Forderung an die Landesregierung, eine Bundesratsinitiative zu starten / In Berlin wurden 2017 143.601 Sanktionen verhängt
Berlin. Die Berliner Regierungsfraktionen SPD, Grüne und LINKE setzen sich dafür ein, manche Hartz-IV-Sanktionen abzuschaffen. Aus ihrer Sicht sollten jungen Leuten unter 25 Jahren und Familien mit Kindern keine Leistungen gekürzt werden. Die Fraktionen fordern ihre Landesregierung deshalb in einem Antrag im Abgeordnetenhaus dazu auf, eine entsprechende Bundesratsinitiative zu starten.
Geht es nach den Berliner Regierungsfraktionen, sollen Jobcenter auch bei den Wohnkosten künftig nicht mehr kürzen dürfen. Die Sanktionen seien ein Grund, warum Menschen ihre Wohnung verlieren, erklärte der Grünen-Abgeordnete Stefan Ziller zu dem Antrag. Angesichts der aktuellen Lage auf dem Berliner Wohnungsmarkt sei das »völlig unverhältnismäßig«.
Die Hartz-IV-Gesetze ändern kann aber nur der Bund. Über die Länderkammer hoffe man, die Große Koalition zum Handeln zu bewegen, sagte Ziller.
Die Sanktionsregelungen gelten seit 2007. Seitdem kann das Jobcenter Hartz-IV-Betroffenen den Grundbetrag oder Sachleistungen kürzen, etwa wenn sie nicht zu Terminen erscheinen, eine Arbeitsstelle verweigern oder Nebeneinkommen verschweigen. Junge Hartz-IV-Betroffene dürfen laut Gesetz härter bestraft werden als ältere. Ihnen kann der Hartz-IV-Satz vollständig gestrichen werden, wenn sie zweimal nicht zum Termin erscheinen. Dann kann auch der Mietzuschuss gekürzt werden.
In Berlin wurden 2017 laut Bundesagentur für Arbeit insgesamt 143.601 Sanktionen verhängt. 31.389 der Sanktionen richteten sich gegen Jugendliche. Bei 23,1 Prozent wurden Leistungen gekürzt, im Schnitt um 102 Euro.
Erst im August hatte die SPD-Bundesvorsitzende Andrea Nahles die Diskussion mit ihrer Forderung angeheizt, die Sanktionen gegen Jugendliche abzuschaffen. Im Juni waren zwei Anträge der Fraktionen der Grünen und der Linkspartei im Bundestag zur kompletten Abschaffung der Sanktionen gescheitert. Auch Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) hatte Nahles unterstützt und eine Überprüfung der Sanktionen gefordert.
Außerdem plädiert Müller für ein solidarisches Grundeinkommen. Nach seinen Vorstellungen könnten Langzeitarbeitslose unbefristet versicherungspflichtige Tätigkeiten im gemeinnützigen kommunalen Bereich übernehmen und dafür einen Lohn erhalten, von dem sie auch leben können. Im Rahmen eines möglichen Pilotversuchs in Berlin sollen sie nach Tariflohn oder dem Landesmindestlohn bezahlt werden. dpa/nd
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