Am Mittwoch versprach Boris Johnson in seiner ersten Rede, Großbritannien „zum großartigsten Land der Erde“ zu machen.¹ Das klingt nach Donald Trump, der sich bereits im Vorfeld für die Wahl Johnsons positioniert hatte - Brüder, nicht nur im Geiste.
Es sind Teile des britischen und des US-Monopolkapitals, die Johnson fördern. US-Präsident Donald Trump hat Boris Johnson den Abschluss eines „sehr umfassenden Freihandelsabkommens“ in Aussicht gestellt. Bislang „habe die Mitgliedschaft in der EU ein solches verhindert. Ein bilateraler Deal könne den Umfang der Handelsbeziehungen um das Fünffache erhöhen“⁵ Diese Monopole versprechen sich an der Seite der USA eine bessere Ausgangsposition im Kampf um die Weltmärkte. Auch im Kampf gegen den neuimperialistischen Iran segeln der britische und der US-Imperialismus Seite an Seite.
Rekordspenden von Hedgefonds und Maschinenhersteller
Johnson stellte in seiner Kampagne, Premierminister zu werden, einen neuen Rekord auf. Noch nie hat ein britischer Politiker eine derart hohe Summe für seine Kampagne gesammelt: 702.000 Pfund (780.000 Euro). Mehr als die Hälfte der Spenden stammten von Finanziers und Geschäftsleuten, die die Kampagne zum Verlassen der Europäischen Union finanziert haben.
Die beiden größten Geldgeber sind Anthony Bamford, der milliardenschwere Vorsitzende des Baumaschinenherstellers JCB, und Jonathan Moynihan, Vorsitzender des Risikokapitalfonds Ipex Capital. Auch der im Ruhrgebiet ansässige INEOS-Chemiekonzern fördert den Brexit. Ihm sind die ohnehin völlig unzureichenden Umweltschutzvorschriften der EU noch viel zu streng.
Bereits vor der Ernennung Johnsons gab es Massenproteste in London. Der Trend der Massen, sich von bürgerlichen Parteien und Institutionen abzuwenden, hält an. Johnsons Partei, die „Torys“, hat lediglich 180.000 Mitglieder, das sind 0,35 Prozent der Wahlberechtigten, und sie ist selbst zerstritten. Das lässt erwarten, dass sich auch nach der Ernennung Boris Johnsons die offene politische Krise in Großbritannien fortsetzt.
Johnson verfolgt in der Brexit-Frage einen aggressiven Kurs. Die vereinbarten Zahlungen an die EU in Höhe von 39 Milliarden Pfund (44 Milliarden Euro) will er verweigern, wenn Brüssel Nachverhandlungen ablehnt. Seitens der EU wurde bereits klar gestellt, dass diese nicht nachverhandeln will. Dabei geht es vor allem um die sogenannte Nordirland-Regelung, nach der Großbritannien faktisch in der EU-Zollunion verbleiben soll.
Ein grenzwertiger Rassist
CP of Great Britain / Marxist-Leninist
Wie Johnson eingeschätzt wird, berichtet die Communist Party of Great Britain / Marxist-Leninist: Es "ist anzumerken, dass Boris von vielen im Land als ein versauter ... Witzbold und schlimmstenfalls als giftige Figur und grenzwertiger Rassist angesehen wird. Er hat sich gegen Anschuldigungen - wie die, der Enkel eines muslimischen Migranten zu sein, mit Händen und Füßen gewehrt, obwohl er auch ein Nachkomme des deutschen Herrscherhauses ist. Aus dieser Tradition heraus hat er zuvor vom 'Wassermelonenlächeln' der Afrikaner gesprochen und muslimische Frauen mit Briefkästen verglichen." ²
Das Gruselkabinett des Boris Johnson
Der neue Außenminister Dominic Raab ist ein Frauenfeind, der Aktivistinnen der Frauenbewegung als „widerliche Heuchlerinnen“ bezeichnete. Von diesem Ausfall hat er sich bis heute nicht distanziert. Die neue Innenministerin Priti Patel forderte als Ministerin für internationale Entwicklung im Jahr 2011 öffentlich die Einführung der Todesstrafe. 2017 musste sie von diesem Amt zurücktreten. Der Grund waren zwölf als Urlaub getarnte und mit dem Kabinett nicht abgesprochene Treffen mit Mitgliedern der ultrareaktionären und faschistoiden Netanjahu-Regierung in Israel. Als Ergebnis wollte Patel britische Steuergelder für völkerrechtswidrige Operationen der israelischen Armee im Golan beantragen. Sie gilt als Busenfreundin der Tabak- und Alkoholindustrie.
Nicht zu vergessen: Der bisherige Innenminister Sajid Javid, der jetzt auf dem Platz des Schatzkanzlers Platz nehmen darf. Vor seinem Einstieg in die Monopolpolitik war er als Investment-Banker bei der Deutschen Bank tätig. Durch diese Tätigkeit wurde er Millionär.
Bleibt die „Rechte Hand“, die sich Johnson als „Berater“ zugelegt hat: Mit Dominic Cummings rückt ein alter Kampfgefährte Johnsons auf diesen Posten, der bisher vor allem als skrupelloser Lügner und Rüpel auf sich aufmerksam gemacht hat. Cummings war das Gehirn der Brexit-Kampagne Johnsons, die mit zahlreichen Unwahrheiten operierte.
Brexit mit weitreichenden Folgen
Die politische Krise der Europäischen Union, die durch den Mehrheitsbeschluss gegen die Mitgliedschaft Großbritaniens im Juli 2016 ausgelöst wurde, und immer wieder offen ausbricht, vertieft sich weiter. Die zwischenimperialistischen Widersprüche innerhalb der EU entfalten sich und schwächen deren Machtinteressen gegenüber den USA und aufstrebenden neuimperialistischen Ländern - allen voran China. Mit 2332 Milliarden Euro Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahr 2017 war Großbritannien die zweitgrößte Wirtschaftsmacht in der EU - nach Deutschland mit 3277 Milliarden Euro BIP.³
Angesichts wachsender Vorboten einer Weltwirtschafts- und Finanzkrise könnte ein „chaotischer Brexit" sogar zum Auslöser dieser Krise werden. Die angekündigten Entlassungen bei der Deutschen Bank (unter anderem in London), bei allen Autokonzernen und großen Teilen ihrer Zulieferer, im Handel, bei Chemie usw. sind Zeichen einer kommenden Krise.
Die Lebensinteressen zum Maßstab des Handelns werden lassen
Für die Arbeiterinnen und Arbeiter und die übrigen Werktätigen kann es nicht darum gehen, sich den Interessen des allein herrschenden internationalen Finanzkapitals zu unterwerfen. Am Brexit-Verhandlungstisch in Brüssel sitzen auf beiden Seiten Imperialisten. Ihnen geht es um Maximalprofite und Konkurrenzvorteile in der Schlacht um den Weltmarkt. Die Werktätigen in Großbritannien und in der EU müssen gemeinsam für eine bessere Zukunft kämpfen. Das Bewusstsein über den Imperialismus und seine Gesetzmäßgikeiten ist dafür eine wichtige Voraussetzung.
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