(Mexiko-Stadt, 19. Mai 2018, npl).- Am 17. Mai, dem Internationalen Tag gegen Homo-,
Trans- und Biphobie gab es für die LGBTI-Community in Mexiko
wenig zu feiern. Laut der jüngsten Ausgabe des digitalen
Dossiers „Letra S“ der Tageszeitung La Jornada, hat es im
Zeitraum 2013 bis 2017 mindestens 381 Morde an Personen gegeben,
die der LGBTI-Community angehörten oder ihr zugerechnet wurden.
Die Zahlen beruhen auf einer reinen Presse-Auswertung von Letra
S, die Dunkelziffer wird daher höher liegen. Die auch bei
anderen Gewaltverbrechen „herausragenden“ Bundesstaaten Veracruz
(30) und Chihuahua (28) führen die Liste an. 2017 war mit 95
Morden das bisher gewalttätigste Jahr.
LGBTI innerhalb der Parteien
Vor zwei Jahren empfing Enrique Peña Nieto in
seiner Funktion als Präsident verschiedene Organisationen der
LGBTI-Community. Einige sprachen damals von einer ungewöhnlichen
„Geste”, andere von kühlen wahltaktischen Überlegungen. Doch in
der Praxis änderte sich dadurch wenig für die Community. Abgesehen
von einigen Oasen -vor allem in den großen Städten- sieht sie sich
landesweit nach wie vor einer feindseligen und oft von offenem
Hass geprägten Haltung breiter Gesellschaftsschichten gegenüber.
Die Regierungspartei PRI (Partido Revolucionario Institucional)
und die konservative oppositionelle Partei der Nationalen Aktion
PAN (Partido Acción Nacional) haben sich einer Annäherung und
Gesprächen mit der LGBTI-Community verweigert. Innerhalb der
Partei der demokratischen Revolution PRD (Partido de la Revolución
Democrática) gibt es einige Kandidat*innen der LGBTI-Community auf
Listenplätzen für die allgemeinen Wahlen Anfang Juli. Die mögliche
Wahlgewinnerin, nämlich die Partei der Nationalen Erneuerung
Morena (Movimiento Regeneración Nacional) hat neben ihrem
aussichtsreichen Präsidentschaftskandidaten Andrés Manuel López
Obrador „AMLO“, ebenfalls einige Kandidat*innen der Community in
ihren Reihen. Doch das Morena-Bündnis mit der
religiös-fundamentalistischen Partei der sozialen Begegnung PES
(Partido Encuentro Social) sowie AMLOs moraltriefende Äußerungen
über die Familie relativieren diese Öffnung stark.
Fehlende Gesetze, mehr
Diskriminierung und keine Ahnung
Die
LGBTI-Community selbst warf am 17. Mai 2018 der Polizei vor,
noch intoleranter und unsensibler als früher gegenüber ihren
Mitgliedern zu sein. Die Community weist zudem auf gesetzliche
Defizite hinsichtlich einer fehlende Typifizierung von
Hassverbrechen, einer fehlende Reform zur Namens- und
Geschlechtsänderung sowie defizitärer Regelungen zu
gleichgeschlechtlichen Partnerschaften. Die fehlende
Sensibilisierung der breiten Gesellschaft kommt gut in einer auf
den ersten Blick harmlosen Anekdote zum Ausdruck, die derzeit im
Internet die Runde macht. Als ein 30-jähriger
Bürgermeisterkandidat im Bundesstaat Jalisco in einem Interview
zu seiner Haltung gegenüber der LGBTI-Community befragt wurde,
hielt er den Begriff für den Namen einer Dorfgemeinschaft.
Hier findet ihr den spanischsprachigen Bericht
„Gewalt, Straffreiheit und Vorurteile. Die
Ermordung von LGBTI-Personen in Mexiko 2013-2017.“ von Letra S.
https://www.npla.de/poonal/lgbti-community-unter-staendiger-attacke/
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