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Debatte über Neue Rechte in der Kunst
Leipzig. Er spüre seit Wochen eine große Unsicherheit in der Stadt, sagt Alfred Weidinger, Direktor des Leipziger Museums der bildenden Künste. Da sei ein »Wissensvakuum« entstanden. Deshalb diese Veranstaltung. Weidinger hat an diesem schwülen Dienstagabend in sein Museum geladen, um über eine Sache zu diskutieren, die Leipzigs Kunst- und Kulturszene seit Juni umtreibt: Der Fall Axel Krause und seine Ausladung von der Leipziger Jahresausstellung 2019.
Der 1958 in Halle geborene Krause gilt als Vertreter der Neuen Leipziger Schule. In jüngster Zeit fällt er durch öffentliche Sympathien für »Pegida« und die rechtsextremen »Identitären« auf. Zudem ist Krause Mitglied des Kuratoriums der von der AfD gegründeten Desiderius-Erasmus-Stiftung und Unterzeichner der »Charta 2017« der Dresdner Buchhändlerin Susanne Dagen, in der vor einer »Gesinnungsdiktatur« in der Gesellschaft gewarnt wird. Wegen all dem hatte sich 2018 bereits die Leipziger Galerie Kleindienst nach 14-jähriger Zusammenarbeit von dem Maler getrennt.
Dass Krause auf der 26. Ausgabe der jährlichen Leistungsschau Leipziger Künstler auf dem berühmten Spinnereigelände vertreten sein soll, hatte zu Protesten unter einigen Mitbeteiligten geführt. Das löste ein mittelschweres Beben in der Kunstszene der Stadt aus. Erst wurde Krause wieder ausgeladen, dann trat der Vorstand des Trägervereins geschlossen zurück und die Jahresausstellung wurde komplett abgesagt, dann fand sie doch statt - ohne Krause. Die Debatte bestimmten schnell die Keywords der Neuen Rechten: »Beschneidung der Kunstfreiheit«, »Gesinnungsschnüffelei«, »Verbote«, »DDR 2.0.«.
Das Leipziger Bildermuseum lud deshalb für den 11. Juni zu einer öffentlichen Diskussion ein. Daran sollten auch Krause und weitere auf der Jahresausstellung gezeigte Künstler teilnehmen. Kurz vorher sagte Krause aber ab mit der Begründung, er hätte gern den Psychotherapeuten Hans-Joachim Maaz aus Halle mit auf dem Podium. Das wollte das Museum aber nicht und die Veranstaltung wurde auf Ende Juli verschoben.
Auch auf dem Podium am Dienstag fehlte Krause. Er war wie auch andere Beteiligte nicht als Podiumsdiskutant vorgesehen. Stattdessen kamen in dem vollbesetzten Museumsfoyer mit dem Erfurter Zeithistoriker und Migrationsforscher Patrice Poutros und dem Programmleiter Gesellschaftspolitik des in Berlin ansässigen Zentrums Liberale Moderne, Christoph Becker, zwei Wissenschaftler zu Wort, die sich seit geraumer Zeit mit den Neuen Rechten in Deutschland beschäftigen. Die Stimme des Kunstbetrieb übernahm die Kunstkritikerin Britt Schleehahn, die unter anderem für das Leipziger Stadtmagazin »kreuzer« schreibt.
Wurde hier die Kunstfreiheit beschnitten?, fragt der Moderator, der MDR-Journalist Thomas Bille, die Runde. Haben wir eine »DDR 2.0.«? Patrice Poutros, Autor des jüngst erschienenen Buches »Umkämpftes Asyl«, sieht in diesen Kampfbegriffen die Absicht einer rechten Kulturbewegung, die liberale Demokratie in Verruf zu bringen und gleichzeitig die vermeintlichen Vorzüge der DDR zu positionieren. »DDR 1.0., das bedeutete Berufsverbot, Bilder werden abgehängt, Zerstörung der wirtschaftlichen Existenz. Nichts von dem ist bei Axel Krause passiert«, sagt der Historiker. Diese »Maßlosigkeit in der Kategorienbildung« bei den Neuen Rechten führe dazu, dass nicht mehr zwischen Debatten und Kritik und politischem Terror unterschieden werde: »Gleichzeitig geht es nur darum, eigene Interessen durchzudrücken.«
Es sei deren Strategie, sich als Opfer darzustellen und gleichzeitig alle Kritiker mundtot zu machen, sagt Christoph Becker. Und sind die Bilder von Axel Krause auch unpolitisch: Kunst habe immer Auswirkungen auf die Gesellschaft, meint Becker und verweist auf den 1998 gestorbenen Schriftsteller Ernst Jünger. Jünger sei einer der umstrittensten und brillantesten deutschen Autoren gewesen aber in seinem Denken und seiner Haltung inhuman, so Becker. So habe er seinen Anteil am Durchmarsch der Nazis gehabt, indem er dieses Denken für die Mitte der bürgerlichen Gesellschaft attraktiv machte.
Die Kunstkritikerin Britt Schleehahn sieht Krause aber auch andere Künstler als Teil einer rechten Kulturbewegung, die zunehmend die öffentlichen Debatten und Meinungen okkupiert: »Das ist kein Spaß, der morgen wieder vorbei ist. Das wird eine langwierige Sache.« Schleehahn warnt zugleich davor, rechte Ideologien und Begriffe wie »Kulturkampf« oder »Gesinnungsschnüffelei« unhinterfragt in den Sprachgebrauch zu übernehmen.
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