Dossier
Unter der Syriza-Regierung werden Flüchtlinge an Griechenlands Meeresgrenzen nicht mehr zurückgedrängt, Sammellager wurden aufgelöst. Heike Schrader im Gespräch mit Tasia Christodoulopoulou in der jungen Welt vom 15. Mai 2015 . Siehe zur Situation der Flüchtlinge das Dossier Humanitäre Krise in Griechenland droht zu eskalieren und zum Push-back-Deal mit Seehofer Seehofers harter Kurs in der Asyl- und Flüchtlingspolitik: Zurückweisungen an der Grenze (europafeindlich und rechtswidrig) und dem mit der Türkei EU-Türkei-Deal in der Flüchtlingsfrage sowie hier zum Umgang der griechischen Politik damit:
- Minderjährige Flüchtlinge in Griechenland: Warum Frontex und die Polizei aus Kindern Erwachsene machen
“Mehr als 7.500 Flüchtlinge hausen derzeit auf Samos unter katastrophalen Bedingungen – unter ihnen zahlreiche Minderjährige. Doch viele mutmaßlich Minderjährige berichten, dass sie bei ihrer Ankunft einfach als Erwachsene registriert wurden. Es gibt nicht viel Schutz für Minderjährige auf Samos – viele schlafen in einfachen Zelten unter unmenschlichen Bedingungen. Doch immerhin haben sie in der Regel bessere Chancen, die Insel zu verlassen, zum Beispiel über Familienzusammenführung mit Verwandten im Ausland. Auf dem Papier haben sie Anspruch auf einen sicheren Schlafplatz und einen Betreuer. Doch all das entfällt, wenn sie als Erwachsene registriert sind. Und genau das berichten uns mehrere Betroffene und Nichtregierungsorganisationen. Die griechische Polizei und die EU-Grenzschutzbehörde Frontex hätten bei Ankunft einfach ein falsches Alter eingetragen und sie damit als volljährig erscheinen lassen. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch spricht von einem “Muster, einem System“…” Beitrag aus der der Sendung Report Mainz vom 25.2.2. beim SWR und die Meldung dazu ebd.: Schwere Vorwürfe gegen Frontex und griechische Polizei - [Pushbacks aus Griechenland in die Türkei] Illegale Abschiebungen am Evros / Bürgerwehren auf Lesbos, NGOs gelten als Sündenböcke
- Bürgerwehren auf Lesbos, NGOs gelten als Sündenböcke. Die griechische Regierung setzt auf Abschreckung von Flüchtlingen, Konflikte auf den griechischen Grenzinseln“Auf der Insel Lesbos wurden in der Nacht von Donnerstag auf Freitag Mitglieder einer selbst ernannten Bürgerwehr verhaftet. Den Jugendlichen und Männern im Alter von 17 bis 24 Jahren wird vom Staatsanwalt die Bildung einer kriminellen Gruppe vorgeworfen. Sie wurden mir Schlaggerät bewaffnet, Gesichtsmasken und Helmen am Ortseingang des Dorfes Moria festgenommen. Auch andere Gruppen wie diese kontrollieren auf der Insel Lesbos Passanten, Wohnungen und Geschäfte. Sie sind auf der Suche nach Flüchtlingen, Migranten und Mitarbeitern von Nichtregierungsorganisationen (NGO). Letztere gelten für zahlreiche griechische Medien, aber auch gemäß dem Narrativ der griechischen Regierung als Schleuser und Aufwiegler. Ein frisch erlassenes Gesetz der vergangenen Woche verschärft die Pflicht der Mitarbeiter von NGOs sich in einem staatlichen Register einzutragen. Regierungspolitiker jubeln, dass damit niemand der Flüchtlingshelfer mehr anonym bleiben würde. Wer nicht registriert ist und bei der Flüchtlingshilfe erwischt wird, kann, so wird angedeutet, künftig als Schleuser strafrechtlich verfolgt werden. In Medien war von einem “Big Brother” für die NGOs die Rede, wobei dies ausdrücklich begrüßt wurde. (…) Dass zum Beispiel deutsche und niederländische Mitarbeiter einer NGO als EU-Bürger durchaus ins Land reisen, und dort für ihre Arbeitgeber tätig werden können, wird verschwiegen. Dies ist auch insofern interessant, als dass die neoliberale Politik der regierenden Nea Dimokratia freiwillige Helfer und vom Staat unabhängige Organisationen als förderlich für die Wirtschaft preist. Das Narrativ von der “Gesellschaft der Bürger” und dem “schlanken Staat” gilt offenbar nicht in der Flüchtlingshilfe. Dies, obwohl der griechische Staat, auch unter den vorherigen Regierungen, die Unfähigkeit, die Menschen zu erfassen und zu versorgen, mehrfach unter Beweis stellte. (…) Schließlich verkündete der frisch ernannte Minister für Migration, Notis Mitarakis, dass Mitarbeiter von NGOs hinter den jüngsten Demonstrationen der Flüchtlinge und Migranten im Lager Moria stecken würden. Weder der Minister noch die Medien können, in den meisten Fällen, konkrete Namen von für die von ihnen angeprangerten Missstände nennen. Damit werden die NGOs pauschal als Sündenbock für das Chaos der griechischen und europäischen Flüchtlings- und Migrationspolitik gebrandmarkt. (…) Gemäß der Argumentationskette der Regierung sind sämtliche Maßnahmen, die Bootsflüchtlinge retten oder deren Leben in den Lagern verbessern können, Anreize für immer wieder neue Flüchtlinge und Migranten, die aus der Türkei über das Meer anreisen. Demnach lautet die Parole nun: “maximale Abschreckung”. Tatsächlich ist die Situation auf den Inseln auch ohne Übertreibung der griechischen Medien schlimm genug…” Artikel von Wassilis Aswestopoulos vom 09. Februar 2020 bei telepolis
- [Pushbacks aus Griechenland in die Türkei] Illegale Abschiebungen am Evros
“Ayse Erdogan wurde in der Türkei als Gülen-Anhängerin verfolgt. Die Lehrerin floh nach Griechenland und wollte einen Asylantrag stellen. Doch dann gelangte sie in die Hände griechischer Polizisten. (…) Im Dezember hatten der SPIEGEL und Forensic Architecture Videos ausgewertet, die zeigen, wie die illegalen Pushbacks am Evros mutmaßlich ablaufen: Maskierte Männer mit griechischem Akzent bringen Geflüchtete in motorbetriebenen Schlauchbooten auf die türkische Seite des Evros. Oft werden die Flüchtlinge vorher nach eigener Aussage misshandelt, ihre Handys unbrauchbar gemacht. Alles deutet darauf hin, dass griechische Behörden die Pushbacks systematisch durchführen. Türkische Dokumente, über die der SPIEGEL berichtete, legen nahe, dass Griechenland Zehntausende Migranten und Flüchtlinge illegal abschiebt . Die EU-Kommission forderte nach der Enthüllung eine Untersuchung der Anschuldigungen. Passiert ist bisher nichts. Nur der Ombudsmann, der unabhängig die griechischen Behörden kontrolliert, geht den Pushback-Vorwürfen nach. Die Behörde hat bereits im Juni 2017 eine Untersuchung eingeleitet. Inzwischen untersucht sie mehr als ein halbes Dutzend Fälle, darunter nun auch die vom SPIEGEL veröffentlichten Videos. Die griechischen Behörden jedoch interessieren sich nicht für die Videos. Ein Sprecher der Polizei sagte dem SPIEGEL im Januar: “Es wird keine Untersuchung geben, weil es keine Pushbacks am Evros gibt.” Ayse Erdogans Fall zeigt, dass das mit sehr großer Wahrscheinlichkeit falsch ist. Er illustriert, wie griechische Grenzer mutmaßlich selbst türkische Asylbewerber ohne Asylverfahren abschieben, obwohl diese in ihrer Heimat aus politischen Gründen verfolgt werden…” Artikel von Giorgos Christides, Steffen Lüdke und Maximilian Popp vom 08.02.2020 beim Spiegel online
- Flüchtlinge: “Griechen verwehren schwer kranken Kindern Versorgung” – Athen hat 55.000 Geflüchteten Zugang zu medizinischer Hilfe gestrichen – darunter sind todkranke Kleinkinder
“Wer in Griechenland keinen Asylbescheid hat, muss auf den Inseln in der Ägäis ausharren. Und wer keine Papiere hat – was auf viele Gestrandete auf den Inseln zutrifft – bekommt keine medizinische Versorgung: Im Sommer hat die griechische Regierung insgesamt 55.000 Menschen die medizinische Versorgung gestrichen. Das ist ein Teufelskreis – vor allem für viele kleine Kinder: „Wir sehen viele Kinder, darunter Babys, die an Krankheiten wie Diabetes, Asthma und Herzkrankheiten leiden“, sagt Hilde Vochten, medizinische Koordinatorin von Ärzte ohne Grenzen in Griechenland. Wegen der heillos überfüllten Lager leben sie oft in Zelten, und das „unter katastrophalen unhygienischen Bedingungen, ohne Zugang zu der medizinischen Versorgung und den Medikamenten, die sie brauchen.“ (…) Zahlen verdeutlichen die Situation: In Moria, einem der größten Elendslager auf der Insel Lesbos, leben knapp 19.000 Geflüchtete, so das UNHCR – und gut 40 Prozent davon sind Kinder, hat die deutsche NGO Pro Asyl eruiert. Hunderte davon seien teils schwer erkrankt, bräuchten Spezialtherapien, so Ärzte ohne Grenzen. Aufs Festland überstellt werden sie aber nicht. „Die Weigerung der Regierung, eine schnelle, organisierte Lösung für diese Kinder zu finden, ist empörend“, sagt Vochten – das könne „lebenslange Folgen und sogar den Tod nach sich ziehen.“ Allein in Moria sind binnen der vergangenen Monate drei Kinder gestorben, zuletzt ein neun Monate altes Baby aus dem Kongo…” Bericht von Evelyn Peternel vom 1. Februar 2020 beim Kurier.at - 2700 Meter lang: Griechenland will schwimmende Barriere gegen Migranten errichten / Geflüchtete eingesperrt: Griechenland startet umstrittenes neues Asylverfahren
- 2700 Meter lang: Griechenland will schwimmende Barriere gegen Migranten errichten“… Die Regierung in Griechenland will mit einer schwimmenden Barriere im Mittelmeer Flüchtlinge und Migranten daran hindern, von der Türkei aus auf griechische Inseln überzusetzen. Das Verteidigungsministerium hat nach SPIEGEL-Informationen vier griechische Unternehmen gebeten, bis zu diesem Mittwoch ein Angebot für eine entsprechende öffentliche Ausschreibung abzugeben. Das Unternehmen, das den Auftrag erhält, soll demnach innerhalb von drei Monaten nach Vertragsunterzeichnung liefern. In der Ausschreibung wird das Errichten der Barriere als “äußerst dringend” bezeichnet. Es bestehe die “dringende Notwendigkeit, die zunehmenden Flüchtlingsströme einzudämmen”. Das Hindernis soll 2,7 Kilometer lang sein. “Wir wollen sehen, ob das funktioniert und wo und ob es eingesetzt werden kann”, sagte Verteidigungsminister Nikos Panagiotopoulos im Nachrichtensender Skai. (…) Für 500.000 Euro soll die Barriere errichtet und ihre Wartung für vier Jahre aufrechterhalten werden. Auch die Schulungen des notwendigen Personals sind in der Summe inbegriffen…” Beitrag vom 30. Januar 2020 von und bei Spiegel online
- Geflüchtete eingesperrt: Griechenland startet umstrittenes neues Asylverfahren“… Als Kyriakos Mitsotakis sich zum Ministerpräsidenten wählen ließ, versprach er den Griechen Ordnung und Härte; so wollte er die Flüchtlingskrise in den Griff bekommen. Asylbewerber sollten endlich schneller abgeschoben werden. (…) Nun will Mitsotakis die Wende schaffen: Zum ersten Mal sollen seine Beamten ein neues Asylgesetz anwenden. Es ist so hart wie umstritten. 55 Asylbewerber sind am Wochenende in zwei Booten auf der Insel Kos angekommen. Es handelt sich nach SPIEGEL-Informationen größtenteils um syrische, irakische, somalische und palästinensische Familien. An ihnen testen die griechischen Behörden nun das neue Gesetz. Der Testlauf zeigt, wie Griechenland und Europa die Migranten und Flüchtlinge künftig behandeln werden, die über die Ägäis aus der Türkei kommen. Der Auftrag des griechischen Migrationsministers an seine Mitarbeiter: Den Asylantrag der Geflüchteten innerhalb von 25 Tagen entscheiden, so lange werden sie im Abschiebeflügel des sogenannten Hotspots auf Kos eingesperrt. Bislang durften Asylbewerber zwar die Agäis-Inseln nicht ohne Weiteres verlassen, sich aber auf der Insel frei bewegen. Werden die Anträge nun abgelehnt, sollen die Migranten alsbald abgeschoben werden. Werden sie angenommen, dürfen sie schnell aufs Festland. (…) Das Gesetz sieht knappe Fristen und schnelle Entscheidungen vor. Auf den Inseln Kos, Lesbos, Samos, Chios und Leros baut die Regierung zudem große geschlossene Haftlager für die Flüchtlinge. Sobald sie fertig sind, werden dort Asylbewerber interniert. Möglichst schnell sollen dann ihre Anträge entschieden werden. Ganz so, wie es nun auf Kos getestet wird. (…) Bisher saßen in dem Gremium, das über die Einsprüche entschied, auch Sachverständige, die das Uno-Flüchtlingshilswerk UNHCR ernannt hatte. Sie verhinderten viele Abschiebungen – zum Beispiel, weil die Geflüchteten in der Türkei ihrer Meinung nach nicht sicher wären. Die griechische Regierung hofft augenscheinlich, dass die griechischen Richter strenger vorgehen. Aktivisten und auch Juristen kritisieren das neue griechische Gesetz. Die pauschale Inhaftierung der Asylbewerber könnte ihrer Meinung nach unrechtmäßig sein. Nach EU-Recht muss stets im Einzelfall geprüft werden, ob ein Haftgrund vorliege. Außerdem sieht das Gesetz zahlreiche Möglichkeiten zur Verlängerung der Haft vor. Hilfsorganisationen fürchten zudem, dass künftig einige Flüchtlinge Probleme haben könnten, rechtzeitig einen Anwalt zu finden, der Widerspruch gegen den abgelehnten Asylantrag einlegen kann.” Artikel von Giorgos Christides und Steffen Lüdke vom 27. Januar 2020 beim Spiegel online
- Griechische Politiker zu den Tragödien mit Flüchtlingsbooten: “Wir sind Opfer eines kollektiven Versuchs, das Land zu verderben”
“Anders als in den vergangenen Jahren, versuchen in diesjährigen Winter Flüchtlinge und Immigranten auch bei schlechten, winterlichen Verhältnissen mit einem Boot nach Griechenland zu kommen, oder dieses in Richtung der übrigen Europäischen Union per Boot zu verlassen. Dies fordert zunehmend Todesopfer. 2019 kamen 74.348 Menschen als Flüchtlinge oder Migranten ins Land, davon 59.457 über den Seeweg. 2018 waren es insgesamt 32.494. Ziel der Regierung in Athen sind bis zum Jahresende 10.000 Abschiebungen in die Türkei . Am Samstagmorgen kam es dreizehn Seemeilen südwestlich der Inselgruppe Paxi im Ionischen Meer zu einem Unglück. Ein Boot kenterte. Insgesamt 21 Personen, zwanzig Männer und eine Frau, konnten gerettet werden. Rettungsteams fanden bislang zehn ertrunkene Männer und zwei ertrunkene Frauen. Die Zahl der Insassen des Bootes wird gemäß den Angaben der Geretteten mit bis zu 50 angegeben. (…) Wirtschaftsminister Georgiadis schürt Angst vor Überfremdung: In einer ersten Reaktion, noch während der Rettung der ersten Überlebenden und der Auffindung der ersten Opfer, äußerte sich der griechische Wirtschaftsminister Adonis Georgiadis abfällig über die Schiffbrüchigen. Er betonte in einer Live-Fernsehsendung des Privatsenders ANT1: “Stellen Sie sich vor, wie gut vorbereitet die waren, sie wussten, als sie in Gefahr waren, dass sie die 112 anrufen müssen(Notfallnummer, die kürzlich eingerichtet wurde). Wir sind Opfer eines kollektiven Versuchs, das Land zu verderben. Aber die Regierung wird sich dagegenstellen.” Die anwesende frühere Ministerin und Abgeordnete von SYRIZA, Olga Gerovasili, war ebenfalls in der Sendung. Sie reagierte sofort, “Gütige Gnade! Menschen sind in Gefahr und ertrinken. Das Mittelmeer wird zum Grab. Wovon wird das Land verdorben, von Menschen?” Georgiadis bestand darauf: “Ganz sicher. Es wird offensichtlich verdorben.” “Die gruselige Aussage des Wirtschaftsministers Adonis Georgiadis über einen [postulierten] Versuch, die Bevölkerung zu verderben, ist rassistisch, ohne Geschichtsbewusstsein, aber auch äußerst gefährlich, vor allem während gleichzeitig in der Ägäis eine Flüchtlingsrettung durchgeführt wird. Georgiadis enthüllt seine tiefgreifende Verachtung des menschlichen Lebens “, kommentierte der SYRIZA-Sprecher Alexis Charitsis. Charitsis fügte hinzu, “Aber ist es Herr Mitsotakis, der endlich Stellung beziehen muss: Ist er mit der konkreten Aussage seines Ministers und des Vizepräsidenten der Neuen Demokratia einverstanden? Wann werden wir den heimischen Orban in die Schranken verwiesen sehen? Und vor allem: Sollen Flüchtlinge in der Ägäis gerettet werden oder ist es die Politik seiner Regierung, sie ertrinken zu lassen?” (…) Am Sonntagmorgen lieferte sich Georgiadis, dessen Medienpräsenz rund um die Uhr eines seiner Erkennungszeichen ist, im Sender Skai TV ein Rededuell mit dem früheren SYRIZA Vize-Minister für Verteidigung Panos Rigas. Zunächst verteidigte Georgiadis seine Einschätzung, dass der griechischen Bevölkerung seiner Ansicht nach eine Überfremdung drohe. Er bestand darauf, dass es ein erstrebenswertes und patriotisches Ziel seiner Partei sei, dass Griechenland auch in einem Jahrhundert noch ein mehrheitlich zur Orthodoxen Kirche gehörendes Land sei. Dementsprechend, so argumentierte Geogiadis, würden die überwiegend moslemischen Einwanderer und Flüchtlinge eine Gefahr darstellen. Dies sei als Sorge über die Zukunft des Landes und die Erhaltung der Traditionen zu sehen, und keineswegs als rassistisch motivierte Herabwürdigung anderer Kulturen. Darüber hinaus gab Georgiadis den Flüchlingsschleusern die Schuld an den Todesfällen…” Artikel von Wassilis Aswestopoulos vom 13. Januar 2020 bei telepolis - Griechenland: Vorbei die Zeiten der Solidarität. Die Stimmung ist komplett gekippt: Kein Willkommen mehr für Flüchtlinge
“Die Situation für Flüchtlinge und Migranten in Griechenland hat sich in den letzten Monaten dramatisch geändert. Am 18. Dezember 2019, dem internationalen Tag der Migranten, befanden sich 41.363 Asylbewerber auf den griechischen Inseln. Ende April 2019 waren es nach offiziellen Angaben weniger als 15.000. Eine in der vergangenen Woche erfolgte Meinungsumfrage zeigte, dass 55 Prozent der Griechen nicht mit der Asylpolitik der Regierung einverstanden sind. Die Umfrage stellt nicht klar, in welche Richtung die Politik gehen sollte. Allerdings zeigen zahlreiche Indizien auf, dass die Stimmung im Land komplett gekippt ist. Vorbei die Zeiten, als sich eine Mehrzahl der Griechen solidarisch zeigte. (…) Niemand möchte ein Flüchtlingslager in seinem Bezirk haben. Ähnlich wie Premierminister Kyriakos Mitsotakis innerhalb der Europäischen Union vergeblich um die Solidarität seiner Amtskollegen und die Aufnahme von großen Kontingenten von Asylbewerbern bettelt, reagieren auch seine eigenen Parlamentarier, wenn es um ihren Wahlbezirk geht. (…) Nach internationalem Recht illegale Push-Back Aktionen, wie sie Anfang Dezember vom Spiegel mit einem geleakten Video belegt wurden , sind für die Anhänger der Regierungspartei kein Makel, sie wünschen sich vielmehr, dass diese Aktionen in größerem Maß und systematischer durchgeführt würden. Bei den Push-Back-Aktionen, über die es bereits während der Regierungszeit von Alexis Tsipras vereinzelte Berichte in griechischen Medien gab, werden in Griechenland aus der Türkei ankommende potentielle Asylbewerber zunächst durch Beschlagnahme ihrer Habe mittellos gemacht und dann wieder in die Türkei gebracht. Die ankommenden Menschen haben während der gesamten, oft mit Gewalt verbundenen Aktion, keine Gelegenheit, einen Asylantrag zu stellen. Diese Aktionen finden in Gebieten statt, in denen neben der griechischen Polizei, der griechischen Wasserschutzpolizei und dem griechischen Militär auch Frontex tätig ist. Noch 2015 hätte das Bekanntwerden solcher Aktionen einen öffentlichen Aufschrei hervorgerufen. Damals war das vorherrschende Narrativ der Schutz der Menschen und die Bewältigung einer von Tsipras oft zitierten “humanitären Krise”. (…) Die Regierung möchte nun zumindest die Landgrenze zur Türkei möglichst dicht machen. Zu diesem Zweck wird ein neuer Zaun mit Stacheldraht entlang der Grenze, aber auf griechischem Gebiet installiert. Sinn ist es offenbar, diejenigen, die es über den vor allem im Winter gefährlichen Grenzfluss Evros nach Griechenland schaffen, im Niemandsland vor dem Zaun gefangen zu halten, so dass außer einer freiwilligen Rückkehr in die Türkei, keine weitere Option bleibt. In der unwirtlichen Gegend kommen durch die Witterungsbedingungen immer wieder Asylbewerber ums Leben. Zuletzt wurden am 7. Dezember zwei junge erfrorene Frauen gefunden. Die Bewohner der Grenzdörfer wehren sich dagegen, dass sie außer dem Zaun zusätzlich noch einen neuen, geschlossenen Hotspot für Asylbewerber bekommen sollen…” Artikel von Wassilis Aswestopoulos vom 22. Dezember 2019 bei telepolis - Europas Gefängnisinsel Samos: Griechenland baut Haftlager für Flüchtlinge – Helfer sind entsetzt
“Auf der griechischen Insel Samos harren Tausende Asylbewerber in nassen und kalten Zelten aus. Schon bald sollen viele von ihnen in ein geschlossenes Lager hinter hohe Mauern und Stacheldraht umziehen. (…) Die Insel Samos dürfen sie nicht verlassen, so wie alle Flüchtlinge, über deren Asylantrag noch nicht entschieden ist. Regnet es, dringt das Wasser ins Zelt, nachts frieren alle drei. Mit dem ersten Regen kam auch Raghads Husten. Im Lager gibt es nur einen Arzt, für mehr als 7000 Menschen. Nachts schlafen die Flüchtlinge vor seiner Praxis, werden häufig trotzdem nicht untersucht. Krankheiten breiten sich im Camp aus, ein Großteil der Flüchtlinge ist traumatisiert, immer wieder brechen Proteste aus; Hunderte Ratten rascheln durch den Müll. Die Gesichter vieler Kinder sind von Insektenbissen übersät. Immer wieder brechen im Camp Brände aus, weil Bewohner Feuer entfachen, um Zelte zu heizen oder Tee zu kochen. Das wilde Zeltlager von Samos, am Rande Europas, diese Schande für den ganzen Kontinent, wächst immer weiter, denn seit dem Frühsommer kommen wieder mehr Flüchtlinge in Griechenland an. Mehr als 40.000 sitzen derzeit auf den fünf Hotspot-Inseln Leros, Chios, Kos, Lesbos und Samos fest, so viele wie noch nie. Was die griechische Regierung für die Lösung hält, konstruieren Bauarbeiter fünf Kilometer entfernt, hinter einem Berg auf der anderen Seite der Bucht. Hier gibt es keine Häuser, keine Läden, soweit das Auge reicht. Kräne wuchten riesige Metallteile in die Luft, Bagger heben den Boden aus und errichten eine drei Meter hohe Mauer aus Beton. Obendrauf Stacheldraht. “Im Nato-Style”, ruft einer der Arbeiter. Die Mauer wird ein Haftlager schützen, das neue Flüchtlingsgefängnis Europas. Bereits im Januar könnte es fertig werden. Alle Asylbewerber, die in Samos ankommen, sollen zunächst für bis zu 25 Tage hier untergebracht werden. Später sollen wohl Flüchtlinge mit guten Asylchancen das Lager tagsüber verlassen dürfen. In Ausnahmefällen kann die Haft jedoch um weitere 100 Tage verlängert werden, für Flüchtlinge, die abgeschoben werden sollen, sogar um 18 Monate. (…) Juristen haben auch rechtliche Bedenken. “Die geplante Inhaftierung der Asylbewerber ist weder mit EU-Recht noch mit der Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar”, sagt Catharina Ziebritzki, Research Fellow am Max-Planck-Institut in Heidelberg. Nach EU-Recht müsse im Einzelfall geprüft werden, ob ein Haftgrund vorliege. Die Haft dürfe zudem nur als letztes Mittel angewandt werden und müsse verhältnismäßig sein. Ziebritzkis Fazit: “All diese rechtlichen Standards wären im Fall der Einführung systematischer Inhaftierung in den EU-Hotspots verletzt.” Die griechische Regierung sieht das anders…” Reportage von Giorgos Christides, Steffen Lüdke und Gianmarco Maraviglia (Fotos) vom 21.12.2019 beim Spiegel online - Nach SPIEGEL-Bericht über mutmaßliche Pushbacks: EU-Kommission setzt griechische Behörden unter Druck
“Die EU-Kommission fordert die griechischen Behörden auf, die Pushback-Vorwürfe gegen sie zu untersuchen. “Wir erwarten von den griechischen Behörden, dass sie die Berichte prüfen und die Europäische Kommission auf dem Laufenden halten”, sagte ein Sprecher der Kommission dem SPIEGEL. (…) Pushbacks sind illegale Abschiebungen von schutzsuchenden Migranten. Sie verstoßen gegen das Völkerrecht und verletzten sowohl die EU-Grundrechtecharta als auch die Genfer Konvention – unter anderem weil den Migranten kein Zugang zu einem Asylverfahren gewährt wird. Der Sprecher der griechischen Polizei hatte angegeben, von den mutmaßlichen illegalen Abschiebungen keine Kenntnis zu haben, es gebe keinen Grund, die Vorwürfe weiter zu verfolgen. Laut dem Sprecher der Kommission stehe diese mit den griechischen Behörden in enger Verbindung, um sicherzustellen, dass die griechischen Behörden sich bei der Ausübung ihres Grenzmanagements an geltendes EU-Recht hielten. Der Grenzschutz müsse so ausgeübt werden, dass die Menschenwürde uneingeschränkt gewahrt bleibe, heißt es. Der Zugang zu Asylverfahren müsse zudem im Einklang mit EU-Recht ebenfalls gewährleistet sein. Auch zahlreiche deutsche und griechische Politiker sowie Menschenrechtsorganisationen drängen auf eine Untersuchung und verurteilten die mutmaßliche griechischen Abschiebungen. (…) Am Samstag verkündete der griechische Migrationsminister Giorgos Koumoutsakos stattdessen, dass seine Regierung die Kontrollmaßnahmen am Evros substanziell ausbauen werde. Am Fluss sollen Wärmebildkameras und Stacheldraht an zahlreichen Stellen installiert werden, dazu sollen die Luftüberwachung gestärkt und die Patrouillen zu Land und zu Wasser ausgeweitet werden…” Beitrag von Giorgos Christides, Steffen Lüdke und Maximilian Popp vom 14. Dezember 2019 beim Spiegel online- Pushbacks an EU-Grenze: Videos zeigen mutmaßlich illegale Abschiebung von Migranten“Schaffen maskierte Einsatzkräfte im Auftrag Griechenlands heimlich Migranten zurück in die Türkei? (…) Immer wieder hat die griechische Regierung bestritten, an der Landgrenze zur Türkei illegale Pushbacks durchzuführen. Man schaffe keine Schutzsuchenden am Grenzfluss Evros zurück in die Türkei, ohne ihnen ein faires Asylverfahren gewährt zu haben, hieß es – auch wenn zahlreiche Flüchtlinge genau das über Jahre hinweg behaupteten. Jetzt zeigen Videos, die dem SPIEGEL zugespielt wurden und die das Recherchekollektiv Forensic Architecture ausgewertet hat, zum ersten Mal einen solchen mutmaßlichen Pushback am Evros. Sechs aktive und ehemalige Polizisten und Soldaten schilderten dem SPIEGEL zudem übereinstimmend, dass Pushbacks am Evros systematisch durchgeführt würden. (…) Pushbacks sind ein Verstoß gegen das Völkerrecht, sie verletzten sowohl die EU-Grundrechtecharta als auch die Genfer Konvention – vor allem aus zwei Gründen: Schutzsuchende haben das Recht auf ein ordentliches Verfahren, in dem festgestellt wird, ob sie internationalen Schutz benötigen. Sie dürfen nicht gegen ihren Willen in ein Land zurückgeführt werden, in dem ihre Sicherheit nicht garantiert ist. Dieses sogenannte Refoulement-Verbot oder Prinzip der Nichtzurückweisung ist ein Grundsatz des internationalen Völkerrechts zum Schutz von Flüchtlingen. Auch eine kollektive Ausweisung ohne eine Einzelfallprüfung des Asylanspruches ist illegal. (…) Das Uno-Flüchtlingshilfswerk UNHCR und der Europarat nannten diese Berichte glaubwürdig und konsistent. Auf der griechischen Insel Samos sprach der SPIEGEL mit einem 28-jährigen palästinensischen Asylbewerber, der nach eigenen Angaben von griechischen Beamten oder deren Helfern in die Türkei deportiert worden ist. Es seien maskierte Männer gewesen, die ihn zurückgebracht hätten, sagte der Palästinenser. Zuvor seien ihm nach der Festnahme die Schnürsenkel und sein Handy abgenommen worden. In der dritten Nacht seiner Gefangenschaft habe die griechische Polizei sie in einen Truck geladen und zum Ufer des Evros gefahren. Zwei maskierte Männer hätten ein Schlauchboot gelenkt und ihn und die anderen Migranten auf die türkische Seite gebracht…” Beitrag von Giorgos Christides, Steffen Lüdke und Maximilian Popp vom 12. Dezember 2019 beim Spiegel online
- Eine (nicht ganz so heimliche) Offensive gegen Fluchthilfe in Griechenland trifft auf Widerstand – Petition für die Freilassung Salam Aldeens
„Gestern wurde Salam Aldeen, Gründer der dänischen Hilfsorganisation Team Humanity, auf Lesvos festgenommen. Er hatte in den vergangenen Wochen im überfüllten Lager Moria geholfen. Fordere jetzt mit uns seine Freilassung!“ – so ein Tweet von iuventa 10 am 12. Dezember 2019 auf ihrem Kanal über den jüngsten Angriff der griechischen Rechtsregierung auf die UnterstützerInnen jener Flüchtlinge, die sie am liebsten alle einsperren möchte. In dem Thread zu diesem jüngsten Angriff werden auch weitere solche Aktionen, vor allem eben aus Griechenland (aber nicht nur) angeführt, die alle Menschen betreffen, die helfen wollen – und es auch tun. Was ja in allen EU-Staaten faktisch unter Strafe gestellt wird. Siehe dazu auch einen weiteren Bericht über das Vorgehen der griechischen Regierung und den Link zu der Petition für die Freilassung Salam Aldeens:- „Ask the Greek Government to RELEASE refugees’ activist Salam Aldeen NOW and NOT DEPORT HIM“ seit dem 11. Dezember 2019 bei Change.org ist die Petition für die Freilassung Aldeens, die in den 2 Tagen knapp 2.500 Menschen unterzeichnet haben.
- „Videos zeigen mutmaßlich illegale Abschiebung von Migranten“ von Giorgos Christides, Steffen Lüdke und Maximilian Popp am 12. Dezember 2019 bei Spiegel online berichtet unter anderem: „… Das Material besteht aus insgesamt elf Videos. Auf Bildern einer Überwachungskamera, die auf der türkischen Seite des Evros angebracht ist, sind maskierte Männer in teilweise militärisch anmutender Kleidung ohne Hoheitszeichen zu sehen. Sie transportieren Gruppen von Menschen von der griechischen Seite des Grenzflusses auf die türkische Seite. Gruppe für Gruppe werden die Menschen in einem kleinen motorbetriebenen Schlauchboot auf der türkischen Seite der Grenze abgesetzt. Auf den Bildern ist allerdings nicht zu sehen, wie die maskierten Männer die Mitte des Flusses, also die Grenze zwischen den beiden Staaten, überqueren. Die Menschen sprechen verschiedene Sprachen, darunter offenbar unter anderem Paschtunisch, eine Sprache, die in Afghanistan und Pakistan gesprochen wird. Mit einiger Wahrscheinlichkeit handelt es sich bei ihnen um Migranten, die den Evros heimlich überquert haben, um in Europa Asyl zu beantragen. So machen es viele Flüchtende, die in den vergangenen Jahren über die östlichen Migrationsrouten nach Griechenland gelangt sind. (…) Die maskierten Männer im Video können nicht identifiziert werden. Mehrere Indizien sprechen allerdings dafür, dass sie zu griechischen Behörden gehören oder in deren Auftrag handeln…“
- Migranten hinter Gittern: Griechenland plant geschlossene Lager
“Die neue Regierung stellt ihren Masterplan Migration vor. Überfüllte Flüchtlingslager auf Lesbos sollen durch Internierungslager ersetzt werden. Wie im Wahlkampf versprochen, will Kyriakos Mitsotaki, Chef der griechischen Konservativen das Asylrecht verschärfen. Migranten „sollen einsehen, dass sie ihr Geld nur verlieren, wenn sie es Menschenschmugglern anvertrauen“, mahnte Regierungssprecher Stelios Petsas am Mittwoch in Athen. (…) Unter anderem sieht der Masterplan der Regierung Mitsotakis folgendes vor: Das hoffnungsvoll überfüllte Flüchtlingslager von Moria auf der Insel Lesbos soll geschlossen werden. Abgeschafft wird auch das Camp von Samos nahe der Inselhauptstadt Vathy, das seit Jahren aus allen Nähten platzt und mittlerweile als „zweites Moria“ bezeichnet wird – wegen der unmenschlichen Bedingungen, die dort herrschen. Die 5.000 Menschen, die derzeit in den Camps verharren, werden vorerst in Hotels untergebracht. Künftig sollen auf den Inseln der Ost-Ägäis aber neue, geschlossene Flüchtlingszentren entstehen, vermutlich so etwas wie Internierungslager. (…) Anscheinend will die neue Athener Regierung Migranten wieder einsperren lassen und dadurch Teile der Bevölkerung beschwichtigen, die gegen die jetzige Situation protestieren. Denn vor allem auf den Inseln Lesbos und Samos klagen Anwohner über die Dauerpräsenz der Geflüchteten vor der eigenen Haustür. Experten warnen allerdings vor neuen Missständen. Bei allen Problemen, die heute auf den griechischen Inseln herrschen, bekommen Migranten immerhin die Gelegenheit, zumindest für ein paar Stunden dem Chaos in den Camps zu entkommen und etwa einen Spaziergang in eine nahe gelegene Stadt oder ans Meer zu unternehmen. Würde das Verlassen der Flüchtlingslager verboten, könnten Frustration und Gewaltbereitschaft in geschlossenen Camps deutlich zunehmen. Schon heute kommt es gelegentlich vor, dass verschiedene Nationalitäten, etwa Syrer und Afghanen, in Moria oder in anderen Camps aneinander geraten…” Artikel von Jannis Papadimitriou vom 20. 11. 2019 bei der taz online , siehe dazu auch:- Die neue Regierung stellt ihren Masterplan Migration vor. Überfüllte Flüchtlingslager auf Lesbos sollen durch Internierungslager ersetzt werden.
“Die griechische Regierung will drei überfüllte Flüchtlingslager auf den ostägäischen Inseln schließen – und durch neue, geschlossene Zentren ersetzen. Die neue Regelung soll auch Signalwirkung haben. Griechenland will die drei größten Flüchtlingslager auf den griechischen Inseln der Ostägäis schrittweise schließen. Die deutlich überfüllten Lager auf Lesbos, Chios und Samos sollten durch neue Einrichtungen mit Aufnahmekapazitäten von je mindestens 5000 Menschen ersetzt werden, teilte die Regierung in Athen mit. Regierungssprecher Stelios Petas sprach von “Identifikations- und Abreisezentren”. Geplant seien Containerhäuser mit fließendem Wasser, sanitären Anlagen und Strom. In ihnen werden den Plänen zufolge jene Migranten untergebracht, die keine Aussicht auf Asyl haben und zurück in die Türkei oder ihre Herkunftsländer gebracht werden sollen. Entstehen sollen geschlossene Lager, die die Migranten nicht verlassen dürfen…” Beitrag vom 20.11.2019 bei tagesschau.de
- Die neue Regierung stellt ihren Masterplan Migration vor. Überfüllte Flüchtlingslager auf Lesbos sollen durch Internierungslager ersetzt werden.
- Push-Backs in die Türkei: Griechenland soll 60.000 Migranten illegal abgeschoben haben
“Menschenrechtler und die Türkei beschuldigen Griechenland, Migranten und Flüchtlinge illegal abzuschieben. (…) Seit Jahren beschuldigen Menschenrechtsorganisationen und Anwälte griechische Behörden, Migranten am Grenzfluss Evros illegal in die Türkei abzuschieben. Der SPIEGEL hat nun türkische Dokumente erhalten, darunter auch die Aufzeichnungen der Polizisten über den Vorfall am 3. November. Diese legen nahe, dass Griechenland im großen Stil illegale Push-Backs an der Grenze zur Türkei durchführt. (…) Das türkische Material umfasst Fallberichte und Interviewprotokolle. Zudem Fotos, die angeblich Migranten zeigen sollen, die von griechischen Behörden misshandelt wurden. Dazu enthält es bisher unveröffentlichte Daten, die vom türkischen Innenministerium zusammengestellt wurden. Diesen Daten zufolge hat Griechenland in den zwölf Monaten vor dem 1. November 2019 insgesamt 58.283 Migranten zurückgeschafft. (…) Die griechischen Behörden weisen die türkischen Vorwürfe zurück. Es gebe keine Push-Backs, teilte ein Sprecher des griechischen Ministeriums für Bürgerschutz auf Anfrage mit. Bisher haben griechische Behörden nur wenige der Beschwerden überprüft – und fanden demnach keine Beweise für Fehlverhalten. Nicht nur türkische Behörden sprechen allerdings von systematischen illegalen Abschiebungen: Menschenrechtler werfen Griechenland und anderen europäischen Staaten an der Außengrenze schon seit Jahren Push-Backs vor und dokumentieren diese. Auch in der griechischen und internationalen Presse wird immer wieder über einzelne Vorfälle berichtet (…). Der Europarat spricht von “glaubwürdigen Anschuldigungen”, und auch das Flüchtlingshilfswerk der Uno zeigte sich bereits besorgt…” Beitrag von Giorgos Christides und Steffen Lüdke vom 13. November 2019 beim Spiegel online
- „Empören und Wegschauen“: verschärftes Asylgesetz
“Am frühen Morgen des 1. November 2019 beschloss das griechische Parlament ein neues Asylgesetz. Viele Menschenrechts- und Geflüchtetenschutzorganisationen kritisieren dieses Gesetz scharf. So schrieb die UN-Organisation für Geflüchtete UNHCR u.a. folgendes: Die UNHCR sei wegen des Gesetzes besorgt, weil es den Schutz der Geflüchteten schwäche. Es belaste Asylsuchende exzessiv und fokussiere auf Strafmaßnahmen. Wenn ein Asylsuchender z.B. bestimmte Formalitäten des Asylverfahrens nicht einhalte, werde sein Asylgesuch abgelehnt. Das Gesetz beschränke das Recht zur Familienzusammenführung. Z.B. werde die Definition eines „Familienmitglieds eingeschränkt: Nur wer vor der Flucht aus dem Heimatland schon Familienglied war, gelte als solches. D.h. z.B. dass ein nach der Flucht geborenes Kind nicht als Familienmitglied zähle. Nach dem Gesetz dürfen Geflüchtete in Zukunft 18 Monate (statt wie bisher 3 Monate) inhaftiert werden. (Hier die Stellungnahme des UNHCR ) (…) Dass mehr Flüchtlinge und Migranten kommen, sei aber noch lange kein Grund, sie im Schnellverfahren abzufertigen, kommentiert Karin Senz. Der einzelne Mensch gehe so verloren. Bei der Flüchtlingskrise zeigt sich eines ziemlich deutlich: Es ist möglich, ein Thema im Fokus zu haben und trotzdem wegzuschauen.“” Beitrag von Georg Brzoska vom 1. November 2019 bei Griechenlandsoli
- Verschärfte Migrationspolitik – Griechenland will Flüchtlinge in die Türkei zurückschicken / griechische Regierung plant die Abschiebung von Migranten in Drittstaaten
“Die griechische Regierung reagiert mit einer Verschärfung ihrer Migrationspolitik auf den tödlichen Brand in einem Flüchtlingslager auf Lesbos. Sie kündigte nach einer Krisensitzung die Rückführung von 10’000 Geflüchteten in die Türkei bis Ende 2020 an. Zudem sollen geschlossene Lager für illegale oder abgelehnte Migranten errichtet werden. Bei dem Brand im Flüchtlingslager Moria vom Sonntag war mindestens eine Frau ums Leben gekommen. (…) Die Vereinten Nationen drängten derweil die Regierung in Athen, die Lage in Moria in den Griff zu bekommen. Die Überführung von Geflüchteten auf das griechische Festland müsse «beschleunigt», die Lebensbedingungen müssten «verbessert» werden, sagte der Sprecher des UNO-Flüchtlingshilfswerks UNHCR. Moria ist für 3000 Menschen ausgelegt, allerdings leben rund 13’000 Geflüchtete in dem Lager. Das Lager hat sich über die Jahre zu einer Art Kleinstadt entwickelt. Die Zelte, in denen die Migranten wohnen, ziehen sich bis in die umliegenden Olivenhaine hinein. Ein Teil der Bewohner lebt in Containern. (…) Wer tausende Menschen in einer «ausweglosen Lage» festsetze, sei «mitverantwortlich», wenn die Lage eskaliere, erklärte die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl. Den Schutzsuchenden werde zum Teil über Jahre hinweg der Zugang zu einem fairen Asylverfahren verweigert.” Meldung vom 30. September 2019 beim SRF , siehe dazu:- Abschiebungen: Griechenland will sichere Drittstaaten für Flüchtlinge festlegen
“Die griechische Regierung plant die Abschiebung von Migranten in Drittstaaten. Das Vorbild sei der Vorstoß von Horst Seehofer für Bootsflüchtlinge aus Italien. (…) Eine entsprechende “umfassende Liste” werde in Kürze vorgelegt, sagte der Vize-Minister für Migration, Giorgos Koumoutsakos, der Süddeutschen Zeitung. Koumoutsakos kritisierte die linke Vorgängerregierung von Ex-Ministerpräsident Alexis Tsipras als zu nachgiebig. “Wir werden strenger sein”, sagte er. Asylbehörden sollen laut Koumoutsakos verstärkt werden, die Regierung in Athen erwarte aber auch mehr Hilfe von der EU…” Agenturmeldung vom 2. Oktober 2019 bei der Zeit online
- Abschiebungen: Griechenland will sichere Drittstaaten für Flüchtlinge festlegen
- Regierungsrat beschließt Maßnahmen für die Flüchtlingskrise – Mitsotakis’ Entscheidungen enttäuschen Anhänger und Gegner
“In Athen wurde am Samstag der ministerielle Rat für auswärtige Angelegenheiten und Verteidigung einberufen. Unter Premier Kyriakos Mitsotakis diskutierten Minister und führende Beamte darüber, wie die Regierung mit den Flüchtlingen auf den griechischen Ägäis-Inseln umgehen soll. Die Flüchtlingszahlen auf den griechischen Inseln steigen wieder. Offenbar hat die türkische Regierung ihre Drohung wahr gemacht und ist hinsichtlich der Kontrolle der Strände, von denen aus Flüchtlinge und Migranten von der Türkei nach Griechenland übersetzen, nachlässiger geworden. (…) Sehr zum Ärger der eigenen Wähler kann die Nea Dimokratia ihr Versprechen, die Grenzen zur Türkei hermetisch zu schließen, nicht halten. Die Regierung musste eingestehen, dass es ihr auch mit der Unterstützung der Frontex nicht möglich ist, die Gewässer vor den griechischen Inseln abzuriegeln. Das Ergebnis ist, dass die Flüchtlingslager auf den Inseln erneut hoffnungslos überfüllt sind. Der Regierungsrat beschloss daher einige Sofortmaßnahmen. • Anders als in der Vereinbarung zwischen der Europäischen Union und der Türkei eigentlich vereinbart, sollen Asylbewerber von den Inseln aufs Festland, in dortige Lager, gebracht werden. In der Nähe der nordgriechischen Stadt Kilkis wird bereits ein Lager für die neu Ankommenden vorbereitet. Die Regierung von Alexis Tsipras hatte sich immer darauf berufen, dass so etwas erst nach Abschluss des Asylverfahrens möglich sei. (…) Die Grenzüberwachung soll verstärkt werden. Die Regierung plant eine Investition von 50 Millionen Euro in neue Technologien, wie thermische Kamerasysteme und Drohnen. Die Regierung möchte die Einspruchsmöglichkeit für Bewerber beim Asylverfahren abschaffen. Wenn die erste Instanz des Asylverfahrens über den Antrag einer Person ablehnend entschieden hat, soll diese umgehend ins Heimatland abgeschoben werden. In diesem Zusammenhang sieht die Regierung auch bei der Türkei Versäumnisse. Im gesamten Land sollen die Polizeikontrollen verstärkt werden. Die Regierung weist darauf hin, dass die Vorgängerregierung unter Tsipras zu wenige Kontrollen durchgeführt habe. (…) Die von der Flüchtlingskrise betroffenen Inseln, wie Lesbos, sollen mehr medizinisches Personal zugeteilt bekommen. Auf die Entscheidung, Asylbewerbern die Widerspruchsmöglichkeiten gegen eine ablehnende Entscheidung in erster Instanz zu verweigern, reagierte Amnesty International mit “erster Sorge”…” Artikel von Wassilis Aswestopoulos vom 01. September 2019 bei telepolis
- Grundrechte sind keine Ehrenauszeichnung: Drei Migranten retten Griechen das Leben und erhalten dafür die Staatsbürgerschaft / Wer Geflüchtete rettet, wird kriminalisiert
“Staatsbürgerschaft bedeutet Zugang zu Grundrechten. Sie ist »das Recht, Rechte zu haben«, wie es die politische Theoretikerin Hannah Arendt ausdrückt. Staatsbürgerschaft ist keine Ehrenauszeichnung, die einem nur aufgrund besonderer Leistung zugedacht werden sollte. Genauso aber hat die griechische Regierung sie verwendet, als Präsident Prokopis Pavlopoulos drei migrantischen Fischern am 2. Januar die griechische Staatsbürgerschaft verlieh. Der Grund: Sie hatten vergangenen Juli Griechen aus dem Meer gerettet, die von schweren Waldbränden eingeschlossen und ins Wasser geflüchtet waren. Einen ähnlichen Fall hatte es im September in Frankreich gegeben. Der malische Migrant Mamoudou Gassama erhielt die französische Staatsbürgerschaft nachdem er mit bloßen Händen vier Stockwerke eines Wohnblocks hochgeklettert war, um ein Kind zu retten, das von einem Balkongeländer hing. Zum Vergleich: Die Schwestern Sarah und Yusra Mardini, letztere Olympiaschwimmerin, retteten 2015 auf ihrer Flucht aus Syrien 18 anderen Flüchtende vor dem Ertrinken. Stundenlang zogen sie ein schiffbrüchiges Schlauchboot schwimmend hinter sich her bis an die griechische Küste. Sarah Mardini, die in Berlin lebt, sich aber auf der griechischen Insel Lesbos stark in der Geflüchtetenhilfe engagiert, war monatelang in Griechenland unter fragwürdigen Vorwürfen in Haft und kam erst vergangenen Dezember auf Kaution frei. Der Unterschied: Die Menschen, welche die Schwestern Mardini retteten, und für die sich Sarah Mardini weiterhin einsetzt, waren keine Europäer*innen, sondern Geflüchtete…” Beitrag von Lou Zucker bei neues Deutschland vom 3. Januar 2019
- Flüchtlingshelferin in Griechenland: Sarah Mardini kommt gegen Kaution frei
“… Die syrische Flüchtlingshelferin und ehemalige Leistungsschwimmerin Sarah Mardini kommt nach mehr als drei Monaten in griechischer Untersuchungshaft gegen Kaution in Höhe von 5000 Euro frei. Das bestätigte ihr ehemaliger Trainer Sven Spannekrebs am Dienstag dem Tagesspiegel. “Ich habe heute mit Sarah telefonieren können”, sagte Spannekrebs. “Sie ist natürlich sehr glücklich.” Mardini war am 21. August auf der Insel Lesbos festgenommen worden, die griechische Justiz wirft der 23 Jahre alten Syrerin Menschenschmuggel, individuelle Bereicherung durch Spenden, Geldwäsche, Spionage und die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung vor. Ihr droht eine mehrjährige Haftstrafe. (…) Mardini soll in den nächsten ein bis zwei Tagen frei gelassen werden, sie darf Griechenland verlassen. “Das Nahziel ist natürlich, Sarah so schnell wie möglich nach Berlin zu holen”, sagte Spannekrebs. Demnach stellt das Bard College Berlin, an dem Sarah Mardini studiert, die Kaution zur Verfügung. Auch zwei weitere inhaftierte Flüchtlingshelfer kommen auf Kaution frei. Wann und ob es zu einem Prozess gegen die drei kommt, ist weiter unklar…” Meldung von Lars Spannagel vom 4. Dezember 2018 beim Tagesspiegel online
- Merkel macht Tsipras zum Horst
“In Berlin mag die deutsche Bundeskanzlerin unter Druck stehen. In Griechenland ist sie immer noch in der Lage, die komplette Regierungsmannschaft bloßzustellen. Im Rahmen der bilateralen Vereinbarungen Deutschlands mit EU-Mitgliedsstaaten über die Rücknahme von im Mitgliedsstaat registrierten Asylbewerbern hatte der griechische Premierminister Alexis Tsipras für Griechenland die entsprechende Zusicherung gegeben. Daheim in Athen verkündete der Premier stolz, dass im Gegenzug die Mehrwertsteuererhöhung auf den von der Flüchtlingskrise betroffenen Inseln vom Tisch sei. Dies gelte für die Dauer der Flüchtlingskrise, ließ Tsipras wissen. Aufmerksamen Beobachtern in Griechenland entging nicht, dass die avisierte großzügige Befreiung von der Steuererhöhung im entsprechenden Ministerlass eine ganz andere Begrenzung aufwies. Der am Tag nach Tsipras vollmundiger Ankündigung im Staatsanzeiger veröffentlichte Erlass hat eine Gültigkeit bis zum 31.12.2018. Umgehend erfolgte eine Stellungnahme aus dem Megaro Maximou, wie der Amtssitz des griechischen Premiers nach seinem Spender heißt. Die Begrenzung sei schlicht technischer Natur, der Rabatt werde von der Regierung alle sechs Monate verlängert, hieß es aus dem offiziellen Mund des Regierungssprechers. Die SYRIZA-Politiker schwärmten aus, um in den zahlreichen Talkshows im griechischen Fernsehen die neue Situation zu erklären und den Deal als großen Erfolg zu verkaufen. Denn eigentlich ist die – nach Angaben der Berliner Regierung – innerhalb von 48 Stunden zu erfolgende Rücksendung von nach Deutschland gelangten und vorher in Griechenland registrierten Asylbewerbern nicht das, was Tsipras seit Jahren als sein Ziel propagiert. Zusammen mit einer als Anerkennung für die mit hoffnungslos überbelegten Hotspots belasteten Inseln gedachten finanziellen Entlastung wollte Tsipras sein Nachgeben gegenüber Merkel in einen kleinen Erfolg ummünzen. Viele Griechen empfanden dies als schlechten Deal. Für die der Migration kritisch gegenüberstehenden Griechen war die Kompensation zu wenig, für die Anhänger der Willkommenskultur dagegen ein inhumanes Geschachere über das Schicksal von Menschen…” Beitrag von Wassilis Aswestopoulos vom 5. Juli 2018 bei Telepolis
- Die griechische Justiz mit Willkürakt pur: Auch nach dem Urteil werden die Angeklagten aus dem Lager Moria im Gefängnis festgehalten – darunter auch ein Freigesprochener
Ende April war der Prozess gegen die „Moria 35“ zu Ende gegangen – die seit 9 Monaten im Gefängnis gehalten wurden, wegen ihrer Proteste aus dem Sommer 2017, mit den „üblichen Vorwürfen“ wie Widerstand gegen die Staatsgewalt, Beleidigung von Polizeibeamten und anderes mehr. Und obwohl 32 der 35 Angeklagten nur wegen Beleidigung verurteilt werden konnten und drei ganz freigesprochen wurden, werden 26 von ihnen, darunter eben einer der freigesprochenen in verschiedenen Gefängnissen – einige auch in Athen – weiterhin fest gehalten – und sieben von ihnen sollen nun in die Türkei abgeschoben werden – und von dort aus zurück in die Länder, aus denen sie geflohen sind. In dem Bericht „Moria35 Update – 26 of the 35 remain detained – 7 face imminent deportation“ am 08. Mai 2018 bei Enough is Enough werden auch Polizei- und Gefängnisadressen für Proteste gegen diese Vorgehensweise angegeben. Siehe dazu auch einen Beitrag zum eigentlichen Urteil im Moria 35 Prozess:- „Moria 35 Trial Ends in Conviction of 32 – But After 9 Months of Unjust Detention, the 35 will Finally be Free!“ am 28. April 2018 beim Lesbos Legal Centre war ein Artikel unmittelbar nachdem das Urteil bekannt gegeben wurde – in dem, wie die Überschrift zeigt, noch von einer normalen Prozedur ausgegangen wurde, also, dass die Angeklagten zu mindestens frei kommen würden, womit die Anti-Migranten Justiz wieder einmal in ihrer Willkür unterschätzt wurde. In dem Artikel wird auch deutlich gemacht, dass der Prozessverlauf auch zum Ergebnis hatte, dass Ermittlungen gegen die bei der Niederschlagung der Proteste im Lager beteiligten Polizeikräfte aufgenommen werden mussten – und zwar sowohl wegen deren Vorgehen jenseits legaler Bestimmungen, als auch wegen ihrer offensichtlich fragwürdigen Aussagen bei den Ermittlungen gegen die 35.
- Prozess in Griechenland: Freispruch für spanische Flüchtlingshelfer
“Drei spanische Feuerwehrleute waren als Flüchtlingshelfer vor der Insel Lesbos im Einsatz. Dafür drohten ihnen zehn Jahre Haft. Doch ein griechisches Gericht entschied anders. Die Feuerwehrleute aus Südspanien müssen weder ins Gefängnis – ihnen drohten zehn Jahre Haft – noch eine Geldstrafe zahlen. Nach Ansicht des Gerichts auf Lesbos haben die Feuerwehrmänner aus Nächstenliebe gehandelt und wollten keine Menschen nach Europa schmuggeln – so wie es ihnen die griechische Staatsanwaltschaft vorgeworfen hatte. Auch zwei dänische Flüchtlingshelfer sprach das Gericht frei…” Bericht von Oliver Neuroth vom 07.05.201 bei tagesschau.de
- Lesbos: Tausende Griechen protestieren gegen Flüchtlingspolitik
“Tausende Menschen haben auf der griechischen Insel Lesbos für Lösungen in Migrationsfragen protestiert. Zwischen den rund 2500 Demonstranten kam es laut Augenzeugen zu Rangeleien, die Polizei setzte Tränengas ein. Mehrere Protestteilnehmer hatten zuvor versucht, einen Polizeibus umzuwerfen. Die Aktionen richteten sich direkt gegen die Migrationspolitik der EU – auf Lesbos befinden sich derzeit 8849 Migranten, die Flüchtlingslager der Insel sind überfüllt. Anlass der Proteste war ein Besuch von Regierungschef Alexis Tsipras am Donnerstagabend. In seiner Rede betonte er, es sei nicht leicht mit dem Flüchtlingszustrom fertig zu werden...” Bericht vom 03.05.2018 beim Spiegel online
- Prozess gegen Flüchtlingshelfer: Er rettete tausende Menschen aus dem Mittelmeer – jetzt drohen ihm zehn Jahre Knast
“Auf der griechischen Insel Lesbos gilt Salam Aldeen als Legende: Mehrere tausend Menschen soll der irakischstämmige Däne aus dem Mittelmeer gerettet haben. Doch die griechische Justiz will ihn nun ins Gefängnis stecken – wegen angeblichen Menschenhandels. Am 7. Mai beginnt der Prozess. (…) Monatelang engagierte sich Aldeen auf Lesbos, doch in einer Nacht im Januar 2016 änderte sich alles. In jener Nacht sei ein Notruf via Whatsapp eingegangen, so erzählt Aldeen es heute, er und seine Crew hätten sich mit dem Rettungsboot sofort ins Wasser aufgemacht. Zwei überfüllte Boote seien liegengeblieben und vom Kentern bedroht, so habe es in der Whatsapp-Nachricht eines Flüchtlings geheißen. Allein: Aldeen und seine Helfer fanden die Boote nicht. Die Ortsmarke aus der WhatsApp-Nachricht war nur ungenau. Immer weiter fuhr das Rettungsschiff auf die See hinaus – bis es plötzlich von einem Boot der griechischen Küstenwache angehalten wurde. Aldeen und seine Crew wurden verhaftet. Der Vorwurf: Menschenschmuggel. Sie sollen versucht haben, Flüchtlinge aus der Türkei nach Griechenland zu bringen. Zwar haben die Helfer keine Flüchtlinge an Bord genommen und sind auch nicht in türkische Hoheitsgewässer eingefahren. Doch nach griechischem Recht ist schon der Versuch des Menschenschmuggels strafbar – und was als „Versuch“ gilt, entscheiden im Zweifelsfall die Behörden. Zwar existiert eine UN-Vorgabe, dass Helfer nicht wegen Menschenschmuggels belangt werden dürfen, wenn sie Leben retten. Verbindlich für die Mitgliedsstaaten ist diese Vorgabe aber nicht. (…) Am 7. Mai beginnt der Prozess gegen ihn, laut „Team Humanity“ drohen ihm bis zu zehn Jahre Haft. Aldeen könnte sich irgendwo in der EU verstecken, aber er will zur Gerichtsverhandlung nach Griechenland reisen. Denn wenn es ein Verbrechen sei, Leben zu retten, sagte Aldeen bei der Heinrich-Böll-Stiftung, „dann bin ich ein Verbrecher.“ .” Beitrag von Florian Reiter vom 1. Mai 2018 bei Focus online
- Polizei marschiert auf: Gegen Flüchtlingsproteste in griechischen Lagern
Am Samstag, 09. September 2017 führten 350 Polizisten eine Razzia im Lager Moria auf Lesbos durch – das nach den Protesten dort zu einer Art besonderem „hot spot‘“ geworden ist: Für Polizeirepression. Am Montag, also zwei Tage später dann eine Polizeirazzia im Lager Souda auf Chios. Während auf Samos neue Proteste im Lager organisiert wurden. Der Bericht „#RefugeesGR: Cops Raided #Souda Camp on #Chios – Protests on #Samos“ am 11. September 2017 bei Enough is Enough macht deutlich, worin – neben arroganter und rassistischer Polizeipraxis – ein wesentlicher Grund dafür besteht, dass diese Proteste trotz allen ‚Polizeieinsatzes nicht aufhören: Das Lager auf Samos, für 700 Menschen geplant, hält jetzt über 2.500 Menschen fest.
- Neue Proteste auf Lesbos: Demonstration aus dem Lager
Am 28. August 2017 demonstrierten über 100 Insassen des Lagers Moria vom Camp nach Mytilene, wo sie in der Stadtmitte eine Protestkundgebung abhielten und über Nacht ein eigenes Protestcamp organisierten. Unter ihnen waren auch Teilnehmer des kürzlich organisierten Hungerstreiks im Lager (siehe die Berichterstattung im Dossier). Bei den im Lager Gefangenen handelt es sich um Menschen, die oft schon weit über ein Jahr dort festgehalten werden, was einer der Gründe dafür ist, dass sich hier ein regelrechtes Zentrum von Flüchtlingsprotesten entwickelt hat. In dem Bericht „RefugeesGR in Moria: Enough is Enough!“ am 29. August 2017 bei Enough is Enough (mit Bildern und Videos) wird unterstrichen, die örtliche Polizei habe den Platzbesetzern – meist Flüchtlinge aus Afghanistan – die gewaltsame Räumung angedroht. Siehe dazu auch einen Bericht über einen weiteren Protest in Griechenland:
- „Refugee Women in Greece Struggle to Access Contraception“ von Zoe Holman am 27. August 2017 bei Truthout ist ein Bericht über eine geflüchtete Frau aus Syrien, die während ihres beinahe jahrelangen Aufenthalts in einem Lager in der Nähe von Athen ungewollt schwanger wurde. Sie hat damit begonnen, für die Forderung zu mobilisieren, dass geflüchtete Frauen Zugang zu Verhütungsmitteln bekommen – was eigentlich eine der kleinsten Selbstverständlichkeiten sein müsste, ist eben in der Festung EU stattdessen zu einem weiteren Abschreckungs- und Repressionsmittel geworden.
- Hungerstreik im griechischen Lager Moria nach 35 Tagen beendet
Bahrooz Arash und Kozhin Hussein, die beiden Hungerstreikenden innerhalb des Lagers auf Lesbos haben ihre Aktion nach 35 Tagen beendet, während der dritte Beteiligte, Arash Hampay, seinen Hungerstreik in der Ortsmitte fortsetzte. In einer Erklärung unterstützte Hampay das Ende der Aktion der beiden im Lager, weil eine Fortsetzung nur die Todesgefahr erhöht hätte – ein möglicher Tod, so Hampay, der jene, die sie verfolgten, nicht im Mindesten gerührt hätte. Sie alle seien keine Flüchtlinge, sondern Gefangene, unterstreicht er in seiner Erklärung vom 03. August 2017, die in dem Beitrag „#MoriaHungerStrike Ended: Outside Arash Hampay Continues!“ am selben Tag bei Enough is Enough dokumentiert ist. Sowohl die griechischen Behörden, als auch die internationalen Organisationen hätten sich des Verstoßes gegen alle diesbezüglichen Erklärungen ebenso schuldig gemacht, wie sie sich als Unterdrücker der Flüchtlinge betätigt hätten. Siehe dazu auch einen Beitrag über die Fortsetzung des Kampfes nach Beendigung des Hungerstreiks im Lager Moria:- „After #MoriaHungerStrike: The Struggle Continues!“ am 04. August 2017 bei Enough is Enough ist ein Beitrag über die Fortsetzung des Kampfes nach Ende des Hungerstreiks, der mit einem Aufruf zu einer Protestdemonstration vor dem Lager Moria am 5. August beginnt. Das Ziel aller Aktivitäten, so wird in dem Beitrag unterstrichen, sei es, die Freiheit der Menschen zu erringen, die illegal als Gefangene gehalten würden, denen alles genommen werde, sogar das Recht auf Protest…
- Der Hungerstreik im Lager Moria auf Lesbos geht weiter – die Solidaritätskampagne mit den Inhaftierten des 18. Juli wird stärker
Eine Solidaritätskampagne mit den 35 Menschen, die seit dem Polizeiüberfall auf die Proteste im Lager Moria am 18. Juli 2017 immer noch festgehalten werden, wird in ganz Griechenland organisiert, während die Zahl der Anzeigen gegen den Polizeiterror ebenfalls wächst. In dem Beitrag „#FreeTheMoria35 #Moria : Many #RefugeesGR Still Imprisoned After Clashes on July 18“ am 28. Juli 2017 bei Enough is Enough wird auf die unterschiedlichen Ergebnisse der Vernehmungen verwiesen – einige konnten mangels Übersetzung noch nicht einmal durchgeführt werden. Unterdessen wird der Hungerstreik der drei Aktivisten innerhalb und außerhalb des Lagers Moria auch an den Tagen 32 beziehungsweise 31 fortgeführt, ohne dass bisher die Behörden oder sonstige Verantwortliche auf die Forderungen in irgendeiner Weise eingegangen wären. Siehe dazu auch einen Beitrag, der sich mit der systematischen Gewalt der Europäischen Union gegen Flüchtlinge auseinandersetzt sowie die Vorstellung des Solidaritäts-Plakats, das nun im ganzen Land verbreitet wird:- „Deportation, self-harm and police violence: how the EU is condemning refugees to death“ am 30. Juli 2017 bei No Border Kitchen Lesvos ist ein ausführlicher Beitrag über die Systematik der tödlichen Gewalt gegen Flüchtlinge, wie sie die EU-Politik charakterisiert. Die Initiative, die die Notversorgung von Lager-Opfern organisiert, dokumentiert dabei anhand Fotos und Videos die Brutalität des Vorgehens der Polizei (etwa: Maskierte Steinewerfer in Uniform) – die aber nur eine von vielen Formen der EU-Gewaltpolitik darstelle – auch mehrere andere solcher Formen werden in diesem Beitrag „kritisch gewürdigt“ und dagegen zur Solidarität aufgerufen
- „#RefugeesGR: Poster With Information About #FreeTheMoria35 & #PetrouRalli“ am 29. Juli 2017 bei Enough is Enough ist die Vorstellung der Solidaritätskampagne anhand des dafür zentralen Plakats: #FreeTheMoria35
- Der Hungerstreik auf Lesbos geht weiter: Die alltägliche Polizeirepression, der Abschiebungsterror ebenfalls
Eine Erklärung von Arash Hampay, der sich seit 28 Tagen auf dem Mytilini-Platz in Moria auf Lesbos im Hungerstreik befindet – zusammen mit Kozhin Hussein und Bahrooz Arash, die seit 29 Tagen innerhalb des Lagers ihren Hungerstreik durchführen – ist in dem Beitrag „#RefugeesGR: Hunger Strike at #Moria Continues“ am 27. Juli 2017 bei Enough is Enough dokumentiert. Darin zieht er ein bitteres Ergebnis seiner eigenen Aktivitäten: Seine Fotosammlung – unter anderem über den Überfall von 200 Polizisten auf das Lager und die Deportationen nach Protesten – die er in sozialen Medien veröffentlicht, haben 20.000 Follower – von denen auf diese Dokumente gerade einmal 100 reagiert hätten. Er wisse, so schreibt er in dem Statement, dass er sich wiederhole – und gerade das sei das Problem, weil sich eben auch die Erfahrung der Unterdrückung und Demütigung jeden Tag wiederhole – und weil es genau das gewesen sei, was sie alle eigentlich in Europa nicht erwartet hätten… Siehe dazu auch eine Solidaritätserklärung gegen den Polizeiüberfall auf das Lager:- „Joint PR about the violent incidents in #Moria, #Lesvos“ am 26. Juli 2017 ebenfalls bei Enough is Enough ist eine gemeinsame Erklärung von 15 Organisationen zu dem Polizeiüberfall auf das Lager und dem Hungerstreik. Darin heben die unterzeichnenden Organisationen auch hervor, dass es inmitten des Polizeiüberfalls in Moria auch Angriffe von Privatpersonen auf Flüchtlinge gegeben habe, denen die Polizei zugeschaut habe.
- Nach dem Massenprotest in griechischem Lager: Protest vor der Botschaft der BRD
In der kurzen Meldung „Botschaftsprotest“ am 20. Juli 2017 in der jungen Welt heißt es unter anderem: „Flüchtlinge und Migranten haben am Mittwoch vor der deutschen Botschaft in Athen die Einschränkung des Familiennachzugs durch die BRD verurteilt. Etwa hundert Menschen beteiligten sich laut Medienberichten an der Aktion. Wie bereits im Mai bekanntgeworden war, hat die Bundesregierung den Nachzug von Angehörigen in Deutschland lebender Flüchtlinge aus Griechenland seit April deutlich eingeschränkt“
- Protest und Hungerstreik in griechischem Flüchtlingslager: Polizei greift an
Die Forderungen der Proteste im Flüchtlingslager Moria uf der Insel Lesvos sind bescheiden: Wer 6 Monate im Lager festgehalten wurde, soll in die EU einreisen dürfen. Nachdem drei Insassen vor Wochen einen Hungerstreik begannen, fanden am vergangenen Wochenende Demonstrationen im und vor dem Lager statt – und die Behördenvertretung im Lager wurde blockiert. Ein aggressiver Polizeieinsatz gegen diese Blockade rief dann noch breitere Proteste hervor, wird in dem Bericht „Cops Attacked #RefugeesGR in #Moria Camp at #Lesvos, #Greece“ am 18. Juli 2017 bei Enough is enough informiert. Darin auch Fotos und Videos zum Protest, sowie Auszüge von Interviews mit Flüchtlingen über die Gründe ihres Protestes, zu denen unter anderem absolutes Besuchsverbot gehört. Siehe dazu auch einen weiteren aktuellen Beitrag zum Hungerstreik und ein Video des Polizeieinsatzes:- „Hunger Strike of #RefugeesGR Continues“ am 17. Juli 2017 bei Enough is enough ist ein Beitrag über den Hungerstreik von drei Flüchtlingen im Lager Moria, der auf den Aufzeichnungen des Bruders eines der drei basiert, der seinerseits in der Stadt Mytilini ebenfalls im Hungerstreik sich befindet. Dabei wird insbesondere auf die repressive Haltung der griechischen wie internationalen Behörden konkret eingegangen.
- „Police throwing rocks at protestors inside #Moria camp #Lesvos #Refugeesgr“ am 18. Juli 2017 bei dem Twitterkanal von United Rescue Aid ist ein kurzes Video über den Polizeiangriff auf den Protest im Lager – mit Bildern von Steine werfenden Polizisten
- Aufruhr im Lager auf Lesbos
“Mehr als zwei Jahre nach dem offenen Ausbruch der Flüchtlingskrise hat sich europaweit die frühere Willkommenskultur ins Gegenteil verwandeltIn Griechenland werden Flüchtlinge und Immigranten immer noch dem gleichen Procedere unterzogen. Gemäß dem Flüchtlingsdeal der EU mit der Türkei müssen sämtliche Neuankömmlinge auf den griechischen Inseln bleiben, auf denen sie angekommen sind. Erst nach abgeschlossener Überprüfung des Asylantrags ist eine Weiterreise auf das griechische Festland oder aber, nach Abschluss eines möglichen Widerspruchs gegen eine Ablehnung, eine Ausweisung in die Türkei möglich. Die gesamte Zeit über müssen die Flüchtlinge und Immigranten in den in vieler Hinsicht unzureichenden Lagern verbleiben. Dies wiederum strapaziert die wirtschaftlichen Interessen der mit dem Tourismus befassten Insulaner, welche ihrerseits in der Furcht über ihre eigene Existenz zu xenophoben Überreaktionen neigen. Ein Ergebnis dieses explosiven Klimas sind Konflikte auch in den Lagern…” Artikel von Wassilis Aswestopoulos vom 19. Juli 2017 bei telepolis
- Flüchtlinge: EU-Gerichtshof verurteilt Griechenland
“… Die griechische Regierung, die sich gern für ihre Flüchtlingspolitik lobt und in der vergangenen Woche den vierten Jahrestag der Existenz einer griechischen Asylbehörde feierte, wurde erneut wegen der Lebensbedingungen von Asylbewerbern verurteilt. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte befand im Fall eines Iraners, dessen Asylantrag abgelehnt wurde, dass der griechische Staat nicht ausreichend für dessen Versorgung gesorgt habe. Der Mann wurde bis zu seiner Abschiebung schlicht auf die Straße geschickt, wo er ohne Zugang zu Wasser, Nahrung und Obdach über die Runden kommen musste. (…) Weitere Urteile, zum Beispiel hinsichtlich der untragbaren Zustände unter denen Flüchtlinge, auch Minderjährige, in Polizeistationen in Arrest gehalten werden, stehen an. Das Urteil und die noch ausstehenden Entscheidungen lassen die von Deutschland beabsichtigte Rückführung von Flüchtlingen gemäß der Dubliner Abkommen utopisch erscheinen. Griechenland ist aufgrund der angespannten finanziellen Situation weiterhin nicht in der Lage, in angemessener Weise für die Flüchtlinge und Immigranten zu sorgen…” Beitrag von Wassilis Aswestopoulos vom 27. Juni 2017 bei Telepolis
- Schutz für anerkannte Flüchtlinge gibt es in Griechenland nur auf dem Papier
“Seit Jahren unterstützen unsere Anwältinnen und Menschenrechtler*innen im Auftrag von PRO ASYL Schutzsuchende in Griechenland. Eine umfassende juristische Stellungnahme von PRO ASYL und unserem Projektpartner Refugee Support Aegean (RSA) zeigt, unter welchen erschreckenden Lebensbedingungen anerkannte Flüchtlinge in Griechenland leben müssen…” Pro Asyl-Pressemitteilung vom 26.06.2017 samt Link zur Stellungnahme (engl.)
- Flüchtlinge in Griechenland: „Jetzt sitzen wir hier in der Falle“
“Mehr als 60 000 Flüchtlinge und Migranten sitzen in Griechenland fest. Wegen der unmenschlichen Bedingungen machen sich viele auf eigene Faust Richtung Norden auf. (…) Auch die versprochene Umverteilung der Flüchtlinge kommt kaum voran. Im Januar haben andere EU-Staaten aus Griechenland und Italien nur 1682 Menschen übernommen statt der vorgesehenen 3000. Einige Länder wie Ungarn, Österreich und Polen haben bisher überhaupt keine Flüchtlinge aus Griechenland angenommen. Die EU-Kommission könnte Vertragsverletzungsverfahren gegen die widerspenstigen Länder einleiten, warnte Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans diese Woche. (…) Jeden Tag greifen die griechische Polizei und Grenzschützer an der mazedonischen Grenze etwa zehn bis 15 Migranten auf. Wie viele es schaffen, mit Hilfe von Schleusern oder auf eigene Faust die Grenze unentdeckt zu überqueren und sich nach Norden durchzuschlagen, weiß niemand. Deshalb wollen die Staaten entlang der Strecke jetzt die Sicherung der Grenzen verstärken. Seit vergangenem Freitag sind bereits Polizisten der europäischen Grenzschutzagentur Frontex an der griechisch-mazedonischen Grenze im Einsatz, darunter zwölf Deutsche…” Artikel von Gerd Höhler vom 09. Februar 2017 bei der Frankfurter Rundschau online
- Weil sie Menschen gerettet haben: Spanische Feuerwehrleute in Griechenland vor Gericht
„Manuel Blanco, Enrique Rodríguez und Julio Latorre sind spanische Feuerwehrmänner. Im Dezember fuhren sie nach Griechenland, um auf der Insel Lesbos als ehrenamtliche Mitarbeiter der NGO PROEM AID (Professional Emergency Aid) Flüchtlingen zu helfen: damit Menschen, die vor Krieg und Armut geflohen sind, nicht ertrinken müssen. Jetzt drohen ihnen zehn Jahre Gefängnis. Die drei Männer haben ihr Leben riskiert, um tausende Kinder und Erwachsene zu retten. Doch die griechischen Behörden sehen darin Menschenschmuggel. Die EU-Richtlinie, auf die sich Griechenland dabei beruft, wird derzeit von der Europäischen Kommission überarbeitet, doch ohne Druck von uns Bürger/innen wird sich da nichts zum Guten wenden. Das ist die Gelegenheit für einen starken Appell! Wir fordern, dass freiwillige Helfer/innen wie Manuel, Enrique und Julio für ihre humanitäre Arbeit nicht kriminalisiert werden“ aus der aktuellen Petition „Nothilfe ist kein Schmuggel“ bei WeMove worin auch noch informiert wird: „Die drei Feuerwehrmänner wurden am 14. Januar 2016 verhaftet, nachdem sie eines Nachts auf den Notruf eines sinkenden Schiffes reagiert hatten. 68 Stunden lang hielten die Behörden sie fest. Nach dem derzeitigen Recht kann jede/r, die/der ein ertrinkendes Kind rettet, das keine Papiere hat, angeklagt werden: wegen Menschenschmuggel. Genauso ist es Manuel, Enrique und Julio ergangen. Ihnen droht eine Gefängnisstrafe von zehn Jahren – nur weil sie Leben retteten“. Siehe dazu das Video: „Nothilfe ist kein Schmuggel“ am 17. August 2016 bei You Tube eingestellt, ist das Begleitvideo (mit deutschen Untertiteln) zur oben verlinkten Solidaritätspetition von WeMove, in dem die drei Angeklagten selbst zu Wort kommen
- Streit über die Flüchtlinge in Griechenland: Wo immer sie sichtbar sind, wehren sich Lokalpolitiker gegen ihre Präsenz. Risse in der Gesellschaft werden deutlicher
“3.034 Flüchtlinge und Immigranten sind in den ersten sieben Monaten des Jahres im Mittelmeer ertrunken. Das sind 1.064 mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Darüber hinaus sind zwischen dem 23. Juli und dem 2. August 1.011 Flüchtlinge und Immigranten aus der Türkei nach Griechenland gelangt. Auch ohne das – von der Türkei im Fall der Verweigerung der Visafreiheit angedrohte – Aufkündigen der Vereinbarung mit der EU zur Lösung der Flüchtlingsproblematik dokumentieren die Zahlen bereits ein Scheitern auf ganzer Linie. (…) In Griechenland hat sich das Klima in der Flüchtlingsproblematik gewendet. (…) Die Flüchtlinge werden in geschlossene Lager verfrachtet und sollen so möglichst von der Mehrzahl der Griechen unbemerkt unter teilweise katastrophalen Bedingungen vegetieren. Wo immer sie sichtbar sind, wehren sich Lokalpolitiker gegen ihre Präsenz…” Bericht von Wassilis Aswestopoulos vom 3. August 2016 bei Telepolis – siehe auch unser Dossier: EU-Türkei-Deal in der Flüchtlingsfrage
- Griechenland: Keine Verbesserung in Sicht – Die Flüchtlinge haben weiter Probleme
“Gar nicht heimlich still und leise, aber noch von der internationalen Presse unbeachtet, setzt sich die Flüchtlingskrise in Griechenland fort. Allerdings nimmt das Thema immer groteskere Züge an. Das Leid der Betroffenen ist in diesem Zusammenhang für viele Verantwortliche offenbar zweitrangig. Seit dem gescheiterten Putsch von Teilen der Militärs gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan gibt es zudem nach Meinung der griechischen Presse einen signifikanten Anstieg der Flüchtlingszahlen. (…) In Griechenland selbst gilt es für die Regierung, die in besetzten Häusern von Autonomen beherbergten Flüchtlinge und Immigranten in staatliche Heime zu bringen. Noch im letzten Jahr hatte das Immigrationsministerium die Autonomen mangels eigener Kapazitäten in die staatliche Flüchtlingshilfe einbinden wollen. Am Mittwoch wurden drei Besetzungen in Thessaloniki geräumt, 74 solidarische Helfer wurden festgenommen und angeklagt. Bei der ministeriell angeordneten Räumung ging die Polizei nicht zimperlich vor. (…) Im Hafen von Piräus, wo am Dienstag immer noch 850 Menschen in den Straßen der Docks hausten, verlief die Räumung dagegen weniger dramatisch. Am Mittwochvormittag wurde der Hafen, in dem am Montag noch über 1.000 Personen Obdach fanden, komplett geräumt. Demgegenüber sah sich Athens Bürgermeister, Giorgos Kaminis, bemüßigt, am Mittwoch auch für Athen ähnliche Aktionen wie in Thessaloniki und die sofortige Räumung sämtlicher als Flüchtlingsheime dienenden Hausbesetzungen zu fordern. Für Kaminis sind nur die staatlichen Hotspots als Unterkunft für die Flüchtlinge und Immigranten geeignet. Das wiederum zweifelt ausgerechnet die staatliche Seuchenkontrolle KEELPNO an…” Bericht von Wassilis Aswestopoulos vom 28. Juli 2016 bei Telepolis . Siehe zur Räumung umfangreiche Berichterstattung im gesonderten Dossier: Mindestens 70 Verhaftungen bei Räumung von drei für und mit Geflüchteten besetzten Häusern in Thessaloniki
- Griechische Küstenwache: Die illegalen Push-Backs sind zurück
Mit dem Amtsantritt der 1. Syriza-Regierung Anfang letzten Jahres schienen sie abgeschafft: Die illegalen Push-Backs, für die die griechische Küstenwache berüchtigt war: Regelmäßig waren bis dahin Flüchtlingsboote gewaltsam aus griechischem (=europäischem) Hoheitsgebiet in den Zuständigkeitsbereich der Türkei zurückgedrängt worden. Nun aber hat das Watch The Med Alarmphone erstmals wieder einen solchen Vorfall gemeldet. Weil es auch eine ausführliche Foto-Dokumentation dazu gibt, ist klar: Zwei Frontex-Schiffe waren während der Aktion anwesend. Siehe dazu den Bericht “WatchTheMed Alarm Phone denounces illegal push-back operation with Frontex present!” vom 15. Juni 2016 beim WatchTheMed Alarm Phone
- Griechenland schiebt 800 MigrantInnen in die Türkei ab
“Laut der Europäischen Kommission hat Griechenland am Dienstag und am gestrigen Mittwoch (1./2.3.16) über 300 MigrantInnen in die Türkei abgeschoben, die sich ohne Aufenthaltstitel in Griechenland aufhielten. Dabei handelte es sich hauptsächlich um Menschen aus Marokko, Algerien und Tunesien. (…) Am heutigen Donnerstag (3.3.16) sollen nach Informationen des Tagesspiegels weitere 500 MigrantInnen von Griechenland in die Türkei zurückgeführt werden.” Meldung beim Radio Dreyeckland vom 3. März 2016 – besonders brisant, weil: Kettenabschiebung reloaded: Türkei will Flüchtlinge in Herkunftsländer zurückschicken
- Wenn das die Regierung wüsste
“… Auf der Insel Lesbos haben die Bewohner gelernt, sich selbst zu helfen, indem sie den Flüchtlingen helfen…” Beitrag von Bartholomäus von Laffert im Freitag, Ausgabe 0516, online am 8. Februar 2016 . Aus dem Text: “… So wie Marius haben andere Griechen erlebt, dass ihnen der Boden unter den Füßen entglitten ist. Vielleicht kann gerade deshalb kaum jemand sonst in Europa besser verstehen, wie sich die Menschen aus den Booten fühlen, die alles hinter sich ließen. „Wir haben durch unseren Einsatz etwas zurückgewonnen, woran niemand mehr geglaubt hat“, sagt Fotis, „Solidarität.“ Stefania nickt. Sie sieht das ähnlich. Eigentlich arbeitet sie als Fotojournalistin: „Über unser Schicksal können wir nicht mehr selbst entscheiden, die Krise in Griechenland ist zu groß. Aber das hier – den Flüchtlingen helfen –, das können wir schaffen.“ (…) Im letzten halben Jahr hat sich auf der Insel viel geändert. Bewohner, deren Dörfer so gut wie eingeschlafen waren, haben gelernt, mit der Krise umzugehen – zum Wohl der Ankommenden, zum eigenen Vorteil. Journalisten und Volunteers bewohnen im Winter die Unterkünfte, in denen die Touristen im Sommer nicht mehr wohnen wollten. Tausende von Euro, die von den vielen Freiwilligen über Crowdfunding-Plattformen eingesammelt werden, fließen in die lokale Wirtschaft…“
- Und wer rettet die Retter? Auf Lesbos landen Rettungsschwimmer im Gefängnis
“Eigentlich kam Salam nach Lesbos, um als freiwilliger Rettungsschwimmer Menschenleben zu retten. Nun braucht er selbst Hilfe. Weil er Flüchtlinge vor dem Ertrinken bewahrte, drohen ihm zehn Jahre Haft. “Eigentlich” ist ein Wort, das man oft hört an der Nordküste von Lesbos: Eigentlich sollten die Flüchtlinge doch mit der Fähre kommen dürfen. Eigentlich könnte man sie doch einfach über Land einreisen lassen. Eigentlich sollten sich Behörden von EU und Griechenland und nicht ein paar Dutzend Freiwillige um sie kümmern. Eigentlich müsste die Küstenwache die Menschen vor dem Ertrinken bewahren. Die Geschichte von Salam Aldeen ist auch so eine, die es “eigentlich” nicht geben dürfte. Es dauert eine Weile, bis er Zeit findet, sie zu erzählen. “Ich kann jetzt nicht, wir kommen schon wieder ein Boot herein. Kannst du später nochmal…”, sagt er und legt auf. Irgendwann am späten Abend klappt es dann doch mit dem Gespräch über jenen Tag, an dem er wie an jedem Tag hinaus fuhr aufs Meer, um Flüchtlinge zu retten und schließlich selbst aus dem Gefängnis gerettet werden musste…” Beitrag von Fabian Köhler bei telepolis vom 27.01.2016
- Ein erneuter Aufschrei aus Idomeni: Flüchtlinge frieren im Freien, die beheizbaren Zelte im Camp Idomeni bleiben leer!
“Seit Wochen geschehen in Idomeni Dinge, die ein Verbrechen sind. Die Wartezeiten der Busse aus Athen mit Flüchtlingen an einer Tankstelle kurz vor der Grenze liegen oft über 20 Stunden. Am 30.12. war für mehrer Stunden die Grenze von der Seite der Grenzbeamten FYROMS (Mazedoniens) geschlossen worden, es gab keinen Strom. An der Tankstelle gibt es keine Versorgung durch NGOs, keine offizielle Information, keine medizinische Versorgung. Täglich kommen dort 50 bis 60 Busse an. Dies ist nicht hinzunehmen, zumal im Camp in Idomeni sowohl NGOs im Dienst sind als auch heizbare Zelte zur Verfügung stehen. Auch wenn die Flüchtlinge dann mit den Bussen zur Grenze gebracht werden, dürfen sie das Camp nicht in Anspruch nehmen, sondern werden sofort von der Polizei in Richtung Grenze beordert. Und in der Regel müssen sie auch dort stundenlang vor der Grenze im Freien und in der Kälte ausharren, bis sie an die Reihe kommen. Einfach weil irgendjemand beschlossen hat, dass die Flüchtlinge das ausgerüstete Camp nicht betreten und nicht nutzen sollen. Die beheizbaren Zelte stehen nun alle leer da. Die Freiwilligen tun, was in ihren Möglickeiten liegt, aber gegen die Kälte kommen sie auch nicht an. Täglich werden Kleider verteilt und über 1.000 Portionen gekochtes Essen verteilt unter sehr schwierigen Umständen, und die Flüchtlinge müssen sich irgendwo im Freien hinsetzen, um zu essen. Seit 2 Tagen sind die Temperaturen stark gefallen und es beginnt zu schneien. Auf den nackten Feldern Nordgriechenlands weinen kleine Kinder vor Kälte, es gibt keine Dolmetscher, keine Informationen, keinen Rechtsbeistand. Es muss zumindestens sofort dafür gesorgt werden, dass Flüchtlinge die bereits vorhandenen Einrichtungen des Camps in Anspruch nehmen können und vor Kälte und Schnee geschützt werden! Und dass die NGOs und Freiwilligen ihre Arbeit tun können.” Bericht von Dorothee Vakalis aus Thessaloniki am 31.12.2015 (per Email)
- Griechenland: Aufstand im Lager der abgewiesenen Flüchtlinge
“Das Lager Korinth gleicht mehr einem Gefängnis, denn einer Unterbringung. Täglich kommen noch immer 4.000 Flüchtlinge in Griechenland an. Im Zug eines Aufstands gelang es sechs Algeriern und Marokkanern aus einem gefängnisartigen Lager in Griechenland zu fliehen. Während CSU-Chef Horst Seehofer vor der Klausurtagung seiner Partei eine Obergrenze von 200.000 Flüchtlingen fabuliert laufen die Dinge dort, wo die Flüchtlinge ankommen, aus dem Ruder…” Beitrag von Wassilis Aswestopoulos bei telepolis 04.01.2016 . Aus dem Text: “… Im Lager Korinth, in dem die von der EJR Mazedonien abgewiesenen und per Kollektivbeschluss als Migranten eingestuften Flüchtlinge untergebracht sind, kam es am Samstag zu einem Aufstand. Das Lager gleicht mehr einem Gefängnis, denn einer Unterbringung für Flüchtlinge. Und tatsächlich wurden von hier bereits zwanzig Personen wieder abgeschoben. 350 Insassen in dem Lager wollten sich nicht widerstandslos mit ihrem Schicksal abfinden. (…) Sie zettelten einen Aufstand an. Während der turbulenten Kämpfe mit der Polizei, die per Video aufgezeichnet wurden, konnten sechs der Insassen entkommen. Sie werden es vermutlich nicht mehr über die EJR Mazedonien, sondern diesmal über die alternative Route über Albanien versuchen. Denn hier zeichnet sich nach der Blockade der Polizeikräfte am griechischen Grenzort Eidomeni eine Alternativroute nach Europa ab…“
- „Griechenland ist jetzt unser Gefängnis“: Polizei räumt Camp in Idomeni
“Seit der Schließung der Grenze zwischen Mazedonien und Griechenland am 19. November campierten Flüchtlinge unter menschenunwürdigen Bedingungen in Idomeni. Heute hat die griechische Polizei mit der Räumung des provisorischen Lagers begonnen. Chrissi Wilkens, Mitarbeiterin des PRO ASYL-Projektes Refugee Support Program Aegean (RSPA), war in den letzten Tagen in Idomeni und Athen und dokumentierte die Situation…” Beitrag bei Pro Asyl vom 9. Dezember 2015 . Dazu:- Aus dem Text: “… Die Menschen, die nun aus Idomeni nach Athen gebracht werden, sehen keine Zukunft in Griechenland. In der Hauptstadt werden sie in provisorischen Massenunterkünften untergebracht. (…) Die Menschen in der dunklen Taekwondo-Halle sind verzweifelt. Ein 20-jähriger Mann aus Somalia, sucht eine Möglichkeit, Athen zu verlassen. Dabei nimmt er jede Gefahr in Kauf, denn in Griechenland sieht er keine Möglichkeit zu überleben: “Die einzige Option ist der Weg aus Griechenland raus. Die Schlepper verlangen aber sehr viel Geld, das ich nicht habe. Ich werde versuchen, mich in einem LKW zu verstecken, der nach Italien fährt.” Bis jetzt hat niemand den jungen Flüchtling über die Möglichkeit eines Asylantrags informiert. Er weiß auch nicht, wie er während eines Asylverfahrens in Griechenland überleben sollte…“
- Siehe auch: Flüchtlingscamp in Idomeni geräumt – Die Ereignisse im Liveticker dokumentiert. Dort wird unter anderem von teils massiver Polizeigewalt auch gegen Familien mit kleinen Kindern berichtet, sowie von massiver Behinderung der Presseberichterstattung – inklusive Verhaftungen von Journalist*innen
- Wie Europa auf Lesbos versagt
Zuständig für die Flüchtlinge wären griechische und europäische Behörden, doch diese überlassen die Versorgung Hilfsorganisationen und freiwilligen Helfern. Bericht von Fabian Köhler bei telepolis vom 03.12.2015 . Aus dem Text: “… Zu wenig Essen, zu viel Gewalt, zu lange Wartezeiten: Seit Monaten klagen Flüchtlinge auf Lesbos über zu wenig Hilfe, klagen Helfer über zu wenig Unterstützung durch lokale Behörden, klagt die Kommunalverwaltung, Athen lasse sie allein, klagt die griechische Regierung über fehlende Gelder aus Brüssel, klagt Brüssel über fehlende Zusagen der EU-Mitgliedsstaaten. “Eigentlich” ist deshalb ein Wort, das man auf Lesbos häufig hört, wenn man fragt, warum sich die Versorgung der Flüchtlinge auch nach Monaten nicht verbessert hat. Eigentlich sollten doch FRONTEX und die griechische Küstenwache die Menschen vor dem Ertrinken retten, sagen die freiwilligen Rettungsschwimmer im Norden der Insel. Eigentlich wollte Athen doch mehr Schiffe schicken, eigentlich könnte man die Flüchtlinge doch mit Fähren abholen, sagt Lesbos’ Bürgermeister Spyros Galinos. Eigentlich sollten EU-Behörden längst 600 und nicht nur 67 Mitarbeiter auf die griechischen Inseln entsandt haben. Eigentlich sollten die EU-Mitgliedstaaten längst doppelt so viele Mitarbeiter für das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen freigestellt haben. Eigentlich wird Camp Moria von griechischen Behörden und der EU verwaltet. In der Praxis erinnern daran nur ein einsamer Wachmann, ein Wasserwerfer und die Räumschilder der Polizei hinter dem Zaun…“
- “Hot Spot Center“ in Griechenland: Verzweiflung im Elendslager Moria
“Das durch Stacheldraht umzäunte Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos wurde zum europäischen „Hotspot“ ernannt. Die Bedingungen, die Flüchtlinge dort vorfinden, sind menschenverachtend und entwürdigend. Hunderte warten etliche Stunden bis tagelang unter katastrophalen Bedingungen im Lager auf ihre Dokumente…” Bericht von und bei Pro Asyl vom 29. Oktober 2015 . Aus dem Text: “… Letzte Woche hatte sich die Situation mit dem einsetzenden Regen dramatisch zugespitzt: Hunderte Flüchtlinge harren tagelang im Schlamm vor den Zäunen Morias aus. Bis auf die Haut durchnässte Kinder, Schwangere, Kranke stehen im Regen. Wer Glück hat, findet zumindest zeitweise Platz unter behelfsmäßig aufgespannten Planen, die durch den Wind immer wieder heruntergerissen werden. Freiwillige verteilen Müllsäcke, die sich Kinder und Erwachsene gegen den Regen überstülpen, es fehlt am Notwendigsten. Ein Team von Ärzte ohne Grenzen versucht einzelnen medizinisch Hilfe zu leisten, die Patienten liegen in dem notdürftig eingerichteten Zelt am Boden. Viele sind unterkühlt, krank vom Warten in der Kälte, viele Schwangere stehen im Eingangsbereich…“
- Lesbos – Flucht nach Europa
Lesbos ist das erste was die Flüchtlinge von Europa sehen. Hunderttausende versuchten dieses Jahr ihr Glück bei der Überfahrt des Mittelmeeres. Die Insel ist mit den vielen Ankommenden überfordert. Eine Bericht über die Lage vor Ort. Dokumentarfilm zur katastrophalen Situation an Europas Außengrenze von Jan Brock beim neuen deutschland online vom 22.10.2015
- Moria / Lesbos: “Hot Spot” erinnert an Kriegsgebiet
++ Refugees müssen in Moria unter unmenschlichen Bedigungen ausharren ++ besonders schutzbedürftige Flüchtlingen tagelang ohne Schutz ++ 2.500 Menschen können nach Medienberichten pro Tag in Moria registriert werden, es kamen aber mehr als 10.000 in den letzten 24 Stunden. Kilometerweit geht die Schlange der Refugees innerhalb und außerhalb des Camps, das ursprünglich als Gefängnis errichtet worden war. Gleichzeitig fehlt es im Camp an jeder Form eines sinnvollen Wartesystems, ebenso an Infrastruktur und Grundversorgung. Refugees sitzen und schlafen zwischen Matsch und Müll, werden in der Menge herumgestoßen, werden von Polizisten beleidigt, geschlagen – und manchmal mit Tränengas traktiert. Die Menschen erkranken und tragen Verletzungen davon in diesen lebensbedrohlichen Zuständen in Moria… Kurzübersetzung eines Berichts aus Lesbos bei Infomobile Griechenland vom 21. Oktober 2015
- Transitzone Athen: Solidarität ersetzt staatliche Strukturen
“Unsere griechische Partnerorganisation, das Refugee Support Program Aegean (RSPA) berichtet über die Situation in der griechischen Hauptstadt. Täglich treffen dort mit den Fähren von den Ägäis-Inseln Tausende Flüchtlinge in Athen ein. Viele davon kaufen sich schon auf den Inseln Fahrkarten und steigen gleich im Hafen von Piräus in Busse, die sie direkt an die Grenze zu Mazedonien fahren. Von dort aus setzen sie schnellstmöglich ihre Reise Richtung Nordwesten fort. Manche bleiben jedoch länger in Athen – das Geld für die Weiterreise fehlt. Die staatlichen Strukturen sind mangelhaft, ohne ehrenamtliche Helfer wären viele Flüchtlinge hilflos…” Beitrag von und bei Pro Asyl vom 20. Oktober 2015 . Aus dem Text: “… Auf Lesbos erklärt uns eine junge syrische Mutter: „Wir haben schon Bustickets gekauft und fahren von Athen direkt weiter. Das Wetter wird von Tag zu Tag schlechter und wir haben Angst, dass die Situation an der Grenze sich verschlechtern könnte. Niemand weiß, wie lange die Grenze offen bleiben wird. Wir haben drei kleine Kinder dabei. Wir müssen uns beeilen bevor der Winter kommt.“ Die Familie besteigt wenige Minuten später die Fähre. Für die schwierigen Wetterbedingungen sind sie nicht ausgerüstet, aber sie hoffen auf Unterstützung von Solidaritätsgruppen unterwegs. Dutzende Busse starten täglich in den frühen Morgenstunden von Piräus und abends zusätzlich vom Zentrum Athens aus. Ähnlich wie die Tickets für die Sonderfähren für Flüchtlinge sind auch die Busfahrkarten oft überteuert. Laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM), fahren Anfang Oktober 70 Prozent der neuankommenden Flüchtlinge direkt vom Einreiseort an den Ausreiseort weiter. Die gesamte Fahrt von Athen bis zur mazedonischen Grenze koste für eine syrische Familie mehr als 700 Euro, so die Organisation. Mittellose Flüchtlinge sind jedoch nicht in der Lage ihre Reise so zügig fortzusetzen und bleiben gezwungenermaßen ein paar Tage länger in der griechischen Hauptstadt, um auf Geldüberweisungen von Verwandten oder Bekannten zu warten. Überwiegend handelt es sich um afghanische Familien, die zunächst zum Viktoria-Platz im Zentrum Athens gehen und sich von dort mithilfe von Kontakten in der afghanischen Community weiter orientieren…“
- „Illegale Einwanderung, Verbrechen und Krisen“: EU finanziert Modernisierung innerer Sicherheit in Griechenland
“Die griechische Regierung will ihre Grenzanlagen massiv aufrüsten. Dies geht aus einem Dokument hervor, das die britische Bürgerrechtsorganisation Statewatch auf ihrer Webseite veröffentlicht. Demnach erhält Griechenland rund 194 Millionen Euro zur Einführung neuer Technologien für die Überwachung und Kontrolle von Land- und Seegrenzen. Die Gelder sollen für die Umsetzung einer „Strategie zum integrierten Grenzmanagement” genutzt werden, die von der früheren Nea Dimokratia-Regierung im September 2014 beschlossen wurde. Weitere 20 Millionen sollen für die Modernisierung der Polizei aufgewendet werden…” Beitrag von Matthias Monroy bei netzpolitik.org vom 7. September 2015
- Lesbos: Station auf der Flüchtlingsroute nach Mitteleuropa
“An der Grenze zum Machbaren: Die wohlwollende Stimmung in der Bevölkerung der Insel kippt und weicht einer Resignation. Behörden und Hilfsorganisationen sind heillos überfordert. Die griechische Insel Lesbos liegt gegenüber der türkischen Küste. Die Ankunft mit der Fähre von Ayvalik (Türkei) im Hafen von Mytilini, der Hauptstadt der Ägäis-Insel Lesbos, ist die Ankunft in ein Drama. Die kleine Fähre mit einigen Touristen und Inselbewohnern, die zum Einkauf auf dem türkischen Festland waren, hält neben einer riesigen Fähre nach Athen. Auf dem hinteren Deck drängen sich ca. 400 Flüchtlinge, die sich ein Ticket ergattern konnten – nach einer tagelangen Odyssee durch die Insel – unter menschenunwürdigen Bedingungen. Einen ersten Eindruck, was uns auf der Insel erwartet, bekommen wir schon am Hafen von Mytilini: Rechts von Zoll- und Passkontrollengebäude warten hunderte Flüchtlinge am Kai hinter einem Maschendrahtzaun, rechts ein Berg zerstörter Schlauchboote…“ Bericht von Elke Dangeleit bei telepolis vom 30.08.2015
- Die Mehrklassengesellschaft des Flüchtlingslebens. Eindrücke von der Insel Kos – Schleuser, Helfer und Abzocker
“Unter den Flüchtlingen auf der Mittelmeerinsel Kos herrscht eine Mehrklassengesellschaft. Ganz oben auf der Pyramide stehen die Syrer. Sie werden von den Behörden im Eilverfahren als Asylanten anerkannt. Zudem stammen die meisten von ihnen entweder aus der Oberschicht oder aus der oberen Mittelschicht. Ingenieure, Wirtschaftswissenschaftler, Rechtsanwälte, Ärzte, Apotheker und Philologen finden sich zwar obdachlos, selten aber wirklich mittellos auf der Insel ein. (…) Der Unterschied in der Klassenzugehörigkeit der Flüchtlinge aller Länder vor ihrer Flucht macht sich an allen Ecken und Enden bemerkbar…” Artikel von Wassilis Aswestopoulos in telepolis vom 20.08.2015
- Flüchtlinge auf Kos: Eine Insel fühlt sich alleingelassen
“Hunderte Flüchtlinge setzen jede Nacht mit Booten aus dem türkischen Bodrum auf die griechische Insel Kos über. Am Wochenende kam es zu Ausschreitungen unter den Flüchtlingen, jetzt hat sich die Lage beruhigt. Die Menschen in Kos-Stadt sind überwiegend hilfsbereit, verteilen Wasser und Essen. Gleichzeitig macht sich Verzweiflung breit…” Bericht von Christoph Cadenbach, Kos, vom 17. August 2015 in der Süddeutschen Zeitung online
- Toter auf Kos – Flüchtlinge stürmen Züge durch Fenster
“Nach ihren Strapazen erwartet viele Flüchtlinge eine unwürdige Behandlung – zahlreiche Länder sind überfordert. In Griechenland ist nun ein 16-Jähriger aus Syrien an Dehydrierung gestorben.
Die Unterbringung von syrischen Flüchtlingen auf einer Fähre auf der griechischen Ägäis-Insel Kos geht voran: Am Wochenende und bis Montagmorgen gingen knapp 500 Menschen an Bord, wie die Behörden mitteilten. Priorität haben Kinder und ihre Mütter sowie Familien. (…) An einem einsamen Strand der Insel wurde die Leiche eines 16 Jahre alten Syrers entdeckt. Seine Angehörigen, die in Schweden leben, hatten ihn vor einigen Tagen als vermisst gemeldet. Der junge Mann soll nach ersten Erkenntnissen von Ärzten auf Kos an Wassermangel (Dehydrierung) gestorben sein, berichtete das griechische Staatsradio am Montag weiter…” Agenturmeldung vom 17.08.15 bei der Welt online
- Griechische Polizei schaut zu: Flüchtlinge prügeln aufeinander ein
“Immer mehr Flüchtlinge überrennen die griechische Insel Kos. Die Behörden sind völlig überfordert. Vor einer Polizeistation entlädt sich Frust in Gewalt. Menschen prügeln aufeinander los, Steine fliegen…” Meldung vom 15. August 2015 bei N-TV
- Ansturm auf griechische Ferieninsel: Warum Tausende Flüchtlinge auf Kos landen
“Im Sommer hat die kleine griechische Insel Kos normalerweise nur die Masse von Urlaubern zu bewältigen. In diesem Jahr kommen noch zehntausende Flüchtlinge dazu. Sie warten in der Hitze verzweifelt auf ihre Registrierung. Doch die Behörden sind vom Ansturm der Flüchtlinge überfordert. (…) Das Flüchtlingsdrama ereilt Griechenland in einer ohnehin äußerst schwierigen Lage. Das Euro-Land steckt in seiner schwersten Finanz- und Wirtschaftskrise seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Allein in den ersten sieben Monaten dieses Jahres kamen nach Zahlen des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) etwa 124.000 per Boot in dem Land an – ein Anstieg von 750 Prozent im Vergleich zum selben Zeitraum des Vorjahres. Die Polizei nahm auf Kos und den kleineren vorgelagerten Eilands seit Jahresbeginn fast 30.000 illegal Eingereiste fest. Das entspricht nahezu der gesamten Einwohnerzahl…” Beitrag vom 12.08.2015 bei heute.de
- Griechische Insel überfordert: Zusammenstöße zwischen Polizei und Flüchtlingen auf Kos
“Die griechische Insel Kos ist mit dem Andrang von Flüchtlingen überfordert. Die Polizei setzt Schlagstöcke und Löschschaum ein. Der Bürgermeister warnt: „Die Gefahr eines Blutvergießens ist real.“ (…) Ministerpräsident Alexis Tsipras hatte vergangene Woche die EU zu Hilfe gerufen, da sein Land überfordert sei. Nach UN-Angaben trafen seit Jahresbeginn knapp 124.000 Flüchtlinge in Griechenland ein.” Agenturmeldung vom 11.08.2015 bei der FAZ online
- Griechenland: Situation der Flüchtlinge wird immer dramatischer: Gewalt der Polizei, Ohnmacht des Staats und Solidarität von den Bürgern
“… Die Situation der Flüchtlinge im von der Pleite und den Vorgaben der um den ESM erweiterten Troika geplagten griechischen Staat wird immer dramatischer. Der Staat ist offensichtlich nicht mehr in der Lage, des Flüchtlingsstroms Herr zu werden. Zudem fehlt es an Mitteln und Organisationsstrukturen, um die Ankömmlinge mit dem Allernötigsten, also Trinkwasser, zu versorgen. Allein auf Kos und Rhodos sollen täglich knapp 1.000 Menschen nach einer riskanten Bootsfahrt in meist seeuntauglichen Seelenverkäufern ankommen. Im gesamten Juli waren es knapp 50.000 bis 55.000. Die Immigranten stapeln sich förmlich auf den Inseln und werden von einigen der Einheimischen sowie einer Anzahl von Touristen als störend empfunden. Auf der anderen Seite springen solidarische Bürger in Eigenregie bei, und sie gewähren zumindest rudimentär die Dienste, welche der Staat in seiner Ohnmacht nicht mehr wahrnehmen kann…” Artikel von Wassilis Aswestopoulos in telepolis vom 10.08.2015
- „Die Situation treibt einige in den Wahnsinn”
“… Das UN-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) spricht von einer humanitären Flüchtlingskrise in Griechenland. Etwa 1.000 Fliehende gelangen im Durchschnitt täglich nach Griechenland, so die Schätzungen von UNHCR. Mehr als 100.000 Flüchtlinge sind nach UN-Angaben seit Beginn des Jahres auf dem Seeweg in Griechenland angekommen. Griechenland sei das europäische Mittelmeerland, in dem 2015 bislang die meisten Bootsflüchtlinge registriert worden seien, sagte der Sprecher des Hilfswerks UNHCR, Adrian Edwards, am 24. Juli 2015 in Genf. Etwa 60 Prozent sind Kriegsflüchtlinge aus Syrien. „Dass die Menschen in verlassenen Gebäuden oder auf Müllfeldern sich selbst überlassen bleiben, wo kaum Zugang zu Wasser oder gar Toiletten besteht, ist einfach inakzeptabel und bringt die Gesundheit dieser Menschen in Gefahr“, beschreibt Elisabetta Faga, Koordinatorin des Noteinsatzes von Ärzte ohne Grenzen (MSF) auf Lesbos, die sich zuspitzende humanitäre Krise auf den griechischen Inseln. Die Appelle der humanitären Hilfsorganisationen vor Ort werden von Tag zu Tag dringlicher…” Bericht bei Pro Asyl vom 31. Juli 2015 . Dort auch:- “… neue Ära von Push Backs?
(…) Ein lokaler Nachrichtenblog aus Lesbos veröffentlichte am 22. Juli 2015 ein Dokument, das den internen Befehl der griechischen Küstenwache an alle nationalen Küstenwachen der Nordägäis enthält, bei Lokalisierung eines Flüchtlingsbootes sofort Maßnahmen der „Vorbeugung der Einreise“ auf griechisches Territorium einzuleiten. Die türkische Küstenwache sei zu alarmieren, damit diese sich um den Vorfall kümmere. Es ist zu befürchten, dass diese Anweisung wieder zu neuen Push Backs – oft mit Brutalität ausgeführte völkerrechtsrechtswidrige Zurückweisungen von Flüchtlingen – an der griechisch-türkischen Grenze führen wird. Aktuell häufen sich wieder Gerüchte um illegale Zurückweisungen auf See durch maskierte Beamte…“
- “… neue Ära von Push Backs?
- UNHCR warnt vor Flüchtlingskrise in Griechenland
“Die Anzahl der Flüchtlinge, die auf den griechischen Inseln ankommen, steigt weiter auf einen Durschnitt von 1.000 Menschen täglich. Seit Beginn des Jahres sind 77.100 Flüchtlinge über das Meer nach Griechenland gekommen (Zahlen vom 03.07.2015). Fast 60 von ihnen sind Flüchtlinge aus Syrien. Andere kommen aus Afghanistan, Irak, Eritrea ud Somalia. Griechenland steht nun vor einer beispiellosen Flüchtlingskrise. Am Dienstag morgen verließ ein Boot die Türkei, mit bis zu 40 Flüchtlingen, und kenterte zwischen den griechischen Inseln Agathonisi und Farmakonisi. Nach Angaben der griechischen Küstenwache haben griechische und türkische Seerettungshilfen 19 Mensche gerettet. Acht wurden von der griechichen Küstenrettung und 1 von der türkischen gerettet. 5 Körper wurden gefunden und bis zu 16 Menschen fehlen noch und es wird befürchtet, dass sie ertrunken sind…” Pressemeldung von UNHCR vom 10. Juli 2015, deutsche Übersetzung von presstranslations.wordpress.com dokumentiert bei Indymedia Linksunten am 12. Juli 2015
- Ein Ende mit der Kriminalisierung/Strafverfolgung des Transports von Migranten
“Ein Ende der Kriminalisierung der Solidarität für die Flüchtlinge setzt eine Änderung im Gesetzesentwurf zur Staatsangehörigkeit fest, die die stellvertretende Ministerin für Migrationspolitik Tasia Christodoulopoulou vorlegte, wobei über den Gesetztesentwurf am Mittwoch in der Vollversammlung des Parlaments abgestimmt wird. Die Änderung hebt die Sanktionen für den Transport von Migranten mit öffentlichen oder privaten Transportmittel auf, dies in drei Fällen: der Rettung im Meer, des Transports von Menschen, die den internationalen Schutz benötigen und die Beförderung ins Innere, damit die rechtlichen Prozeduren nach dem illegalen Eingang ins Land folgen können. Die Sanktionen sollten eigentlich das Ziel haben, die Schleuser zu treffen, in der Praxis wirkten sie aber bestrafend für die Flüchtlinge, die dutzende von Kilometer laufen mussten, und bestrafend für Bürger, die sich solidarisch zeigen wollten, die Strafverfahren auf sich zogen, da sie den erschöpften Menschen in Note zur Hilfe kommen wollten.” Artikel in EfSyn vom 12. Juli 2015, zusammenfassende Übersetzung von und bei borderline-europe . Hier der Originalartikel (griechisch). Siehe dazu: Noch nicht Gesetz, werden aber bereits erste Urteile in dieselbe Richtung gesprochen:- Mytilini: Die Freiwilligen, die Migranten transportierten, sind unschuldig
“Das dreiköpfige Amstgericht Mytilinis sprach die Freiwillige, eine Postgraduate Studentin der Universität der Ägäis, Dora Tsogkari, frei, die vergangenes Wochenende verhaftet w0rden war, da sie zwei Familien mit drei kleinen Kindern zum Lager transportierte hatte. Am vergangen Dienstag, 7. Juli wurde aus dem selben Grund die Freiwillige Dafni Bloumidi-Troumpouni freigesprochen, die auch angeklagt wurde, die “Bewegung und die Bleibe der Migranten auf der Insel erleichtert zu haben”. “Ich wurde einstimmig freigesprochen, es gewann die Menschlichkeit gegenüber den Krümmungen des Gesetzes” betonte in einer schriflichen Stellungnahme Frau Tsogkari nach ihrem Freispruch. Artikel bei e-typos.com vom 12. Juli 2015, zusammenfassende Übersetzung von und bei borderline-europe . Hier der Originalartikel (griechisch)
- Mytilini: Die Freiwilligen, die Migranten transportierten, sind unschuldig
- Elend und brutale Gewalt an der mazedonisch-griechischen Grenze
Ein Trek von Tausenden Flüchtlingen versucht verzweifelt an der mazedonisch-griechischen Grenze in die EU zu gelangen. Die Schutzsuchenden werden Opfer von brutaler Gewalt und nacktem Elend. Augenzeugen aus Griechenland, Deutschland und Österreich appellieren an deutsche Politikerinnen und Politiker, jetzt sofort an den Ort der Katastrophe zu reisen. Beitrag von und bei Pro Asyl vom 10. Juli 2015 . Siehe dazu:- Sie betteln um Wasser
Presseerklärung des vdää zur Flüchtlingskatastrophe in Nord-Griechenland . Aus dem Text: “… „Es ist entsetzlich zu erleben, wie Menschen aus Gebüschen gekrochen kommen und nach Wasser und Essen betteln müssen“, so Nadja Rakowitz, Geschäftsführerin des vdää, die am 8. Juli mit dem Soli-Komitee vor Ort war. Der vdää appelliert an die politisch Verantwortlichen in der EU, diese menschenunwürdige Situation umgehend zu beenden und die Griechinnen und Griechen damit nicht alleine zu lassen. (…) An die deutsche Bevölkerung appellieren wir, praktische Solidarität zu üben…“
- Dort auch: “Ein Aufschrei aus Idomeni/Griechenland”,
unterzeichnet von Vasilis Tsartsanis Polykastro, Dorothee Vakalis, Katherina Notopoulou Thessaloniki, Dr. Nadja Rakowitz Frankfurt/M, Gerhard Lanzerstorfer, Wien – der Text, auf den sich Pro Asyl und vdää in ihren Beiträgen beziehen. Aus dem Aufschrei: “Wo Europa Augen und Ohren schließt und Verbote erlässt, da wachsen kriegsähnliche Gefahren heran und bereichern sich mafiose Gruppen an hilflosen Flüchtlingen: Die Züge syrischer, afghanischer und afrikanischer Flüchtlinge an den Grenzen Nordgriechenlands zu FYROM (Mazedonien). (…) Während angesichts der Massen an Flüchtlingen staatliche und kommunale Organe in Ohnmacht verharren, bewegt sich jedoch die griechische Zivilgesellschaft an vielen Orten: Hausfrauen, Geschäftsleute, Lehrkräfte, Arbeitslose tun sich zusammen, kochen, verbinden Wunden, helfen und unterstützen unermüdlich: “Wir wollen keine Gelder für Hilfsmaßnahmen, wir wollen, dass die Politik hier endlich Lösungen findet”, sagen sie uns in Polikastro. Augenzeugen berichteten auch von “deutschen Beamten” an den Grenzen FYROMS (Mazedonien) und sowie in Ungarn. Dort sollen Hunde auf Flüchtlinge losgelassen werden, die sie auf den Boden drücken sollen. Welche/r Abgeordnete richtet eine Anfrage an den Deutschen Bundestag, damit diese Aussagen geklärt werden: “Wo überall in Europa und welche deutschen Polizeieinheiten mit wie viel Beamten tun Dienst zur Abwehr von Flüchtlingen?” Wann endlich sind wir bereit, die brutalen Abschreckungsmaßnahmen umzuwandeln in eine Kultur der europäischen Solidarität und der viel beschworenen Menschenrechte? …“
- »Es gibt in der Tat Aufstände in den Lagern«
In Griechenland wehren sich Flüchtlinge gegen miserable Lebensbedingungen. Viele Bürger sind solidarisch. Gespräch mit Nasim Lomani. Interview von Heike Schrader in der jungen Welt vom 11. Juli 2015
- Sie betteln um Wasser
- Humanitäre Katastrophe in der Ägäis: Griechenland geht in die Knie – EU versagt
Die humanitäre Krise von Flüchtlingen in der Ägäis spitzt sich weiter zu – es fehlt am Nötigsten. Staatliche Hilfe gibt es kaum. Freiwillige versuchen, die Not der Schutzsuchenden zu lindern. Bericht von und bei Pro Asyl vom 9. Juli 2015 . Aus dem Text: “… “Den Flüchtlingen fehlt es an allem – manchen sogar an Essen und Trinken”, berichtet Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhard aus Griechenland. “Wir befürchten, dass sich die Situation weiter zuspitzt”. Eine kurzfristige, koordinierte und umfassende Intervention des griechischen Staates ist angesichts der katastrophalen finanziellen Situation und der faktischen Nicht-Existenz relevanter Strukturen nicht zu erwarten. Auch die EU bleibt tatenlos und sieht der Eskalation zu. Angesichts der Notsituation muss vor Ort dringend Katastrophenhilfe erfolgen. (…) Es sind bislang vor allem Freiwillige, Solidaritätsinitiativen und zivilgesellschaftliche Organisationen, die auf den Inseln versuchen, dem humanitären Notstand zu begegnen und den Schutzsuchenden zu helfen. Sie organisieren Lebensmittel, Medikamente, Hygienemittel, Zelte auf eigene Kosten. (…) Die Schließung der Banken verschärft jedoch die akuten Versorgungsengpässen, da Unterstützerinnen und Unterstützer nicht mehr an ihr Geld kommen, um dringend benötigte Lebensmittel und Versorgungsgüter kaufen zu können. Auch die Flüchtlinge selbst können deswegen nicht einmal auf Notüberweisungen von Familienangehörigen oder Freunden zurückgreifen. Überweisungsdienste wie Western Union haben ihre Dienste für Flüchtlinge ebenfalls ausgesetzt…“
- Sie halten nicht mehr lange durch
Überfüllte Auffanglager, gestoppte Essenslieferungen: Die Wirtschaftskrise in Griechenland erreicht die Allerschwächsten – die Flüchtlinge. Artikel von Efthymis Angeloudis, Philip Faigle, Karsten Polke-Majewski und Zacharias Zacharakis bei Zeit online vom 9. Juli 2015 . Aus dem Text: “… Spätestens seit dieser Woche aber scheint die Situation in vielen Lagern zu eskalieren. Am Dienstag schrieben die zuständigen Regionalgouverneure einen Brandbrief nach Athen: Das zuständige Catering-Unternehmen für das Auffanglager in Samos habe seit Monaten kein Geld gesehen. Deshalb beliefere es seit Montag das Lager nicht mehr mit Nahrung. Die Behörden hätten keine andere Wahl gehabt, als die Türen der Flüchtlingslager zu öffnen. Die Flüchtlinge seien daraufhin in die Stadt gezogen, um selbst nach Essen zu suchen und irgendetwas zum Überleben zu finden. Organisationen wie das UNHCR, das Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen und Human Rights Watch bestätigten die Darstellung der Gouverneure. Die Regierung in Athen hat mittlerweile mitgeteilt, dass das fällige Geld an das Unternehmen überwiesen wurde…“
- Flüchtlingskrise in der Ägäis – Europa lässt Griechenland im Stich
“PRO ASYL fordert humanitäre Hilfe vor Ort und legale Weiterreise der Schutzsuchenden. Die Situation der Flüchtlinge in Griechenland spitzt sich dramatisch zu. Europa sieht tatenlos zu, wie sich die humanitäre Krise zu einer Katastrophe entwickelt. Die Situation auf den ägäischen Inseln ist außer Kontrolle. Doch anstatt Verantwortung zu übernehmen und mit allen verfügbaren Mitteln das Leid der Schutzsuchenden zu beenden, streiten sich die EU- Innenminister bei ihrem heute in Luxemburg stattfindenden Treffen über völlig unzureichende Flüchtlingsquoten…” Presseerklärung von und bei Pro Asyl vom 16. Juni 2015 . Aus dem Text:- “… Bereits 102.000 Bootsflüchtlinge sind in den ersten fünf Monaten des Jahres in Griechenland (48.000)und Italien (52.000) angekommen. Die Route über die Ägäis nach Griechenland entwickelt sich derzeit zum Hauptfluchtweg nach Europa. Allein auf Lesbos steigt die Zahl der Ankünfte von Januar (737) bis Mai (7.200) kontinuierlich an. Insgesamt sind auf Lesbos in diesem Jahr bereits über 20.000 Bootsflüchtlinge angekommen. (…) Das krisengeschüttelte Griechenland wird ohne schnelle und umfangreiche humanitäre Hilfe vor Ort durch die anderen EU- Staaten und ohne die Eröffnung legale Weiterreisemöglichkeiten für die gestrandeten Flüchtlinge noch mehr destabilisiert, das Leben der Schutzsuchenden wird gefährdet. Die Staaten Europas verweigern den Flüchtlingen legale Weiterreisemöglichkeit zur ihren Verwandten und Communities…“
- Syriza-Politikerin über Flüchtlinge: „Es ist katastrophal“
Die neue griechische Regierung will Flüchtlingsgefängnisse schließen. Die EU verhindert das, sagt Tasia Christodoulopoulou. Interview von Christinia Palitzsch in der taz online vom 11. Juni 2015 . Aus dem Text:- “… Die linke Syriza-Regierung hatte angekündigt, alle Flüchtlingshaftanstalten zu schließen und einen Kurswechsel einzuleiten. Das ist bislang nicht geschehen. Warum?
Amygdaleza wurde wie die anderen sechs Flüchtlingsgefängnisse 2012 unter der Vorgängerregierung gebaut. Die Gelder für den Bau der Haftzentren stammten zum Großteil aus Töpfen der EU. Einvernehmlich mit europäischem Recht haben diese Zentren eine Laufzeit von zehn Jahren. Als wir sie schließen wollten, forderte die EU, dass wir dann das Geld zurückgeben müssen, das die damalige Regierung für den Bau der Haftzentren erhalten hatte.
Das wären zweistellige Millionenbeträge.
Und dieses Geld hat Griechenland derzeit nicht. Als wir hörten, dass wir dann Strafe zahlen müssen, hatten wir natürlich ein Problem. Also haben wir versucht herauszufinden, was wir tun können, ohne diese hohe Summe zahlen zu müssen. Zuerst haben wir die entlassen, die illegal eingesperrt waren, also die Asylantragssteller, Kranke, schwangere Frauen, die, die man abschieben wollte, aber deren Antrag noch nicht bearbeitet wurde und vor allem die unbegleiteten Minderjährigen. Neu ist nun immerhin, dass seit diesem Jahr alle, die auf den Inseln ankommen, gleich eine sechsmonatige Aufenthaltserlaubnis erhalten.
Wäre es möglich die Flüchtlingsgefängnisse als Aufnahme- oder Willkommenszentren umzugestalten, ohne die EU-Vorgaben zu verletzen?
Nein. Das Geld war nur für Gefängnisse bewilligt, also nur für geschlossene Einrichtungen, in denen Menschen festgehalten werden…“
- “… Die linke Syriza-Regierung hatte angekündigt, alle Flüchtlingshaftanstalten zu schließen und einen Kurswechsel einzuleiten. Das ist bislang nicht geschehen. Warum?
- Heike Schrader im Gespräch mit Tasia Christodoulopoulou in der jungen Welt vom 15. Mai 2015 – aus dem Text:”Was haben Sie bei Übernahme ihres Ministeramts vorgefunden?
Im Grunde nichts, denn vor dem Wahlsieg von Syriza gab es kein Ministerium für Migrationspolitik in Griechenland. Statt dessen haben die Vorgängerregierungen versucht, dieses so wichtige politische und gesellschaftliche Problem mit Hilfe von Repression zu lösen. (…) Wir stehen vor einem doppelten Problem: Wir haben keine Strukturen und wir haben kein Geld. Denn auch wenn uns die Gemeinden Räume zur Verfügung stellen können, braucht es Geld, um diese nutzen zu können. (…) Die vorherige Regierung wäre verpflichtet gewesen, bis zum Oktober 2014 ihre Anträge auf die EU-Finanzierung von 2014 bis 2020 der Europäischen Kommission vorzulegen. Sie hat nichts eingereicht, die entsprechenden Anträge werden nun von uns gestellt. Wir sind also in ein Finanzloch gefallen…“
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