den Einsatz des Militärs zu entwerfen und es
von der Wahrnehmung von Sicherheitsaufgaben im Inneren des
Landes abzuziehen. Vielmehr sollten zivile Sicherheitskräfte
für die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität ausgebildet,
sowie eine effiziente Strafverfolgung umgesetzt werden.
Bereits
heute agieren Marine und Armee in 26 Bundesstaaten: Der
Einsatz führte zu einer Verschlechterung der
Menschenrechtslage und Übergriffe blieben überwiegend
straflos, wie nationale und internationale
Menschenrechtsorganisationen dokumentierten.
Laut einer Studie des Instituts “Belisario Dominguez”
des mexikanischen Senats vom Januar 2017 wurden seit 2006 in
sieben Bundesstaaten mit hohen Mordraten Militärs eingesetzt:
In sechs dieser Bundesstaaten nahm die Gewalt in der Folge
deutlich zu. In zehn Jahren Einsatz, gab es weder eine
öffentliche Evaluierung der Durchführung des Militäreinsatzes
und der erzielten Resultate noch eine detaillierte Analyse der
Polizeieinheiten des Landes. In
den Bundesstaaten, in denen in den letzten Jahren Angehörige
des Militärs als Minister für öffentliche Sicherheit
eingesetzt wurden, befinden sich heute die 50 gewalttätigsten
Landkreise bundesweit. In einem Drittel der 32 Bundesstaaten
Mexikos sind Militärangehörige für die innere Sicherheit
verantwortlich. Fünf dieser Bundesstaaten gelten mittlerweile
als die unsichersten in Mexiko.
Das Ziel,
eine militärische Lösung zu favorisieren, ohne die grassierend
hohe Straflosigkeitsrate von über 95% drastisch zu senken,
kann unter diesen Voraussetzungen nicht funktionieren. Es
besteht die Gefahr, dass die Verabschiedung eines derartigen
Gesetzes zu einem weiteren Anstieg von
Menschenrechtsverletzungen führt und die Bedrohung von
Menschenrechtsverteidiger*innen anhält.
Wie das
mexikanische Menschenrechtsnetzwerk „Todos los derechos para
todas y todos“ in seinem Bericht vom 5. September 2017
feststellt, sind besonders Menschenrechtsverteidiger*innen von
Bedrohungen, willkürlichen Verhaftungen und Verschwindenlassen
betroffen. An diesen Straftaten sind staatliche Akteure in
hohem Maße beteiligt. 2016 wurde Mexiko von der Organisation
„Reporter Ohne Grenzen“ als gefährlichstes Land für
Medienschaffende außerhalb von Kriegsgebieten bewertet.
Innerhalb des laufenden Jahres wurden bislang 11
Journalist*innen in Mexiko ermordet. Bei den Fällen von
getöteten Journalist*innen liegt die Straflosigkeit laut dem
vorläufigen Bericht der Sonderberichterstatter für
Meinungsfreiheit der UNO und der Interamerikanischen
Menschenrechts-kommission vom 4. Dezember diesen Jahres bei
fast 100%.
Zur
wirksamen Bekämpfung der Übergriffe müssen strafrechtliche
Ermittlungen effizient ausgeübt, bestehende
Schutzmechanismen gestärkt und präventive Maßnahmen zum Schutz
von Menschenrechtsverteidiger*innen und Journalist*innen
entwickelt und umgesetzt werden.
Zur
Bekämpfung der Straflosigkeit hat der UN-Hochkommissar für
Menschenrechte u. a. empfohlen, einen beratenden Ausschuss
einzusetzen, der die Gründe für die Straflosigkeit aufarbeitet
und Strategien zu ihrer wirksamen Bekämpfung erarbeitet.
Aber
stattdessen sind „Übergriffe auf
Menschenrechtsverteidiger*innen in Mexiko mittlerweile zu
einer gängigen Praxis geworden“, so der Leiter des
mexikanischen Menschenrechtsnetzwerks, Fernando Ríos Martínez.
„Es fehlt an dem politischen Willen der Regierung, diese
Menschen zu schützen“.
Ríos
Martínez befindet sich vom 4. bis 15. Dezember in Europa, um
die Studie des Netzwerks vorzustellen. Ríos Martínez wird sich
in Berlin, Brüssel und Genf bei der deutschen Regierung, der
EU und der UNO dafür einsetzen, dass die internationale
Staatengemeinschaft diese Forderungen unterstützt.
Informationen
zur Menschenrechtslage in Mexiko finden Sie unter:
Kontakt:
Deutsche Menschenrechtskoordination Mexiko
Deutsche Menschenrechtskoordination Mexiko
---------------------- Deutsche Menschenrechtskoordination Mexiko / Coordinación Alemana por los Derechos Humanos en México Blumenstraße 19 70182 Stuttgart Deutschland Tel. +49-(0)711-57 64 68 79 Web: www.mexiko-koordination.de_______________________________________________
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