Montag, 14. August 2017

.ausgestrahltNews | Brokdorf rauf – Sicherheit runter

Lieber Emil Schlenz,
sechs Monate lang stand das AKW Brokdorf still, ohne dass jemand den Atomstrom aus Schleswig-Holstein vermisst hätte – außer Eon und Vattenfall natürlich. Tatsächlich ist der Betrieb des letzten Atommeilers im nördlichsten Bundesland reiner Selbstzweck; wie überall profitieren auch hier allein die Anteilseigner: Auf Kosten des Ausbaus erneuerbarer Energien; auf Kosten der Stromzahler*innen; auf Kosten nachfolgender Generationen; auf Kosten der Sicherheit …
„Dank“ der tatkräftigen Beihilfe des schleswig-holsteinischen Energiewendeministeriums ist das AKW Brokdorf seit dem 30. Juli wieder am Netz – obwohl die Ursache für die ungewöhnlich starken Korrosionsschäden an mehreren Brennstäben des Reaktors nach wie vor nicht geklärt ist. Im Februar hatte der zuständige Minister Robert Habeck zugesichert, dass Eon nicht wieder anfahren dürfe, bevor die unbekannten Vorgänge im Inneren des Reaktors, die zu den rätselhaften Oxidablagerungen führen, restlos aufgeklärt und behoben seien – das ist nicht geschehen.
Wenige Wochen nach seiner Wiederernennung bricht Habeck sein Versprechen. Grundlage für die an Eon erteilte Betriebsgenehmigung sind Vermutungen, Annahmen, Spekulationen, die die Atomaufsicht ohne Not selbst angestrengt hat. Der Betreiber, der eigentlich in der Verantwortung steht, die Umstände aufzuklären, konnte bislang keine schlüssigen Ergebnisse vorweisen. Die „Lösung“, die dem mageren Sicherheitsanspruch Habecks zu genügen scheint, um Eon den Weiterbetrieb des AKW Brokdorf nun doch zu erlauben, ist ein Blick in alte „Jahrbücher“: Damals, in den Jahren bis 2006, lief der Reaktor mit einer auf 95 Prozent gedrosselten Leistung und der halben Lastwechselgeschwindigkeit. Damals wurden keine vergleichbaren Schäden an Brennstäben des gleichen Typs festgestellt. Doch das Ministerium räumt selbst ein: „Noch nicht schlüssig, abdeckend und widerspruchsfrei sind die chemischen und physikalischen Einzelparameter (…) und ihr quantitativer Beitrag zu dem Prozess geklärt.“
Hintergrundinformationen zum Sicherheitsrisiko durch oxidierte Brennstäbe und zur fahrlässigen Entscheidung der schleswig-holsteinischen Atomaufsicht in den aktualisierten Fragen und Antworten zu den Problemen in Brokdorf.

Weitere aktuelle Informationen in diesem Newsletter:
1. Nächtliche Projektion in Gundremmingen
2. Neckar-Castor vorerst gestoppt
3. Jetzt bestellen: GundremmingenAkut
4. Blick über den .ausgestrahlt-Tellerrand

Herzliche Grüße
Jochen Stay
und das ganze .ausgestrahlt-Team

1. Nächtliche Projektion in Gundremmingen
Gemeinsam mit dem Umweltinstitut München hat .ausgestrahlt heute in den frühen Morgenstunden ein leuchtendes Zeichen gegen die Sicherheitsbedrohung durch das Atomkraftwerk Gundremmingen gesetzt. „Block C: Endgültig vom Netz!“ war in großen Lettern auf dem Kühlturm des aktuell abgeschalteten Kraftwerksblocks zu lesen. Die nächtliche Aktion ist ein weiterer Aufruf an den Betreiber und die verantwortlichen Politiker*innen, den Reaktor aufgrund der gravierenden Sicherheitsmängel noch in diesem Jahr endgültig abzuschalten. Reaktorblock C soll nach einer Revision heute Mittag wieder angefahren werden. Die Pressemitteilung mit Fotos von der Projektion gibt es hier.

2. Neckar-Castor vorerst gestoppt
EnBW setzt die Castor-Transporte auf dem Neckar bis Ende August aus. Hintergrund ist offiziell ein laufendes Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG). Die Gemeinde Neckarwestheim hatte beim OVG Beschwerde gegen den Eilbeschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom Juni 2017 eingelegt. Dieser bekräftigte den Sofortvollzug der Transportgenehmigung. Inoffiziell dürfte die Pause auch etwas mit den Sommerferien zu tun haben, die zu Personalengpässen bei der Polizei führen. Der zweite Castor-Transport wird voraussichtlich im September fahren. Aktuelle Infos gibt es auf der Bündnis-Website „Neckar castorfrei“.

3. Jetzt bestellen: GundremmingenAkut
Neu im .ausgestrahlt-Webshop: 18 Pfefferminz-Dragees in Jodtabletten-Aufmachung mit informativem Beipackzettel zu den Risiken und Nebenwirkungen des AKW Gundremmingen. „GundremmingenAkut“ erhöht die Aufmerksamkeit vor dem Störfall – bei einem Super-GAU helfen die Pillen ebenso wenig wie Jodtabletten.
Passend für unterschiedlich große Geldbeutel, können die „GundremmingenAkut“-Tabletten zum ermäßigten Preis (1 Euro), zum normalen Preis (1,50 Euro) oder zum Soli-Preis (2 Euro) bestellt werden.

4. Blick über den .ausgestrahlt-Tellerrand
Der ASSE II-Koordinationskreis hat eine Broschüre zu den ungelösten Konflikten im Begleitprozess zur Schließung des Atommülllagers Asse veröffentlicht. Druckexemplare sind auf Anfrage erhältlich. Kontaktdaten und die kostenlose PDF-Fassung gibt es hier.

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.ausgestrahlt ist eine bundesweite Anti-Atom-Organisation. Wir unterstützen Atomkraftgegner*innen, aus ihrer Haltung öffentlichen Protest zu machen. Mit diesem Newsletter informieren wir über Kampagnen, Aktionen und politische Entwicklungen.
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