Freitag, 28. März 2014
„Browderismus“ – gestern und heute
von Erik Höhne, Neuss
Übernommen von RotFuchs, Heft März 2014
Wenn man die kommunistische Partei liquidieren will, gründet man einen Verein. Das ist nichts Neues. Hier ein geschichtliches Beispiel. Ähnlichkeiten mit heutigen globalisierten, alternativen, bunten Bestrebungen sind nicht zufällig.
Als Revisionisten die KP der USA liquidieren wollten
In den 30er Jahren spielte die durch William Z. Foster, Eugene Dennis, Gus Hall und Henry Winston geführte KP der USA in der Arbeiterbewegung ihres Landes eine wichtige Rolle. Von Marxisten wurden die kampfstärksten Industriegewerkschaften des CIO aufgebaut. Während des Krieges zeichneten sich nicht wenige Mitglieder der Partei an den Fronten der Antihitlerkoalition durch großen Mut und Aufopferungsbereitschaft aus.
Doch im Mai 1944 durchlebte die KP der USA schwere Zeiten. Auf ihrem XII. Parteitag in New York faßte sie den verhängnisvollen Beschluß der Selbstauflösung. Was staatliche Repression nicht vermocht hatte, erledigte Generalsekretär Earl Browder nun selbst. Er und seine ebenfalls auf das Liquidatorentum setzenden Anhänger verwandelten die Vorhut der Arbeiterklasse über Nacht in einen harmlosen Schulungs- und Bildungsverein unter der Bezeichnung Communist Political Association. Was war dem vorausgegangen?
Die KP der Vereinigten Staaten fand bei ihrer Formierung im Jahre 1921 Bedingungen vor, die sich von den Voraussetzungen der in Europa gegründeten kommunistischen Parteien deutlich unterschieden. Die Entwicklung revolutionärer Tendenzen in der Arbeiterklasse der USA war durch Traditionen und landestypische Faktoren gehemmt worden. Die früh erfolgte bürgerlich-demokratische Revolution und auf ihr fußende Entwicklungen hatten auch unter den Proletariern einen gefestigten Glauben an deren Prinzipien entstehen lassen. Der Arbeitskräftemangel einer sich rasant entwickelnden Industrie begünstigte relativ hohe Löhne und somit den Aufstieg nicht weniger Proletarier in das Kleinbürgertum. Überdies wurde der Zusammenschluß der arbeitenden Massen durch deren multiethnische und multinationale Zusammensetzung erschwert.
Vor diesem Hintergrund konnte sich die KP der USA nicht zu einer dauerhaft großen Partei entwickeln, obwohl sie auf dem Höhepunkt ihres Einflusses etwa 80 000 Mitglieder hatte. Als hinderlich erwiesen sich auch sektiererische Tendenzen, die oftmals durch unzureichende Massenverankerung begünstigt wurden. Andererseits aber waren Kommunisten in den Kämpfen der Arbeiter um höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen vielerorts anerkannte Wortführer. Ein besonderes Ruhmesblatt der Partei war der Einsatz zahlreicher Genossen gegen den rabiaten, staatlich begünstigten Rassismus, dem nicht wenige Afroamerikaner zum Opfer fielen.
Als Präsident Franklin Delano Roosevelt zu Beginn der 30er Jahre den Folgen der Weltwirtschaftskrise mit einem als New Deal bezeichneten Bündel das ökonomische Wachstum stimulierender Maßnahmen auch sozialpolitischer Natur begegnete, nährte dies bei einem Teil der KP-Mitglieder reformistische Illusionen. Nach dem Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg und der Formierung der Antihitlerkoalition galt Roosevelt als Bundesgenosse der Sowjetunion. Auch diese plötzliche „Nähe“ wurde von bestimmten Kreisen in der Partei falsch bewertet. So suggerierte Browder die Vorstellung, die Teheraner Konferenz, bei der sich Roosevelt, Churchill und Stalin 1943 erstmals getroffen hatten, sei das Aufbruchssignal zu einer neuen Epoche gedeihlichen Zusammenwirkens von Kapitalismus und Sozialismus zum Wohle der Menschheit. Das US-Monopolkapital müsse fortan als Partner begrüßt werden, da von ihm wichtige Impulse für Fortschritt und Demokratie erwartet werden könnten. Nach Kriegsende würden die dann militärisch nicht mehr in Anspruch genommenen Produktionskapazitäten einen enormen Zustrom an Konsumgütern zur Sicherung des Massenwohlstandes bescheren. Das aus Republikanern und Demokraten bestehende Wechselbad zweier großbürgerlicher Parteien könne unter diesen Umständen durchaus akzeptiert werden, so daß es einer eigenständigen Kommunistischen Partei nicht länger bedürfe.
Übrig bleiben sollte nur ein loser Zusammenschluß Gleichgesinnter, welcher die insgesamt erfreuliche Entwicklung mit sozialistischen Ideen flankiere. Browder überrumpelte den linken Flügel der KP um William Z. Foster, der den Standpunkt vertrat, weder die Antihitlerkoalition mit der UdSSR noch Roosevelts „New Deal“ hätten irgend etwas am prinzipiellen Gegensatz von Sozialismus und Kapitalismus, Arbeit und Kapital geändert.
Die Auflösung der KP der USA rief in der kommunistischen Weltbewegung ein kritisches Echo hervor. Die französischen Parteiführer Maurice Thorez und Jacques Duclos gingen auf Gegenkurs. Mit internationaler Unterstützung gelang es den marxistisch-leninistischen Kräften in der KP der USA Anfang Juli 1945, ihre Partei zu rekonstituieren. Bald darauf erfolgte Browders Ausschluß, dessen verhängnisvoller Kurs zu empfindlichen Mitglieder- und Einflußverlusten sowie zur Auflösung etlicher KP-Betriebsgruppen geführt hatte. Der Kalte Krieg und die unter dem McCarthyismus einsetzende Kommunistenverfolgung sprachen das endgültige Urteil über dessen Phantasien von einer neuen Weltharmonie.
Die Beschäftigung mit diesem Renegaten wäre unnötig, gäbe es nicht auch heute Kräfte in der sozialistischen und kommunistischen Bewegung, die ähnliche Ideen zu verbreiten suchen. Im Februar 2011 veröffentlichte z. B. der jetzige Vorsitzende der KP der USA Sam Webb ein Papier, in dem auch er de facto die Umwandlung seiner Partei in eine Allerweltsvereinigung von „Gutmenschen“ empfahl. Die durchaus informative Zeitung der KP – „People’s World“ – erscheint seit längerem nur noch im Internet.
Auch in Europa fehlt es bekanntlich nicht an Personen und Zusammenschlüssen, die zwar mit der Bezeichnung „kommunistisch“ firmieren, Lenins Parteiverständnis und dessen Imperialismus-Analyse jedoch zu „dogmatischen“ Relikten erklären. Sie werben für Konstrukte wie die EU und die in deren Fahrwasser segelnde EL. Diese propagiert eine bunte Mosaik-Linke ohne ideologische Abgrenzung.
Aktive Bündnispolitik ist seit jeher ein Kernelement erfolgreicher kommunistischer Politik. Hierzu aber bedarf es klar definierter Inhalte und unmißverständlicher eigener Konturen. Jeder Verzicht auf eine eigenständige marxistisch-leninistische Partei führt in die Sackgasse. Wer diese Vorhut im Nirwana der Klassenharmonie unkenntlich machen will, sollte wenigstens nicht versuchen, das als Neuheit auszugeben, liegt doch Earl Browders Debakel schon sieben Jahrzehnte zurück.
von Erik Höhne, Neuss
Übernommen von RotFuchs, Heft März 2014 via news.dkp.de
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