Mittwoch, 31. Juli 2019

[B] #besetzen: Aufruf zur solidarischen Prozessbegleitung


30.07.19
soliSolidarität mit den Betroffenen von Polizeigewalt und staatlicher Repression während der Besetzung in der Skalitzer Straße am 06.10.2018. Kommt am 20.08.2019 um 13 Uhr zum Amtsgericht Tiergarten, Raum 456, um unseren Genossen zu unterstützen.

Überall in Berlin entstehen Luxusbauten, während zehntausende Menschen ohne ein Dach über dem Kopf leben. Alte wie junge Menschen werden bei Zwangsräumungen aus ihren Wohnungen geworfen, gleichzeitig bleiben viele Wohnungen leer, weil sie reine Spekulationsobjekte sind. Selbstverwaltete und nicht-kommerzielle Projekte werden geräumt, zugleich stehen viele Wohnungen ausschließlich AirBnB-Nutzer_innen und nicht den Bewohner*innen unserer Stadt zur Verfügung.
Doch es regt sich Widerstand gegen diese, vom rot-rot-grünen Senat abgesegnete, Wohnungs- und Investitionspolitik. Aktionen wie #besetzen, Kampagnen wie Deutsche Wohnen und Co enteignen und unzählige Mieter_innen-Vernetzungen zeigen, dass viele Menschen nicht mehr bereit sind, Spielball einer Politik zu sein, die lediglich von Profitmaximierung bestimmt ist.
Zu diesen Menschen gehören auch unsere Genoss_innen, die am 06.10.2018 die Räumlichkeiten im Erdgeschoss der Skalitzer Straße 106 besetzten genauso wie die, die sich vor der Tür versammelten, um sich solidarisch zu zeigen. Das Erdgeschoss des Hauses stand lange leer und sollte jetzt als offener und kostenloser Sportraum dem ganzen Kiez zu Gute kommen.
Die angemeldete Kundgebung vor der Tür wurde von der Berliner Polizei gewalttätig angegriffen, infolgedessen wurden mehrere Teilnehmer*innen festgenommen. Aber ausschließlich auf physische Gewalt am Ort des Geschehens wollen sich Polizei und Staatsanwaltschaft nicht verlassen, wenn es um die Verteidigung des Profits Einzelner gegen die gerechtfertigten Ansprüche der Allgemeinheit geht. In den folgenden Monaten hagelte es Anzeigen und Anklagen gegen die Teilnehmer*innen der Kundgebung.
Seit 2017 stehen den staatlichen Repressionsorganen bundesweit neue juristische Werkzeuge zur Verfügung, die ihnen helfen sollen, ihre Klassenjustiz zu rechtfertigen: Neben vielen anderen Paragrafen des StGB wurden die Regelungen zu „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“ und „Tätlichem Angriff auf Vollstreckungsbeamte“ verschärft. Genau diese Paragrafen sind jetzt auch Grundlage für die Anklage mehrerer unserer Genoss*innen, die auf der Kundgebung in der Skalitzer Straße waren und von vielen weiteren, die sich im letzten Jahr mit Besetzungen in Berlin solidarisiert haben. Am 20.08.2019 wird im Amtsgericht Tiergarten der Fall eines Genossen verhandelt, dem eine Bewährungsstrafe droht, weil er bei der Kundgebung in der Skalitzer Straße „Widerstand“ geleistet haben soll. Ein solcher „Widerstand“ gemäß § 113 StGB ist bereits gegeben, wenn sich Menschen in einer Sitzblockade aneinander festhalten oder wenn sie sich aus Angst vor Verletzungen nicht den Arm auf dem Rücken verdrehen lassen. Wenn dies „gemeinschaftlich“ passiert, wie eigentlich immer, wenn die Polizei gegen Versammlungen vorgeht, steht darauf nun eine Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten.
Die Vorwürfe „Widerstand“ und „Tätlicher Angriff“ sind auch die Grundlage vieler Anklageschriften gegen unsere Genoss_innen, die in der Skalitzer Straße oder bei anderen Besetzungen vor Ort waren, deren Fälle im Laufe des Jahres verhandelt werden. Der Prozess am 20.08 stellt also nur den Auftakt dar.
Es ist nicht nur der Widerstandsparagraph, der eine deutliche Verschärfung der Repression in Deutschland markiert. In vielen Bundesländern wurden oder werden die Polizeigesetze reformiert, die Polizist_innen mit mehr und mehr Macht und Ressourcen ausgestattet. In Berlin ist es inzwischen Normalität, dass bei Räumungen von besetzten Projekten direkt das Sondereinsatzkommando anrückt und die Spurensicherung sich stundenlang Zeit lässt. Medial begleitet wird das Ganze durch tendenziöse Berichterstattung und den Polizei-Twitter, der Absurditäten verbreitet, wie etwa, dass Türknäufe unter Elektrizität gesetzt würden, in angeblicher Tötungsabsicht gegenüber Polizist_innen – so geschehen bei der Räumung des Kiezladens Friedel54. Kein Tag vergeht in dieser Stadt, an dem keine Streifenwagen, Wannen und zivile Autos der Polizei durch die Straßen patrouillieren und Menschen bedrängen, insbesondere in den sogenannten Gefahrengebieten, die es in der Stadt Zuhauf gibt. Kameras zur Gesichtserkennung werden ausgetestet, Gesetze wie das zur Erlaubnis von Bundestrojanern auf Smartphones bei geringfügigen Straftaten werden ganz nebenbei im Parlament durch gewunken. All diese Verschärfungen treffen dann die, die sich weigern, zu akzeptieren, dass ihr Leben und ihr Alltag bestimmt wird durch die Anhäufung vom Reichtum Einzelner. Der wachsenden Unzufriedenheit mit diesen Verhältnissen versucht der Staat mit mehr Repression zu begegnen. Aber davon werden wir uns nicht einschüchtern lassen. Wir kämpfen weiter für ein freies Leben in einer gerechten Gesellschaft, die von Solidarität statt von Angst und Konkurrenz geprägt ist.
Kommt am 20.08.2019 um 13 Uhr ins Amtsgericht Tiergarten und zeigt euch solidarisch mit unserem Genossen.

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