Mittwoch, 13. April 2016

Mexiko Dubioses Gutachten zu vermissten Studenten


Von Klaus Ehringfeld

Die mexikanische Regierung verärgert ein unabhängiges Expertenteam mit einer eigenen Veröffentlichung zum Verschwinden der 43 Studenten von Ayotzinapa.

Kurz vor Ablauf ihres Mandats ist es zum offenen Bruch zwischen den unabhängigen Experten, die das Verschwinden der 43 Studenten von Ayotzinapa untersuchen, und der mexikanischen Justiz gekommen. Die von der Interamerikanischen Menschenrechtskommission beauftragten Mediziner, Staatsanwälte und Psychologen aus vier Ländern warfen der Generalstaatsanwaltschaft am Wochenende die Verletzung von Absprachen und Manipulierung von Informationen vor.

Die 43 Lehramtsstudenten der Landuniversität Ayotzinapa waren in der Nacht vom 27. September 2014 in der Stadt Iguala von einer Allianz aus korrupten Polizisten und Schergen der Drogenkartelle verschleppt worden. Bis heute fehlt von ihnen jede Spur. Das Verbrechen sorgte weltweit für Entsetzen und gilt in Mexiko als dramatisches Beispiel für die partielle Verwicklung des Staates in das Organisierte Verbrechen. In drei Wochen, am 24. April, stellt die unabhängige Expertengruppe (GIEI) ihren Abschlussbericht vor.

Leichenteile auf der Müllkippe

Auslöser des Konflikts ist die nicht abgesprochene Veröffentlichung eines neuen Gutachtens durch die Generalstaatsanwaltschaft am Freitag. Dieses legt scheinbar nahe, dass doch ein Teil der Studenten auf einer Müllkippe in der Ortschaft Cocula verbrannt wurde. In dem dreiseitigen Papier heißt es, dass bei einer vierten Untersuchung der Müllkippe durch Brandexperten die Reste von 17 Leichen gefunden wurden. Allerdings, so verlautete am Wochenende aus dem Umfeld der GIEI, sei völlig unklar, ob diese menschlichen Überreste in irgendeinem Zusammenhang mit dem Verbrechen vom 27. September an den Studenten stehen.

In einer Erklärung wirft die GIEI der Staatsanwaltschaft vor, sich nicht an die Absprache gehalten zu haben, nur gemeinsam mit den Experten die Ergebnisse zu veröffentlichen und zudem zuvor die Eltern der Opfer zu informieren. Beides ist nicht geschehen. Zudem spricht die GIEI dem Gutachten die Wissenschaftlichkeit ab. Außerdem sind die sechs Brandexperten sich offenbar selber in der Interpretation der Ergebnisse nicht einig gewesen. Dennoch aber preschte die Staatsanwaltschaft vor.

Dieser jüngste Konflikt ist der Höhepunkt eines monatelangen Prozesses der Entfremdung zwischen den ausländischen Experten und der mexikanischen Regierung. Wenige Monate nach dem Verschwinden präsentierte die Justiz angeblich geständige Schuldige und eine Version der Tat, die der damalige Generalstaatsanwalt Jesús Murillo Karam als „historische Wahrheit“ bezeichnete. Demnach sollen die Jungen von Killern der „Guerreros Unidos“ getötet und anschließend auf einer Müllhalde in Cocula, einem Nachbarort von Iguala verbrannt worden sein. Diese Version wurde von der GIEI bereits in ihrem ersten Bericht als unhaltbar verworfen.

URL: http://www.fr-online.de/politik/mexiko-dubioses-gutachten-zu-vermissten-studenten,1472596,34043576.html


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