AN DIE LEHRER_INNEN – IN ZUNEIGUNG.
Juli
2016.
An
die Lehrerinnen des
Magisterio (1) im Widerstand.
An
die Sexta nacional und
internacional.
An
die Besucher_innen und
Teilnehmenden des CompArte in der ganzen Welt.
Compas,
Schwestern-Brüder (2),
eceteras.
An
alle – unsere
Grüße und unseren Respekt. Wir
hoffen, dass Ihr gesund und zuversichtlich seid.
Wir
schreiben Euch, um Euch einige
andere Video-Beiträge zu präsentieren, die die Bases de Apoyo
Zapatistas (3)
für das CompArte vorbereitet hatten.
Es
handelt sich dabei um zwei Videos,
die den Frauen von unten, den linken Frauen – im
Besonderen den Lehrerinnen, die
kämpfen –
gewidmet sind.
Na,
dann mal los.
-*-
»EIN
DENKEN TANZEN«
Das
erste Video, das wir zeigen, kommt
aus dem Caracol La Garrucha. Es
bildet
einen Tanz ab, der den Titel trägt, »Die
Rechte der Frauen«.
Wie fast alles hier wurde er
kollektiv vorbereitet, von Männern und Frauen, von Jugendlichen,
die innerhalb
des zapatistischen autonomen Bildungssystems ausgebildet wurden.
Die Bases de
Apoyo kreierten, probten und bereiteten dieses Tanzstück für das
CompArte
vor. Die Erklärung der Zeremonien-Meisterin sagt
alles. Wenn Ihr
am Ende dabei landet, den Refrain, den Kehrreim zu wiederholen,
dann ist das
wohl normal. Jedoch sagen wir Euch: Wenn es Euch gelingt – wie die
Zeremonien-Meistern es nennt – »ein Denken zu tanzen«,
dann werdet ihr vielleicht
überdenken, dass die Künste nur dem Oben zugehören und die
Künste von unten lediglich
»Kunst-Handwerkereien«
sein sollen.
Der
Mut und der Wert des Tanzstückes
zeigt sich nicht nur in dem, was Ihr sehen und hören werdet,
sondern er liegt
auch in seiner Genealogie, seiner Vorgeschichte: Die Zona Selva
Tzeltal, deren
Rat der Guten Regierung seinen Sitz in La Garrucha hat, war die
letzte, wo
Frauen in die Organisierungsarbeiten einbezogen wurden. Und
derart –
wovon der Tanz oder die
Choreographie, oder wie man es auch immer nennt, spricht –
haben einige Frauen (zwei oder drei,
wie wir uns erinnern) angefangen. Die anderen Compañeras wurden
erst später in
alle verantwortlichen Arbeiten einbezogen, aber nicht weil die
Männer das
sagten, oder die Mandos (4) es befahlen, oder durch die
Schaffung eines Bewusstseins
(5), wie es verschiedene
feministische Gruppen durchzusetzen versuchten –
damals als wir »berühmt«
waren. Es waren die
zapatistischen Frauen selbst, die erklärten, die überzeugten und
sich
anschlossen.
So
liegt deshalb die Herausforderung
darin: Tanzt ein Denken – und danach sprechen
wir.
Das
Video ist von April 2016 und wurde
von »Los
Tercios Compas«
(6), copyleft: Rat der Guten Regierung etc., produziert.
/
Gender-Klatsch: Ein
Abgesandter der Underground-Sektion der Tercios Compas stieg
bis dorthin
hinunter, wo, unter der Erde, der verschiedene SupMarcos
schlecht ruht. Er
zeigte ihm das Video. Der Verstorbene machte lediglich Gesten
des Schmerzes und
erklärte: »Lass'
das mit dem Tanz, das wahre
Problem ist die Wirklichkeit.« Nachdem er gesehen hatte, wie
jede Compañera,
die sich dem Tanz anschloss, die Männer hinter sich ließ und
ihren Platz vorne
einnahm, schüttelte er missbilligend den Kopf, und bevor er in
seinen nicht
ewigen Schlaf zurück sank, sprach er: »Es
gibt keine Werte mehr...«
/
-*-
»DIE
MUSIKERINNEN«
(7)
Das
folgende Video ist nicht komplett.
Es besteht lediglich aus einem Teil von weniger als einer
Minute, weil...
weil..., nun ja, wegen technischer Probleme. Als wir unter uns
sprachen, erinnerten
wir uns daran: In den Festen und Feierlichkeiten früher (sagen
wir, vor mehr
als 22 Jahren) tanzten die Frauen nur. Man sah sie keinerlei
Musikinstrumente
spielen. Und es war mehr: Es gab keinerlei Vorstellung davon,
dass Frauen
jemals andere Musik außer den Kirchenliedern produzieren
könnten. Und darum
schaut und hört die Kampf-Geschichte, die hinter dem
Ranchera-Corrido-Balada-Cumbia-Norteña-Lied steckt. Das zeigt
das Video nicht:
Als wir die Verantwortlichen baten, die Musikgruppe für die
Aufnahme des Videos
zu rufen, sprachen sie unter sich: »Hör mal, such' die Musiqueras,
sie werden
von ihnen Fotos machen.«
Wenn
Ihr es geschafft habt, ein Denken
zu tanzen, könnt ihr vielleicht die Genealogie, eine Geschichte
vor diesen
Pasamontañas entdecken, die Geschichte, die die Violine umarmt
als ob sie ein
Wehrschild im Arm halte, und die Trompete ergreift als das, was
sie ist: ein
Schwert.
Das
Lied stammt von einem Kollektiv
aus der Gemeinde »OSO« (8), im
zapatistischen rebellischen Bezirk »Lucio
Cabañas«, Caracol der Zona Tzotz
Choj (9), in der Tzeltale, Tzotzile und Tojolabale leben. Der
Titel des Liedes
lautet, »Unsere
Forderungen«.
Das
Video wurde im April 2016 von »Los Tercios Compas«
produziert. Copyleft, oder wie man es
nennt, die selbigen.
-*-
Nun
gut, Compas und Nicht-Compas. Das
war's für dieses Mal.
Plötzlich,
vielleicht, wahrscheinlich,
wer weiß, womöglich – stellen wir an einem
anderen Tag, in Fotos und Videos,
mehr Beispiele von dem aus, was unser Beitrag zum CompArte
sein
sollte. Und
wir
wissen nicht,
womöglich,
wer weiß,
vielleicht –
werden
wir Euch von einer
Überraschung, die bevorsteht, sprechen.
Aus
den Bergen des Südosten Mexikos.
Subcomandante
Insurgente Moisés.
Subcomandante
Insurgente Galeano.
Mexiko,
Juli 2016.
AUS
DEM NOTIZHEFT DES GATO-PERRO
Gespräch,
aufgefangen vom
interstellaren Satelliten-System »Pozol' Systems«, im
Monat Juli des Jahres 2016, in den
festgestellten Koordinaten, aber ja, klar, man weiß es, es war:
Chiapas,
Mexiko, Amerika, Planet Erde – auf dem Wege zur
Auslöschung. Audio mit Defekt,
unmöglich zu bestimmen, ob ein Mann, eine Frau, einEr AndereR
spricht; oder ein
Tier, eine Pflanze, ein Mineral:
»Die
Lehrer«, »die
Leiter«, »die
Anführer«. Ha! Bloßes »-er«.
Und was ist mit den »-innen«?
Dort sind sie. Sind nicht
wenige. Nein, ich weiß die genaue Anzahl nicht. Außerdem, sehe
ich so aus, als
ob ich am Zählen bin? Hä? Wie viele annähernd? Das hier ist
kein Popularitätswettbewerb,
mein Guter. Sie da, immer mit Ihrer Größe der Anzahl, und Sie
landen dabei im
Zählen der Likes und Daumen
hoch, der
(Website-)Besuche und Twitter-Followers, der Unterzeichner und
Mitglieder, der
gezinkten Wahlzettel.... bis die Wirklichkeit von Ihnen
Rechenschaft fordert.
Ja, aber Ihre Logik von Wahrhaftigkeit und Korrektheit macht
mich wütend. Wenn
es nach Ihnen ginge, wäre die Scheiße (präsidialer)
Vor-Kandidat unter dem
Motto: »Millionen
von Schmeißfliegen können sich nicht irren.« Hä? Ja,
sicherlich, natürlich ist
es so. Aber schauen Sie, der Punkt ist nicht der, dass sie
zählen, sondern Sie
sollten es sein lassen zu quantifizieren. Nun gut, sagen wir
mal, wenn man das
von der Parität der Geschlechter auf die Lehrer- und soziale
Bewegung anwenden
würde, so wäre diese nicht erfüllt. Es sind mehr Sie als Er.
Und wenn wir uns
darauf beziehen, warum zählen Sie nicht die Sie-Er/Er-Sie, loas
elloas?
Dort sind auch sie. Ja, sozial, populär, das heißt, nicht nur
von der
Lehrerschaft, dem Magisterio. Gehen Sie und sehen Sie, weil
Sie sagen ja, es
seien Vandalen, Kriminelle, und es fehlt nur wenig, dass Sie
von »Terroristen«
sprechen würden. Dort
werden Sie die Marktfrau sehen, diejenige, die die Tortillas
macht und
verkauft, nun, die einfachen Leute. Leute, die sich die Seele
aus dem Leib
rennen, tagtäglich, zu jeder Stunde, um die Kohle fürs
schlechte Leben zu
erlangen. Ja, sie unterstützen nicht nur den Magisterio,
sondern fordern auch
Gerechtigkeit, Freiheit, Demokratie, eine gute Regierung. Hä?
Zapatistas? Kenn'
ich nicht, aber sie sind in ihren Caracoles, wenn Sie wollen,
dann gehen Sie
doch hin und fragen Sie sie. Ich spreche von der Blockade, die
mehr ein Camp
der Leute, ein populäres ist als eine Blockade. Was? Sie stört
der Ausdruck? Ah,
ja, klar, ihre Obsession mit dem »Populismus«.
Übrigens, hören Sie mal,
wie lächerlich, was Ihr Chef dort mit den Gringos machte...
Kanada? Bedeutet
das Gleiche. Die Geographie verändert nicht das Ergebnis. Wer
an dem einen Ort
ein Schwachkopf ist, ist es auch an dem anderen. Ach, na so
was, nichts gegen
den Genau-Genauen, den Notwendig-Exakten, gegen den, der
bezahlt? Ja, natürlich
spreche ich von den Frauen. Nicht von der Lehrer-Bewegung,
sondern von den
Frauen. Weil für Sie dienen diese ja nur dazu... Hä? Ohne
vulgäre Äußerungen?
Aber jaaa doch, wie heikel es mir entschlüpfte! Nun gut, dort
befinden sich die
Frauen. Einige sind Lehrerinnen, einige Angestellte, einige
Haus-Frauen oder
Papp-Haus-Frauen, weil sagen Sie mir nicht, diese Zimmerchen
aus Papp-Wänden
könne man »Haus«
nennen. Studierende, ja.
Akademikerinnen? Nun, ich werde auch nicht vorbeigehen, um
nach ihrem Titel,
Wählerinnen-Ausweis und so Sachen zu fragen. Nur, um zu sehen,
zu schauen, zu
hören, zu zu hören, zu lernen. Nun gut, ich sprach von den
Lehrerinnen. Dort
sind sie. Ja, sie wurden gleichfalls geschlagen, eingegast,
gejagt. Und was für
Dinge sie zu ihnen sagten. Nicht dass sie mir das erzählten,
ich habe es selbst
mitgekriegt. Und sehen Sie etwa, dass sie sich ergeben würden?
Sie lassen nicht
nach, nun, das heißt, sie sind keine, die aufgeben. Nein, sie
sind nicht durch
diabolische Kräfte manipuliert, und auch nicht Teil einer
Verschwörung. Sie
sind so, nun, ganz normal. Junge, Ältere, Alte. Ja, Dünne,
Dicke,
Durchschnittliche, in allen Hauttönungen. Sie sind
unterschiedlich, jedoch
ähneln sie sich, weil alle sind von unten und alle sind
Frauen. Schauen Sie,
worauf ich mich konzentriere, das ist der Blick. Und klar ist
ihr Blick zu
erkennen, wie ein »So!«,
ein »Nicht
mehr!«, ein »Nur
bis hierhin!«, ein »Es
reicht!« Warum? Ich weiß nicht, aber
ich glaube, weil sie bereits wissen, dass sie nicht alleine
sind...
Beglaubigt,
Wau.
Miau.
übersetzt
von lisa-colectivo malíntzin
Anmerkungen
der_die Übersetzer_in:
(1)
wörtlich: Lehrerschaft
(2)
im Original: hermanoas
(3)
wörtlich: zapatistische
Unterstützungsbasis: die Dörfer und Gemeinden
(4)
wörtlich: Befehlsgeber
(5)
im Original: concientización
(6)
wörtlich: die dritten Compas, die
Drittel-Compas
(7)
im Original: musiqueras;
zapatistische Wortneuschöpfung
(8)
wörtlich: Bär
(9)
Caracol Morelia
Quelle
mit den im Kommuniquee
erwähnten Videos:
_______________________________________________
Chiapas98 Mailingliste
JPBerlin - Mailbox und Politischer Provider
Chiapas98@listi.jpberlin.de
https://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/chiapas98
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen