Dossier
“Offiziell war der EU-Türkei-Gipfel zur Eindämmung des “Flüchtlingsstroms” ein voller Erfolg. Doch nach dem Treffen in Brüssel bleiben viele Fragen offen. Es war der bizarrste EU-Gipfel seit Jahren. 28 Staats- und Regierungschefs waren am Sonntag außerplanmäßig nach Brüssel gereist, um einen einzigen Gast zu empfangen: den türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu. Dabei hat der nach seiner Wiederwahl im umstrittenen zweiten Versuch noch nicht einmal offiziell sein neues Amt angetreten. Am Montag muss sich Davutoglu noch einem Vertrauensvotum im türkischen Parlament stellen. Doch solche Feinheiten spielten keine Rolle beim EU-Türkei-Gipfel, genauso wenig wie der brandgefährliche Abschuss eines russischen Kampfjets durch das türkische Militär über Syrien oder die spektakuläre Verhaftung von oppositionellen Journalisten, die Staatspräsident Recep Erdogan höchstpersönlich angeordnet hatte. Schließlich hat die EU derzeit Wichtigeres zu tun als über Demokratie und Menschenrechte vor ihrer Haustür nachzudenken…” Beitrag von Eric Bonse bei telepolis vom 30.11.2015 . Siehe auch das Dossier: Ein Flüchtlingsbekämpfungs-Deal nach dem anderen: Die EU und ihre »Migrationspartnerschaften« und hier zu Türkei neu:
- Seehofer will Erdogan weitere Millionen zuschieben
“… Die Bundesregierung will die türkische Küstenwache mit rund 32 Millionen Euro unterstützen, damit künftig weniger Migranten auf den griechischen Inseln ankommen. Wie aus einem Schreiben des Bundesfinanzministeriums an den Haushaltsausschuss des Bundestages hervorgeht, soll das vom Innenministerium zusätzlich beantragte Geld eine „unkontrollierte Migrationsbewegung in Richtung Deutschland“ unterbinden. Der Geldbedarf sei unvorhergesehen, da er erst im Vorfeld der Reise von Bundeskanzlerin Angela Merkel in die Türkei Ende Januar durch Experten der Bundespolizei vor Ort ermittelt werden sei. (…) Die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Ulla Jelpke, hat das Vorhaben scharf kritisiert: „Ich frage mich wie tief diese Regierung noch sinken kann. Nach dem schändlichen EU-Türkei-Flüchtlings-Deal wirft die Bundesregierung nun dem türkischen Despoten weitere 32 Millionen Euro zur Aufrüstung seiner Küstenwache in den Rachen. Hier wird ein nach außen wie nach innen kriegstreiberisches und rassistisches Regime mit Abermillionen Euro vollgepumpt, damit es als brutaler Türsteher für die EU agiert und Schutzsuchende von Europas Grenzen fernhält. Die Türkei schafft mit ihrer Kriegspolitik vom Nordirak über Syrien bis nach Libyen immer neue Fluchtursachen. Schutzsuchende, die von der türkischen Küstenwache aufgegriffen werden, sind von Kettenabschiebungen bedroht. Flüchtlinge aus Afghanistan werden einfach wieder in dieses Kriegsland abgeschoben oder inhaftiert und syrische Schutzsuchende unter dem Vorzeichen der ‚freiwilligen Ausreise’ mit Gewalt in Kriegsgebiete wie Idlib in Syrien geschickt. Angesichts dieser Umstände sollte das Ansinnen des BMI unbedingt zurückgewiesen werden.” Meldung vom 24. Februar 2020 bei ANF News - Flüchtlinge in Nordsyrien laden Angela Merkel ein: Für sie ist die deutsche Politik nicht nachvollziehbar
“Flüchtlinge im Camp Wasokani bei Hasaka sind empört über die türkischen ‘Umsiedlungspläne’ von syrischen Flüchtlingen nach Ras al-Ain (kurd.: Sere Kaniye) und Tall Abyad (kurd.: Gire Spi) in Nordsyrien und die in Aussicht gestellte deutsche Unterstützung. In den von der Türkei völkerrechtswidrig besetzten Gebieten herrschen mittlerweile IS-Methoden. Die Flüchtlinge laden die deutsche Bundeskanzlerin ein, sich selbst ein Bild über die Zustände zu verschaffen, bevor sie sich des Verstoßes gegen das Völkerrecht schuldig mache: “Ist sich die deutsche Bundeskanzlerin bewusst darüber, wem sie unsere Heimat überlassen will?”, fragt die arabische Camp-Bewohnerin Asiya Xalid. “Damit werden wir beim besten Willen nicht einverstanden sein. Wieso sollten wir für immer weg aus unseren angestammten Wohnorten und unseren Häusern? Um sie anderen zu übergeben? Den Dschihadisten?” (…) Kritiker der deutschen Pläne erinnern die Bundesregierung daran, zu welchem Ergebnis der wissenschaftliche Dienst des Bundestages kam: Demnach verstoße die gezielte demografische Veränderung und die Pläne der Ansiedlung von 2,5 Millionen Flüchtlingen in den von der Türkei besetzten Gebieten in Nordsyrien gegen das Völkerrecht. In Artikel 49 des Genfer Abkommens heißt es: “Zwangsweise Einzel- oder Massenumsiedlungen sowie Deportationen von geschützten Personen aus besetztem Gebiet nach dem Gebiet der Besetzungsmacht oder dem irgendeines anderen besetzten oder unbesetzten Staates sind ohne Rücksicht auf ihren Beweggrund verboten.” Zuvor hatte der wissenschaftliche Dienst schon festgestellt, dass die Invasion der Türkei in Nordsyrien gegen das Völkerrecht verstoße. Es sei die Frage erlaubt, welchen Wert die Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages eigentlich haben, wenn die Bundesregierung diese schlichtweg ignoriert?…” Beitrag von Elke Dangeleit vom 17. Februar 2020 bei Telepolis - Finanziert Deutschland Erdogans Umsiedelungspolitik in Nord- und Ostsyrien? / Kritik an Merkels Hilfeangebot für türkische Besatzung in Nordsyrien
“Heute traf Bundeskanzlerin Angela Merkel den türkischen Präsidenten Recep Tayip Erdogan in Istanbul und stellte Gelder für “feste Unterkünfte” für Flüchtlinge in Aussicht. Auf der Pressekonferenz stellte Bundeskanzlerin Merkel weitere Milliarden zu den zugesagten 6 Milliarden für Flüchtlingshilfe an die Türkei in Aussicht. Sie lobte die “großen Anstrengungen” der Türkei zur Bewältigung der Flüchtlingskrise. Merkel nahm Bezug auf die Lage der Flüchtlinge in Idlib an der Grenze zur Türkei, die dort in Zelten unter prekären Bedingungen leben müssen. Hier stellte sie ebenfalls finanzielle Unterstützung für “feste Unterkünfte”, die die Türkei mit Hilfe des Roten Halbmondes auf syrischem Territorium errichten will, in Aussicht. Die Türkei stehe hier vor einem “Riesenproblem”. Da der Winter naht, werde die Bundesregierung prüfen, ob man dies finanziell unterstützen kann. Wo genau diese festen Unterkünfte errichtet werden sollen, wurde nicht benannt. Bei aufmerksamen Journalisten mit Kenntnis der Lage in Nordsyrien müssten spätestens hier die Alarmglocken klingeln. Kein Wort verlor Merkel hingegen über die Hunderttausenden an Flüchtlingen, die die Türkei in Nordsyrien zu verantworten hat und die nun in der Sheba-Region in Zelten leben. Ob der Winter dort weniger hart als im nicht allzu weit entfernten Idlib ist, dass die von der Türkei Vertriebenen keine Hilfe benötigen und keiner Erwähnung wert sind? (…) Auf die Frage eines deutschen Journalisten auf der Pressekonferenz nach Umsiedlungsplänen in der sogenannten Sicherheitszone sagte die Bundeskanzlerin, man könne sich in Absprache mit dem UNHCR vorstellen, die Ansiedlung der arabischen Geflüchteten in der “Sicherheitszone” finanziell zu unterstützen. Was nichts anderes bedeutet, als dass Deutschland den von Erdogan erzwungenen Bevölkerungsaustausch in Nordsyrien finanziert. Das heißt ebenfalls als Konsequenz, dass Deutschland mithilft, den Geflüchteten aus Afrin, die ebenso in Zelten leben wie die Geflüchteten aus Idlib, eine Rückkehr in ihre Heimatregion Afrin endgültig unmöglich zu machen. Das betrifft auch die vor der Türkei geflüchteten Kurden, Eziden, Christen und Araber aus Tall Abyad, den von Türken und Jihadisten besetzten Städten Sere Kaniye, Gire Spi und der christlichen Region um Tell Tamer. Viele von ihnen leben in Zelten oder in öffentlichen Gebäuden in der Stadt Hasaka, in Dêrik oder in Flüchtlingscamps im Nordirak…” Artikel von Elke Dangeleit vom 24. Januar 2020 bei telepolis , siehe dazu:- Kritik an Merkels Hilfeangebot für türkische Besatzung in Nordsyrien
“Während die Angriffe der türkischen Armee auf mehrheitlich von Kurd*innen besiedelten Dörfer und Städte in Nordsyrien andauern, traf sich am gestrigen Freitag die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan in Istanbul. Neben Libyen, Idlib und der Freilassung von in der Türkei inhaftierten Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft war vor allem die Flüchtlingsfrage und die Situation in Nordsyrien ein großes Thema der Gespräche. Merkel stellte bei Ihrem Besuch der Türkei finanzielle Unterstützung für die besetzten Gebiete in Nordsyrien in Aussicht. So könne man in Nordsyrien Notunterkünfte für Flüchtlinge bauen. Angesichts der Lage der Flüchtlinge im Winter werde die Bundesregierung prüfen, ob man dies finanziell fördern könne, sagte Merkel und ergänzte: „Ich kann mir vorstellen, dass wir für diese humanitäre Aktion deutsche Mittel geben können.“ Mit keinem Wort ging die Bundeskanzlerin bei ihrem Türkeibesuch auf die momentane Situation in Nordsyrien eingegangen. (…) Wenn Erdogan das Ziel gehabt hätte, den Menschen in Nordsyrien zu helfen, dann hätte er diese nicht umgebracht und aus ihren Häusern vertrieben. Diese Menschen müssen unter internationaler Beobachtung zurück in ihre Häuser geführt werden, um den von der Türkei beabsichtigten demographischen Wandel in der Region zu stoppen. Hier könnte Deutschland Verantwortung übernehmen, denn Hilfe leistet man nicht dem Aggressor, sondern den Opfern.“” Meldung vom 25. Januar 2020 bei Civaka Azad – Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit e.V. - Siehe auch: Seit dem Überfall der Türkei auf Nordsyrien wurde von der Bundesregierung gefordert, Stellung zu beziehen. Jetzt hat sie es getan: Waffenbrüder
- Kritik an Merkels Hilfeangebot für türkische Besatzung in Nordsyrien
- medico international vor Merkels Ankara-Reise: “EU-Türkei-Deal ist ein einziges Desaster” / Türkei wirft EU Bruch des Flüchtlingsabkommens vor (wäre gut gewesen)
- medico international vor Merkels Ankara-Reise: “EU-Türkei-Deal ist ein einziges Desaster”“Vor dem Besuch von Bundeskanzlerin Merkel in Ankara erhebt die Frankfurter Hilfs- und Menschenrechtsorganisation medico international erneut schwere Vorwürfe gegen die Verantwortlichen des “EU-Türkei-Deals” und fordert ein politisches Programm für die Aufnahme von Flüchtlingen in Europa. “Das Abkommen aus dem Jahr 2016 ist ein einziges menschen- und asylrechtliches Desaster. Dabei ist vollkommen egal, ob man auf die Zwecke des Abkommens schaut oder auf die Mittel seiner Durchsetzung: Wir sehen Menschenrechtsverletzungen, soweit das Auge reicht. Die Zustände auf den griechischen Inseln, die gefährlichen Übergriffe der türkischen Küstenwache auf Flüchtlingsboote und die Hunderttausenden neuen Flüchtlinge, die Erdogans Krieg gegen die Kurden produziert hat: Das alles hat einen direkten Zusammenhang mit dem Abkommen”, so Ramona Lenz, Referentin für Flucht & Migration bei medico international. “Die permanente, öffentliche Verletzung von Menschenrechten ist politisch gewollt: Sie soll Migranten abschrecken.” Vor wenigen Tagen war im Internet ein Video aufgetaucht, in dem zu sehen ist, wie die türkische Küstenwache ein Boot mit Flüchtlingen auf dem Weg nach Europa rammt und abdrängt. Rund um die Hotspots auf den griechischen Inseln sitzen derzeit über 40.000 Flüchtlinge in hoffnungslos überbelegten Lagern fest, mehr als ein Drittel davon Minderjährige. “Für all das trägt die EU direkt oder indirekt die politische Verantwortung.” “Anstatt an dem gescheiterten Abkommen festzuhalten, durch das Europa sich auch noch erpressbar gemacht hat, braucht es dringend eine neue politische Grundlage für die Neuaufnahme und Verteilung von Flüchtlingen und Migranten in Europa aus von Krieg und Elend geplagten Regionen. Das Scheitern des Abkommens zeigt, dass sich die Verantwortung Europas weder an Griechenland noch an die Türkei delegieren lässt. Die Aus-den-Augen-aus-dem-Sinn-Politik hat keine Zukunft.” Pressemitteilung vom 23.01.2020 bei presseportal.de , siehe dazu:
- Türkei wirft EU Bruch des Flüchtlingsabkommens vor: EU habe zugesagte Gelder nicht vollständig gezahlt / Offizieller Besuch Merkels am Freitag geplant“Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu hat vor dem Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Ankara der EU vorgeworfen, die im Flüchtlingsabkommen zugesagten Gelder nicht vollständig gezahlt zu haben. »Wir halten uns an das Abkommen und nehmen alle Flüchtlinge zurück, die zurückgeschickt werden. Was ist mit der EU?«, sagte Cavusoglu der »Bild« (Online). Die EU habe versprochen, Ende 2016 die ersten drei Milliarden Euro zu zahlen, Ende 2018 weitere drei, sagte der Minister und klagte: »Jetzt haben wir 2020, und wir haben noch immer nicht die ersten drei Milliarden Euro vollständig erhalten.« Merkel reist am Freitag zu einem offiziellen Besuch in die Türkei. Neben den finanziellen Zusagen seien auch andere Zusagen nicht erfüllt worden: »Es gab keine Erweiterung der Zollunion und auch kein neues Kapitel der EU-Beitrittsverhandlungen«, kritisierte Cavusoglu. »Schon allein aus den Gründen (…) hätten wir unsere Grenzen öffnen können«, sagte der Minister. Trotz aller Kritik sei die Türkei aber für eine Fortsetzung des Abkommens…” Agenturmeldung vom 23.01.2020 beim ND online
- Flüchtlingsdeal: Türkei forciert Umsiedlung, die EU zahlt weiter
“Die Türkei hat mit der umstrittenen Umsiedlung von Flüchtlingen in die besetzten Gebiete in Nordsyrien begonnen. Die EU-Kommission scheint das nicht zu stören – sie zahlt weiter. Sultan Erdogan will bis zu 3 Millionen Kriegsflüchtlinge aus Syrien, die sich derzeit noch in der Türkei aufhalten, in die türkisch besetzten Gebiete im Norden des Landes umsiedeln. Es ist ein “Bevölkerungsaustausch” – hier passt das Unwort der Rechten, denn gleichzeitig werden die ansässigen Kurden vertrieben. Mit dem Völkerrecht ist das nicht vereinbar. In der EU (und der Nato) ging man denn auch davon aus, dass Erdogan seine Pläne nicht verwirklichen würde. Doch nun hat die Umsiedlung begonnen., meldet “Foreign Policy” (…) Die Zwangs-Umsiedlungen würden von Gräueltaten begleitet, schreibt das renommierte amerikanische Blatt. Doch bisher schweigt der “freie Westen” zu diesem und anderen Berichten. Die EU geht sogar noch weiter – und brüstet sich damit, bald die vereinbarten 6 Mrd. Euro aus dem Flüchtlingsdeal überwiesen zu haben, den Kanzlerin Merkel mit Erdogan ausgehandelt hatte. (…) Und da die vereinbarte Summe ausgeschöpft ist, dürfte auch bald die nächste Rechnung aus Ankara kommen…” Meldung von Eric Bonse bei Lost in Europa vom 10. Dezember 2019 - [Video] Türkei: Abschiebung in den Unrechtsstaat
“Oppositionellen drohen in der Türkei Schauprozesse und willkürliche Verhaftungen. Das haben zahlreiche Beispiele bereits gezeigt. Trotzdem scheut Deutschland nicht davor zurück, Oppositionelle in die Türkei abzuschieben – und kooperiert dabei sogar mit den dortigen Behörden.” Video des Beitrags von Andreas Maus, Heiner Hoffmann und Amin Qasem in der Monitor-Sendung am 05.12.19 (07:41 Min.) - Merkel trifft Erdogan bei NATO-Gipfel: „Europas Migrationspolitik schafft neue Fluchtursachen“. medico international fordert ein sofortiges Ende des EU-Türkei-Deals, anstatt die „skandalöse Kooperation“ fortzusetzen“Am Rande des bevorstehenden NATO-Gipfels soll es heute ein vertrauliches Treffen von Bundeskanzlerin Merkel, dem französischen Präsidenten Macron und dem britischen Premierminister Johnson mit dem türkischen Präsidenten Erdogan geben. Laut mehreren Medienberichten soll es dort auch um eine weitere Aufstockung der Zahlungen im Rahmen des EU-Türkei-Deals sowie um die Fortsetzung der migrationspolitischen Zusammenarbeit gehen. Die Hilfs- und Menschenrechtsorganisation medico international fordert ein sofortiges Ende des EU-Türkei-Deals, anstatt die „skandalöse Kooperation“ fortzusetzen. (…)Die von der Türkei angekündigte Zwangsansiedlung syrischer Flüchtlinge in den neu besetzten Gebieten sei der nächste Schritt einer ethnischen Säuberung. „Erdogans Ziel war und ist es, zusammenhängende Gebiete unter kurdischer Kontrolle zu verhindern. In den nun von türkischen Milizen besetzten Gebieten war der Wiederaufbau nach dem syrischen Bürgerkrieg weit fortgeschritten und das multiethnische Zusammenleben beispielhaft. Jetzt betreibt Erdogan Bevölkerungspolitik und zerstört das mühsam aufgebaute multiethnische Projekt. Dieser Plan ist ein Verstoß gegen die Genfer Flüchtlingskonvention, die untersagt, Schutzbedürftige in völkerrechtswidrig besetzte Gebiete umzusiedeln.“…” Pressemitteilung vom 3.12.2019 von und bei medico international , siehe dazu:
- Erdoğan-Treffen am Rande des NATO-Gipfels: Skandalöse Kooperation schafft neue FluchtursachenThread von Medico International bei Twitter
- Türkei-Skandal weitet sich aus: 4000 Personalakten beschlagnahmt? PRO ASYL und Flüchtlingsrat Niedersachsen fordern Abschiebungsstopp in die Türkei
“Türkischen Nachrichten zufolge sind in der Türkei weitaus mehr Akten beschlagnahmt worden als bislang von der Bundesregierung eingeräumt. Damit würde sich unsere Vermutung bestätigen, dass nicht nur 283 Personalakten betroffen sind, wie von Auswärtigen Amt behauptet, sondern erheblich mehr. Türkische Quellen sprechen von mehr als 4000 beschlagnahmten Akten . Im Haus des Yilmaz S., so heißt es, seien 9 Ordner mit insgesamt 4.000 Akten von Mitgliedern der Gülen-Bewegung und kurdischen Aktivist_innen (i.O. PKK-Anhäger) und auf seinem Konto 5 Millionen Euro gefunden worden. Yilmaz S. sei auch für die Botschaft der Niederlande und Norwegens tätig gewesen. Auch Akten von Asylantragssteller_innen in diesen Staaten seien gefunden worden. Weiter heißt es in türkischen Zeitungen, Yilmaz S. habe Berichte/Gutachten über politische Themen und die Situation in den Gefängnissen erstellt. Ihm wird „unbefugte Nutzung persönlicher Daten“, „politische Spionage“ sowie die „Verletzung der Vertraulichkeit von Ermittlungen“ vorgeworfen. Auch die in seinem Haus gefundenen digitalen Medien wie Computer und Festplatten würden derzeit untersucht. Seit 1997 seien Geldflüsse von der Deutschen Botschaft und seit etwa 10 Jahren auch von der Norwegischen und Niederländischen Botschaft an Yilmaz S. zu verzeichnen. Wir müssen nun davon ausgehen, dass erheblich mehr Menschen infolge der Beschlagnahmung ihrer Personalakten mit einer politischen Verfolgung in der Türkei rechnen müssen als bislang zugegeben. Bis zur Klärung der Dimension dieses Skandals und seiner Auswirkungen für die Betroffenen fordern wir einen sofortigen bundesweiten Abschiebestopp in die Türkei! Darüber hinaus fordern wir eine Asylanerkennung aller betroffenen Flüchtlinge sowie sofortige Maßnahmen zum Schutz von Familienmitgliedern, die infolge der Beschlagnahmung der Akten mit einer politischen Verfolgung rechnen müssen…” Mitteilung vom 29. November 2019 beim Flüchtlingsrat Niedersachsen
- EU-Geld für die Türkei: Merkel verspricht Erdogan Flüchtlingshilfen
“Vor drei Jahren schließen die EU und die Türkei einen Deal. Er sieht vor, dass die europäischen Länder Erdogan finanziell bei der Versorgung von Flüchtlingen helfen – wenn er die Überfahrten von Flüchtlingen auf die griechischen Inseln unterbindet. Damit das so bleibt, sagt Kanzlerin Merkel neue Hilfen zu. Bundeskanzlerin Angela Merkel stellt der Türkei frisches Geld für die Versorgung syrischer Flüchtlinge in Aussicht. Merkel sagte nach einem Treffen mit dem kroatischen Ministerpräsidenten Andrej Plenkovic in Zagreb, gegebenenfalls müsse man der Türkei für die vielen Aufgaben bei der Beherbergung der 3,5 Millionen Menschen weitere Hilfen geben. “Dazu wäre ich zum Beispiel bereit.”…” Agenturmeldung vom 20. November 2019 bei n-tv.de
- Syrien-Offensive: Erdoğan droht mit Ende des EU-Flüchtlingsdeals
“Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat die Europäische Union aufgefordert, die Militäroperation seines Landes in Nordsyrien nicht als Invasion zu bezeichnen. Er verband das mit der Drohung, Flüchtlingen in seinem Land den Weg nach Europa zu öffnen. Damit nahm er Bezug auf den Deal, den die EU 2016 mit der Türkei getroffen hatte. Wörtlich sagte Erdoğan: “Hey, Europäische Union. Reißt Euch zusammen. Seht, ich sage es noch einmal: Wenn ihr versucht, unsere aktuelle Operation als Besatzung zu bezeichnen, dann haben wir leichtes Spiel. Dann öffnen wir die Türen und schicken euch (die) 3,6 Millionen Flüchtlinge”, sagte Erdoğan in einer Rede vor Mitgliedern seiner Regierungspartei AKP am Donnerstag: Er wiederholte mehrmals: “Dann öffnen wir eben die Türen.”…” Agenturmeldung vom 10. Oktober 2019 bei der Süddeutschen Zeitung online
- Trotz drohenden türkischen Einmarschs in Nord-Syrien: EU setzt weiter auf Deal mit der Türkei. PRO ASYL wirft den EU-Innenministern angesichts der Eskalation der Türkei-Syrienkrise Totalversagen vor
“PRO ASYL- Geschäftsführer Günter Burkhardt wirft angesichts des drohenden Einmarschs der Türkei in Nordsyrien den EU-Innenministern »Totalversagen« vor. Trotz der desaströsen Menschenrechtslage in der Türkei und der türkischen Militäroffensive in Nord-Syrien hofieren die europäischen Staaten weiter Erdogan. PRO ASYL wirft den Staaten Europas vor, die Entwicklungen in der Türkei nur unter dem Gesichtspunkt der Flüchtlingsabwehr zu betrachten. Burkhardt: »Innertürkische Repressionen gegen Oppositionelle, Verfolgungsdruck auf syrische und andere Flüchtlinge und nicht zuletzt die drohende Militäroffensive in Nord-Syrien, die viele Menschen neu in die Flucht schlagen wird, machen Erdogan zu einem Fluchtverursacher. Die EU verschließt konsequent die Augen.« Beim EU-Innenminister-Treffen in Luxemburg wurde einmal mehr die Partnerschaft mit der Türkei betont. Zeitgleich ist für die in Griechenland ankommenden Schutzsuchenden weder Aufnahme noch Zugang zum Asyl geplant. Stattdessen baut der deutsche Innenminister ein neues Bedrohungsszenario von einer neuen »Flüchtlingswelle« wie 2015 auf und will die türkische Küstenwache stärken. Dass das Regime in der Türkei massiv Oppositionelle verfolgt und zur Flucht zwingt, wird unterschlagen. Vor Erdogans militärischer Offensive in Nord-Syrien verschließen die EU-Innenminister komplett die Augen. Dabei bahnt sich in Nord-Syrien die nächste Flüchtlingstragödie an – auf Betreiben Erdogans. Der Einmarsch der Türkei in Nord-Syrien wird zu einer weiteren Eskalation des Konflikts in Syrien führen und dürfte noch mehr Flucht und Verfolgung vor allem innerhalb der kurdischen Bevölkerung verursachen. Nicht zuletzt plant Erdogan, Millionen syrischer Flüchtlinge nach Nord-Syrien zu verfrachten, nachdem er die kurdische Bevölkerung von dort vertrieben hat. Dies wird längst vorbereitet: Die Situation für syrische Flüchtlinge in der Türkei verschlechtert sich zusehends . Die türkischen Behörden sind längst dazu übergegangen, Syrer*innen zu Hunderten aus der Türkei nach Syrien abzuschieben…” Pressemitteilung vom 08.10.2019 (Siehe zum Hintergrund unsere Materialsammlung „Hände weg von Rojava – jetzt erst recht!“ vom 09. Oktober 2019)- „ETUC condemns Turkish invasion threat and calls on EU to end migration deal“ am 08. Oktober 2019 beim Europäischen Gewerkschaftsbund ist die Erklärung der Föderation gegen den Kriegskurs der Regierung in Ankara – verbunden mit einer Aufforderung an die EU, den schmutzigen Anti-Migrationsdeal mit der Türkei endlich zu beenden. Eine Delegation zur außenpolitischen Verantwortung der EU wird angekündigt, die die Forderung übergeben soll, alles zu tun, um einen Krieg der Türkei zu verhindern.
- Seehofer verteilt Süßes an die türkische Regierung: Der deutsche Innenminister verspricht mehr Geld und lobt die Leistungen der Türkei in der Flüchtlingspolitik als “welthistorisch”
“… Das rigide Vorgehen der Türkei gegen Kritiker und politische Gegner hat eine Dimension, die nicht zu übersehen ist. Seehofer verdrängte das, ihm war das EU-Flüchtlingsabkommen und der Schock von 2015 wichtiger, was zu dem Satz führte: “Ich habe nichts zu kritisieren an der Arbeit der Türkei” und zum Versprechen, wo immer man einen Beitrag leisten könne, sei man bereit. Beides steht im erwähnten Tagesschau-Bericht , der überschrieben ist mit: “Türkei kann auf mehr EU-Gelder hoffen”. Summen werden dort nicht genannt. Türkische Publikationen präsentieren dagegen Forderungen, die hierzulande nicht auftauchen. Haben sie keine ernsthafte Grundlage oder werden sie einfach nur verdrängt? Keine der bisherigen Zusagen der Flüchtlings-Abmachung zwischen der EU und der Türkei wurde eingehalten, berichtet die englischsprachige Hurriyet Daily News und listet auf: Die EU habe 6 Milliarden Euro versprochen, um die Lebensbedingungen der syrischen Flüchtlinge in der Türkei zu verbessern, bis Juni seien davon aber nur 2,22 Milliarden angekommen. Das Abkommen habe versprochen, dass für jede(n) syrische(n) Staatsbürger(in), die oder der von Griechenland in die Türkei zurückgebracht wird, die EU ihrerseits einen syrischen Flüchtling aus der Türkei in der EU ansiedeln soll. Seit 2026 hätten die EU-Mitgliedsländer aber nur 20.000 syrische Flüchtlinge aus der Türkei übernommen. Wie viele Flüchtlinge aus Syrien von Griechenland in die Türkei zurückgebracht worden sind, nennt die Zeitung nicht...” Artikel von Thomas Pany vom 04. Oktober 2019 bei telepolis
- Türkei will Syrer zurückführen: Erdogan plant neuen Flüchtlings-Gipfel mit Merkel
“Die EU ist wegen der wieder wachsenden Migrantenzahlen alarmiert. Der türkische Präsident will die Lage für sich nutzen – bei einer Konferenz im Oktober. Die syrische Provinz Idlib mit ihren drei Millionen verzweifelten Menschen liegt ganz nah an Europa – jedenfalls nach der politischen Geographie von Recep Tayyip Erdogan. Was in Idlib geschehe, betreffe nicht nur die Türkei, sondern ganz Europa, sagte der türkische Präsident gerade in Ankara. Mit dem Hinweis verstärkte Erdogan seine Forderung an die Europäer, ihn in der Flüchtlingspolitik und besonders bei der geplanten Einrichtung einer „Schutzzone“ in Syrien zur Rückführung von Flüchtlingen zu unterstützen. Bis zu drei Millionen Syrer könne die Zone fassen, wenn sie entsprechend ausgedehnt werde, sagte Erdogan. (…) Europa soll ihm bei diesem Vorhaben helfen. Der Präsident weiß, dass die EU wegen der erneut steigenden Flüchtlingszahlen in Griechenland alarmiert ist. Die Türkei, die bereits 3,6 Millionen Syrer aufgenommen hat, rechnet mit bis zu einer Million zusätzlichen Flüchtlingen aus Idlib, falls sich die Kämpfe dort verschärfen sollten. Mit der Drohung, notfalls „die Tore zu öffnen“ und die Syrer nach Europa reisen zu lassen, will er die EU zur Unterstützung seiner Politik drängen…” Artikel von Thomas Seibert vom 19.09.2019 beim Tagespiegel online
- Flüchtlinge aus Syrien: Erdogan droht der EU
“Der türkische Präsident beklagt mangelnde Unterstützung. Sollten die von ihm beabsichtigten “Schutzzonen” in Syrien nicht verwirklicht werden, würde die Türkei die Grenzen zu Europa öffnenDie Türkei werde ihre Grenzen zu Europa öffnen, wenn keine Sicherheitszone in Syrien verwirklicht wird, zitiert die englisch-sprachige Hürriyet-Ausgabe Erdogan am späten Donnerstag. Demnach macht der türkische Präsident der internationalen Gemeinschaft und besonders der Europäischen Union den Vorwurf, dass sie die Türkei nicht genügend bei der Unterbringung und Versorgung unterstützen. Berichte, wonach der EU-Flüchtlingsdeal auf der Kippe steht, und die Zahlungen dabei eine große Rolle spielen, gab es bereits in den letzten Tagen (Der Flüchtlingsdeal wackelt). Laut Aussagen von Touristen auf der griechischen Insel Lesbos sollen deutlich mehr Boote mit Flüchtlingen an Bord dort ankommen, angeblich drehen Schiffe der türkischen Küstenwache gut sichtbar ab. Dass dies keine bloße subjektive Wahrnehmung von Feriengästen ist, zeigt sich an der Reaktion der griechischen Regierung, die damit zu tun hat, dass die Flüchtlingszahlen auf den griechischen Inseln wieder steigen…” Artikel von Thomas Pany vom 06. September 2019 bei telepolis- siehe dazu auch unser Dossier: Humanitäre Krise in Griechenland droht zu eskalieren
- Der Flüchtlingsdeal wackelt: EU und Türkei streiten sich über Gelder, während immer mehr Syrer abgeschoben werden
“… Mehrfach wurden die Geflüchteten zum Spielball in Wahlkämpfen, und während Erdogan sich anfangs noch für sie eingesetzt hat, ist auch in der AKP inzwischen die Stimmung gekippt. In Umfragen spricht sich eine Mehrheit der türkischen Bürger dafür aus, die Menschen abzuschieben. Rund dreieinhalb Millionen Syrer leben aktuell noch in der Türkei. Und während es manchen gelungen ist, Fuß zu fassen, eine Arbeit zu finden, sich etwas aufzubauen, lebt die Mehrzahl doch in Armut am Rande der Gesellschaft und ist ständigem Rassismus ausgesetzt. Im Konflikt mit Deutschland hatte Erdogan mehrmals gedroht, den Deal platzen zu lassen und die Syrer mit Bussen an die EU-Grenze zu bringen. Inzwischen geht es in die andere Richtung. Hunderttausende Syrer sollen nach Syrien abgeschoben werden – und viele ausgerechnet ins umkämpfte Idlib. Mitten ins Kriegsgebiet. Wie Human Rights Watch berichtet werden viele Syrer gezwungen, Dokumente zu unterzeichnen, in denen sie zusichern, “freiwillig” auszureisen. Wer die Unterschrift verweigert, wird demnach inhaftiert. Auch von Misshandlungen durch Polizisten ist die Rede. Für Probleme sorgen auch die der Türkei für den Deal zugesagten Milliardensummen. Denn da die Hilfsprojekte für Geflüchtete, an die die Gelder gebunden sind, von der Türkei nur langsam oder gar nicht angegangen werden, herrscht nun Streit darüber, ob und auch wie weitere Zahlungen geleistet werden sollen. Deutschland hatte mit einer Milliarde Euro bislang den größten Posten übernommen. Außerdem fordert die Türkei mehr Kontrolle darüber, an welche Hilfsorganisationen die Gelder gehen…” Artikel von Gerrit Wustmann vom 02. September 2019 bei telepolis
- Zurück in den Knast: Wie Europa türkische Regimegegner an die Türkei ausliefert
“Georg Restle: „Vermummte Männer, die sich auf Menschen stürzen; sie schwer verprügeln und misshandeln; sie auf ein Schlauchboot schleppen, um sie über die Grenze zu schaffen. Dorthin, wo ihre Verfolger nur auf sie warten, um sie gefangen zu nehmen. Nein, das ist kein Horrorfilm, sondern seit Monaten Realität an der europäischen Außengrenze. Und das alles unter den Augen europäischer Grenzschützer. (…) Andreas Maus war an einer der am besten gesicherten Außengrenzen der EU unterwegs und hat mit Menschen gesprochen, die Europa von seiner hässlichsten Seite erlebten. (…) ‘In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die unteilbaren und universellen Werte der Würde des Menschen.’ So steht es in der Grundrechtecharta der Europäischen Union. Wäre gut, wenn das endlich auch an den Außengrenzen der EU gelten würde.“ Bericht von Andreas Maus bei Monitor vom 8. August 2019 (Videolänge: 10:16 Min., in der ARD-Mediathek abrufbar bis zum 30. Dezember 2099)
- Steigt die Türkei aus dem EU-Türkei-Deal aus?
“Nach Angaben türkischer Medienberichte könnte sich die Türkei aus dem sogenannten EU-Türkei-Deal zurückziehen. Grund dafür sei die Nicht-Einhaltung bestimmter im Deal vereinbarter Gegenleistungen seitens der EU, so türkische Regierungsbeamte. Darunter falle unter anderem die im Zuge des Deals zugesicherte Visa-Freiheit für türkische Bürger*innen. Besagte Visafreiheit sorgte schon in der Vergangenheit für Spannungen zwischen der EU und der Türkei. So drohte die Türkei bereits im November 2016 mit der Aufkündigung des Deals. Der EU-Türkei-Deal ist eine im März 2016 verabschiedete Vereinbarung zwischen der EU und der Türkei. Der Deal: finanzielle Entschädigungen und Visafreiheiten für türkische Bürger*innen gegen Grenzsicherung und Flüchtlingsabwehr…” Meldung vom 23. Juli 2019 bei FFM-Online
- Gefangene des Deals. Die Erosion des europäischen Asylsystems auf der griechischen Hotspot-Insel Lesbos
“Der EU-Türkei-Deal vom 18. März 2016 bildet eine der zentralen Antworten auf die (Flucht-)Migration nach Europa in den Jahren 2015/16, die als sogenannte ›Flüchtlingskrise‹ rezipiert wurde. Einerseits sollte Migration drastisch reduziert und andererseits eine humanitäre Aufnahme von Geflüchteten aus der Türkei nach Europa ermöglicht werden. Doch anstelle eines ausgeklügelten Systems der Rückübernahme hat die EU-Türkei-Erklärung zu einer umfassenden Entrechtung von MigrantInnen geführt. Der militarisierte Grenzschutz wurde aufgestockt und viele Fliehende werden gewaltsam an der Flucht über die Ägäis gehindert. Die griechischen Hotspot-Inseln vor der türkischen Küste wurden in Sonderrechts-Zonen und Freiluftgefängnisse verwandelt, in denen Menschen über Monate und Jahre ausharren und auf die Entscheidung ihres Asylverfahrens warten müssen. Nach der Rückführung in die Türkei werden die meisten Menschen dort inhaftiert und schließlich weiter in ihr Herkunftsland abgeschoben. Der formal und rechtlich nicht kodifizierte EU-Türkei Deal bildet somit eine Blaupause der europäischen Externalisierung von Migrationskontrolle in außereuropäische Drittstaaten. Dies führt zu einer grundlegenden Entrechtung von Schutzsuchenden und zur Aushöhlung des europäischen Asylsystems.” Bericht von Valeria Hänsel vom Mai 2019 (154 Seiten) beim bordermonitoring.eu e.V. als pdf-Datei sowie in Print-Version für 9 Euro bestellbar – siehe dazu auch unser Dossier: Humanitäre Krise in Griechenland droht zu eskalieren
- 5000 gaben freiwillig auf: EU-Türkei-Deal sorgt für Zufriedenheit der EU und unhaltbare Zustände in Griechenland
“Fast drei Jahre ist das umstrittene Abkommen zwischen EU und der Türkei alt. Am 18. März 2016 einigten sich die Staats- und Regierungschefs der EU auf den Deal, den die Türkei angeboten hatte; zwei Tage später trat er in Kraft. Gerade in Deutschland gilt es als Mustervertrag, auch weil die Bundeskanzlerin maßgeblich zu seinem Zustandekommen beitrug. Sein Ziel ist die Rückführung von Flüchtlingen, die Griechenland über die Türkei erreichen. Nach welchen Kriterien die Menschen ausgewählt werden, ist rechtsstaatlich umstritten. (…) In einer Kleinen Anfrage hat die LINKE im Bundestag sich erkundigt, wie der Vertrag zwischen EU und Türkei sich in der Praxis auswirkt. Unter Berufung auf die griechische Regierung teilt die Bundesregierung mit, momentan lebten 11 752 Asylsuchende in den fünf Hotspots. Im letzten Jahr hätten knapp 5000 Asylsuchende Griechenland über Rückkehrprogramme freiwillig verlassen, weitere 322 wurden demnach in die Türkei abgeschoben. Die Formulierung, die Freiwilligen hätten das »Rückkehrprogramm genutzt«, um in die Türkei zurückzukehren, kann man im Wissen um die Bedingungen in den Lagern auf den griechischen Inseln, bei denen die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl von Freiluftgefängnissen spricht, allerdings nur zynisch nennen. Den reichlich 5000 Menschen, die diesen Angaben zufolge in die Türkei zurückkehrten, stehen knapp 7000 syrische Flüchtlinge gegenüber, die die EU von der Türkei übernommen hat. Denn der Vertrag sieht vor, dass für jeden Syrer, der in die Türkei zurückgeschickt wird, ein anderer Syrer legal in die EU einreisen dürfen soll. (…) Die LINKE weist jedoch darauf hin, dass die Lage der geflüchteten Menschen in der Türkei ebenfalls problematisch sei. Ulla Jelpke: »Die Bundesregierung redet sich den EU-Türkei-Flüchtlingsdeal weiterhin schön – Hauptsache die Flüchtlinge werden von der Weiterreise in die EU abgehalten.«…” Beitrag von Uwe Kalbe bei neues Deutschland vom 4. März 2019
- Ende des EU-Türkei-Flüchtlingsdeals?
“… Nichtregierungsorganisationen reagierten eher skeptisch auf das Urteil des griechischen Gerichtshofes. »Die Entscheidung beendet vorerst die willkürliche Praxis, die griechischen Inseln zu Freiluftgefängnissen zu machen«, sagte Karl Kopp von Pro Asyl gegenüber »nd«. Der Europa-Verantwortliche des Vereins befürchtet jedoch eine Verhinderung der Entscheidungsimplemetierung durch Athen und die EU. »Um die Abschreckung durch Festsetzen hochzuhalten, wird schnell eine neue Regelung kommen und das Haftregime auf den Inseln ausgebaut werden.« Für Berlin und Brüssel würde ohne eine Beschränkung der Bewegungsfreiheit der Deal »sterben«. Auch Harald Glöde von »Borderline Europe« teilte diese Einschätzung: »Wir befürchten, dass die EU Druck ausüben wird, damit Neuankömmlinge die Inseln nicht verlassen können.« Die griechische Regierung sei schon zuvor gezwungen gewesen, ihre Rechtssprechung den Anforderungen des Türkei-Deals »anzupassen«. Lisa Groß, Mitglied der zivilgesellschaftlichen Beobachtungsmission »Mare Liberum«, kritisierte gegenüber »nd« eine fehlende Regelung für die Geflüchteten, die sich bereits auf den Inseln befinden: »Die Entscheidung gilt nur für neu ankommende Migranten und verbessert damit nicht die Lage von den Tausenden Menschen, die seit Monaten unter unmenschlichen Bedingungen auf den griechischen Inseln festsitzen.« Das Urteil könne zudem möglicherweise dazu führen, dass wieder mehr Migranten in seeuntauglichen Booten die Überfahrt von der Türkei nach Griechenland antreten.” Beitrag von Sebastian Bähr bei neues Deutschland vom 19. April 2018
- Gipfel gegen Geflüchtete. Bei EU-Türkei-Treffen werden Menschenrechte kaum Thema sein
“Seit Anfang des Jahres hat Bulgarien die Ratspräsidentschaft inne und organisiert das am Montag bevorstehende Treffen zwischen EU und Türkei. Teilnehmen werden unter anderen EU-Ratspräsident Donald Tusk und Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, wie auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan. Bereits im Vorfeld wurde von der EU-Kommission mitgeteilt, dass erneut drei Milliarden Euro freigegeben werden, die an die Türkei fließen sollen, da die alte Tranche von drei Milliarden Euro aus dem Deal von 2016 aufgebraucht sei. Der Europäische Rechnungshof kritisierte generell Finanzhilfen der EU an die Türkei, da diese nicht in ausreichendem Maß an Bedingungen geknüpft seien und die EU-Kommission nicht genug in die Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz, der Pressefreiheit und der Zivilgesellschaft investiert habe. Fragwürdig bleibt die Zusammenarbeit mit der Türkei auch, da diese immer weniger einen sicheren Ort für Geflüchtete darzustellen scheint. Ebenso wie die EU Möglichkeiten sucht, illegale Migration zu verhindern, schottet sich auch die Türkei ab…” Artikel von Mathias Fiedler vom 26.03.2018 beim ND online
- Türkei und EU: Der Deal mit Erdoğan sollte ausgesetzt werden
“Durch den Einmarsch im syrischen Afrin produziert die Türkei inzwischen selbst Flüchtlinge. So mutet das Flüchtlingsabkommen mit der EU grotesk an. (…) Der Westen ist auch nicht ganz unschuldig an der verworrenen Lage im türkisch-syrischen Grenzgebiet. Deutschland, Europa, der Westen insgesamt haben sich zu wenig für die Sicherheitsbelange der Türkei interessiert, der Kampf gegen den IS dominierte alles. Alle wussten, dass Ankara sich durch jene kurdischen Kräfte bedroht fühlt, die der Westen als Verbündete gegen den IS betrachtet. Nur redete kaum einer offen über die Nähe der kurdischen Anti-IS-Kämpfer zur terroristischen kurdischen Arbeiterpartei PKK in der Türkei – außer der Regierung in Ankara, die es dafür unaufhörlich tat. Der Umgang der Türkei mit Afrin überfordert Deutschland; die EU muss hier eine gemeinsame Antwort finden. Es geht um mehr als Afrin, es geht um die Zukunft der Kurden. Sie sind dabei, alles zu verlieren…” Kommentar von Mike Szymanski vom 22. März 2018 bei der Süddeutschen Zeitung online
- Bitteres Jubiläum: Der Deal, das Leid der Flüchtlinge in der Ägäis und ein völlig enthemmter türkischer »Partner«. PRO ASYL: Schäbigen Deal mit Erdogan beenden!
“Zum 2. Jahrestag der Umsetzung des sogenannten Flüchtlingsdeals mit Erdogan gibt es wieder tote Geflüchtete in der Ägäis und der »Partner der EU« bei der Flüchtlingsabwehr, die Türkei, führt einen völkerrechtswidrigen Angriff in Nordsyrien. Mehr als 150.000 Menschen flohen bereits aus der Stadt Afrin. PRO ASYL fordert, endlich den schäbigen Deal zu Lasten der Flüchtlingsrechte zu beenden. Die Türkei ist kein »sicherer Drittstaat«. Erdogan produziert mittlerweile die Flüchtlinge im eigenen Land und in Nordsyrien, für deren »Abwehr« er sich von der EU hofieren und bezahlen lässt. Seit Inkrafttreten des EU-Türkei-Deals am 20. März 2016 herrscht ein permanenter Ausnahmezustand auf den Inseln in der Ägäis. Sie wurden zu einem Freiluftgefängnis für Tausende Schutzsuchende. Das griechische Asylrecht wurde mehrfach auf Druck aus Brüssel und Berlin verschärft, um es mit dem Türkei-Deal kompatibel zu machen: Rechtsstaatlichkeit und Unabhängigkeit der sich erst im Aufbau befindenden griechischen Asylinstitutionen werden dabei geopfert. Circa 13.000 Flüchtlinge vegetieren aktuell in den Lagern – den sogenannten EU- Hotspots – unter unmenschlichen Bedingungen vor sich hin…” Pressemitteilung vom 20.03.2018 von und bei Pro Asyl , siehe auch den internationalen Aufruf “Stop The Toxic Deal NOW”
- Türkei: Das EU-Flüchtlingsabkommen – Eine Bilanz
“Seit zwei Jahren ist das EU-Flüchtlingsabkommen mit der Türkei in Kraft. Im Zentrum der Diskussion steht das Geld, das die EU der Türkei zur Regulierung der Flüchtlingsströme und Versorgung der Menschen überweist. (…) Nach Angaben der Vereinten Nationen befanden sich in der Türkei 2.900.000 Flüchtlinge. Ihre Zahl stieg nach Angaben der Türkei zuletzt auf rund 3.500.000 an. Immer wieder wiederholte die Türkei, sie werde das Abkommen aufkündigen, weil zum einen der vereinbarte Betrag nicht ausgezahlt und die im Rahmen des Abkommens vorgesehene Visa-Freiheit für türkische Bürger nicht umgesetzt wurde. (…) Die Expertin für Asylpolitik, Dr. Başak Yavçan von der Wirtschafts- und Technologie Universität der Union der Kammern und Börsen, betont, dass viel Geld für die hohen administrativen Kosten von internationalen zivilgesellschaftlichen Organisationen ausgegeben wurde. Aus diesem Grund habe weniger Geld die Flüchtlinge erreicht, so Yavçan. (…) Die EU stellt weitere Milliarden für Flüchtlinge in der Türkei zur Verfügung. Doch wofür soll dieses Geld eingesetzt werden? Damit es nicht zu Verzögerungen wie bei der ersten Tranche der Hilfe kommt und damit die von der EU zur Verfügung gestellten Ressourcen transparenter werden, müssten auch die Stadtverwaltungen in der Türkei Projektanträge stellen, so Nas. Während bei der ersten Hälfte der Hilfen die unmittelbaren Bedürfnisse der Flüchtlinge im Zentrum standen, müsste die zweite Hälfte für kulturelle Integration, das Erlernen der Sprache, die Berufsausbildung und Beschäftigung verwendet werden, erklärte Nas. In Zukunft müsse sich die Türkei bezüglich des Abkommens eine Frage stellen, so Nas: „Wie soll die Zukunft der Syrer aussehen?” Das wichtigste für die Flüchtlinge sei jetzt, dass sie die Sprache sowie einen Beruf erlernen sowie Arbeit finden, so Yavçan. Derzeit hätten nur 20.000 Syrer eine Arbeitserlaubnis, mindesten 800.000 Syrer arbeiteten illegal, viele von ihnen Kinder, erklärte sie.” Bericht von Gezal Acer vom 18. März 2018 bei DW online
- [Besteht ein Zusammenhang zwischen Vertreibung der Kurden aus Afrin und EU-Flüchtlingsdeal?] Erdoğan-Verbündete erobern Afrin
“… Auch wenn es zuletzt noch den Vorwurf gab, die türkische Luftwaffe habe das einzige Krankenhaus von Afrin zerbombt, hat die türkische Armee doch darauf geachtet, dass möglichst viele Gebäude in der Stadt unversehrt bleiben. Das hatte nicht unbedingt nur humanitäre Gründe, wie die türkische Regierung immer behauptete, sondern dient vor allem einem politischen Ziel. In den gesamten Kanton und in die Stadt Afrin selbst sollen nach der Vertreibung der YPG möglichst viele syrische Flüchtlinge aus der Türkei gebracht werden. Eine Stadt in Trümmern wäre für dieses Ziel wenig hilfreich…” Artikel von Wolf Wittenfeld bei der taz online vom 18. März 2018
- Schutz-Roulette in der Ägäis: Zwei Jahre nach dem Deal mit der Türkei
“Wie dramatisch die Auswirkungen des EU-Flüchtlingsdeals sind, zeigt der Fall des 19-jährigen Humam aus Syrien. Er floh gemeinsam mit seinem kranken Vater. In der Türkei wurden sie in Haft misshandelt und an der Grenze beschossen. Endlich in Griechenland angekommen, droht Humam die Abschiebung in die Türkei. Ein Fall aus der Arbeit von PRO ASYL/RSA. (…)Es gab klare Hinweise darauf, dass Humam Opfer von Gewalt und Misshandlungen wurde und dass er an einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet. Dennoch wurde er während des gesamten (Asyl-) Zulässigkeitsverfahrens nicht ein einziges Mal medizinisch bzw. psychiatrisch untersucht. Auch die »besondere Verletzlichkeit« seines Vaters, der direkt von Humams Hilfe abhängig ist, wurde sehr spät festgestellt. Die griechischen Behörden behandelten Humams Fall und den seines Vaters auf widersprüchliche und unmenschliche Weise. Sie gefährdeten damit die physische und psychische Gesundheit der beiden Schutzsuchenden. Trotz der erfahrenen Menschenrechtsverletzungen in der Türkei wurden die Flüchtlingsrechte von Vater und Sohn in einem Verfahren, das nichts mit einem fairen Asylverfahren gemein hat, grob verletzt.” Bericht von und bei Pro Asyl vom 16. März 2018
- [Flüchtlingsdeal mit der Türkei] Immer teurer, immer brutaler
“Der umstrittene Flüchtlingsdeal mit der Türkei wird noch teurer – dabei funktioniert er immer weniger. Das sagen nicht irgendwelche Kritiker, sondern der Politikberater G. Knaus, der Kanzlerin Merkel zu dem Deal überredete. “Was überhaupt nicht geklappt hat – und das gefährdet heute das gesamte Abkommen – ist fast alles, was die Umsetzung auf den ägäischen Inseln und in Griechenland betrifft”, sagte Knaus der dpa. Der Experte kritisiert, dass die Asylverfahren in Griechenland viel zu lange dauerten und daher kaum Menschen in die Türkei zurückgeschickt würden, wie es ursprünglich vorgesehen war. Doch wer ist dafür verantwortlich? Das sagt der Merkel-Flüsterer nicht. Offenbar versagen nicht nur die griechischen Behörden, sondern auch all jene EU-Länder, die Hilfe versprochen hatten. Dazu zählt auch Deutschland. (…) Trotzdem will die EU noch einmal drei Milliarden Euro für Merkels Flüchtlingsdeal locker machen. Das Geld wäre besser angelegt, wenn man es auf den griechischen Inseln und in ein europäisches Asylsystem stecken würde…” Beitrag vom 15. März 2018 von und bei Lost in Europe
- [18. März 2018] Aufruf zum Internationalen Tag gegen Krieg der EU gegen Flüchtlinge – aus Anlass des zweiten Jahrestags des Deals mit Erdogan
Das City Plaza Hotel in Athen ruf zum Internationalen Tag gegen die Flüchtlingspolitik der EU auf – am zweiten Jahrestag der Unterzeichnung des Paktes gegen die Flüchtlinge zwischen der EU und der Türkei. In dem Aufruf „International call for the 17th March 2018 – European day against all anti-migration policies between states“ am 30. Januar 2018 auf der Fratzebuch-Seite des „besten Hotels Europas“ werden die verschiedenen Abkommen gegen flüchtende Menschen mit den diversen, mehr als dubiosen, Regimes nochmals skizziert, und dazu aufgerufen, dagegen zu protestieren am 18. März 2018. Der Aufruf richtet sich gegen „das kriminelle Regime der Festung Europa“, die Finanzierung des Terrors gegen Flüchtlinge in Libyen und fordert ein Ende des Krieges gegen die Flüchtlinge und ein Recht auf freie Mobilität und Sicherheit. Inzwischen ist der Aufruf nicht nur von verschiedenen Gruppen in Griechenland aufgenommen worden, sondern auch in Italien und Frankreich wird er bereits verbreitet und es werden Aktivitäten vorbereitet.
- Türkei-Deal: Nach dem Urteil des höchsten griechischen Gerichtes / Last Exit Straßburg – die rechtliche Auseinandersetzung geht weiter
“Das höchste griechische Gericht, der Council of State, bestätigte in einem am 22. September veröffentlichten Urteil die Entscheidungen der Beschwerdeausschüsse, wonach die Türkei für die beiden syrischen Antragsteller ein »sicheres Drittland« sei. Mit einer hauchdünnen Mehrheit von 13 gegen 12 Stimmen scheiterte im 25-köpfigen Richtergremium auch der Antrag, die rechtlichen Fragen zur Auslegung der »sicheren Drittstaaten«-Regelung dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg vorzulegen. Das Stimmenverhältnis verdeutlicht, wie groß die Zweifel im Richterkollegium waren und vor allem wie politisiert die Frage des Türkei-Deals ist. Das Athener Urteil stellt nun einen bedrohlichen Präzedenzfall auch für viele andere Schutzsuchende dar, die derzeit auf den griechischen Inseln festsitzen. Ihnen droht die Abschiebung in die Türkei. Die rechtliche Auseinandersetzung ist jedoch noch nicht zu Ende – die Anwältinnen der PRO ASYL-Partnerorganisation in Griechenland, Refugee Support Aegean[1] (RSA), und anderer Organisationen bereiten nun Klagen zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg vor. PRO ASYL kündigte an, die Klagen bis hin zum EGMR zu finanzieren. »Die griechischen Anwältinnen verteidigen stellvertretend für uns alle das Asylrecht in Europa,« so Karl Kopp, Europareferent von PRO ASYL…” Pressemitteilung von Pro Asyl vom 6. Oktober 2017
- Der Pakt der Schande wird ein Jahr altSie mögen sich noch so sehr gegenseitig beharken, beschimpfen, verspotten, was auch immer: In ihren Kernübereinkünften bleiben die Regierungen der EU und der Türkei auf einer Linie, der gemeinsame Kampf gegen flüchtende Menschen wird ohne Erbarmen weiter geführt. Der Artikel „Ein Jahr EU-Türkei Deal – Flüchtlingsabwehr um jeden Preis“ am 17. März 2017 bei Pro Asyl bringt es folgendermaßen auf den Punkt‘: „Am 20. März 2017 ist der EU-Türkei Deal seit genau einem Jahr in Kraft – ein trauriger Jahrestag für den Flüchtlingsschutz in Europa. Griechenland ist seitdem zu einem Freiluftgefängnis für Tausende Menschen geworden. Die Bedingungen sind erbärmlich. Seit einem Jahr haben Schutzsuchende, die auf den griechischen Inseln anlanden, keinen Zugang mehr zu einem regulären Asylverfahren, bei dem ihre Asylgesuche inhaltlich geprüft werden würden. Stattdessen soll in einem Schnellverfahren in den sogenannten EU-Hot Spots lediglich geprüft werden, ob sie in der Türkei bereits sicher waren, womit ihr Asylgesuch in Europa unzulässig sei. Theoretisch sollte dieses Unzulässigkeitsverfahren ermöglichen, möglichst viele Menschen direkt aus den Hot Spots in die Türkei abzuschieben“
- EU-Flüchtlingspakt mit der Türkei: Ankara macht ausländische Hilfsorganisation dicht
“Die amerikanische Organisation Mercy Corps darf nicht mehr in der Türkei arbeiten. Damit verlieren Hunderttausende von Syrern lebenswichtige Hilfe. Diese wird auch mit EU-Geldern finanziert. Die türkische Regierung hat der Hilfsorganisation Mercy Corps die Registrierung entzogen. Faktisch bedeutet dies die Streichung eines der grössten Hilfsprogramme für syrische Flüchtlinge: Die amerikanische Organisation, die seit fünf Jahren in der Türkei tätig ist, unterstützt jeden Monat bis zu einer halben Million Syrer. Ein Grossteil der Hilfe kommt Vertriebenen in Nordsyrien zugute. (…) Außer in Syrien leistet die Organisation auch in der Türkei wichtige Hilfe für syrische Flüchtlinge. Neben Nothilfe umfassen die Programme soziale Dienstleistungen. So kümmert sich ein Gemeinschaftszentrum in der südtürkischen Stadt Gaziantep insbesondere um Frauen und Mädchen. Allein im vergangenen Jahr kam die in der Türkei geleistete Hilfe rund 100 000 Personen zugute. (…) Regierungsnahe Blätter haben in jüngster Zeit schwere Vorwürfe gegen ausländische Hilfsorganisationen erhoben. Städte in der Südtürkei seien Oasen für ausländische Spione geworden, behauptete die Tageszeitung «Sabah» Anfang der Woche. Internationale Hilfsorganisationen betrieben unter dem Deckmantel der humanitären Hilfe Spionage und unterstützten Terroristen. Angeführt werde die Spitzeltätigkeit von deutschen und amerikanischen Organisationen. Eine von vierzehn fragwürdigen Hilfsorganisationen sei Mercy Corps, behauptete die Zeitung…” Artikel von Inga Rogg, Istanbul, vom 9.3.2017 bei der NZZ online
- Erst integrieren, dann abschieben: Deutschlands absurde Asylpolitik
“Bürgerkrieg im Süden des Landes, Säuberungsaktionen im Inneren gegen Oppositionelle, Menschenrechtsverletzungen und Foltervorwürfe. Die Bilanz der Regierung Erdogan ist verheerend. Und trotzdem exportiert Deutschland ungebremst Waffen in dieses Land. Der Umfang der genehmigten Exporte ist in den letzten Jahren sogar wieder angestiegen. MONITOR-Recherchen zeigen, dass die Bundesregierung sogar nach dem Putsch im Juli weiter Exporte genehmigte. Hilft Deutschland damit Erdogan im Kampf gegen seine vermeintlichen Feinde?” Monitor vom 16.02.2017 (10:49 Min.)
- 1.2.2017: Protest in Berlin vor Merkels Türkeireise
Am 1. Februar wird in Berlin demonstriert: Aus Anlass der bevorstehenden neuerlichen Türkei-Reise der Bundeskanzlerin. In dem Aufruf der DIDF heißt es abschließend: „Vor diesem Hintergrund darf es kein „business as usual“ geben. Mit einer Protestkundgebung am 1. Februar, dem Tag vor ihrer Abreise möchten wir die Bundeskanzlerin an diese Schreckensbilanz ihrer Gesprächspartner*innen erinnern und auffordern, ihre Waffenlieferungen und sonstige Unterstützung für das AKP-Regime zu beenden. Wir werden sie auffordern, das Gespräch auch mit demokratischen Kräften in der Türkei zu suchen und das undemokratische AKP-Regime offen und klar zu verurteilen. Wir möchten mit unserer Aktion auch ein starkes Zeichen der Solidarität mit den demokratischen Kräften und der kurdischen Bevölkerung setzen. Wir rufen Sie auf, unsere Aktion zu unterstützen. Die Protestkundgebung wird vor dem Bundeskanzleramt von 12.00-14.00 stattfinden. Wir freuen uns über Ihre Teilnahme.“ Siehe dazu die Dokumentation des Aufrufbeginns, sowie zwei weitere aktuelle Beiträge:- „Protestkundgebung anlässlich der Türkei-Reise der Bundeskanzlerin am 1. Februar
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde, am 2. Februar 2017 tritt die Bundeskanzlerin ihre 4. Reise in den letzten zwei Jahren in die Türkei an. Voraussichtlich wird es auch bei dieser Reise in erster Linie um den Flüchtlingsdeal gehen. Angesichts der massiven Menschenrechtsverletzungen dort wird Frau Merkel bestenfalls ihre “tiefe Besorgnis“ zum Ausdruck bringen und die „Alarmstufe“ womöglich wieder einmal erhöhen – allerdings wieder einmal ohne praktische Konsequenzen. Die Waffenlieferungen werden genauso wenig angetastet wie die anderen Formen der politischen und wirtschaftlichen Unterstützung für das Erdoğan-Regime. Genauso wie der Besuch der Bundeskanzlerin kurz vor der Parlamentswahl am 1. November 2015 kommt auch der jetzige Besuch wenige Monate vor dem Referendum in der Türkei, mit dem der Weg zu einer Ein-Mann-Diktatur endgültig geebnet werden soll, einer direkten Wahlhilfe gleich. In der Türkei herrscht seit dem gescheiterten Militärputsch vom 15. Juli 2016 der Ausnahmezustand, der dazu dient, den Galopp der AKP-Regierung in ein autoritäres Regime zu beschleunigen. Die Zahl der suspendierten Beschäftigten im öffentlichen Dienst hat längst die 100.000-Grenze überschritten. 80 % der weltweit verfolgten Journalist*innen sitzen in türkischen Gefängnissen ein. Allein seit Sommer 2016 wurden Zehntausende Oppositionelle verhaftet, Hunderte von TV-Sendern, Zeitungen und Zeitschriften geschlossen, Tausende Vereine verboten, über ein Dutzend Abgeordnete der prokurdischen HDP inhaftiert, rund 50 Städte Zwangsverwaltung gestellt, zahlreiche Streiks verboten“ (ab hier weiter wie einleitend dokumentiert) - „Eine Reise unter schlechten Vorzeichen“ von Ismail Küpeli am 30. Januar 2017 bei Özguruz , worin es unter anderem heißt: „… Anschließend geht es für Merkel weiter zum EU-Gipfel in Malta. Das wichtigste Thema bei diesem Türkeibesuch wird die Flüchtlingsfrage sein – wie auch bei den drei vorherigen Staatsbesuchen in den letzten zwei Jahren. Es spricht vieles für die Annahme, dass sie diese Reise weniger als die Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland, sondern eher als die Vorsitzende einer Partei, die die Parlamentswahl am 24. September 2017 gewinnen will, ansetzen muss. Sie wird Erdogan auf die Fortsetzung der türkischen Rolle im Flüchtlingsabwehr drängen – trotz der zunehmenden deutsch-türkischen Spannungen. Die offene Frage ist, was sie in Ankara als Gegenleistung anbieten kann…“
- „Merkel und Erdogan im Kampf gegen den Terrorismus“ von Elke Dangeleit am 31. Januar 2017 bei telepolis , worin unter anderem auf die „Fluchtursache Erdogan“ verwiesen wird“Mit Sicherheit wird Merkel gegenüber Erdogan nicht kontern, dass er selbst mit seiner Zerstörungs- und Vertreibungspolitik im eigenen Land zur Fluchtursache geworden ist. Hundertausende Kurden haben in den kurdischen Gebieten durch die Zerstörung ihrer Städte Wohnung und Habe verloren. Immer mehr Kurden und auch Oppositionelle verlassen die Türkei und versuchen in Deutschland Asyl zu bekommen, weil sie in der Türkei um ihr Leben fürchten“
- „Protestkundgebung anlässlich der Türkei-Reise der Bundeskanzlerin am 1. Februar
- Will die EU Flüchtlinge aus ganz Europa nach Griechenland senden?
“In Athen rechnet man mit einem Scheitern des Türkei-Deals und einer Vielzahl von neuen Flüchtlingen: Der Flüchtlingspakt der EU mit der Türkei wird immer mehr in Frage gestellt. In Griechenland rechnen daher viele Experten und Bürger mit einem rasanten Anstieg von Flüchtlingszahlen zum Jahresende. Bis dahin hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sein Ultimatum gestellt. Wenn er bis Jahresende keine Visafreiheit für die Türken erhalte, möchte er vermehrt Flüchtlinge nach Europa schicken, hat er mehrmals angekündigt. Gleichzeitig konzentriert sich die EU auf eine Wiederherstellung der Dublin II-Regeln, womit die übrigen EU-Staaten Flüchtlinge und Migranten, die über Griechenland – oder Italien – ins Land kamen, wieder zurückschicken können. Schließlich besagt die Theorie der Abschreckung, dass sich die Unpassierbarkeit Griechenlands für Flüchtlinge so weit herumgesprochen hat, dass diese nicht nach Griechenland kommen würden, selbst wenn der EU-Türkei Deal kippen würde…” Beitrag von Wassilis Aswestopoulos bei telepolis vom 9. Dezember 2016
- EU-Parlament stimmt für Abbruch der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei – Erdogan droht mit Flüchtlingen
Was soll man noch sagen: Zahnloses EU-Parlament beschließt zahnlose Resolution zum Abbruch der seit mindestens 10 Jahren ohnehin nicht mehr stattfindenden EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Zoll-Union, Wirtschaftssanktionen und, vor allem: der EU-Türkei-Deal in der Flüchtlingsfrage bleiben unangetastet. Und so kann Erdogan weiter drohen – mit Millionen Flüchtlingen, die er von der Türkei aus nach Europa lassen will, wenn die EU Maßnahmen gegen die Türkei ergreift. Siehe Und an der Innenpolitik in der Türkei ändert sich gar nichts. Siehe zum Beschluss des EU-Parlaments und den Reaktionen einige Beiträge:- EP Passes Motion to Freeze Accession Negotiations With Turkey
Beitrag vom 24. November 2016 bei bianet über die Resolution des EU-Parlaments zum Einfrieren der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Die Resolution hat, wie üblich, keinen bindenden Charakter. - Erdogan droht EU mit Öffnung der Grenzen für Flüchtlinge
Meldung bei Tagesschau.de vom 25.11.2016 , in der es heißt: “Nach dem Votum des EU-Parlaments für ein Einfrieren der Beitrittsgespräche mit der Türkei setzt deren Präsident Erdogan auf Drohgebärden. Er werde die Grenzen für Flüchtlinge öffnen, sollte Europa auf seinem Kurs gegen die türkische Regierungspolitik noch weiter gehen…” - Erdogan und Europa: “Die Türkei orientiert sich bereits in andere Richtungen”
“Wenn die EU die Beitrittsgespräche mit der Türkei aussetzen oder gar abbrechen solle, hätte dies auf die Realpolitik in Ankara vermutlich keine großen Auswirkungen, sagte der Politologe Ismail Küpeli im DLF. In der Symbolpolitik würde die Türkei sicherlich einen Weg weg von der Europäischen Union beschreiten…” Ismail Küpeli im Gespräch mit Oliver Ramme beim Deutschlandfunk vom 22.11.2016 , wo es u.a. heißt: “… Wir müssen uns vielleicht auch fragen, ob zu einem früheren Zeitpunkt ein ernsthafter Beitrittsprozess vielleicht eine positive Wirkung gehabt hätte. Wir reden jetzt von den Jahren 2002, 2003, 2004, in denen die AKP noch eine gewisse Reformbereitschaft signalisierte. Gerade in diesen Jahren war aber die europäische Politik so, dass in der Türkei wahrgenommen wurde, es gibt keinen realen Beitrittsprozess, egal was wir in der Türkei unternehmen, es wird nie dazu kommen. Insofern ist diese Abwendung von Europa zum Teil eventuell auch selbst verschuldet. Aber wenn man sich die Türkei heute anschaut, dann ist gerade diese feindliche Stimmung gegenüber dem Westen, gegenüber Europa eine der Methoden, mit der auch die AKP in der Öffentlichkeit mobilisiert. Insofern wird diese symbolische Feindschaft zur Europäischen Union sicherlich nicht wegfallen, weil die AKP dies durchaus braucht. Und wenn jetzt die Europäische Union diese Beitrittsgespräche abbrechen sollte, dann wird das sicherlich auch gut passen in dieser öffentlichen Mobilisierung. Aber ich bin da der Meinung, dass man deswegen nicht sich eine Entscheidung diktieren lassen kann, nämlich dass man diese Beitrittsgespräche fortsetzt, obwohl eigentlich beiden Seiten klar ist, dass es nicht dazu kommen wird. Wir brauchen jetzt ein politisches Signal auch aus Brüssel. Die Frage ist nur, ob die Aussetzung der wirtschaftlichen Kooperation nicht mehr sich auswirken würde als diese politische Aussetzung…“ - AP oylamasına CHP’den tepki
Beitrag vom 24.11.2016 bei CNN Türk , wo der stellvertretende CHP-Vorsitzende Öztürk Yılmaz bezüglich des Beschlusses des EU-Parlamets mit den Worten zitiert wird: “… Das ist keine Ehntscheidung zur Unterstützung des Kampfes für Demokratie innerhalb der Türkei…”
- EP Passes Motion to Freeze Accession Negotiations With Turkey
- Aufstand in Istanbuler Abschiebezentrum
Das “Rückkehrzentrum” Kumkapı in Istanbul ist eines der ältesten Abschiebezentren in der Türkei, berüchtigt für miserable Unterbringung, Korruption, Missachtung grundlegender Rechte und Freiheiten. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte bereits im Jahr 2014 geurteilt, dass hier das Recht auf Freiheit, auf Sicherheit, auf Freiheit von Folter und Misshandlung verletzt werden. Seitdem hat es immer wieder Proteste von Insassen wie Unterstützer*innen gegeben. A, Samstag nun,dem 19. November 2016, haben Insassen in den Zellen Feuer gelegt und während der Löscharbeiten der Feuerwehr ist 123 von ihnen die Flucht gelungen. Die Polizei gab Warnschüsse in die Luft ab, 20 der Geflüchteten wurden gestellt. Im Beitrag “kumkapı göçmen isyanına dair // about the kumkapı migrant riot” vom 20. November 2016 beim Netzwerk Flüchtlingssolidarität (Göçmen Dayanışma Ağı) wird klargestellt, dass die Zahl in Rückkehrzentren inhaftierter Migrant*innen aufgrund des EU-Türkei-Deals massiv angestiegen ist. Das Netzwerk fordert die Abschaffung des Deals und Beweghungsfreiheit für alle, denn: Kein Mensch ist illegal.
- Falls EU-Türkei-Deal scheitert: australische Insellösung vorgeschlagen
Gerald Knaus, österreichischer Soziologe, Architekt des EU-Türkei-Migrations-Deals, macht sich gedanklich schon mal fit für das anstehende Scheitern eben jenen Deals: Um eine Destabilisierung des restlichen Balkans zu verhindern, sollen flüchtende Menschen auf einer griechischen Insel konzentriert werden. Siehe dazu den Beitrag “The German-Austrian Plot: Australia solution – All refugees on a Greek island if EU Turkey deal fails” vom 20. November 2016 bei Keep Talking Greece. Schon jetzt sind die griechischen Inseln massiv überlastet – und überfordert. Der EU-Türkei-Deal sieht vor, dass Flüchtlinge bis zur Bearbeitung ihres Asyantrags auf der griechischen Insel verbleiben, auf der sie eingetroffen sind – unter miserabelsten Bedingungen. Bewohner, angestachelt von einschlägigen Neonazis, wehren sich gegen den dringend notwendigen Bau neuer Unterkünfte auf den Inseln.
- Drohung verlängert: Türkei droht mit Abbruch des Flüchtlingsdeals, wenn Visa-Freiheit nicht bis Jahresende kommt
Während die Türkei sich gerade von der besonders demokratischen Seite zeigt und HDP-Abgeordnete reihenweise verhaften lässt – zur Erinnerung: die Aufhebung der Immunität war bereits vor dem Sommer beschlossen worden, der Putsch vom Juli hat den Prozess lediglich für einige Monate unterbrochen – ist in der Frage des Flüchtlingsdeals mit der EU das türkische Ultimatum ein weiteres Mal verlängert worden. Zu den europäischen Zusagen aus dem Deal gehört bekanntlich die Visa-Freiheit für türkische Staatsbürger*innen, allerdings nicht bedingunslos. Ursprünglich hatte die Türkei diese für Juni gefordert, dann mit dem Aussetzen des Deals gedroht, sollte die Visafreiheit nicht bis Oktober kommen. Inzwischen lautet das Ultimatum auf Ende des Jahres. Siehe dazu den Beitrag “Turkey threatens to cancel EU Migration Deal unless “visa-free travel to Turkish citizens by end of the year” vom 3. November 2016 bei Keep Talking Greece
- EU-Türkei-Deal: schon geplatzt?Wie es aussieht, können aktuell die aus dem EU-Türkei-Deal vorgesehenen Rückschiebungen von Flüchtlingen aus Griechenland in die Türkei nicht stattfinden: Nach dem gescheiterten Putschversuch Mitte Juli sind die dafür zuständigen türkischen Polizisten aus Griechenland abgezogen worden, manche wurden im Zuge der laufenden Säuberungsaktionen aus dem Dienst entlassen. Die griechischen Behörden bemühen sich um Kontakt für die Wiederaufnahme der “Kooperation”, werden aber immer wieder vertröstet. Siehe dazu den Artikel “Turkish police withdrawal from Greece stalls EU migration pact” von Patrick Kingsley beim Guradian online vom 31. August 2016
- [Berlin, 2. September] Aufruf: Kein schmutziger Deal mit der Türkei – Stoppt den Krieg in Kurdistan“Der Deal mit dem Erdogan-Regime macht die Doppelbödigkeit und offensichtliche Skrupellosigkeit der aktuellen Politik von EU und Bundesregierung in besonderer Weise deutlich. Er steht ebenso für Abschottung wie für die Ausdehnung der Machtbasis der EU in den Nahen Osten und ist Pilotprojekt für neue schmutzige Deals mit nordafrikanischen Staaten. Im Kern soll die Türkei zu einem „sicheren Herkunftsland“ erklärt werden, um Abschiebungen zu erleichtern. Die Türkei wird so zum Bollwerk für die Abschirmung von Migrant_innen, die vor Krieg, Hunger und in ein besseres Leben fliehen…” Demo-Aufruf bei der IL Berlin für den 2. September : 16 Uhr, Rotes Rathaus/ Neptunbrunnen. Wir erinnern an die Petition: Kein schmutziger Deal mit der Türkei!
- Flüchtlinge und Immigranten – Beginnt das Drama erneut?
“… Die Flüchtlingsankünfte in Griechenland steigen erneut an. Teile der griechischen Presse bemerken bereits, dass auf Lesbos weniger Einwohner als Flüchtlinge leben. Schließlich kamen am Montag, einen Tag, nachdem der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu bei einem privaten Besuch auf Kreta bemerkte, dass die Visafreiheit für Türken eine Voraussetzung für die Einhaltung des Flüchtlingspakts ist, 462 Flüchtlinge und Immigranten auf den griechischen Inseln an. In Athen gehen Beobachter davon aus, dass die Zahlen zum Ende des Septembers, kurz bevor die EU im Oktober über die Visa-Freiheit entscheiden will, noch einmal ansteigen werden…” Beitrag von Wassilis Aswestopoulos bei telepolis vom 31.08.2016
- Protestaktion: Aktivist*innen dekorieren Wahlkreisbüro von Thomas de Maizière in Großenhain um
“In der Nacht zum 11. August haben die Aktivist*innen des „Kommandos_Großenhain“ das Wahlkreisbüro des Bundesministers des Inneren, Thomas de Maizière, in Großenhain besucht. Dabei verklebten sie Plakate mit Bildern vom Grenzzaun in Eidomeni und dem Mittelmeer. Auf diesen wurde die menschenfeindliche Rechtfertigung des EU – Türkei Deals des Ministers: „Auch wenn wir jetzt ein Paar harte Bilder aushalten müssen, unser Ansatz ist richtig.“ zitiert. Außerdem legten die Aktivist*innen Schuhe nieder, die sie direkt vom Strand des griechischen Lagers Moria auf der Insel Lesbos eingesammelt haben. Mit der Aktion will das Kommando „Großenhain“ auf die tödliche EU-Außenpolitik im Allgemeinen und die menschenverachtende deutsche Politik im Speziellen aufmerksam machen…” Pressemitteilung vom “Kommando Großenhain” bei Indymedia linksunten vom 11. August 2016 – dort auch der Link zur Videodokumentation
- Was, wenn Bild.de den Flüchtlingsdeal platzen lässt?
“… In Kurzform geht das Szenario so: Keine Visafreiheit für die Türken. Die Türkei stellt „ihre Maßnahmen zur Eindämmung der Migration“ ein und löst Flüchtlingslager im Süden des Landes auf. Bus-Konvois machen sich auf zum Drei-Länder-Eck Bulgarien-Griechenland-Türkei. Bulgarien lässt die Geflüchteten durch. Serbien lässt die Geflüchteten durch. Kroatien lässt die Geflüchteten durch. Slowenien lässt die Geflüchteten durch. Österreich lässt die Geflüchteten durch. Tausende Geflüchtete stehen vor der deutschen Grenze. (…) Kurz gesagt: Sodom und Gomorra in Europa. Es gab mal eine Zeit, da haben sich Julian Reichelt und Kai Diekmann und einige andere „Bild“-Mitarbeitern — zumindest theoretisch — bei den vielen Flüchtlingshelfern in diesem Land untergehakt und „refugees welcome“ und „Wir helfen“ geschrien. Diese Zeit ist offensichtlich vorbei. Inzwischen schüren die „Bild“-Medien wieder die Angst vor Zuwanderern…” Blog von Moritz Tschermak vom 3. August 2016 beim BILDblog
- [3.8.2016] Kundgebung “Kein Deal mit der Türkei” von Richtern, Anwälten, Staatsanwälten und Bürgerrechtlern“In der Türkei wird der Rechtsstaat mit Füßen getreten. Durch die Verhaftung und Entlassung von tausenden unserer Kollegen, leiden nicht nur die direkt Betroffenen. Die fehlende Unabhängigkeit der Justiz trifft jeden, von Privatpersonen bis Unternehmen. In Anbetracht des Vorgehens der türkischen Staatsführung in den vergangenen zwei Wochen nach dem versuchten Militärputsch, rufen zehn Organisationen von Anwälten, Staatsanwälten, Richtern und Bürgerrechtlern zu einer gemeinsam Kundgebung auf. Anlässlich der Kundgebung werden Erklärungen verlesen, die die aktuelle Situation der verschiedenen verfolgten, suspendierten und verhafteten (Berufs-)Gruppen wie Rechtsanwält*innen, Richter*innen, Staatsanwält*innen, Journalist*innen, Akademiker*innen und Gewerkschafter*innen verdeutlichen. Angesichts der massiven Menschenrechtsverletzungen in der Türkei darf es keinen Deal mit der türkischen Regierung über Menschenrechte – auch nicht mit den Menschenrechten von Flüchtlingen – geben. Die zehn Organisationen fordern die Bundesregierung in einer gemeinsamen Erklärung u.a. dazu auf: Einen sofortigen Abschiebestopp für die Türkei zu erlassen; sich auf allen Ebenen dafür einzusetzen, dass die willkürlichen und politisch motivierten Verhaftungen, Entlassungen oder Suspendierungen sofort aufgehoben werden; die Wiederherstellung der richterlichen Unabhängigkeit und der freien Berufsausübung von Rechtsanwälten und Rechtsanwältinnen, Staatsanwälten und Staatsanwältinnen und die Freiheit der Medien in der Türkei einzufordern.” Aus der Einladung von 10 Bürgerrechts- und Jurist*innen-Organisationen zur Teilnahme an der Kundgebung “Kein Deal mit der Türkei” am Mittwoch, den 3.8.2016 von 14 – 15:30 Uhr vor dem Bundeskanzleramt, gemeinsame Kundgebung von Richtern, Anwälten, Staatsanwälten und Bürgerrechtlern – siehe
- Kein Deal mit der Türkei über Menschenrechte
Gemeinsame Presseerklärung von Jurist_innen- und Bürgerrechtsorganisationen vom 03.08.2016 - Weitergehende Forderungen der Organisationen
- für die beiteiligten Organisationen die Presseeinladung beim Komitee für Grundrechte und Demokratie
- und zum aktuellen Hintergrund siehe unser Dossier: Folter, Verhaftungen und Zensur: Menschenrechtliche Presseschau aus dem Ausnahmezustand
- Kein Deal mit der Türkei über Menschenrechte
- Türkei: Die EU darf Erdogan nicht weiter stärken!
“… Anstatt sich an Pappkameraden abzuarbeiten, sollten die EU und die deutsche Regierung endlich Konsequenzen aus ihren schweren Fehlern in der Kooperation mit dem türkischen Staatschef ziehen. Schließlich waren es europäische Politiker, die Erdogan im Interesse der Abschottung der EU vor Flüchtlingen den Rücken gestärkt haben. Wenn Erdogan jetzt noch skrupelloser gegen Kritiker vorgeht, ist das auch das Ergebnis der Toleranz, mit der die EU die bisherigen Menschenrechtsverletzungen seiner AKP-Regierung hingenommen hat. Wer allen Ernstes daran festhält, das Land zum sicheren Drittstaat erklären zu wollen, darf sich über die Folgen nicht wundern. Erdogan hat die Botschaft verstanden und weiß diesen Freibrief zu nutzen. Die EU muss den Türkei-Deal sofort beenden, denn die Türkei ist für niemanden sicher: weder für Flüchtlinge noch für Oppositionelle. Die auf EU-Ebene geplante Einstufung als sicheres Drittland, die nicht zuletzt von der Bundesregierung vorangetrieben wird, muss umgehend gestoppt werden…” Pressemitteilung von Barbara Lochbihler (ehemals Amnesty International, jetzt Grüne Europaabgeordnete) vom 19. Juli 2016
- [24. Juni, Berlin] Der DIRTY DEAL: Merkels Pakt und Erdogans Beitrag
“… Die Bilder, die aus Städten wie Nusaybin, Amed, Gever u.v.m. zu sehen sind, gleichen denen aus dem kriegszerrütteten Syrien. Tausende KurdInnen starben oder wurden schwer verletzt, auch etliche Soldaten wurden getötet. Diese Republik im Ausnahmezustand wurde durch den EU-Türkei-Deal im Handstreich zu einem „sicheren Herkunftsstaat“. Merkel rühmt sich, mit diesem Deal die „Flüchtlingsströme“ zu stoppen, von den Regierungsbänken wird unverhohlen gefordert zur türkischen Innenpolitik zu schweigen und nicht „der Schiedsrichter bei Menschenrechten“ (de Maizière) zu sein. Wir haben eine Journalistin, eine Akademikerin und einen Politikwissenschaftler eingeladen, um von den Geschehnissen in der Türkei zu berichten und eine Diskussion um den Merkel-Erdogan-Deal anzuregen…” Veranstaltung der Interventionalistischen Linken (IL) und des Arbeitskreis Internationalismus der IG Metall Berlin (AKI) zur Politik der EU und zur Repression gegen linke Intellektuelle, Minderheiten und die Gewerkschaftsbewegung am Freitag, 24. Juni 19.30 Uhr, im Berliner IG Metall Haus – die Einladung
- Griechenland und der EU-Türkei-Deal: Was nicht passt,wird passend gemacht
Mindestens 8.400 Menschen sitzen auf ihrer Flucht vor Krieg und Verfolgung aktuell auf den griechischen Inseln fest – mehr als die Hälfte von ihnen soll in den nächsten Wochen zurück in die Türkei geschoben werden. Kein Problem, denn Syrer/innen seien kaum darunter. Kein Problem auch, weil die im griechischen Asylsytem vorgesehenen unabhängigen Beschwerdestellen – die in den letzten Wochen in immerhin 70 Fällen gegen eine Überstellung in die Türkei entschieden hatten -auf Druck der EU und mit Billigung des griechischen Parlaments kurzfristig neu besetzt werden: war bisher eines der drei Mitglieder dieser Kommission immer ein “Mitglied der Zivilgesellschaft”, werden diese nun durch Richter ersetzt und es wird mit deutlich weniger Widerstand gegen die Abschiebungen gerechnet. Pro Asyl begleitet derweil zwei Fälle, bei denen durchaus Syrer von drohender Rückschiebung betroffen sind – notfalls bis vor den Menschenrechtsgerichtshof. Und die Ärzte ohne Grenzen haben erklärt, bis zur Aussetzung des EU-Türkei-Deals auf Fördergelder der EU oder deren Mitgliedsstaaten zu verzichten – sozusagen die NGO-Version von politischem Hungerstreik. Siehe dazu verschiedene Beiträge:- Greece wants send thousands of migrants back to Turkey in coming weeks
Meldung bei Reuters vom 17. Juni 2016 über die geplante Abschiebung tausender Flüchtlinge in die Türkei - Greece sidelines officials who blocked expulsion of refugees to Turkey
Artikel im Guardian vom 17. Juni 2016 über die von der EU forcierte und vom griechischen Parlament gebilligte Umbesetzung der nunabhängigen Beschwerdestellen für Flüchtlinge in Griechenland - Hot Spots in der Ägäis: Zonen des Elends und der Rechtlosigkeit
Beitrag von und bei Pro Asyl vom 17.06.2016 über die Situation der Flüchtlinge auf den griechischen Inseln und die begleitung zweier Fälle, in denen Syrer von Rückschiebung in die Türkei bedroht sind - EU States’ dangerous approach to migration places asylum in jeopardy worldwide: MSF to no longer take funds from EU Member States and institutions
Stellungnahme der Ärzte ohne Grenzen vom 17. Juni 2016 , aus Protest gegen den EU-Türkei-Deal bis auf weiteres auf Fördergelder der EU und deren Mitgliedsstaaten zu verzichten
- Greece wants send thousands of migrants back to Turkey in coming weeks
- Türkei: Ungenügender Schutz für Flüchtlinge
“Mit mehr als drei Millionen Flüchtlingen im Land ist die Türkei massiv überfordert. Die Abschiebungen von Asylsuchenden aus der EU sind daher illegal und gehen auf Kosten der Schutzsuchenden. Die Türkei ist kein sicheres Drittland, wie der neue Amnesty-Bericht “No safe refuge: Asylum-seekers and refugees denied effective protection in Turkey” zeigt…” Beitrag von und bei Amnesty International vom 03. Juni 2016 . Siehe dazu den Bericht “No safe refuge: Asylum-seekers and refugees denied effective protection in Turkey”
- EU-Türkei-Deal: Berufungsinstanz stoppt Abschiebungen in die Türkei
“Am 31. Mai wurden drei positive Entscheidungen des Asylkomitees auf Lesbos veröffentlicht: Die Türkei ist kein sicherer Drittstaat, die betroffenen Syrer dürfen nicht abgeschoben werden. Anwältinnen des PRO ASYL-Projektes „RSPA“ hatten die Vertretung der neun syrischen Schutzsuchenden in den Verfahren übernommen. (…) Der zynische Großversuch in der Ägäis muss endlich gestoppt werden. Die Abschiebungen in die Türkei müssen beendet werden. Tausende Schutzsuchende wurden seit dem 20. März inhaftiert, es fehlt an Essen, es mangelt an medizinischer Versorgung. Die Haftlager und provisorischen Unterkünfte sind völlig überfüllt und die hygienischen Verhältnisse katastrophal. In den sogenannten Hotspots gelangen Schutzsuchende kaum an Informationen zum Verfahren. Lediglich wenige spendenfinanzierte AnwältInnen versuchen, unter widrigsten Bedingungen gegen ablehnende Entscheidungen der ersten Instanz vorzugehen. In solch einer Situation, in der Flüchtlingen weder eine geregelte Basisversorgung, noch ihre Sicherheit in den Lagern gewährleistet wird, kann es kein rechtsstaatliches Verfahren geben…” Beitrag von und bei Pro Asyl vom 01.06.2016
- EGB und IGB zur Flüchtlingssituation: “Menschen sind keine Handelswaren”
“Scharfe Kritik an der Flüchtlingspolitik vieler westlicher Staaten üben die Spitzen des Europäischen und des Internationalen Gewerkschaftsbundes (EGB und IGB) in einem gemeinsamen Statement. Abschottung sei nicht der richtige Weg. “Die Gewerkschaften sagen: ‘Refugees welcome'”, heißt es in einem Beitrag von EGB-Generalsekretär Luca Visentini und IGB-Generalsekretärin Sharan Burrow…” Bericht beim DGB vom 27.05.2016 . Zum Inhalt:- Dort heißt es, wie zu erwarten “selbstlos”: “… “Menschen sind keine Handelswaren”, heißt es im gemeinsamen Statement der beiden. Kritik üben sie am so genannten EU-Türkei-Deal. Er sei ein “heuchlerischer Versuch”, internationale Verpflichtungen zu umgehen. Außerdem ignoriere er die Erfahrungen des vergangenen Jahrhunderts, in dem Europa Flüchtlinge in der Arbeitswelt vieler Länder willkommen geheißen habe – was zu mehr Beschäftigung und wachsender Wirtschaft geführt hat. (…) Viele Länder, auch in Europa, bräuchten mehr Arbeitskräfte, um Beschäftigungs- und Wirtschaftswachstum zu fördern. Das nutze sowohl den Geflüchteten als auch den Gesellschaften, die sie aufnehmen…“
- Immerhin aber auch: “… Aber im Mittelpunkt der Flüchtlingskrise stehen zu allererst Menschen, betonen Burrow und Visentini. Jedes demokratische Land könne noch mehr tun, um Menschen in Not einen sicheren Zufluchtsort zu ermöglichen…“
- Siehe dazu das komplette Statement von EGB-Generalsekretär Luca Visentini und IGB-Generalsekretärin Sharan Burrow (Englisch)
- EU-Türkei-Flüchtlingsdeal muss beendet werden
“Inhaftierungen, Abschiebungen, kein Zugang zum Asylverfahren: Der EU-Türkei-Deal hat an Europas Grenzen zu rechtlosen Zuständen geführt. PRO ASYL hat die fatalen Folgen des Deals in einem Bericht dokumentiert und fordert anlässlich der Reise der Bundeskanzlerin in die Türkei am 22. Mai die Aussetzung des EU-Türkei-Abkommens…” Beitrag von und bei Pro Asyl vom 20.05.2016 . Siehe dazu den Bericht von Pro Asyl
- Keine Chance mehr auf Asyl für Flüchtlinge aus Nicht-Syrien?
Drei Mitglieder des Europäischen Parlaments, Cornelia Ernst, Marina Albiol and Josu Juaristi, haben 40 im Zusammenhang mit dem EU-Türkei-Deal abgeschobene Geflüchtete in zwei Abschiebezentren in der Türkei interviewt. Alle 40 kamen nicht aus Syrien, sondern aus anderen Konfliktherden dieser Welt. Und alle 40 gaben an, sie hätten weder in Griechenland, noch in der Türkei die Chance bekommen, einen Antrag auf Asyl zu stellen. Die EU hatte vollmundig anderes versprochen. Seit ihrer Ankunft in der Türkei haben die Geflüchteten keine Informationen erhalten, was nun weiter mit ihnen geschieht. Siehe dazu den Bericht “Non-Syrians denied asylum claims under EU-Turkey deal” von Patrick Kingsley am 10. Mai 2016 beim Guardian online
- Human Rights Watch: Türkische Soldaten erschießen Flüchtlinge an der syrischen Grenze
Wir hatten es schon im Zusammenhang mit dem generellen Lebensrisiko für Syrer/innen in der Türkei berichtet (siehe unseren fast gleichnamigen Beitrag vom 27. April 2016): Türkische Grenzposten schießen auf Flüchtlinge aus Syrien. Human Rights Watch gibt an, dass dabei in den Monaten März und April 2016 fünf Menschen gestorben sind, darunter ein Kind, 14 weitere wurden zumTeil schwer verletzt. Siehe dazu die Meldung “Turkey: Border Guards Kill and Injure Asylum Seekers” vom 10. Mai 2016 bei Human Rights Watch
- Abschottung: Soll Athen die Rolle Ankaras übernehmen?
“EU diskutiert über Alternativen zu umstrittenem Türkei-Deal / Bericht: Griechische Inseln als Abschiebezentren für Geflüchtete / Stopp der Milliardenzahlungen an Ankara erwogen – Geld soll an Athen gehen…” Meldung beim ND online vom 9. Mai 2016 . Aus dem Text: “… Angesichts des Gebaren der Regierung in Ankara steht der umstrittene Deal mit der Türkei zur Abschottung Europas offenbar vor dem Scheitern. Deshalb würden laut einem Bericht die Regierungschefs einiger EU-Staaten schon über Alternativen diskutierten. (…)Erdogan hat nach dem angekündigten Rückzug seines Regierungschefs Ahmet Davutoglu erklärt, dass er eine Änderung der Anti-Terrorgesetze seines Landes ablehne – diese Gesetzesänderung ist aber ein wichtiger Baustein des Flüchtlingspaktes der EU mit der Türkei, weil sie Voraussetzung für die von Ankara geforderte Visumfreiheit für Türken ist…“
- Türkischer Mauerbau – mit Selbstschussanlagen?
„Rund 900 Kilometer ist die syrisch-türkische Grenze lang. Seit letztem Sommer baut die Türkei hier an einer gewaltigen Schutzanlage, um illegale Grenzübertritte aus dem Bürgerkriegsland Syrien zu verhindern. Ein Drittel des Projekts sei inzwischen fertig, wurde Anfang April vermeldet. In strategisch wichtigen Abschnitten besteht die Mauer aus drei Meter hohen Betonblöcken, andernorts muss ein einfacher Zaun reichen. Doch bei der Mauer allein soll es nicht bleiben: Auch von Patrouillen rund um die Uhr und Überwachung mit Wärmebildkameras ist die Rede. Und von Türmen mit Selbstschussanlagen, wie es sie zu Zeiten der DDR auch an der innerdeutschen Grenze gegeben hatte“ – aus dem Artikel „Selbstschussanlagen gegen Flüchtlinge“ von Luca de Carli am 03. Mai 2016 in der Basler Zeitung , worin zwar auf die Parallelen zur Mauer zwischen DDR und BRD hingewiesen wird, das Modell-Mäuerchen an der USA Südgrenze (ohne Schießanlagen, dafür mit schießwütigen Grenzern) aber vergessen wird, zu erwähnen…
- Erdogan droht Beendigung des Flüchtlingsabkommens an
“Alle Versprechungen müssen eingelöst werden, bislang sei noch nichts geschehen, so der türkische Präsident, der seine Macht gegenüber der EU ausspielt…” Beitrag von Florian Rötzer bei telepolis vom 07.04.2016 . Aus dem Text: “… Heute warnte Erdogan schließlich die EU, dass die Türkei das Flüchtlingsabkommen zur Reduzierung der Flüchtlinge nicht umsetzen werde, falls Brüssel nicht die ausgehandelten Bedingungen einhält. Dazu gehört die Einräumung einer visafreien Einreise von Türken in die EU bis “spätestens Juni 2016”, was innerhalb der EU-Mitgliedsländer und auch in Deutschland auf Widerstände stößt, und die Beschleunigung der Betrittsverhandlungen – besonders schwierig nach dem harten Vorgehen gegen die Presse- und Meinungsfreiheit. Es gebe “genaue Bedingungen”, sagte Erdogan: “Wenn die EU nicht die notwendigen Schritte unternimmt, dann wird die Türkei das Abkommen nicht umsetzen.” …” Kommentar: Für unseren Geschmack erntet Jan Böhmermann in diesem Beitrag mehr Mitleid, als er aktuell verdient. Davon abgesehen würden wir es aber ausdrücklich begrüßen, wenn der EU-Türkei-Deal schnellstmöglich wieder ausgesetzt wird. Nur: Eine Lösung für die in Griechenland festsitzenden Flüchtlinge muss dann immer noch gefunden werden… Siehe dazu unser Dossier “Humanitäre Krise in Griechenland droht zu eskalieren”
- Nein, das Boot ist noch längst nicht voll!
“… Die europäischen Staatschefs haben entschieden, dass weder Mitleid noch Menschenrechte die Leitlinien europäischen Handelns sein können. Abwehr von Flüchtlingen bleibt das Ziel europäischer Politik und Negation europäischer Werte der Weg. Geltendes Recht wird außer Kraft gesetzt. Flüchtlinge dürfen zwar nicht in Länder abgeschoben werden, in denen ihnen politische Verfolgung oder die Gefahr einer Kettenabschiebung in das Verfolgerland drohen. Mit der Türkei aber wird ein menschenverachtender und völkerrechtswidriger Deal geschlossen, der die Flüchtlinge zur Ware macht. Die Türkei erhält Geld und wird zum sicheren Drittstaat erklärt, der für Flüchtlinge, aber auch für Kurden in der Türkei, höchst unsicher ist. (…) Die Flüchtlinge, die Europa keineswegs überfordern würden, werden aus Griechenland abgeschoben. Ihr individuelles Recht auf Asyl und rechtliches Gehör wird mit Füßen getreten. Wenige syrische Flüchtlinge, und nur syrische, erhalten im Gegenzug ein Ticket in eines der EU-europäischen Länder. Montag, 4. April 2016, begann die „Rückführung“ derjenigen, die zu Illegalen, zu illegal Eingereisten gemacht worden waren. Als hätten sie eine Chance, legal Schutz zu suchen, als wäre es illegal, Schutz in Europa zu suchen…” Beitrag von Elke Steven beim Grundrechtekomitee vom 7. April 2016
- Das Asylrecht bleibt bestehen und Türkei ist ein “sicherer Drittstaat”? Der Flüchtlings(abschiebe)skandal und der EU-Türkei-Deal müssen sofort beendet werden!!!
Siehe erschreckende Informationen über die Lage sowohl in Griechenland als auch in der Türkei:- Menschliches Versagen oder: Europäische Lösung (II)“Massive internationale Proteste begleiten den Beginn der EU-Massenabschiebung von Flüchtlingen in die Türkei. Vom heutigen Montag (4.4.16) bis zum Mittwoch sollen die ersten 750 Flüchtlinge von den griechischen Inseln an die türkische Küste abtransportiert werden; mehr als 5.400 weitere sind in den EU-“Hotspots” auf den Inseln interniert, um sie daran zu hindern, sich späteren Abschiebemaßnahmen zu entziehen. Mehrere UNO-Stellen haben die EU-Maßnahmen, die maßgeblich von der Bundesregierung durchgesetzt worden sind, öffentlich als völkerrechtswidrig kritisiert; Berlin und Brüssel bewegen sich mit dem Festhalten an der Massenabschiebung auf einen offenen Konflikt mit den Vereinten Nationen zu. Internationale Hilfsorganisationen haben ihre Tätigkeit in den Haft-“Hotspots” aus Protest eingestellt: Man wolle nicht zum Komplizen der EU-Machenschaften werden, heißt es. Auf den griechischen Inseln wie auch auf dem Festland eskalieren die Flüchtlingsproteste; die Regierung in Athen rechnet mit massivem Widerstand gegen die Massenabschiebung. Um diese dennoch sicherzustellen, hat Berlin deutsches Personal auf die griechischen Inseln entsandt – Bundespolizisten sowie Mitarbeiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge. Die Bundesregierung misst dem völkerrechtswidrigen Vorgehen strategische Bedeutung bei…” Redaktioneller Beitrag bei German Foreign Policy vom 4. April 2016 . Siehe dazu:
- Aus dem Text: “… Dass der Abschiebepakt mit der Türkei in eklatanter Weise internationales Recht bricht und gegen fundamentale Menschenrechte verstößt, haben Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen immer wieder ausführlich belegt. Die von Berlin energisch vorangetriebene Umsetzung des völkerrechtswidrigen Deals führt nun zu beispiellosen internationalen Protesten gegen die deutsch inspirierten Praktiken der EU. (…) Zum Wochenende hat ein Bericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International den Protesten neuen Rückenwind verschafft. Auch Amnesty hatte bereits zuvor geäußert, der Deal mit Ankara sei ein “historischer Schlag gegen die Menschenrechte”. Nun berichtet die Organisation, die Türkei schiebe seit Mitte Januar nahezu täglich Gruppen von rund hundert Flüchtlingen nach Syrien ab, darunter unbegleitete Kinder. In den vergangenen sieben bis neun Wochen seien mutmaßlich Tausende Flüchtlinge in das syrische Kriegsgebiet ausgewiesen worden. (…) Während Berlin und die EU auf einen offenen Konflikt mit den Vereinten Nationen zusteuern, üben auch in Griechenland aktive Bürgerinitiativen scharfe Kritik. So heißt es in einem griechisch-deutschen Appell, die in Griechenland gestrandeten Flüchtlinge dürften nicht weiter blockiert werden; sie sollten vielmehr umgehend mit Sonderzügen in die Bundesrepublik geholt werden…“
- Türkei schiebt massenhaft syrische Flüchtlinge ab
“Amnesty-Recherchen beweisen, dass die Türkei seit Januar fast täglich syrische Männer, Frauen und Kinder in Gruppen von bis zu 100 Menschen nach Syrien abgeschoben hat. Dieser Verstoß gegen internationales Recht ist ein weiterer Beleg dafür, dass die Türkei kein sicherer Drittstaat für Flüchtlinge ist, in den die EU bedenkenlos Schutzbedürftige zurückschicken kann…” Beitrag von Amnesty International vom 1. April 2016 - Besonders unschön: Während das erste Schiff mit zurückgeschobenen Geflüchteten unterwegs ist, sammelt sich am Kai in Dikili/Türkei, wo die Menschen ausgeladen werden sollen, bereits die Journalisten-Meute (Deniz Yücel, Türkei-Korrespondent der “Welt” lässt uns an diesem Ausblick teilhaben ). Irgendwer muss die Bilder ja auch fotografieren, die dann im weiteren zur Abschreckung verwendet werden sollen.
- Solidarität gefragt: Appell „ZÜGE DER HOFFNUNG“ für Flüchtlinge in Griechenland
- EU-Türkei-Deal trotz aller Kritik auf Flüchtlingsgipfel festgeklopft – siehe dazu unser Dossier
- Kettenabschiebung reloaded: Türkei will Flüchtlinge in Herkunftsländer zurückschicken
“Die EU will mit einem Rückübernahmeabkommen abgelehnte Asylbewerber in die Türkei zurückschicken. Nun will Ankara ähnliche Verträge mit den Heimatländern abschließen. Die Türkei will die Rückführung von Flüchtlingen in ihre Herkunftsländer mit Hilfe von Verträgen mit insgesamt 14 Staaten beschleunigen. Die Verträge könnten nach entsprechenden Verhandlungen unterzeichnet werden, sagte Außenamtssprecher Tanju Bilgic am Mittwoch in Ankara. Um welche Länder es sich handelt, blieb offen…” Meldung bei DiePresse.com vom 02.03.2016
- EU-Türkei-Deal: Falsche Rücksichtnahme – mit Konsequenzen
Während der deutsche Bundestag sogar eine Erklärung zum Völkermord an den Armeniern suspendiert, um der Türkei keinen übermäßigen Stress zu bereiten, deutet sich im Mittelmeer bereits an, wie sich das Schweigen zur aktuellen Menschenrechtslage insbesondere in den kurdischen Gebieten in der Türkei auswirken wird: “Neue Fluchtwelle in der Ägäis? Küstenwache greift erstmals Kurden auf”, titelte n-tv.de am 24. Februar 2016. Da helfen dann Europa auch alle Mauern an der syrisch-türkischen Grenze nicht. Siehe dazu drei Beiträge- Neue Fluchtwelle in der Ägäis? Küstenwache greift erstmals Kurden auf
“Mit militärischer Gewalt geht Erdogan gegen die Kurden vor – im eigenen Land und jenseits der Grenze. Das Vorgehen des türkischen Präsidenten hat Folgen: Auf der Suche nach Sicherheit machen sich Kurden auf den Weg nach Europa…” Meldung bei n-tv.de vom 24. Februar 2016 . Dort heißt es: “… Türkische Medien hatten zuvor berichtet, es habe sich um eine Familie aus der Stadt Idil in der Provinz Sirnak gehandelt…“Idil steht seit einigen Tagen unter Beschuss (LabourNet Germany berichtete) - Der türkische Grenzwall. Betonblöcke und Selbstschussanlagen
“Um 138 Meter täglich wächst bei der türkischen Stadt Kilis die Grenzbefestigung gegen Syrien. Der Ort hat mehr Flüchtlinge als Einwohner…” Beitrag von Marco Kauffmann Bossart bei der nzz online vom 20.2.2016 - Vorerst keine Erklärung zu Massakern an Armeniern
“Waren die Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich vor 100 Jahren ein Völkermord? Eine gemeinsame Positionierung des Bundestags zu dieser Frage ist bislang fehlgeschlagen…” Beitrag bei tagesschau.de vom 25. Februar 2016 – stilecht schreibt das staatliche Fernsehen denn auch von “Massakern” statt vom Völkermord
- Neue Fluchtwelle in der Ägäis? Küstenwache greift erstmals Kurden auf
- EU-Gipfel in Brüssel: Legitimierung von Verletzungen der Flüchtlingsrechte droht
“Am 18. und 19. Februar treffen sich die EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel. Im Vorfeld sind Dokumente der EU-Kommission bekannt geworden, die die argumentative Basis für die Beschlüsse der Staats- und Regierungschefs bei diesem Gipfel liefern sollen. Die EU-Kommission drängt demnach darauf, Dublin-Abschiebungen nach Griechenland wieder aufzunehmen und die Türkei als „sicheren Drittstaat“ einzustufen. Für Griechenland hat der Europäische Gerichtshof 2011 ein Abschiebungsverbot erlassen, das bis heute mehrmals erneuert wurde. Und das aus gutem Grund, denn das Land verfügt weiterhin über kein menschenrechtskonformes Schutz- und Aufnahmesystem für Asylsuchende. Gegenwärtig kommen Zehntausende von Schutzsuchenden in Griechenland an – allein im Januar waren es UNHCR-Angaben zufolge mehr als 65.000. Das Land ist mit der Aufnahme und der Versorgung der Flüchtlinge heillos überfordert. (…) Dennoch fordert die EU-Kommission jetzt die „Wiederaufnahme der Überstellungen auf der Grundlage der Dublin-Verordnung nach Griechenland“…” Beitrag von und bei Pro Asyl vom 15. Februar 2016 . Siehe dazu: ANNEX to the Communication from the Commission to the European Parliament and the Council on the State of Play of Implementation of the Priority Actions under the European Agenda on Migration EU-Turkey Joint Action Plan – Implementation Report
- Flüchtlinge: Balkanroute ade?
“Ein geplantes Umsiedlungsprogramm könnte sowohl positive als auch negative Konsequenzen für Flüchtlinge haben. Kommen bald die ersten Flüchtlinge mit dem Flugzeug aus der Türkei nach Deutschland? …” Artikel von Michael Martens bei der FAZ online vom 14.02.2016- Aus dem Text: “… Die Flüchtlingskrise könnte bald ungewohnte neue Bilder produzieren, schöne und hässliche. Die schönen: glückliche syrische Familien, die in Ankara, Istanbul oder Gaziantep in ein Flugzeug nach Deutschland, Schweden oder Österreich steigen, um dort als Flüchtlinge aufgenommen zu werden. Ohne Schlepperbanden, ohne die potentiell lebensgefährliche Überfahrt mit Schlauchbooten auf griechische Inseln, ohne den beschwerlichen Weg über die Balkanroute. Auf den hässlichen Bildern könnten ebenfalls syrische Familien zu sehen sein, aber auch Pakistaner, Iraner und andere Migranten. Diese Bilder drohen auf Lesbos, Kos, Chios und den anderen griechischen Ägäisinseln, wo die meisten Einwanderer nach Europa erstmals den Boden der EU betreten. Auf solchen Bildern wären wütende, verzweifelte, wohl auch weinende Menschen zu sehen, die notfalls mit Gewalt auf Fähren gebracht werden, die sie zurückbringen in die Türkei, die von Griechenland unlängst als „sicherer Drittstaat“ für Flüchtlinge und Migranten eingestuft worden ist. (…) Auf solche Bilder könnte ein Plan hinauslaufen, der derzeit im Eiltempo zwischen der Türkei, Deutschland und einigen weiteren Staaten ausgearbeitet wird…“
- Siehe dazu auch den Beitrag “EU-Papier: Die Balkan-Route ausspielen” von Thomas Pany am 14.02.2016 bei telepolis , wo es zusammenfassend heißt: “Bei den Eckpunkten spielt die Türkei eine große Rolle. An ihrer Bereitschaft, Flüchtlinge zurückzunehmen, hängt der ganze Plan. Er sieht folgende große Linien vor: Flüchtlinge aus Syrien, und nur aus Syrien, könnten künftig von einem türkischen Flughafen aus direkt in ein europäisches Asylland fliegen. Damit würde ihnen – und den Transitländern – der mühsame und gefährliche Weg über die Balkan-Route erspart. Um zu ermitteln, ob die Asylsuchenden dazu berechtigt sind, sieht der Plan die Einrichtung von “gemeinsame Bearbeitungszentren” in der Nähe von türkischen Flughäfen vor. Gemeinsam bedeutet, dass auch Behördenvertreter der aufnehmenden Staaten vor Ort sind und an der ersten Auswahl beteiligt sind. (…) “Kandidaten zur Umsiedlung” werden dann in europäische Prüfungszentren gebracht. Wo diese genau liegen sollen, geht aus dem Zeitungsbericht nicht hervor (…) Abgesehen davon, dass Standortfragen anscheinend noch offen sind und die Schaffung solcher Zentren nicht nur einen ziemlichen organisatorischen und personellen Aufwand benötigen, dazu Erfordernisse einer menschenwürdigen Unterbringung, da die Flüchtlinge offenbar dort oder in der Nähe das “Ja” abwarten müssen, tun hier auch noch weitere Komplikationen auf, grundlegend zum Beispiel: Wer sind die aufnehmenden Staaten?“
- EU-Türkei-Deal in der Flüchtlingsfrage: Protestaktion der Halkevleri (People’s Houses) am 13. Februar 2016 vorm deutschen Generalkonsulat in Istanbul – gegen die Tatsache, dass Flüchtlinge imAKP-EU-Deal als bloße Verhandlungsmasse gelten. Siehe dazu den Bericht ‘Stand up against the AKP and EU’s bargaining over refugees’ am 13. Februar 2016 bei sendika.org/LabourNet Türkei
- Grenzschutz: Ankara will mehr Geld und einen anderen Auszahlungsmodus
“Premierminister Renzi gibt seinen Widerstand auf. Italiens Beitrag für den drei Milliarden Euro dicken Türkeihilfe-Fonds werde bezahlt. Offenbar gibt es Annäherungen zwischen der EU-Kommission und Italien. Renzi hatte die Zahlungen zunächst verweigert mit Verweis auf die eigenen Leistungen und Belastungen beim EU-Außengrenzschutz und mit Kritik am Türkeihilfspaket, das seiner Auffassung nach aus dem EU-Budget beglichen werden sollte. Er machte Zugeständnisse in der Frage davon abhängig, dass er mehr Schulden machen dürfe als derzeit erlaubt. Noch sind nicht aber nicht alle Beiträge eingegangen, “mehrere EU-Mitgliedstaaten” seien den an sie gerichteten Anforderungen bisher nicht nachgekommen, kritisiert ein Bericht des Brüsseler EU-Verbindungsbüros für den Bundestag. Laut Tagesschau gibt es kaum Zweifel daran, dass die Türkei ihre Forderungen nach oben schrauben wird. Davutoğlu hatte bereits vor den Berliner Konsultationen angedeutet, dass Ankara mehr Geld will: ‚‚Drei Milliarden Euro sind nur dazu da, den politischen Willen zur Lastenteilung zu zeigen.” Seither ist die Zahl von 5 Milliarden Euro, also 2 Milliarden plus, im Umlauf. Zwar bestätige weder Brüssel noch Berlin die Zahl, so der Tagesschaubericht, aber gegen das Argument, Europa wolle keine Flüchtlinge, dann müsse es die Türkei anständig dafür bezahlen, sei wenig auszurichten. Die türkische Regierung sitze am längeren Hebel, lässt der Beitrag verstehen…” Beitrag von Thomas Pany bei telepolis vom 02.02.2016
- Die „türkische Lösung“: EU-Präsidentschaft will Zurückweisungen in die Türkei
“Die niederländische Regierung, die aktuell die EU-Präsidentschaft inne hat, arbeitet an einem Plan, der vorsieht Schutzsuchende, die in Griechenland ankommen, direkt in die Türkei zurückzuführen. Der Plan ist, in Anbetracht der dokumentierten Menschenrechtsverletzungen gegen Flüchtlinge, skrupellos – und er verstößt gegen internationales Recht. Wer als Flüchtling in Griechenland ankommt, soll nach wenigen Tagen wieder mit der Fähre in die Türkei geschickt werden – so will es die niederländische Regierung. Auch Deutschland und andere EU-Staaten sollen an dem Plan beteiligt sein. Im Gegenzug dafür, dass die Türkei die Schutzsuchenden wieder aufnimmt, wollen einige EU-Länder mit der regulären Aufnahme von Flüchtlingen aus der Türkei beginnen – die Rede ist von 150.000 – 250.000 pro Jahr. (…) Der Plan verstößt gegen europäisches und internationales Recht: Rückführungen von Asylsuchenden in die Türkei sind illegale Zurückweisungen, die gegen das Non-Refoulement-Gebot der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention verstoßen. Ebenso illegal sind direkte Push-Backs – gewaltsames Zurückdrängen von Flüchtlingsbooten in der Ägäis, zu denen Griechenland laut Migrationsminister Mouzalas bereits offen von anderen EU-Staaten aufgefordert wurde…” Beitrag von und bei Pro Asyl vom 29. Januar 2016
- Eklatante Verletzungen von Flüchtlingsrechten – Europa gewährt der Türkei menschenrechtlichen Rabatt
“Weil die EU ihren Deal zur Flüchtlingsabwehr mit dem autoritären türkischen Präsidenten um jeden Preis realisieren will, schweigt Europa über die eklatanten Verletzungen von Menschenrechten und Flüchtlingsrechten in der Türkei. Berichten zufolge kommt es zu zahlreichen willkürlichen Inhaftierungen und Hunderten illegale Abschiebungen nach Syrien und in den Irak…” Beitrag von und bei Pro Asyl vom 19. Januar 2016
- Europäische Union finanziert Haftzentren für Flüchtlinge in der Türkei
“Die Europäische Union läuft Gefahr, die Türkei bei schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen an Flüchtlingen zu unterstützen. Wie der neue Amnesty-Bericht “Europe’s Gatekeeper” zeigt, haben türkische Behörden seit dem Beginn der Verhandlungen über den Aktionsplan mit der EU im September Hunderte Flüchtlinge an der Westgrenze der Türkei festgenommen und in mehr als 1000 Kilometer entfernte Haftzentren im Süden und Osten des Landes gebracht. “Die Türkei stellt die Menschen vor eine unmenschliche Wahl: Entweder sie bleiben auf unbestimmte Zeit in Haft, oder sie kehren in ihre Heimatländer Syrien und Irak zurück, wo ihnen Verfolgung, Folter und Tod drohen. Damit verstößt die Türkei eindeutig gegen internationales Recht und handelt im starken Kontrast zu ihrer bisherigen sehr humanitären Haltung”, sagt Wiebke Judith, Asyl-Expertin bei Amnesty International in Deutschland. (…) Flüchtlinge zeigten Amnesty Hinweisschilder von Betten und Regalen aus einem Haftzentrum, in dem sie gefangen gehalten wurden. Diese belegen, dass die Einrichtung mit EU-Geldern betrieben wird…” Meldung bei Amnesty International vom 15. Dezember 2015 . Siehe dazu den Amnesty-Bericht “Europe’s Gatekeeper” (englisch)
- Zwei Wochen danach: Die ersten fatalen Folgen des EU-Türkei-Deals
Am 29.11. vereinbarten die EU-Regierungschefs das Abkommen mit der Türkei: Das Land erhält 3 Milliarden Euro und die Verhandlungen um einen EU-Beitritt werden intensiviert – im Gegenzug unterstützt die türkische Regierung Europa bei der Abwehr von Flüchtlingen. Die Folgen für die Schutzsuchenden: Masseninhaftierungen, Abschiebungen nach Syrien, Todesfälle durch gefährlichere Fluchtrouten. Beitrag von und bei Pro Asyl vom 11. Dezember 2015 . Aus dem Text: “… Am 29.11. hat die EU ihre demokratischen und menschenrechtlichen Standards wie so oft hinten angestellt – oberste EU-Prämisse ist die Abschottung der europäischen Außengrenzen. Dafür möchte die Europäische Union Recep Tayyip Erdogan zum Türsteher Europas machen und vergütet ihm diese Dienste fürstlich: Mit finanzieller Unterstützung und – für den autoritären Präsidenten besonders wichtig – stillschweigender Tolerierung der innenpolitischen Linie Erdogans. Leidtragende dieses Paktes sind die Schutzsuchenden, die nun im Niemandsland an der syrisch-türkischen Grenze oder in den prekären Verhältnissen in der Türkei ausharren müssen, ebenso wie die türkischen MenschenrechtsaktivistInnen. Schon lange protestieren sie gegen die Menschenrechtsverletzungen im Land, erhalten dabei aber keinen Beistand von Europa – schließlich möchte man dort die Unterstützung der türkischen Regierung bei der Flüchtlingsabwehr nicht verlieren.“
- Solidaritätsaktion für Flüchtlinge in Istanbul: Bericht bei Sendika.Org/ LabourNet Türkei vom 9. Dezember 2015
- Kaum zwei Tage nach den europäisch-türkischen Verabredungen setzt die Türkei die ersten fast 1.500 Flüchtlinge fest, die auf dem Weg nach Griechenland waren – so zumindest die Meldung in der türkischen Presse: “Ayvacık’taki operasyonda bin 491 kaçak göçmen yakalandı” bei Cihan vom 1. Dezember 2015
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