Freitag, 15. Juli 2016

War Elie Wiesel das Gewissen der Welt?

2009 hat Wiesel mit ganzseitigen Anzeigen in zahlreichen großen Zeitungen auf dem amerikanischen Kontinent dafür geworben, dass Jerusalem allein den Juden gehört. Das begründete er mit Argumenten, die aus einer bisweilen peinlichen Mischung aus Rassismus, Pathos und Geschichtsklitterung bestanden.

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Der Semit vom 5. Juli 2016 

von Abi Melzer

Elie Wiesel ist gestorben und die Weltpresse wird nicht müde ihn zu loben und zu preisen. „Elie Wiesel verkörperte die Entschlossenheit des menschlichen Geistes, die dunkelsten Teufel zu bezwingen.“ Sagte Israels Staatspräsident Reuven Rivlin. „Sein Leben war dem Kampf gegen jede Form von Hass gewidmet – er war uns ein Vorbild.“ Und für Bundeskanzlerin Angela Merkel war Wiesel „ein eindringlicher Mahner und ein großherziger Versöhner.“ Und sie vergisst nicht zu erwähnen, dass Elie Wiesel „uns Deutschen die Hand ausgestreckt hat.“ Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland sagte, Wiesel „stiftete durch sein Wirken Frieden und Versöhnung.“
Soviel Heuchelei und peinliche Lügen sind selten über einen Toten gesagt und geschrieben, getwittert und über facebook verbreitert worden. Den Vogel schoss US-Präsident Barack Obama ab: Elie Wiesel „Das Gewissen der Welt.“ 
Wiesel hat sich zuletzt für sudanesische Flüchtlingskinder eingesetzt, mit ungebrochenen Elan. Sein Leben lang hat er sich für Holocaust-Überlebende eingesetzt, aber auch für die Unterstützung Israels. Er verwandelte sich von einem Opfer von Kriegsverbrechen zu einem Unterstützer von solchen. Er hat mehr Unrecht verschwiegen, als solches aufgedeckt. Wiesel hat die jüdischen Siedler in Palästina bei der ethnischen Säuberung Ost-Jerusalems unterstützt und den Genozid an den Armeniern verneint.
Wiesel sagte: „Ich habe geschworen, nie leise zu sein, wann immer und gleichgültig wo Menschen Leid und Erniedrigung erdulden müssen.“ Über die Erniedrigung der Palästinenser und deren Leid hat er jedoch geschwiegen. Dabei waren es seine Worte: „Man muss immer Partei ergreifen. Neutralität hilft dem Unterdrücker, niemals dem Opfer. Stillschweigen bestärkt den Peiniger, niemals den Gepeinigten.“
„Elie Wiesel ist einfach ein furchtbarer Hochstapler“, urteilte Noam Chomsky über den wohl prominentesten Holocaust-Überlebenden. Man erinnert sich auch an die zutiefst beschämende Art und Wiese, wie Wiesel es verhindert hat, dass im Holocaust Memorial Museum nur der jüdischen Opfer des Holocaust gedacht werden durfte. Alles andere ist Wiesel zufolge eine Verzerrung der Geschichte und kommt dem Versuch gleich, den Juden „den Holocaust zu stehlen.“
2009 hat Wiesel mit ganzseitigen Anzeigen in zahlreichen großen Zeitungen auf dem amerikanischen Kontinent dafür geworben, dass Jerusalem allein den Juden gehört. Das begründete er mit Argumenten, die aus einer bisweilen peinlichen Mischung aus Rassismus, Pathos und Geschichtsklitterung bestanden. Er schrieb in dieser Anzeige: „Für mich, als Juden, steht Jerusalem über der Politik. Es ist in der Bibel mehr als 600 Mal erwähnt, aber im Koran nur einmal.“ Damit argumentiert er auf dem gleichen Niveau wie die rechtsradikalen Siedler. Mekka ist im Koran namentlich auch nur einmal erwähnt. Der Logik Wiesels zufolge kann Mekka unmöglich eine wichtige Rolle im Islam spielen.
Wiesel schreibt weiter: „Jerusalem gehört dem jüdischen Volk.“ Diese pathetisch-romantische Auffassung von Jerusalem mag sehr wohl von bestimmten Gruppen strenggläubiger Juden geteilt werden, nicht aber von einem Menschen, der angeblich „das Gewissen der Welt“ sein soll. Vollends zum Propagandisten wird Wiesel mit seiner Behauptung, es sei Juden, Christen und Moslems erlaubt, in der ganzen Stadt Häuser zu bauen, die die Wirklichkeit vor Ort schlicht verdreht. Es kam ihm offensichtlich auf die Standfestigkeit seiner Behauptung, aber nicht auf ihren Wahrheitsgehalt an. Damit hat voll Rückendeckung für Annexionspolitik Netanjahus gegeben.
Sidra DeKoven Ezrahi, Professorin an der Hebrew University in Jerusalem, hat die angemessene Wertung zu Wiesels Propaganda abgegeben: „Es seien nicht nur die Siedler, sondern auch Leute wie Wiesel, die mit ihrem Hang zu Mythos und religiösen Erlösungsphantasien dafür sorgen, dass früher oder später auch diejenigen Israelis in tödliche Gefahr geraten, die mit dieser Weltanschauung nichts gemein haben.“
Es war immerhin Elie Wiesel, der anlässlich der Entgegennahme des Friedensnobelpreises sagte: „Die Welt wusste und schwieg. Und das ist der Grund, warum ich geschworen habe, niemals zu schweigen.“
Und tatsächlich, Wiesel schweigt nicht. Er hat aber nur eine Seite gewählt, und zwar die israelisch-jüdische. Die Menschen auf der palästinensischen Seite, die Leiden und Demütigungen ertragen mussten und immer noch müssen, interessierten ihn nicht. Es sind ja Muslime, keine Juden.
Die Überhöhung des Holocaust ins Sakrale war auch für die US-Amerikaner ein äußerst nützlicher Vorgang, relativierte diese Singularisierung doch alle anderen gewaltigen Verbrechen, die an der Menschheit begangen wurden zu Peanuts. Und wer’s nicht glaubt ist ein Leugner, eben ein Holocaustleugner.
Nicht zu fassen, dass Menschen, die solche Verdikte aussprechen, sich der Aufklärung Kants verpflichtet fühlen.

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