EU: Sagt Erdoğan, es reicht!
Der Putschversuch war der willkommene Anlass: Der türkische Staatspräsident Erdoğan hat die Macht vollständig ergriffen. Er nutzt sie erbarmungslos aus und inhaftiert alle, die ihm gefährlich werden könnten. Zehntausende Lehrer, Richter und Leiter von Universitätsfakultäten sind bereits entlassen, viele missliebige Soldaten sind inhaftiert. Die Säuberungen gehen weiter.[1]
Die Europäische Union fußt auf gemeinsamen Werten: Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Pressefreiheit sowie das Recht, sich frei zu versammeln, sich friedlich zu äußern oder der eigenen Religion nachzugehen. Noch erhält die Türkei den Wunsch aufrecht, Mitglied der EU zu werden. Es ist also jetzt an der EU, ihren Einfluss geltend zu machen. Sie muss helfen, diesen Angriff auf die Demokratie zu stoppen.
Wir Bürgerinnen und Bürger der EU müssen jetzt deutlich machen, dass wir eine klare Haltung der EU erwarten. Wir müssen von der Union und von unseren Regierungen fordern, dass sie sich klar gegen Erdoğans Aktionen aussprechen und die Beitrittsverhandlungen so lange aussetzen, bis Rechtsstaatlichkeit und Demokratie wieder hergestellt sind.
Die Säuberungen bedeuten nicht allein Entlassung oder gar Inhaftierung, sie zielen auch direkt darauf, den Menschen die Würde zu nehmen. Inhaftierte werden vorgeführt: In Unterwäsche und offensichtlich geschlagen. Ein Recht auf einen Anwalt ist ihnen entzogen. Den Toten wird ein Begräbnis nach islamischem Ritus verweigert – ein Tabubruch in der türkischen Gesellschaft.
Die ersten Säuberungen waren erst der Anfang. Am Mittwoch hat Erdoğan den Notstand ausgerufen und gestern folgte die befristete Aufhebung der Europäischen Konvention für Menschenrechte.[2] Diese Rechtsakte verbunden mit dem erbarmungslosen Vorgehen von Polizei und Militär bedeuten das Ende von Demokratie und Rechtsstaat. Die Zahl der Betroffenen kann sich rasch erhöhen. Es wird nicht nur Konkurrenten aus dem religiösen Lager treffen, sondern Gewerkschafter, linke Intellektuelle und Kurdinnen und Kurden.
Der Punkt ist erreicht, an dem ein besorgter aber windelweicher Kommentar nicht mehr ausreicht. Wer Mitglied der EU werden will, muss die Werte teilen und sie achten. Die EU muss jetzt handeln und die Beitrittsverhandlungen auf Eis legen. Lassen wir die EU wissen, dass es uns reicht und wir eine klare Ansage an Erdoğan erwarten.
Wir zerschneiden nicht das Band zu den Türkinnen und Türken in Deutschland, der Türkei oder anderswo - wir protestieren gegen eine türkische Staatsführung, die jedes Maß verloren hat.
Mika Leandro
und das gesamte WeMove-Team
und das gesamte WeMove-Team
PS: So sieht eine komplette Einschüchterung der Bevölkerung aus: Überall in der Türkei stehen Polizisten an öffentlichen Plätzen. Sie lassen sich die Smartphones geben, prüfen WhatsApp und Facebook auf Nachrichten, die sich gegen das Regime richten. Augenzeugen berichten: Einzelne werden rausgegriffen und abgeführt. Wir müssen aktiv werden und das tun, was uns möglich ist. Bitte unterzeichnen Sie die WeMove-Petition!
[1] http://www.bloomberg.com/news/articles/2016-07-20/erdogan-convenes-turkey-s-top-security-heads-as-purges-continue https://www.theguardian.com/world/2016/jul/19/turkey-sacks-15000-education-workers-in-purge
[2] http://www.independent.co.uk/news/world/europe/turkey-coup-attempt-human-rights-president-erdogan-purge-turkish-military-a7148166.html
EU: Sagt Erdoğan, es reicht!
Appell
An die Europäische Kommission
Die Europäische Union soll die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei sofort aussetzen. Sie muss entschlossene Schritte unternehmen, um sicher zu stellen, dass Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit in der Türkei gewahrt werden.
Mögliche Maßnahmen können unter anderem sein, eine EU-Beobachtermission zu entsenden, die die Entwicklung der Grundrechte und des Rechtsstaats verfolgt. Es gilt die türkische Zivilgesellschaft zu stärken, aber auch den Dialog mit der türkischen Regierung über Verbesserungen der Lage aufrecht zu erhalten.
Mögliche Maßnahmen können unter anderem sein, eine EU-Beobachtermission zu entsenden, die die Entwicklung der Grundrechte und des Rechtsstaats verfolgt. Es gilt die türkische Zivilgesellschaft zu stärken, aber auch den Dialog mit der türkischen Regierung über Verbesserungen der Lage aufrecht zu erhalten.
Warum ist das wichtig
In seiner völlig überzogenen Reaktion auf den versuchten Militärputsch hat der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan die Gelegenheit genutzt, einen großangelegten Angriff auf Rechtsstaatlichkeit und Demokratie zu starten. Er greift nach der vollständigen Macht in der Türkei. Dazu missachtet er die Grundrechte der türkischen Bürgerinnen und Bürger.
In den Tagen nach dem Putschversuch wurden zehntausend Zivilbeamte, Armeeangestellte, Lehrer und Wissenschaftler aus ihren Jobs entlassen und zum Teil inhaftiert - ohne ihnen das Recht zu gewähren, zu widersprechen oder gehört zu werden. Beamten ist es inzwischen verboten, das Land zu verlassen. Journalisten wurden ohne Gerichtsverfahren festgenommen, Medienanstalten geschlossen, zensiert oder gleich komplett übernommen [1].
Die hohe Geschwindigkeit, die Gründlichkeit und das Ausmaß mit dem die türkische Regierung vorgeht, deuten auf eine systematische und länger geplante Säuberung hin. Wir wohnen gerade einem kompletten Systemwechsel bei.
Die hohe Geschwindigkeit, die Gründlichkeit und das Ausmaß mit dem die türkische Regierung vorgeht, deuten auf eine systematische und länger geplante Säuberung hin. Wir wohnen gerade einem kompletten Systemwechsel bei.
Diese ersten Schritten sind nur ein Anfang weiterer Unterdrückungen: Unter dem Vorwand, die Demokratie schützen zu wollen, schlug Erdoğan sogar vor, die Todesstrafe wieder einzuführen. Er rief den Notstand aus und setzte kurz darauf die Europäische Menschenrechtskonvention [2] für die Türkei aus. Dies sind große Schritte in Richtung eines autokratischen Staats.
Die Türkei bemüht sich schon seit mehr als zwanzig Jahren, Mitglied der Europäischen Union zu werden. Die zähen Beitrittsverhandlungen zogen sich über Jahre hin. Die neusten Entwicklungen sollten jedoch ein Weckruf sein: in der europäischen Gemeinschaft ist kein Platz für ein Erdoğan-Regime. Ein Regime, das unsere Grundwerte zutiefst verletzt. Rechtsstaatlichkeit, Meinungsfreiheit und Minderheitenschutz müssen gewahrt werden. Die Türkei hat wichtige Beziehungen mit der EU in den Bereichen Handel, Migration und Sicherheit. Diese Bindungen sollten unsere Regierungen und die EU nicht davon abhalten, sie klar gegen den offensichtlichen Machtmissbrauch der Erdoğan-Regierung auszusprechen.
Wir fordern die Europäische Union dazu auf, die Beitrittsverhandlungen mit dem türkischen Regime zu unterbrechen und deutlich zu machen, dass die Bedingung für zukünftige Gespräche eine Garantie für Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und Demokratie ist.
[1] http://www.dw.com/de/t%C3%BCrkei-erdogan-verh%C3%A4ngt-dreimonatigen-ausnahmezustand/a-19415501
[2] https://www.tagesschau.de/inland/europaeische-menschenrechtskonvention-101.html#
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