Landtagswahl hat am Morgen begonnen / Härtetest für den Fortbestand der Großen Koalition in Berlin / Umfragen rechnen mit starken Verlusten für SPD und CDU
Update 16.15 Uhr: Hessische Verhältnisse – Alles und nichts kann
36 Jahre alt ist das Schlagwort «hessische Verhältnisse», das uneindeutige, politische Mehrheiten bezeichnet. Damals war das noch «rote Hessen» durch den erstmaligen Einzug der Grünen in den Landtag vor einer neuen Situation. Ohne die Grünen ging nichts mehr – obwohl die SPD auf keinen Fall mit diesen «Chaoten» regieren wollte. Auch die Ökopartei hatte damals eine Regierungsbeteiligung ausgeschlossen und tolerierte die rote Minderheitenregierung später nur. 2018 ist an den Grünen ebenfalls kaum ein Vorbeikommen möglich. Nur: Mit dem Unterschied, dass sie dieses mal regieren wollen. Bei der Wahl der Partner sind die Grünen da auch wenig wählerisch. Sie würden gerne Schwarz-Grün wie bisher machen. Wenn es dafür nicht reicht, käme auch eine Jamaika-Koalition in Frage. Und ja: Auch Rot-Rot-Grün ist nicht tot in Hessen. Umfragen sahen in letzter Zeit auch immer wieder eine solche Mehrheit in Reichweite. Doch dafür würden die Grünen den Ministerpräsidenten stellen wollen. Wir sehen: Hessische Verhältnisse 2018.
36 Jahre alt ist das Schlagwort «hessische Verhältnisse», das uneindeutige, politische Mehrheiten bezeichnet. Damals war das noch «rote Hessen» durch den erstmaligen Einzug der Grünen in den Landtag vor einer neuen Situation. Ohne die Grünen ging nichts mehr – obwohl die SPD auf keinen Fall mit diesen «Chaoten» regieren wollte. Auch die Ökopartei hatte damals eine Regierungsbeteiligung ausgeschlossen und tolerierte die rote Minderheitenregierung später nur. 2018 ist an den Grünen ebenfalls kaum ein Vorbeikommen möglich. Nur: Mit dem Unterschied, dass sie dieses mal regieren wollen. Bei der Wahl der Partner sind die Grünen da auch wenig wählerisch. Sie würden gerne Schwarz-Grün wie bisher machen. Wenn es dafür nicht reicht, käme auch eine Jamaika-Koalition in Frage. Und ja: Auch Rot-Rot-Grün ist nicht tot in Hessen. Umfragen sahen in letzter Zeit auch immer wieder eine solche Mehrheit in Reichweite. Doch dafür würden die Grünen den Ministerpräsidenten stellen wollen. Wir sehen: Hessische Verhältnisse 2018.
Update 15.50 Uhr: TSG und ein Hund namens «»Lobo«
Auf so manchen Beobachter mag der SPD-Spitzenkandidat Thorsten Schäfer-Gümbel mit dem politischen Charme eines Bankkaufmannes wirken. Doch in seiner Zeit als Politikstudent und Vize-Jusos-Chef in Südhessen setzte »TSG« auch schon mal auf politische Provokation. Er und einige Junggenossen kritisierten 1994, dass Kurden aus Deutschland in die Türkei abgeschoben werden sollten, wo ihnen Verfolgung drohte. Um für ihren Einsatz gegen die drohenden Ausweisungen möglichst breite Aufmerksamkeit zu bekommen, drohten die Jusos damit, einen Hund namens »Lobo« zu vergiften, sollte Hessen keinen Abschiebstopp erlassen. Doch der Versuch einer politischen Satire ging nach hinten los und brachte TSG viel Ärger ein. Dabei wollten er und seine Mitstreiter nur darauf hinweisen, dass die Menschen sich mehr um einen Hund als um Menschenleben sorgten. Zeitweise drohte Schäfer-Gümbel deshalb sogar ein Ausschlussverfahren, was allerdings nach einigen Wochen zurückgezogen wurde. Später auf die Aktion angesprochen, gab sich der SPDler sehr selbstkritisch. Politiker sollten sich nicht an Satire versuchen.
Auf so manchen Beobachter mag der SPD-Spitzenkandidat Thorsten Schäfer-Gümbel mit dem politischen Charme eines Bankkaufmannes wirken. Doch in seiner Zeit als Politikstudent und Vize-Jusos-Chef in Südhessen setzte »TSG« auch schon mal auf politische Provokation. Er und einige Junggenossen kritisierten 1994, dass Kurden aus Deutschland in die Türkei abgeschoben werden sollten, wo ihnen Verfolgung drohte. Um für ihren Einsatz gegen die drohenden Ausweisungen möglichst breite Aufmerksamkeit zu bekommen, drohten die Jusos damit, einen Hund namens »Lobo« zu vergiften, sollte Hessen keinen Abschiebstopp erlassen. Doch der Versuch einer politischen Satire ging nach hinten los und brachte TSG viel Ärger ein. Dabei wollten er und seine Mitstreiter nur darauf hinweisen, dass die Menschen sich mehr um einen Hund als um Menschenleben sorgten. Zeitweise drohte Schäfer-Gümbel deshalb sogar ein Ausschlussverfahren, was allerdings nach einigen Wochen zurückgezogen wurde. Später auf die Aktion angesprochen, gab sich der SPDler sehr selbstkritisch. Politiker sollten sich nicht an Satire versuchen.
Update 15.30 Uhr: Der geilere Bouffier
Auch die Partei »Die Partei« hofft am heutigen Sonntag auf den Durchbruch in hessen. Zumal an ihrer Spitze Herr Bouffier steht. Den Namen kennt im Land jeder, was gemeinhin als zusätzliches Wahlmotiv gilt.
Auch die Partei »Die Partei« hofft am heutigen Sonntag auf den Durchbruch in hessen. Zumal an ihrer Spitze Herr Bouffier steht. Den Namen kennt im Land jeder, was gemeinhin als zusätzliches Wahlmotiv gilt.
Update 14.50 Uhr: Wahlbeteiligung fällt bisher sehr unterschiedlich aus
Bisher machen die Hessen von ihrem Wahlrecht sehr unterschiedlich gebrauch. Im Wiesbadener Wahlamt sagte ein Sprecher, in 20 ausgewählten, repräsentativen Wahlkreisen habe die Wahlbeteiligung um 12.00 Uhr bei 25,2 Prozent gelegen. Das sei relativ wenig. 2013, als die Landtags- und die Bundestagswahl zusammenfielen, seien es zu der Uhrzeit bereits 43,5 Prozent gewesen, bei der Kommunalwahl 2016 wurden demnach zu der Zeit 21,8 Prozent gezählt.
Bisher machen die Hessen von ihrem Wahlrecht sehr unterschiedlich gebrauch. Im Wiesbadener Wahlamt sagte ein Sprecher, in 20 ausgewählten, repräsentativen Wahlkreisen habe die Wahlbeteiligung um 12.00 Uhr bei 25,2 Prozent gelegen. Das sei relativ wenig. 2013, als die Landtags- und die Bundestagswahl zusammenfielen, seien es zu der Uhrzeit bereits 43,5 Prozent gewesen, bei der Kommunalwahl 2016 wurden demnach zu der Zeit 21,8 Prozent gezählt.
In Osthessen meldete das Wahlamt in Fulda indes um 11.00 Uhr eine höhere Beteiligung als 2013. Demnach waren es im Wahlkreis 10 (Rotenburg) 28,66 Prozent (2013: 26,00) und im Wahlkreis 11 (Hersfeld) 29,86 Prozent (2013: 27,91). Das Frankfurter Wahlamt sprach von 18,6 Prozent um 12.00 Uhr (2013: 23,9, 2009: 17,0), das in Wetzlar von 18,56 Prozent um 12.00 Uhr (2013: 21,29).
Update 14.35 Uhr: NRW-Fraktionsschef rät SPD zu Minderheitsregierung
Der nordrhein-westfälische SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty hat vor der Hessen-Wahl eine Minderheitsregierung der SPD als Option ins Gespräch gebracht. »Wir haben in NRW damit gute Erfahrungen gemacht«, sagte Kutschaty dem »Kölner Stadt-Anzeiger«. Wichtig sei, »dass die CDU in der Regierung abgelöst wird«. In Nordrhein-Westfalen hatte es nach der Wahl vom Mai 2010 zwei Jahre lang eine von der SPD geführte rot-grüne Minderheitsregierung gegeben.
Der nordrhein-westfälische SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty hat vor der Hessen-Wahl eine Minderheitsregierung der SPD als Option ins Gespräch gebracht. »Wir haben in NRW damit gute Erfahrungen gemacht«, sagte Kutschaty dem »Kölner Stadt-Anzeiger«. Wichtig sei, »dass die CDU in der Regierung abgelöst wird«. In Nordrhein-Westfalen hatte es nach der Wahl vom Mai 2010 zwei Jahre lang eine von der SPD geführte rot-grüne Minderheitsregierung gegeben.
Update 14.30 Uhr: An der LINKEN ist Rot-Rot-Grün laut Wissler in Hessen nie gescheitert
Die Linkspartei in Hessen steht einem erneuten Versuch zur Bildung einer rot-rot-grünen Landesregierung offen gegenüber. An ihrer Partei sei ein Politikwechsel in Hessen weder 2008 noch 2013 gescheitert, betont die Spitzenkandidatin Janine Wissler im »nd«-Interview. Zweifel hegt die Partei vor allem an der Bereitschaft der seit fünf Jahren mit der CDU regierenden Grünen zu einer Mitte-links-Koalition. Nach den Sondierungsgesprächen hätten die Grünen 2013 »beschlossen, dass die Differenzen, die sie mit der Hessen-CDU haben, leichter überbrückbar sind als die zur LINKEN«. Die Grünen hätten damals »eine Richtungsentscheidung getroffen und große Teile ihres Wahlprogramms in die Tonne getreten«, so Wissler weiter. »Das werden wir sicher nicht tun.«
Die Linkspartei in Hessen steht einem erneuten Versuch zur Bildung einer rot-rot-grünen Landesregierung offen gegenüber. An ihrer Partei sei ein Politikwechsel in Hessen weder 2008 noch 2013 gescheitert, betont die Spitzenkandidatin Janine Wissler im »nd«-Interview. Zweifel hegt die Partei vor allem an der Bereitschaft der seit fünf Jahren mit der CDU regierenden Grünen zu einer Mitte-links-Koalition. Nach den Sondierungsgesprächen hätten die Grünen 2013 »beschlossen, dass die Differenzen, die sie mit der Hessen-CDU haben, leichter überbrückbar sind als die zur LINKEN«. Die Grünen hätten damals »eine Richtungsentscheidung getroffen und große Teile ihres Wahlprogramms in die Tonne getreten«, so Wissler weiter. »Das werden wir sicher nicht tun.«
Update 13.53 Uhr: Dreyer kritisiert Äußerungen über mögliches »GroKo«-Ende
Die SPD-Vizevorsitzende und rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer hat CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer wegen deren Äußerungen über einen möglichen Bruch der Großen Koalition nach der Hessen-Wahl scharf angegriffen. »Wenn die CDU-Generalsekretärin über ein frühzeitiges Ende der 'GroKo' spekuliert, ist das ein dreistes Ablenkungsmanöver von den Grabenkämpfen in der eigenen Partei«, sagte Dreyer der »Bild am Sonntag«. »Sie verbreitet maximale Unsicherheit.«
Die SPD-Vizevorsitzende und rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer hat CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer wegen deren Äußerungen über einen möglichen Bruch der Großen Koalition nach der Hessen-Wahl scharf angegriffen. »Wenn die CDU-Generalsekretärin über ein frühzeitiges Ende der 'GroKo' spekuliert, ist das ein dreistes Ablenkungsmanöver von den Grabenkämpfen in der eigenen Partei«, sagte Dreyer der »Bild am Sonntag«. »Sie verbreitet maximale Unsicherheit.«
Dreyer fügte hinzu: »So ein Wahlkampfmanöver ist riskant, weil es Landtagswahlen entwertet und Politikverdrossenheit fördert.« Kramp-Karrenbauer hatte bei einer Wahlkampfveranstaltung in Hessen einen Bruch der Großen Koalition als denkbares Szenario nach der Landtagswahl am Sonntag in Hessen ins Spiel gebracht. Sie warnte in dem Zusammenhang vor möglichen Neuwahlen.
Das politische Berlin schaut auf Hessen
Wiesbaden. Die bundesweit mit Spannung erwartete Landtagswahl in Hessen hat begonnen. Am Sonntag um 8.00 Uhr öffneten die Wahllokale, bis 18.00 Uhr können Stimmen abgegeben werden. Insgesamt sind rund 4,4 Millionen Menschen aufgerufen, über die Zusammensetzung des regulär 110 Abgeordnete zählenden Landesparlaments zu entscheiden.
Es wird mit einem engen Wahlausgang gerechnet. Ob die seit 2013 regierende schwarz-grüne Koalition unter Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) ihre Arbeit fortsetzen kann, ist ungewiss. In den letzten Umfragen zeichneten sich herbe Verluste für CDU und SPD ab. Die Grünen legten dagegen deutlich in der Wählergunst zu.
Der SPD-Herausforderer Thorsten Schäfer-Gümbel gab sich bei seinem Urnengang am Sonntag in Lich dennoch optimistisch. »Ich habe in den letzten Tagen gemerkt, dass wirklich viel in Bewegung ist«, sagte er. Er glaube, dass die meisten Hessen wissen, »dass es heute nicht um die Große Koalition in Berlin geht, sondern dass es darum geht zu entscheiden, ob wir mehr bezahlbaren Wohnraum, modernere Schulen und Stadt und Land besser miteinander verbunden bekommen.«
Eine Sprecherin des Wahlamtes in Wetzlar sprach am Sonntagvormittag von einer Wahlbeteiligung von 6,16 Prozent bis 10 Uhr. Das sei »im normalen Rahmen«. Ähnlich klang das im Wahlamt Gießen. Hier lag die Beteiligung in den Wahlbezirken um 10 Uhr bei durchschnittlich 7,3 Prozent. Das sei in etwa wie erwartet und üblich.
Die Wahl in Hessen gilt als Härtetest für den Fortbestand der Großen Koalition von Union und SPD in Berlin. Die Parteivorsitzenden, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Andrea Nahles, stehen auch in den eigenen Reihen unter Druck.
Einer neuen Umfrage zufolge ist die Union bundesweit erneut auf ein Allzeittief gefallen. Im aktuellen Sonntagstrend für die »Bild am Sonntag« kommen CDU und CSU nur noch auf 24 Prozent, zwei Prozentpunkte weniger als in der Vorwoche. Die Grünen legen in der Umfrage durch das Meinungsforschungsinstitut Emnid einen Prozentpunkt auf 20 Prozent zu. Die SPD verharrt bei 15 Prozent und fällt damit hinter die AfD, die einen Prozentpunkt auf 16 Prozent zulegen konnte. LINKE und FDP kommen erneut auf zehn Prozent.
In Hessen können die Bürger am Sonntag auch über eine Reform der hessischen Landesverfassung entscheiden. Diese ist im Jahr 1946 in Kraft getreten und enthält unter anderem noch die Todesstrafe, die durch das Grundgesetz aber längst außer Kraft gesetzt ist. Diese Passage soll nun gestrichen werden. Insgesamt geht es um 15 Änderungen. Agenturen/nd
- Anspannung vor dem Urnengang
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