Freitag, 28. März 2014

Die Geopolitik des ukrainischen Konflikts: zurück zu den Wurzeln The Saker El Saqr Балобан

Übersetzt von Einar Schlereth Herausgegeben von Susanne Schuster Quelle: tlaxcala-int.org/ Schaut man sich die erstaunlichen Berichte aus der Ukraine, nicht nur aus Kiew sondern auch aus vielen anderen Städten an, könnte man auf die Idee kommen, dass da absolutes Chaos herrscht und niemand es kontrolliert. Das ist ein sehr falscher Eindruck und ich denke, dass es an der Zeit ist, sich anzuschauen, wer die Akteure dieses Konfliktes sind und was sie wirklich wollen. Erst dann werden wir in der Lage sein, den Sinn hinter dem zu finden, was stattfindet, wer die Fäden hinter dem Vorhang zieht und was als nächstes kommt. Sehen wir uns also die verschiedenen Akteure an, einen nach dem anderen. Das unzufriedene ukrainische Volk Es kann absolut keinen Zweifel geben, dass große Teile der ukrainischen Bevölkerung zutiefst unglücklich sind mit dem Regime an der Macht, mit Janukowitsch und mit dem, was seit Jahren in der Ukraine vor sich geht. Wie ich schon viele Male zuvor geschrieben habe, ist die Ukraine im wesentlichen in Händen verschiedener Oligarchen, genau wie in Russland in den 90-er Jahren, nur schlimmer. Die große Mehrheit der ukrainischen Politiker lassen sich vom Höchstbietenden kaufen, was für die Parlamentarier, die Präsidentenverwaltung, die regionalen Gouverneure und natürlich auch für Janukowitsch selbst gilt. Gemeinsam besitzen die Oligarchen die Medien, die Gerichte, die Polizei, Banken und den Rest. Als direktes Ergebnis daraus ist die ukrainische Ökonomie seit Jahren den Bach runter gegangen und liegt in Ruinen. Es sollte daher niemanden überraschen, dass die meisten Ukrainer unglücklich sind und einfach nur Wohlstand, Sicherheit, die Herrschaft des Rechts, Geschäftschancen und die Möglichkeit für ihre persönliche, soziale, berufliche und geistige Entwicklung wollen. Im Grunde wollen sie, was jedes menschliche Wesen will: anständige Lebensbedingungen. Manche von ihnen sehen die EU als beste Hoffnung zur Erreichung dieses Ziels an, andere sehen eher eine Teilnahme an der Wirtschaftsunion mit Russland, Belarus und Kasachstan als die bessere Option. Die genaue Zahl dieser Gruppen spielt keine Rolle, aus dem einfachen aber meistens übersehenen Grunde: das Volk der Ukraine spielt in diesem Konflikt keine Rolle, es liefert nur die Bauern, die von allen Seiten benutzt werden. Die wichtigsten ukrainischen Politiker: Nun theoretisch wollen Janukowitsch, Timoschenko, Klitschko und Jazenjuk alle unterschiedliche Dinge, aber in Wirklichkeit haben sie alle genau dieselbe Agenda: ihren Herren zu gefallen und eine Karriere in der Politik zu machen. Der Fall von Tjagnibok liegt möglicherweise etwas anders. Er hat recht gute Chancen, eine wirklich mächtige Figur in der westlichen Ukraine zu werden. Er ist klug genug zu wissen, dass weder die USA noch die EU ihn wirklich mögen, aber dass er eine stärkere Kraft (sowohl politisch als auch von physischer Gewalt) kommandiert als jeder andere ukrainische Politiker. Aber egal, sowohl die Führer der Opposition oder die pro-Regime-Politiker, sie sind alle Marionetten in den Händen von viel mächtigeren Kräften und auch wenn Tjagnibok die Ausnahme von dieser Regel ist, spielt er trotzdem keine Rolle, weil seine wahren Ambitionen örtlich begrenzt sind auf die westliche Ukraine. Jetzt schauen wir uns die Leute an, die wirklich eine Rolle spielen. Die Oligarchen Die meisten von ihnen glauben, dass die EU sie in der Ukraine tun und machen lassen, was zum Teufel sie wollen, so lange die Ukraine die anti-russische Haltung beibehält. Sie haben Recht. Für sie ist die Unterzeichnung eines an sich bedeutungslosen Abkommens mit der EU die Anerkennung des folgenden Deals: sie werden die getreuen Diener ihrer EU-Obersten im Tausch dafür, dass die EU-Herren sie weiterhin die Ukraine ausplündern lassen in welcher Weise auch immer. Es gibt eine kleinere Gruppe von Oligarchen, die mehr verlieren als gewinnen werden, wenn die russisch-ukrainischen Beziehungen sich verschlechtern und wenn Russland Handelsschranken einführt (was Russland tun müsste, wenn die Ukraine ein freies Handelsabkommen mit der EU schließt). Diese Oligarchen glauben, dass mehr Geld mit Russland verdient werden kann als mit der EU und das sind die Leute, die Janukowitsch überzeugten, den berühmten ‘Rückzieher’ von der EU Richtung Russland zu machen. Es gibt also einen Riss in der ukrainischen Oligarchie, deren Vertreter auf beiden Seiten des gegenwärtigen Kampfes zu finden sind. Die EU Die EU steckt in einer tiefen, systemischen, ökonomischen, sozialen und politischen Krise und sucht absolut verzweifelt nach neuen Gelegenheiten, sich selbst aus dem Zeitlupen-Kollaps zu retten. Für die EU ist die Ukraine zuallererst ein Markt, um ihre Güter und Dienstleistungen zu verkaufen. Die Ukraine ist auch ein Weg, um die EU größer, mächtiger und relevanter aussehen zu lassen. Manche glauben, dass die Ukraine der EU auch billige Arbeitskräfte liefern kann, aber ich glaube nicht, dass dies von großer Bedeutung ist, aus folgenden Gründen: die EU hat bereits zu viele Immigranten und es hat bereits einen steten Zustrom von Ukrainern (und Balten) gegeben, die ihr Land verließen für ein besseres Leben im Westen. Was die EU also wirklich will, ist, von der Ukraine zu profitieren, ohne selbst zu viele negative Konsequenzen tragen zu müssen. Daher die 1500 Seiten des vorgeschlagenen Abkommens mit der EU. Die USA Die Ziele der USA unterscheiden sich völlig von den Zielen der EU, daher rühren die echten Spannungen zwischen ihren Diplomaten wie sie so gut im ‘Fuck the EU!’ von Madame Nuland zum Ausdruck kamen. Und außerdem, anders als die bankrotte EU, hat die USA 5 Mrd. $ investiert, um ihre Ziele in der Ukraine zu erreichen. Was sind also wirklich ihre Ziele? Und da wird es „wirklich“ interessant. Zuerst müssen wir zurück zu der entscheidenden Erklärung von Hillary Clinton im Dezember 2012 gehen: „Es gibt eine Tendenz, die Region zu re-sowjetisieren,“ … „Es wird nicht so genannt werden. Es wird Zollunion genannt, es wird Eurasische Union genannt oder sonstwie,“ … „Aber lasst uns nicht irreführen. Wir wissen, was das Ziel ist und wir versuchen, effektive Wege zu finden, um das zu verlangsamen oder zu verhindern.“ Nun, es ist absolut irrelevant zu diskutieren, ob Hillary Recht oder unrecht in ihrer Interpretation hat, was eine Eurasische Union angeblich werden soll, wichtig ist, dass sie und ihre politischen Herren glauben, und sie glauben es wirklich, dass Putin die Sowjetunion wiedererschaffen will. Egal wie dumm diese Vorstellung ist, wir müssen immer im Gedächtnis behalten, dass es dies ist, was die Typen wie Hillary aufrichtig glauben. Als nächstes müssen wir uns an eine andere entscheidende Erklärung erinnern, die diesmal von Zbigniew Brzezinski kommt. Er schrieb: „Ohne die Ukraine hört Russland auf, ein Imperium zu sein, während es mit der Ukraine – erst gekauft und danach unterworfen – automatisch zu einem Imperium wird …“ Ihm zufolge wird die neue Weltordnung unter der Hegemonie der USA gegen Russland und auf den Fragmenten von Russland aufgebaut. Die Ukraine ist der westliche Außenposten, um zu verhindern, dass die Sowjetunion neu ersteht. Abermals, es ist völlig unwichtig, ob der bösartige Zbig recht oder unrecht hat. Was zählt ist nur, dass Zbig und Hillary zusammen uns den Schlüssel zur gegenwärtigen US-Politik in der Ukraine liefern: Russland daran hindern, eine Supermacht zu werden. Für sie, anders als für die Europäer, geht es nicht darum „die Ukraine zu bekommen“, sondern darum, „die Ukraine nicht in die Hände der Russen fallen zu lassen“. Und das ist absolut entscheidend: Aus der Sicht der USA ist Chaos, Durcheinander und selbst ein richtiger Bürgerkrieg jeder, und ich meine wirklich jeder Form von ökonomischer oder politisischer Union zwischen Russland und der Ukraine viel mehr vorzuziehen. Für die Amerikaner ist es ein Null-Summen-Spiel: je größer der Verlust für Russland, desto größer wird der Gewinn für das anglo-zionistische Imperium sein. Russland Hier müssen wir unseren Blickwinkel völlig verändern und das Folgende in Betracht ziehen, egal wie sehr es der Intuition zuwiderzulaufen scheint, egal auch wie extrem nahe die russische und ukrainische Sprache und Kultur liegen, egal wie lang die gemeinsame Geschichte ist, egal auch, dass Russen und Ukrainer gemeinsam Nazi-Deutschland besiegten, egal auch die Tatsache, dass die beiden Länder enge ökonomische Bindungen haben: Russland braucht die Ukraine nicht. Hillary und Zbig haben einfach völlig Unrecht. Außerdem hat Russland absolut keine Absicht, die Sowjetunion neu zu erschaffen oder, und noch viel weniger, ein Imperium zu werden. Dies alles ist absoluter Nonsens, stupide Propaganda, um die westlichen Massen zu füttern, Kalte-Kriegs-Klischees, die völlig unanwendbar für die gegenwärtige Realität sind. Außerdem ist Russland bereits eine Supermacht, durchaus fähig, die EU und die USA zusammen herauszufordern (wie das Beispiel des Krieges in Syrien so dramatisch gezeigt hat). Tatsächlich hat Russland sein spektakulärstes Wachstum genau zu der Zeit erzielt, als die Ukraine von Polen besetzt war (vom 14. – 17. Jahrhundert): Wachstum Russlands Warum sollte das moderne Russland die Ukraine benötigen? Die ukrainische Ökonomie liegt in Ruinen, das Land wird von immensen sozialen und politischen Spannungen geplagt und es gibt keine Naturressourcen in der Ukraine, die von Russland gewünscht werden. Was „eine Supermacht zu sein“ betrifft, ist die Armee der Ukraine eine Farce, und die russische Armee hätte wenig Nutzen von der sogenannten „strategischen Tiefe“, die die Ukraine bietet. Das ist die militärische Logik des 19.-20. Jahrhunderts, denn in modernen Kriegen geht es um die ganze Tiefe des feindlichen Territoriums und Russland ist durchaus in der Lage, den ukrainischen Luftraum ohne jede Form einer ökonomischen oder politischen Union zu sperren. Nein, was Russland wirklich und in erster Linie braucht, ist Stabilität und Wohlstand in der Ukraine. Nicht nur dass ein nicht geringer Teil der russischen Ökonomie Verbindungen mit der Ukraine hat, sondern ein totaler Kollaps eines so großen Nachbarn wird auf jeden Fall auch Auswirkungen auf die russische Ökonomie haben (die, nebenbei gesagt, ziemlich nahe einer Rezession steht zum ersten Mal seit langer Zeit). Außerdem leben Millionen Russen in der Ukraine und Millionen Ukrainer leben in Russland. Viele russische Familien haben Verbindungen mit der Ukraine. Das letzte also, was Russland wünscht, ist ein Bürgerkrieg, in den es unausweichlich hineingezogen würde. Auch in der Krim ist alles, was Russland wirklich braucht, ein Status quo: Frieden, Wohlstand, eine gute Touristen-Infrastruktur für die russischen Touristen und ein stabiles Recht auf die Basis für seine Schwarzmeerflotte. Dafür muss Russland die Krim nicht besetzen oder annektieren. Sollte jedoch die Krim Halbinsel von ukrainischen Neonazis angegriffen werden, gibt es keinen Zweifel meiner Meinung nach, dass die Schwarzmeerflotte eingreifen wird, um die örtliche Bevölkerung zu schützen, mit der sie viele Familienbeziehungen hat. Es ist wichtig, sich zu erinnern, dass die Schwarzmeerflotte unendlich besser ausgebildet und ausgerüstet ist, einschließlich einer sehr starken Marine-Infantrie (eine Brigade und ein Bataillon, wobei letzteres auf Konter-Terrorismus-Operationen spezialisiert ist). Es ist eine Sache, Krawallpolizei zu verprügeln und anzuzünden und eine ganz andere, es mit kampferprobten (Tschetschenien und Georgien) und bestens ausgebildeten Elitestreitkräften zu tun zu haben, die bis zu den Zähnen bewaffnet sind mit der neuesten und besten militärischen Ausrüstung. Und was das Gesamtbild angeht, so sieht Russland seine Zukunft im Norden und im Osten, keineswegs im Südwesten. Die Arktik, Sibirien und der Ferne Osten, China und der Pazifik, das ist die Richtung, die russische Strategen für die Zukunft Russlands im Auge haben, nicht die sterbende und zerfallende EU oder die ruinierte und unstabile Ukraine! Was wird also als nächstes geschehen? Ich denke, dass die EU kaum ihre Ziele in der Ukraine erreichen wird aus einem sehr einfachen Grund: die ukrainischen Nationalisten und die sogenannte „Opposition“ (d. h. die bewaffneten Kräfte) sind alle gekauft und bezahlt von den USA. Die EU-Bürokraten können fortfahren, die Ukraine zu besuchen und laute Erklärungen abgeben, das spielt überhaupt keine Rolle. Es geht hier wirklich um die USA gegen Russland und da muss ich sagen, dass die US- Ziele viel einfacher zu erreichen sind als die russischen: alles, was die USA wollen, ist Chaos, was leicht zu erreichen ist und relativ billig zu finanzieren, während Russland Stabilität und Wohlstand will und das erfordert, allermindestes, eine Herzwiederbelebung der gründlich ruinierten ukrainischen Ökonomie und eine Art dringend notwendige Reformen. Letzteres kann wahrscheinlich nicht erreicht werden, ohne den ukrainischen Oligarchen das Rückgrat zu brechen. Hat Russland die Mittel, das zu erreichen? Das bezweifele ich sehr. Nicht mit den gegenwärtigen Anzeichen ökonomischer Probleme und nicht mit einem so rückgratlosen und korrupten Clown wie Janukowitsch an der Macht. Was dann also? Wenn also die Rettung der Ukraine keine Option ist, dann ist der Schutz Russlands vor dem unausweichlichen Chaos und Durcheinander die einzige übrige Option. Und verdammt nochmal sicherzustellen, dass die Krim sicher bleibt. Russland könnte zum Beispiel direkte Hilfe der östlichen Ukraine liefern, insbesondere der Region Charkow, die von kompetenten und entschlossenen Leuten regiert wird. Darüberhinaus bleibt für Russland nur, in Deckung zu gehen und zu warten, dass entweder eine taugliche Kraft in Kiew die Macht ergreift oder die Ukraine in Stücke zerbricht. Und was ist mit dem ukrainischen Volk? Ich glaube, dass aus dem oben Gesagten klar wird, wo ich stehe in dieser Frage. Die EU braucht es als Sklaven, die USA als Bauern und der einzige Part, der sie wohlhabend braucht und sehen will, ist Russland. Das ist eine ganz simple Geostrategie. Wenn die Ukrainer zu dämlich sind und zu verblendet durch ihre rabiaten Nationalismus, um das zu verstehen, dann müssen sie den Preis für ihren Schwachsinn bezahlen. Wenn sie klug genug sind, das zu begreifen, dann müssen sie den Mut finden, entsprechend zu handeln und zu ermöglichen, dass Russland ihnen hilft. Wenn nicht, dann würd ich ihnen raten, zumindest aufzuhören, über eine Invasion von „Moskauer Spezialeinheiten“ zu halluzinieren, die die „unabhängige Ukraine“ besetzen wollen. Moskau hat Besseres zu tun und ist bereits anderweitig beschäftigt. Danke Einar Schlereth Quelle: http://vineyardsaker.blogspot.com/2014/02/the-geopolitics-of-ukrainian-conflict.html Erscheinungsdatum des Originalartikels: 20/02/2014 Artikel in Tlaxcala veröffentlicht: http://www.tlaxcala-int.org/article.asp?reference=11697

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