Genehmigungen für
Gensoja-Anbau zurückgezogen – Schwere Vorwürfe gegen Monsanto
Von Gerold Schmidt
Poonal v. 28.11.2017
(Mexiko-Stadt, 28. November 2017, npl).- In einer völlig
überraschenden Entscheidung hat das mexikanische
Landwirtschaftsministerium die im Juni 2012 dem Monsanto-Konzern
erteilte Genehmigung für die kommerzielle Aussaat von Gensoja in den
sieben Bundesstaaten Tamaulipas, San Luis Potosí, Veracruz, Chiapas,
Campeche, Yucatán und Quintana Roo widerrufen. Bisher war aufgrund
von richterlichen Entscheidungen nur der Gensoja-Anbau in einigen
Landkreisen des Bundesstaates Quintana Roo sowie im Bundesstaat
Campeche und Yucatán ausgesetzt worden, da dort die betroffene
Maya-Bevölkerung nicht konsultiert wurde. Die drei Bundesstaaten
bilden zusammen die Halbinsel Yucatán. Gerade die Befunde im
Bundesstaat Campeche waren maßgebend für den Widerruf.
Aussaat von Gensoja auch auf nicht beantragten Flächen
Der bereits Mitte September gefasste Beschluss, der erst Ende
vergangener Woche in der Öffentlichkeit bekannt wurde, gründet
sich auf zwei Argumentationslinien. Die im
Landwirtschaftsministerium zuständige Abteilung für „Gesundheit,
Unbedenklichkeit und Qualität im Agrar- und Ernährungssektor“
(Senasica) fand bei Prüfungen trotz der gerichtlichen
Aussetzungsbeschlüsse Gensoja auf Ackerflächen im Landkreis
Hopelchén, Bundesstaat Campeche. Auch auf Feldern, für die es nie
eine Aussaatgenehmigung gegeben hatte. Mit anderen Worten: Die
nicht genehmigte Aussaat von Gensoja fand zum Teil auf nicht
einmal beantragten Flächen statt.
Das bedeutet einen doppelten Verstoß. Außerdem entdeckten die
Prüfer*innen auf mehreren Feldern unter anderem im Landkreis
Hopelchén eine gentechnisch veränderte Sojasorte mit dem „Event“
(veränderte Pflanzenzelle) MON 89788-1. Dafür hat Monsanto niemals
einen Antrag bei den mexikanischen Behörden gestellt. Genehmigt
wurde 2012 Gensoja mit dem Event MON 04032-6. Dieses Vorgehen ist
eine weitere schwere Missachtung der Vorschriften.
Behörde Senasica: Wissentlicher Verstoß von Monsanto
gegen Biosicherheit
Die Vorgänge brachten Senasica zu der Überzeugung, dass Monsanto
als Hersteller des gentechnisch veränderten Saatgutes gegen seine
Verpflichtung verstoßen hat, die notwendigen Kontrollen und
Risikovorsorgen im Rahmen der Biosicherheit einzuhalten und zu
garantieren. Damit könnten schwere und/oder unumkehrbare Schäden
einhergehen.
Die Behörde ist von einer wissentlichen Zuwiderhandlung von
Monsanto überzeugt. Das nicht autorisierte Gensoja-Saatgut wurde
von dem Unternehmen „Comercializadora Mayorista del Golfo“
vertrieben. Dieses bekam von Monsanto die Lizenz, das Saatgut
unter dem Markennamen Soya Solución Faena auf den Markt zu
bringen.
Maya-Gemeinden kämpfen bereits seit einem Jahr gegen
illegalen Soja-Anbau
Verschiedene Initiativen auf der Halbinsel Yucatán und vor allem
die organisierten Maya-Gemeinden in Campeche hatten schon im
vergangenen Jahr auf den illegalen Anbau der Gensoja hingewiesen.
In diesem Jahr deuteten ihre eigenen Stichproben darauf hin, dass
der illegale Soja-Anbau den konventionellen Soja-Anbau in der
Region sogar deutlich übertraf. Mehrfach hatten sie dies vor
verschiedenen mexikanischen Behörden vorgebracht, waren jedoch
praktisch auf
taube Ohren gestoßen. Bezüglich des gerichtlich im
Nachhinein angeordneten Befragungsprozesses der betroffenen
Maya-Gemeinden über den Gensoja-Anbau machten Gemeinden und die
sie begleitenden Organisationen immer wieder auf Manipulationen
und Einschüchterungsversuche der Behörden aufmerksam. Dabei
sahen die Maya die Senasica-Abteilung des
Landwirtschaftsministeriums aufgrund ihres Auftretens vor allem
als Interessenvertreterin
von Monsanto an.
Auch Etappensieg der Kollektivklage vor
Bundeskammergericht
Unter den genannten Umständen wirkt die Entscheidung daher wie
ein kleines Wunder. Das Landwirtschaftsministerium bestätigt nun
auf einmal die Argumente und Befürchtungen, die die Gegner*innen
der Gensoja in Mexiko seit Jahren vorgebracht haben.
Möglicherweise hat dies eine Signalwirkung für den Einsatz gegen
den Anbau von Genmais in Mexiko. Ebenfalls Ende vergangener Woche
verzeichneten die Initiator*innen der 2013 vor Gericht
eingereichten sogenannten Kollektivklage
gegen den experimentellen und kommerziellen Anbau von Genmais
einen Etappensieg. Ein mexikanisches Bundeskammergericht entschied
am vergangenen Freitag, dass das 2013 von einem Richter als
Präventivmaßnahme beschlossene Genehmigungsverbot vorerst
aufrechterhalten bleibt.
Es ist nicht davon auszugehen, dass Monsanto klein beigibt. Im
Fall der Gensoja gibt es bei den Maya-Gemeinden und ihren
Unterstützer*innen daher verhaltenen Optimismus. In Campeche, aber
auch den anderen Bundesstaaten wird es darum gehen, ob das
Gensojaverbot effektiv durchgesetzt wird. Zudem hat der Anbau der
Monokultur – sowohl als konventionelle wie auch genveränderte Soja
– in Campeche bereits zur umfangreicher Entwaldung und der
Kontaminierung des Grundwassers durch Glyphosat geführt.
Chiapas98 Mailingliste
JPBerlin - Mailbox und Politischer Provider
Chiapas98@listi.jpberlin.de
https://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/chiapas98
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen