Es ist keine imaginäre Gefahr. Leider. Die schrecklichen Morde in Hanau sind real, furchtbar und erschütternd. Für Millionen MitbürgerInnen in unserem Land – mit dem berühmtem „Immigrationshintergrund“, sowie Menschen, die Moscheen oder Synagogen besuchen, ein Kopftuch oder eine Kippa tragen – sind diese Nachrichten leider nicht überraschend. Das ist an sich schon schockierend und erklärt sich aus den Erfahrungen von Minderheiten in unserem Land, die in ihrem Alltag die Gefahr längst spürten.
Der Terror in Hanau erschüttert ein weiteres Mal unsere symbolische Ordnung. Wir sollten nun endlich anders sprechen, denken und handeln. Staat und Gesellschaft sind herausgefordert, den Extremen entgegenzutreten. Wir müssen genauer hinschauen, wer die dumpfe Dialektik gegen den vermeintlich Anderen und die enthemmte Sprache praktiziert und die logische Folge dessen, den Terror, in Kauf nimmt. Wie genau und mit welchem Maß der Staat zu handeln hat, wird die Debatten nun prägen.
Differenzierung und klare Ansprache schließen sich nicht aus. Nicht jeder stramme Konservative ist ein Terrorist, aber immer mehr Terroristen sind rechts. Die Binsenweisheit, dass diese auch „verwirrte“ Seelen sind, trägt nur zur Relativierung ihres ideologischen Hintergrundes bei. Die Rolle der klassischen und sozialen Medien in der Berichterstattung über unsere Minderheiten, meist den Extremfällen zugeneigt, ist ein weiteres Kapitel, dass nun aufzuschlagen ist.
Die Muslime in Deutschland sind aufgerufen Maß und Mitte in diesem Land aktiv mitzugestalten. Jede andere Minderheit sollte sich unserer Solidarität immer sicher sein. Die mögliche Falle ist ebenso klar: Wir dürfen nicht in die gleiche Rhetorik des „wir gegen die Anderen“ verfallen. Wir müssen konstruktive Kritik an uns aushalten, aber auch polemische Ideologie gegen den Islam entlarven.
Am Ende muss es uns um die Stiftung eines Wir-Gefühls gehen. Wir sind Teil des Ganzen. Trotz Hanau oder gerade deshalb.
Von: Abu Bakr Rieger
Quelle: Islamische Zeitung
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