“90 Prozent des Welthandels findet heute auf dem Seeweg statt. Auf den Schiffen steht es um ArbeitnehmerInnen- und Umweltschutz oft sehr schlecht. Grund dafür ist auch eine Rechtslücke: Reedereien steht es frei, den Flaggenstaat ihrer Schiffe zu wählen und sich so geltende Arbeits- und Umweltstandards quasi auszusuchen. Auf einem Schiff gilt das Recht des Flaggenstaates. Also das Recht jenes Staates, dessen Flagge auf dem Schiff gehisst ist. Durch diese Besonderheit des Seerechtes ist ein Wettbewerb zwischen Flaggenstaaten entstanden. Staaten mit sogenannten offenen Registern buhlen um Reedereien. Offenes Register heißt, dass es jeder Reederei freisteht, die Flagge des Landes anzunehmen – auch wenn keine weitere „echte Verbindung“ zwischen Person und Land besteht. (…) Zu den sogenannten Billigflaggen zählen neben Panama vor allem Liberia, aber auch Länder wie Nordkorea und sogar die Mongolei, wohlgemerkt ein Binnenstaat. Insgesamt arbeiten etwa 1,5 Millionen Menschen in der Branche, für 300.000 von ihnen hat die International Transport Workers‘ Federation (ITF) einen Tarifvertrag verhandeln können. Zwischen den Flaggenstaaten herrscht mittlerweile ein „Race to the bottom“. Auch die panamaische Flagge hat schon negative Aufmerksamkeit wegen schlechter Arbeitsbedingungen erfahren. Die Flaggenstaaten helfen des Weiteren ReederInnen dabei, ihre Identität zu verschleiern, es gibt Verbindungen zu terroristischen Netzwerken und Menschenhandel. (…) Die ITF prangert schon seit vielen Jahren die Bedingungen auf den Schiffen, die unter Billigflaggen fahren, an. ArbeiterInnen auf den Schiffen sind oft unzureichend ausgebildet; 80 Prozent der Unfälle auf hoher See sind auf menschliches Versagen zurückzuführen. Ein großes Frachtschiff hat eine Besatzung von 20 bis 25 Seeleuten. Die Offiziere stammen oftmals aus Osteuropa, die Matrosen in den meisten Fällen aus Niedriglohnländern in Asien. Den Seeleuten wird teilweise verboten, Gewerkschaften und dem ITF beizutreten, weshalb sich die Verhältnisse auf den Schiffen kaum ändern…” Artikel von Hans Heyduck vom 30. Juli 2019 im A&W-Blog des ÖGB
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