Von
Christina Bell
amerika21
Mexiko-Stadt.
Der Streik mexikanischer Lehrer gegen die Bildungsreform geht in seine
vierte Woche und weitet sich Tag für Tag aus. Zunehmend erhält der
Protest gegen den 2013 initiierten Reformversuch der Regierung
Unterstützung anderer Sektoren, wie Angestellten aus dem Bildungsbereich
und von Lokalverwaltungen. In den vergangenen Tagen fanden
Protestaktionen an verschiedenen Orten des Landes zeitgleich statt.
Besonderen Rückhalt hat die Bewegung in den Bundesstaaten Oaxaca,
Chiapas, Michoacán, Colima und Tabasco. Rund 13.000 Menschen
demonstrierten am Mittwoch in Morelia, der Hauptstadt Michoacáns.
Neben
den Protestmärschen kam es an mehreren Orten zur Besetzung von Büros
und Plätzen sowie zu Blockaden wichtiger Straßen. In Oaxaca de Juarez
wurde der Hauptplatz bereits zu Beginn des Streiks, am 15. Mai, in ein
großes Zeltlager verwandelt und gilt seitdem als Symbol der Ausdauer des
Widerstands.
Währenddessen
werden in der mexikanischen Gesellschaft die Rechtmäßigkeit und
Ausdrucksformen des Protests heftig diskutiert. Vielerorts gibt es
Kritik am wochenlangen Unterrichtsausfall infolge des Streiks sowie an
den Behinderungen im öffentlichen Verkehr. Gleichzeitig erhalten die
streikenden Lehrer zunehmend Solidaritätsbekundungen, etwa durch soziale
Organisationen, berichtete die Tageszeitung Jornada. Zuletzt sprachen
sich 200 Intellektuelle in einem offenen Brief an das
Bildungsministerium für mehr Respekt gegenüber den Lehrern aus.
Während
Bildungsminister Aurelio Nuño Mayer sich weigert, in Verhandlungen zu
treten, geht der Protest weiter. In Mexiko-Stadt versuchte ein
Demonstrationszug am Freitag, den Flughafen der Hauptstadt zu erreichen.
Tausende Polizisten sperrten ganze Straßenzüge, um dies zu verhindern.
In Tuxtla Gutierrez, Chiapas, setzte sich am Donnerstag eine Karawane
aus rund 1.800 Lehrern in Bewegung. Am 10. Juni wollen die Hauptstadt
erreichen und dort erneut die Rücknahme der Reform sowie einen
nationalen Dialog fordern, so Pedro Gómez von der Bildungsgewerkschaft
(SNTE) am Donnerstag.
Einen
negativen Höhepunkt erreichten die Proteste vergangene Woche, als in
Chiapas einem Dutzend Lehrerinnen und Lehrern, die sich nicht am Streik
beteiligen wollten, öffentlich der Kopf kahlgeschoren wurde. Bei den
Aggressoren handle es sich um Eingeschleuste, erklärte die
Lehrergewerkschaft CNTE, die die Proteste organisiert. Jemand versuche,
den Streik zu diskreditieren.
Die
Gewerkschaft fordert einen "Runden Tisch" mit dem Bildungsminister und
weiteren Regierungsvertretern, um die Bildungsreform zu diskutieren. Sie
kritisiert, dass die Reform die Privatisierung des Bildungssystems
vorantreibt und sich damit die Arbeitsbedingungen des Lehrpersonals
verschlechtern. Die CNTE ist nicht gegen eine Bildungsreform, die das
prekäre Bildungsniveau im Land verbessert, will aber mitbestimmen
können.
_______________________________________________
Chiapas98 Mailingliste
JPBerlin - Mailbox und Politischer Provider
Chiapas98@listi.jpberlin.de
https://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/chiapas98
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen