Freitag, 15. Juli 2016

Arbeit 4.0 - Arbeitsrecht in Gefahr! Aktuelle Bedrohung des Arbeitsrechts



"Die französischen Gewerkschaften kämpfen seit Monaten gegen die 
Zerstörung arbeitsrechtlicher Errungenschaften. In Deutschland konnten 
in den letzen 30 Jahren zahlreiche Standards des Arbeitsrechts ohne 
jeden Widerstand der Gewerkschaften abgebaut werden. Nun schreitet die 
Bundesregierung unter dem Stichwort "Arbeit 4.0" offenbar zu einem 
auch ideologisch begleiteten Generalangriff auf das Arbeitsrecht. Dies 
gibt Anlaß, über die bisherigen Angriffe auf das Arbeitsrecht 
hierzulande nachzudenken und zu fragen, ob und wenn ja wie sich dieses 
Projekt von anderen Aktivitäten solcher Art unterscheidet..." Artikel 
von und bei Rolf Geffken vom 30.6.2016
http://www.drgeffken.de/index.php?id=aktuelleinfos&no_cache=1&tx_ttnews[tt_news]=387&tx_ttnews[backPid]=1

Besonders wichtig in diesem empfehlenswerten Text: "... Zum einen 
werden arbeitsrechtliche Schutzgesetze immer mehr unter 
"Tarifvorbehalt" gestellt: Von gesetzlichen Standards "darf" durch 
Tarifvertrag abgewichen werden. Dabei "dürfen" Betriebsräte meistens 
ihrerseits von tarifvertraglichen oder gesetzlichen Standards zu 
lasten der Beschäftigten abweichen, obwohl sie bekanntermaßen an die 
betriebsverfassungsrechtliche Friedenspflicht gebunden sind und kaum 
eigenen Druck auf die Unternehmen ausüben können. Die erste große 
Welle von "Abweichungen" erfolgte duch die "Flexibilisierung" der 
Arbeitszeit in Form von "Arbeitszeitkonten". (...)  Zum anderen wurde 
durch neue Managementkonzepte, die das bisherige autoritative sog. 
Harzburger Modell ablösen sollten, eine Art Individualisierung des 
Arbeitsrechts betrieben. Mit Hilfe sog. Zielvereinbarungen, 
Mitarbeitergesprächen, einer sog. Balanced Scorecard und anderen 
Methoden wurde der einzelne Beschäftigte zum "Schmied seines eigenen 
Glückes" erklärt. Betriebsräte waren und sind in diesem System ebenso 
wenig vorausgesetzt wie Gewerkschaften. Dennoch wirkten beide an der 
Implementierung dieses Systems mit, obwohl damit ein Paradigmenwechsel 
zurück in das 19. Jahrhundert verbunden war. (...) Als wäre all dieses 
noch nicht genug, hat die Bundesregierung n u n in ihrer Initiative 
Arbeit 4.0 einen ideologischen Generalangriff auf das klassische 
Verständnis vom Arbeitsrecht als einem Schutzrecht für Arbeitnehmer 
gestartet. Unter dem Vorwand einer angeblich vierten inustriellen 
Revolution ("digitale Revolution") wird überall dort, wo es 
digitalisierte Arbeitsplätze gibt, nicht nur das bisherige 
Arbeitsrechtssystem sondern auch - soweit noch vorhanden - das 
bisherige Arbeitszeitregime in Frage gestellt. Zugleich wird die 
totale Verfügbarkeit des Arbeitnehmers auch außerhalb seines 
bisherigen Arbeitsplatzes angestrebt. (...) Allerdings wissen 
Bundesregierung und Unternehmerverbände, daß dieses Projekt ohne 
Zustimmung, Mitwirkung oder Duldung von Gewerkschaften und 
Betriebsräten nicht durchsetzbar ist. (...) Völlig abwegig erscheint 
eine Beteiligung der Gewerkschaften an diesem "Dialog", dessen Ziel 
bereits feststeht. Ebenso abwegig aber ist es, wenn etwa die NGG in 
ihrer Kritik argumentiert, das Arbeitszeitgesetz etwa böte "bereits" 
hinreichend Möglichkeiten der Flexibilisierung. Damit kann man dem 
prinzipiellen Angriff auf arbeitsrechtliche Standards auf Dauer nicht 
begegnen. (...) Umso abwegiger ist es, wenn IG Metall-Vorstandsmitgied 
Hans Jürgen Urban behauptet, der Erfolg dieses Projekts hänge davon 
ab, wie (?) sich Betriebsräte und Gewerkschaften als 
"Humanisierungsaktivisten" durchsetzten (isw-analysen vom 29.6.2016) 
und dabei einer "digitalen Humanisierung" das Wort redet. Wir rufen 
zum BOYKOTT DIESES DIALOGS auf..."

Siehe dazu: Arbeiten in der Wirtschaft 4.0. Über kapitalistische 
Rationalisierung und digitale Humanisierung

"... Die Faszination technischer Zukunftserwartungen verdrängt die 
Erfahrungen mit den Folgen kapitalistischer Rationalisierung. Wenig 
spricht dafür, dass sich die Digitalisierung als eine 
sozialpartnerschaftliche Konsensmaschine erweisen wird. Auch bei der 
Industrie 4.0 handelt es sich zunächst und im Kern um eine 
Rationalisierungsstrategie bzw. -vision. Sie zielt auf die 
Erschließung umfassender Effizienzpotenziale, die durch neue 
Technologien sichtbar werden – mit entsprechenden Risiken für 
Beschäftigung, Entgelte und Arbeitsbedingungen. Den 
Rationalisierungscharakter der Digitalisierung anzuerkennen erfordert 
jedoch keineswegs, die Logik der Humanisierung zu leugnen, die den 
neuen Technologien ebenfalls innewohnt. Zweifelsohne tragen sie auch 
die Möglichkeit von weniger Arbeitsbelastungen und 
Gesundheitsverschleiß in sich, sind Arbeitserleichterungen und 
inhaltsreichere Arbeitsaufgaben denkbar. Doch ob sich die 
Humanisierungspotenziale gegen die kapitalistische 
Rationalisierungsdynamik behaupten können, ist keineswegs ausgemacht 
(…) Ob Technikeinsatz und Arbeitsorganisation im digitalisierten 
Unternehmen „gute Arbeit“ ermöglichen, wird nicht zuletzt davon 
abhängen, ob es Betriebsräten und Gewerkschaften gelingt, sich als 
Humanisierungsaktivisten im Digitalisierungsprozess durchzusetzen – 
mit eigenen Konzepten und hinreichender Verhandlungsmacht." Artikel 
von Hans-Jürgen Urban vom 28. Juni 2016 beim isw
https://isw-muenchen.de/2016/06/arbeiten-in-der-wirtschaft-4-0-ueber-kapitalistische-rationalisierung-und-digitale-humanisierung/

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