Sonntag, 28. Oktober 2018

Brasilianisches Großkapital unterstützt den Faschisten Bolsonaro

THEMEN: BRASILIEN

Der fortgesetzte Putsch


Von Manuela Tovar
 
|    Ausgabe vom 26. Oktober 2018
Frauendemo gegen den faschistischen Präsidentschaftskandidaten am 29. September, kurz vor dem ersten Wahlgang (Foto: Jennefer Andrade / Mídia NINJA)
Frauendemo gegen den faschistischen Präsidentschaftskandidaten am 29. September, kurz vor dem ersten Wahlgang (Foto: Jennefer Andrade / Mídia NINJA)
In Bra­si­li­en droht am Sonn­tag ein Sieg des Fa­schis­ten Jair Bol­so­na­ro. Nach allen Um­fra­gen kann der Kan­di­dat des rech­ten La­gers damit rech­nen, die Stich­wahl um das Prä­si­den­ten­amt im größ­ten Land Süd­ame­ri­kas für sich zu ent­schei­den. Wäh­rend Bol­so­na­ro bis zu 57 Pro­zent der Stim­men vor­aus­ge­sagt wer­den, kommt Fer­nan­do Had­dad von der links­so­zi­al­de­mo­kra­ti­schen Ar­bei­ter­par­tei (PT) nur auf gut ein Drit­tel.
Mit Bol­so­na­ro an der Spit­ze des bra­si­lia­ni­schen Staa­tes wäre die Zer­stö­rung der bür­ger­li­chen De­mo­kra­tie in dem Rie­sen­land ver­mut­lich per­fekt. Der „Trump Bra­si­li­ens“, wie er in vie­len Me­di­en ge­nannt wird, hat im Wahl­kampf unter an­de­rem ge­droht, die An­hän­ger der PT er­schie­ßen zu las­sen. Er zeig­te sich als Be­wun­de­rer der Mi­li­tär­dik­ta­tur und kri­ti­sier­te an den da­ma­li­gen Macht­ha­bern nur, dass sie „zu we­ni­ge“ Men­schen ge­tö­tet hät­ten.
Seine Wahl wäre die kon­se­quen­te Fort­set­zung des in­sti­tu­tio­nel­len Put­sches gegen Prä­si­den­tin Dilma Rousseff 2016, die Ver­ur­tei­lung und In­haf­tie­rung ihres Vor­gän­gers Luiz Inácio Lula da Silva und schließ­lich die Ver­hin­de­rung von des­sen Kan­di­da­tur durch die bra­si­lia­ni­sche Jus­tiz. Alle Um­fra­gen hat­ten Lula mit gro­ßem Ab­stand in Füh­rung ge­se­hen, bis es ihm die Ge­rich­te un­ter­sag­ten, ins Ren­nen zu gehen. Dem ur­sprüng­lich als Lulas Vi­ze­prä­si­den­ten vor­ge­se­he­nen Had­dad wurde sogar ver­bo­ten, mit der Per­son Lulas im Wahl­kampf zu wer­ben. So ge­lang es ihm of­fen­bar nur un­ge­nü­gend, die Men­schen in Bra­si­li­en davon zu über­zeu­gen, dass er Lulas Mann ist. In der ers­ten Wahl­run­de am 7. Ok­to­ber blieb er mit 29,3 Pro­zent der Stim­men hin­ter den Er­war­tun­gen zu­rück, wäh­rend Bol­so­na­ro auf 46 Pro­zent kam.
An Had­dads Seite warb in den ver­gan­ge­nen Wo­chen Ma­nue­la D‘Avila um Stim­men. Die 37-jäh­ri­ge Kom­mu­nis­tin ist für das Amt der Vi­ze­prä­si­den­tin no­mi­niert, ein Er­geb­nis des Bünd­nis­ses zwi­schen der PT, der Kom­mu­nis­ti­schen Par­tei Bra­si­li­ens (PCdoB) und an­de­ren ver­bün­de­ten Kräf­ten. Dies sei „die wich­tigs­te Wahl in un­se­rem Leben“, rief sie am ver­gan­ge­nen Sams­tag bei einer Wahl­kampf­kund­ge­bung in Porto Aleg­re vor Tau­sen­den Un­ter­stüt­zern aus. Bei der Wahl drohe, dass „alle Macht, die die Ver­fas­sung dem Prä­si­den­ten der Re­pu­blik ver­leiht, Leu­ten ge­ge­ben wird, die die Dik­ta­tur schon im Ärmel ihrer Jacke tra­gen“.
In den letz­ten Tagen vor der Wahl wurde deut­lich, dass vor allem das Groß­ka­pi­tal auf einen Staats­chef Bol­so­na­ro setzt. Über Jahre hatte sich des­sen „So­zi­al­li­be­ra­le Par­tei“ (PSL) der Be­treu­ung durch die der deut­schen FDP na­he­ste­hen­de Fried­rich-Nau­mann-Stif­tung er­freu­en kön­nen. Wie die Ta­ges­zei­tung „junge Welt“ am 12. Ok­to­ber be­rich­te­te, rühm­te sich die Stif­tung auf ihrer Home­page, dass man Ver­tre­ter der Bol­so­na­ro-Par­tei „zur Stär­kung des or­ga­ni­sier­ten Li­be­ra­lis­mus“ in „Fer­tig­kei­ten-Trai­nings und stra­te­gi­schem Pla­nen mit Blick auf die Wah­len 2018“ ge­schult habe. Die aus Gel­dern deut­scher Steu­er­zah­ler fi­nan­zier­te Fried­rich-Nau­mann-Stif­tung ist in La­tein­ame­ri­ka für der­ar­ti­ge Ver­bin­dun­gen be­rüch­tigt – sie war be­reits in den Sturz des hon­du­ra­ni­schen Prä­si­den­ten Ma­nu­el Zelaya 2009 und in die Ab­set­zung des pa­ra­gu­ay­ischen Staats­chefs Fer­nan­do Lugo 2012 ver­wi­ckelt.
Bol­so­na­ro kann sich aber auch auf die Hilfe schwer­rei­cher Un­ter­neh­mer ver­las­sen. Diese fi­nan­zie­ren unter an­de­rem das mas­sen­haf­te Ver­sen­den von Falsch­mel­dun­gen gegen Had­dad und D‘Avila über die „so­zia­len Netz­wer­ke“. Im Ge­gen­zug sol­len of­fen­bar füh­ren­de Köpfe von In­vest­ment­un­ter­neh­men und Fi­nanz­in­sti­tu­tio­nen hoch­ran­gi­ge Pos­ten in einer Re­gie­rung Bol­so­na­ro be­kom­men. Dar­über be­rich­te­te das linke Ma­ga­zin „Bra­sil de Fato“, prompt ließ die Staats­an­walt­schaft am Sams­tag in Rio de Ja­nei­ro ein Ge­werk­schafts­haus stür­men und dort la­gern­de Ex­em­pla­re der Zeit­schrift be­schlag­nah­men. Der zu­stän­di­ge Un­ter­su­chungs­rich­ter San­dro de Araújo Lon­tra be­grün­de­te dies damit, dass in dem Heft „ne­ga­ti­ve Be­haup­tun­gen über den Kan­di­da­ten Bol­so­na­ro“ ent­hal­ten seien.
Bra­si­li­ens Jus­tiz hat sich in den ver­gan­ge­nen Mo­na­ten als treue Hel­fe­rin der wirt­schaft­lich Mäch­ti­gen er­wie­sen, wie durch die Ver­fol­gung Lulas und Rouss­effs deut­lich wurde. Auf sie kön­nen sich die Hun­dert­tau­sen­den, die in den Wo­chen für die Ver­tei­di­gung der De­mo­kra­tie auf die Stra­ße ge­gan­gen sind, nicht ver­las­sen.

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